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15. Dezember 2010

Offener Brief an Sepp Blatter von Pink Cross

"Lieber Sepp Blatter
Schwule sollen 2022 in Katar auf Sex verzichten, wenn sie an die Fussball WM reisen, haben sie in Johannesburg gesagt. Schwulen und Lesben drohen in Katar bei gleichgeschlechtlichen Handlungen 5 Jahre Knast oder 90 Stockhiebe, oder auch beides. Und dass die Katari es ernst meinen, können Sie selber nachlesen. Sie haben die Vergabe der WM nach Katar verteidigt mit dem Hinweis, der Westen solle sich nicht so aufspielen, Fussball entwickle sich und sei nicht nur etwas für überhebliche  Europäer oder Südamerikaner. Muss ich nun daraus schliessen, dass Weiterentwicklung  heisst, dass Schwule und Lesben akzeptieren müssen, dass ihre Sexualität mit massiven Strafen bedroht wird? Ist das die Zukunft, die Sie wollen, vorwärts in die Vergangenheit?  Da ist das Alkoholverbot an der WM in Katar ja im   Vergleich gerade noch harmlos.
Lieber Sepp Blatter, vielleicht spielt Sexualität in ihrem Alter keine grosse Rolle, im März werden Sie ja 75 Jahre alt, vielleicht ist Geld für Sie jetzt wichtiger. Vielleicht erinnern Sie sich, als Sie noch jünger waren: Sex hat viel mit Emotionen zu tun, Fussball auch, wie sie selber immer wieder betonen. Sex und Fussball sind also, wenn man so will, Brüder. Wie wär’s darum, wenn Sie konsequent wären, nicht nur einen Sex-Verzicht für Schwule in Katar predigen, sondern auch gleich einen Fussballverzicht für die Mannschaften an der WM?
Freundliche Grüsse
Uwe Splittdorf
Geschäftsleiter Pink Cross"

5. Dezember 2010

Quote um jeden Preis? Nicht beim ZDF...

Manchmal wirkt so ein Blog ja durchaus therapeutisch. So wie hier und jetzt. Eigentlich wollt ich ja nichts schreiben zum Sendeabbruch bei "Wetten dass..", aber irgendwie lässt mich die Sache nicht in Ruhe. Und eigentlich war es ja auch gar nicht geplant, dass ich die Sendung gestern Abend sehe - immerhin war Besuch angesagt, aber der ging dann früh nach Hause weil der Junge nicht fit war.. aber das würde jetzt zu weit führen. Nun gut, 20 Uhr 15 ZDF. Mit ein paar Minuten Verspätung hau ich mich vor die Flimmerkiste, das Blabla zur Eröffnung krieg ich noch nicht mit. Und auch GNTModel Sarah und Otto Waalkes finden noch ohne mich statt. Gerade rechtzeitig zur Erklärung der ersten Wette finde ich mich - ausgerüstet mit Weihnachtskeksen - vor dem Tivi ein. "Auch noch krass," denke ich so. "Wobei mit diesen Powerhüpfschuhen sollte das durchaus möglich sein, zudem wird der Junge sich ja was dabei gedacht haben, als er sich beim ZDF beworben hat," geht es mir durch den Kopf. Gottschalk und Michelle Hunziker machen zwar vor dem ersten Sprung übers den Smart noch einen auf  "Uiiii, eine sehr gefährliche Wette!", aber Jackass & Co. sei dank ist man ja irgendwie abgestumpft und vertraut darauf, dass die Wette eh funktionieren wird.

Im grauen Audi sitzt dann der Papa von Kandidat Samuel Koch. Der hatte gestern sogar noch Geburtstag und mir gehts durch den Kopf "Wäre auch noch doof, wenn der Vater an einem Geburi seinen Sohn über den Haufen fahren würde...", schiebe mir dabei genüsslich ein Mailänderli in den Mund und trink nen grossen Schluck Ginger Ale. Während ich mich noch über das Gekreische der Justin Bieber Fans nerve, fährt der silbrige Audi an, gegenüber rennt Samuel Koch mit seinen Känguruh-Schuhen los. Die beiden Protagonisten treffen sich in der Mitte, ein leiser Knall, ein Schrei einer Frau... und der schwarz gekleidete Körper fällt wie ein Sack aus über 3 Meter Höhe auf den Hallenboden. Ungebremst, ohne dass sich Hände und Arme gegen den Aufprall gewehrt hätten. Dann liegt der junge Mann da, regungslos. Kein Zucken, kein Schmerzschrei.. gar nichts. Gespenstische Ruhe. Als erste ruft Michelle Hunziker nach einem Arzt, Gottschalk fragt ob sich der Kandidat weh getan habe... erkennt dann aber die Lage und ruft ebenfalls nach Helfern. Die Kamera schwenkt auf das Model Sarah, welcher der Schock ins Gesicht geschrieben ist. In der ersten Reihe des Publikums sitzt ein Mann im Rollstuhl, er hält seine Hand vors Gesicht und schüttelt ungläubig den Kopf. Neben ihm ein Mädchen, welches ihr Gesicht hinter ihrer Mutter versteckt.

Die Kamera geht noch einmal kurz zur Gottschalk und Michelle, vor der Linse rennen Rettungssanitäter durch, bevor sie dann eine Totale des Saalpublikums einfängt. Dann wieder diese Stille. Man hört Gottschalk im Off reden. Mein Weihnachtskeks ist mir längst im Hals stecken geblieben. Ich sitze vor dem TV-Gerät und friere. Bei Twitter herrscht kurzzeitig ebenfalls Flaute, es scheint als wären alle Wetten dass-Zuschauer für einen Moment in eine Starre verfallen. "Beweg dich endlich," sage ich zu mir. So wie in allen TV-Shows, in denen es immer ein Happy End gibt. Meist passiert ja nicht wirklich viel. Auch bei "Wetten dass.." gab es in all den Jahren nur mal einen Beinbruch und sonst lediglich Schrammen. Doch Samuel Koch bewegt sich nicht, Gottschalk tritt vor die Kamera und die Sendung wird unterbrochen. Es folgen Songs von Dieter Bohlen ("You can win the Race", wie unpassend) oder Black Eyed Peas ("... tonite's gonna be a good Night"). Dazu ein Insert, dass es bald weitergehe. 45 Minuten später immer noch Musik, irgendwann taucht Gottschalk - sichtlich mitgenommen - auf und erklärt, dass die Sendung abgebrochen werde. Es gehe Samuel Koch den Umständen entsprechend, er sei bei Bewusstsein und auf dem Weg in die Uni-Klinik Düsseldorf. Mehr News gäbe es um 22 Uhr 45 beim Heute Journal.

Tja, Medien im Jahre 2010. Während die Bildzeitung den Unfall schon nach den ersten Minuten bis ins makabere Detail ausschlachtet, hält sich das ZDF zurück. Keine Spekulationen, auch in den News heisst es lediglich, dass keine News gehe. Die Eltern seien bei Samuel in der Klinik, später dann war von einer Operation die Rede und dass es weitere Infos erst heute im Laufe des Tages geben werde. In meinen Augen sehen gute Neuigkeiten anders aus... aber immerhin, das ZDF hat souverän reagiert und aus dem tragischen Unfall keinen Profit geschlagen. Im Internet gingen dann die Diskussionen natürlich erst recht los: da waren die pubertären Justin Bieber-Fans, welche dem Kandidaten (kein Witz!) den Tod wünschten, weil er schuld sei, dass das US-Pickelgesicht nun nicht auftreten kann. So nebenbei, es wären auch noch Superstars wie Take That, Cameron Diaz, Phil Collins oder Cher am Start gewesen - bloss wären deren Fans wo nie im Leben auf die Idee zu kommen, einen "Schuldigen" zu suchen für den Abbruch der Sendung. Wenn diese Rotzgören die soziale Zukunft unseres Landes ist, Gute Nacht Freunde. Meine Rente dürfte eher unsicher sein "selber schuld wenn du alt wird, Knacker!" Dann gab es natürlich die Moralisten, welche darauf hinwiesen, dass das ZDF solche Wetten nie hätte zulassen dürfen. Es sei unverantwortlich und Ziele nur auf die Quote, wenn man solche Sachen zeige. Dass gleichzeitig bei RTL eine Frau mit ihren Titten Weisswürste platt machte oder sich auf ORF Frauen auf Skis einen Abfahrtshang herunterstürzen spielt für diese Menschen wohl keine Rolle. Ich bin der Meinung, dass der Kandidat ja wusste, auf welches Risiko er sich einlässt und das auch bewusst getan hat. Ansonsten müsste man ab sofort alle Risikosportarten verbieten!

Genau diese Moralisten haben sich dann übrigens auch schnell einmal aufgeregt, dass die Boulevardmedien - die Bild-Zeitung gehört perfiderweise zum "Springer"-Verlag und hat uns verraten, dass der behandelnde Artz Dr. Schädel heisst - im Detail über den Unfall berichtet haben. Hey, es sind BOULEVARD-Medien, niemand wird gezwungen diese Schundblätter zu lesen. Ebenso muss man das Video vom Crash nicht auf Youtube anschauen, wenn man das nicht will. Weiter gab zu diskutieren, dass bei Twitter der Hastag für die Sendung "wettendas lautete, ohne ein zweites S bei dass. Natürlich wurden ohne Unterbruch Informationen gefordert, ungeachtet, dass vielleicht die Familie gar keine Informationen geben möchte. Obwohl der Kandidat bei einer TV-Show mitgemacht und verunglückt ist, heisst das noch lange nicht, dass er deswegen öffentliches Gut ist. Auf einmal kam dann ein Zeitungsbericht in Umlauf, in welchem Simon Koch - vor der Sendung - ein Interview gab. Da kam es zu Aussage, dass es ihn bei den Proben auch schon aufs Maul gehauen hat, mehrfach und scheinbar auch schwerer. Im Gegensatz dazu hiess es beim ZDF eher, es habe bei den Proben immer gut ausgesehen. Schliesslich wurde der ZDF Intendant zitiert, dass der Unfall genau untersucht werden müsse.


All diese Bemühungen helfen dem jungen Mann derzeit auch nichts mehr. Über seinen Gesundheitszustand kann nur spekuliert werden, ein Gefühl nach dem Studium aller Aussagen, Berichte und Reaktionen sagt mir allerings, dass es nicht so gut aussehen könnte. Nicht dass ich das hoffe, klar nicht! Aber eine Entwarnung von Seiten des ZDF hätte anders ausgesehen und auch die letzte Aussage von Gottschalk war nicht unbedingt euphorisch. Trotzdem, man muss dem ZDF lassen, dass es vernünftig reagiert hat. Keine Kameras auf das Opfer, keine billigen Interviews mit Beteiligten, keine dramatischen Geschichten oder Interviews... einfach nüchtern und sachlich. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie der gleiche Zwischenfall bei RTL abgefeiert worden wäre.

Für mich ist am Schluss jedoch eines klar. es war nur eine Frage der Zeit, bis irgendeinmal so etwas passieren musste. Höher, weiter und schneller ist auch bei den Medien das Thema. Alle Sender brauchen Quote, da nimmt man seit Jahren so einiges in Kauf, bislang ging immer alles gut. Aber einmal - das lernern wir im Sport - endet jede Serie. Egal ob Silbereisen bei der ARD, Pocher bei Sat1, Raab bei Pro7, Gottschalk beim ZDF... überall wird riskiert und gepokert. Zu hoffen, dass dieser Unfall geschmacklose Sendungen vom TV verbannt ist naiv. Klar, eventuell könnte er das Aus für Gottschalk und/oder "Wetten dass.." bedeuten, aber es kommen andere Formate. Schliesslich werden ja auch minderbemittelte Bauern öffentlich hingerichtet, während sie ihre grosse Liebe suchen... und so weiter. Aber die Geilheit auf Sensationen ist in der heutigen Medienwelt soweit entwickelt, als dass wir auch dieses TV-Drama verkraften werden... Oder wie hiess es im Film "La Haine" so passend: 

"Jusqu'ici tout va bien, jusqu'ici tout va bien, jusqu'ici tout va bien... 
mais l'important c'est pas la chute. c'est l'atterrissage!"

24. November 2010

Justin Bieber? Nie gehört!

Eigentlich konnte ich ja bis vor wenigen Tagen diesem medialen Hype rund um diesen Justin Bieber erfolgreich aus dem Weg gehen. Nur, inzwischen holt diese Pickelgesicht auch mich ein - aber er wird es nicht schaffen, ich werde ihm so gut als möglich aus dem Weg gehen. Aber als Musikfan hab ich mir natürlich die Gewinner der AMA's (American Music Awards) angeschaut und musste feststellen: Justin Bieber hat abgeräumt. Für mich eher überraschend, der der Kleine hat nicht wirklich eine gute Stimme und spricht ausser dicken Teeniemädchen vermutlich auch kein anderes Zielpublikum an. Nun gut, weniger überraschend dann die gestrige Meldung, dass bei den Awards vermutlich beschissen wurde und die Preise anstatt an Bieber an Lady Gaga hätten gehen sollen. Denn mal ehrlich, warum sollte dieser 16jährige Popper "Künstler des Jahres" werden? Aber als wäre das nicht genug, beugt man sich auch beim ZDF dem Jugendwahn und hat Bieber in die Sendung "Wetten dass..." vom 4. Dezember eingeladen. Wie immer werd ich die Show programmieren und dann mal in einer ruhigen Minute anschauen und - in diesem Fall - zünftig die FastForward-Taste betätigen. Denn ausser kreischenden Mädchen dürfte der Auftritt von diesem Bieber kaum etwas bringen. Gut, immerhin hat er ja bereits seine Biografie geschrieben, da wird er dem Thomas und der Michelle ja vielleicht doch etwas zu erzählen haben. Vielleicht welches Lieblingsspielzeug er hat oder welche Eissorte er bevorzugt. Aber hey, es wird ja in Deutschland seit Tagen über einen möglichen Terroranschlag spekuliert. Mal ehrlich, liebe Al Kaida, das wäre doch mal ein gelungenes Ziel... Denn, wie das folgende Video zeigt, würde der Musikwelt beim besten Willen kein Verlust entstehen.Wenn er in Mitten der kreischenden Hühner auch nur einen Ton getroffen hat, dann ist das viel... 


Nun gut, fertig mit dem Justin Bieber-Bashing. Wie zu Beginn erwähnt hoffe ich, dem Bubi auch in Zukunft wieder erfolgreich aus dem Weg gehen zu können. Meine bevorzugten französischen und englischen Radiostationen lassen seine Musik jedenfalls bewusst vom Programm fern und das ist gut so. Überhaupt stelle ich so langsam fest, dass ich vermutlich irgendwie alt werde. Auch diese Vampir-Hysterie "Biss zum Morgengrauen" fand ich schon grässlich. Die Autorin verklickert der Leserschaft ein extrem prüdes Weltbild, analog dem konservativen Amerika einer Sarah Palin. In die gleiche Richtung ging ja schon die "High School Musical"-Serie, da hab ich eher zufällig mal nen Song gehört und noch viel zufälliger auf den Text gehört... Meine Güte, wurde dieses Musical vom Papst oder der Mormonen geschrieben? Schlimm. Aber auch hier gilt, leben und leben lassen. Soll sich jeder anhören oder -sehen was er mag, so lange er mich damit in Ruhe lässt: kein Problem! 


Zum Abschluss noch zwei Bemerkungen: Olympique de Marseille überwintert nach dem grossartigen Auswärtssieg gegen Spartak Moskau in der Champions League und darf sich im Frühling auf die nächste Runde freuen. Es war ein fesselndes Spiel mit einem tollen Ende. Ob man sowas in nächster Zeit auch in Aarau wieder erleben wird ist fraglich. Laut einem Zeitungsbericht von gestern gibts für das neue Stadion eine gute Handvoll Einsprachen, wovon ein paar durchaus bis ans Bundesgericht gehen könnten. Okay, das riecht nach einer weiteren Verzögerung. Und, Bemerkung Nummer 2: in 4 Wochen ist Heilig Abend - an alle Teilnehmer des AdventsBlogKalenders darum noch einmal der Aufruf, bald gehts los!

17. November 2010

Die vier SVP Badenixen - von vorne!

Die Schweizerische Volkspartei hat es mal wieder geschafft. Das muss man ihnen ja lassen, wenn es um PR geht da sind sie ganz weit vorne, okay es scheint ihnen ja auch so ziemlich jedes Mittel recht zu sein. Derzeit erregen sie die Aufmerksamkeit mit einer Kampagne der Sektion Wohlen-Anglikon. Da gibt es zum einen diese vier hübschen Popos zu sehen: 


Mit dem Kommentar: "Zürisee 2010". Das nächste Bild der Powerpoint-Präsentation soll uns dann den Zürisee 20 Jahre später zeigen und sieht dann so aus: 


Tja, ich finde die Kampagne eher peinlich. Aber eben, man hat es in Reihen der SVP mal wieder in die Medien geschafft. Der Blick widmet sich dem Thema schon seit Tagen und fragt heute in grosse Lettern: "Wo hat die SVP diese Füdli geklaut?" Liebe Blick-Journalisten - die ihr euch ja so nennt - ich habe gerade mal 2 Minuten gebraucht bei Google um herauszufinden woher diese 4 Popos kommen. Sie stammen aus der Galerie Hegre Art und sind - liebe SVP -, ohne Quellenangabe, kostenpflichtig! Da könnt ihr euch vermutlich schon einmal auf eine nette Rechnung freuen... 

Nun gut, das wäre dann also geklärt. Für mich bleibt noch die Frage offen, wer sind diese 4 Badenixen, die derzeit durch die Schweizer Medienlandschaft geistern. Darum hier, exklusiv und einzigartig und überhaupt: Taarraaatataaa, die vier inzwischen national bekannten Frauen im Eva-Kostüm, die vermutlich nicht wissen, dass ihre Hinterteile für eine fiese Politkampagne benutzt werden - von vorne mit Gesicht und allem was dazu gehört. Vorhang auf!


PS: Ich gehe übrigens nicht davon aus, dass auch nur eine dieser 4 Schönheiten eine Schweizerin ist. Dumm gelaufen, liebe Volkspartei!

PPS: Lieber Blick, wenn du dich schon minutenlang auf meinem Blog tummelst um kurz darauf meinen Text - leicht modifiziert - auf deiner Homepage präsentierst, wäre ein Quellverweis wohl das Minimum gewesen. Aber (nicht nur) diesbezüglich unterscheidest du dich wenig von der SVP.
Fotos: Hegre-Art

16. November 2010

Stefan Raab versteht keinen Spass

Die Zeitschrift FOCUS hat Ende Oktober ein ausführliches Portrait über Stefan Raab veröffentlicht, dabei haben die Reporter versucht, etwas über das Privatleben des beliebten Moderators herauszufinden. Wie es scheint, mit beschränktem Erfolg. In der aktuellen FOCUS-Ausgabe gibts nämlich eine ausführliche Gegendarstellung von Stefan Raab - für den Berichte über sein Privatleben absolut tabu sind. Bis zum heutigen Tag weiss man offiziell nichts darüber und er hält seine Familie komplett aus den Medien raus. Entsprechend wehrt er sich nun in einem Schreiben wie folgt gegen die vermeindlichen Tatsachen im veröffentlichten Bericht: 

FOCUS veröffentlichte am 25.10.2010 auf Seite 161ff den Artikel "Will der nur spielen?" über mich.
1. In dem Artikel wird behauptet, ich hätte mit meiner Lebensgefährtin im Haus meiner Eltern gelebt.
Hierzu stelle ich fest, dass ich nicht mit meiner Lebensgefährtin im Haus meiner Eltern gelebt habe.

2. Daneben behauptet FOCUS, ich hätte mir beim Turmspringen das Jochbein gebrochen.
Hierzu stelle ich fest, dass ich mir beim Turmspringen nicht das Jochbein gebrochen habe.

3. Weiter heißt es: "Zur Gewinnmaximierung nimmt Raab mit schöner Regelmäßigkeit Schleichwerbung ins Programm. Und sein Sender zahlt in noch schönerer Regelmäßigkeit Strafen dafür."
Hierzu stelle ich fest, dass ich keine Schleichwerbung ins Programm nehme und mein Sender keine Strafen dafür bezahlt.

4. Weiter heißt es: "Er verdient auch mit am Beinahe-Erfolg eines Oliver Pocher und am Massenerfolg eines Mario Barth."
Hierzu stelle ich fest, dass ich an Oliver Pocher und Mario Barth nicht mitverdiene.

5. Weiter heißt es: "Seine TV-Karriere startet 1993. Raab fährt vor mit einem Wagen, auf dem in großen Buchstaben steht: "Metzgerei Raab".
Hierzu stelle ich fest, dass ich bei keinem Sender oder Produktionsunternehmen mit einem Wagen vorgefahren bin, auf dem "Metzgerei Raab" stand.

6. Weiter heißt es: "Der Metzgerssohn, der heute noch das Mettbrötchen mit Zwiebeln, Gurkenscheibe dazu, ganz hinten in seiner Stammkneipe schätzt (…)."
Hierzu stelle ich fest, dass ich nie Mettbrötchen mit Gurkenscheiben dazu esse und auch keine Stammkneipe habe.

7. Weiter heißt es: "Wenn der ,lieve Jong’ einmal die Woche von seiner Villa seine Eltern (…) besuchen kommt (…)."
Hierzu stelle ich fest, dass ich meine Eltern in unregelmäßigen Abständen besuche.

8. Weiter heißt es: "Die Nervosität steigert sich im Wochenrhythmus, wenn Raab auf die Quoten wartet."
Hierzu stelle ich fest, dass die Quoten meiner Sendungen am Folgetag im Teletext veröffentlicht werden.

9. Zudem wird behauptet, ich wäre anlässlich meines Grundwehrdienstes Politikern begegnet.
Hierzu stelle ich fest, dass ich anlässlich meines Grundwehrdienstes keinen Politikern begegnet bin.

10. Weiter heißt es: "Zu Terminen fliegt er gern mit dem eigenen Hubschrauber."
Hierzu stelle ich fest, dass ich keinen Hubschrauber habe.

11. Zudem wird behauptet, ich meide hartnäckig die (Gerichts)Öffentlichkeit"(…) – und das selbst auf die Gefahr hin, dass er ein Ordnungsgeld riskiert."
Hierzu stelle ich fest, dass ich stets rechtzeitig durch die Gerichte vom persönlichen Erscheinen entbunden wurde und niemals ein Ordnungsgeld riskiert habe.

12. Weiter heißt es: "Eine Dornröschen-Hecke umschließt den Garten, und nur manchmal reitet der Prinz auf seiner Harley-Davidson aus."
Hierzu stelle ich fest, dass mein Grundstück von keiner Hecke umschlossen ist und ich keine Harley-Davidson habe.

13. Weiter heißt es: "Zur September-Ausgabe seiner Millionenshow kommt Stefan Raab erst gerade eine Stunde vor dem Sendebeginn. In derselben Kleidung tritt er vor die Kameras. Sie riecht noch nach dem heimischen Grill."
Hierzu stelle ich fest, dass ich zur September-Ausgabe meiner Show früher als eine Stunde vor Sendebeginn erschienen bin, an dem Tag nicht gegrillt und meine Kleidung – wie vor jeder TV-Show – gewechselt habe. Diese Kleidung trug auch keinen Grillgeruch.

14. Weiter heißt es: "Die Metzgerfamilie Raab kauft sich ein ins Aloisiuskolleg in Bad Godesberg."
Hierzu stelle ich fest, dass ich mich für die Aufnahme ins Aloisiuskolleg beworben habe und erst nach einer persönlichen Vorstellung aufgrund einer Entscheidung des Kollegs aufgenommen wurde. Meine Familie hat sich nicht ins Kolleg eingekauft.

15. Weiter heißt es: "Schüler Stefan zieht in das Haus 'Stella Rheni’."
Hierzu stelle ich fest, dass ich nie im Haus "Stella Rheni" gewohnt habe.

16. Zudem wird behauptet, Stefan Raab habe sich vor einem Modellschiff aufgebaut und gesagt: "Das wär's, einmal mit einem Segelschiff um die Welt."
Hierzu stelle ich fest, dass ich mich weder vor diesem noch vor einem anderen Modellschiff aufgebaut und keine solche Äußerungen vor dem Modellschiff getätigt habe.

17. Weiter heißt es: "Die Gitarre hat Stefan Raab stets dabei. Wenn er (…) im Tor steht, liegt sie griffbereit hinterm Netz. Geht im Spiel etwas schief, singt Stefan sofort sein Spottlied."
Hierzu stelle ich fest, dass ich niemals meine Gitarre griffbereit hinterm Netz hatte. Ich habe auch keine Spottlieder auf dem Spielfeld gesungen.

18. In der Bildunterzeile des Fotos auf S. 162, das ein Modellschiff zeigt, heißt es: "Sein Traumschiff – im Internat".
Hierzu stelle ich fest, dass das Modellschiff nicht mein Traumschiff ist.

19. In der Bildunterzeile des Fotos auf S. 163, das ein Klassenzimmer zeigt, heißt es: "Seine Klasse – im Internat".
Hierzu stelle ich fest, dass es sich nicht um mein Klassenzimmer handelt.

20. In der Bildunterzeile des Fotos auf S. 166, das ein Mettbrötchen zeigt, heißt es: "Sein Brötchen – in der Kölschkneipe".
Hierzu stelle ich fest, dass es sich nicht um mein Mettbrötchen handelt.
Köln, den 10.11.2010
Stefan Raab

Nun, man könnte jetzt sagen, dass der Stefan Raab keinen Spass versteht und das, obwohl er sich doch regelmässig über andere Menschen lustig macht. Ich kann mir allerdings bei der Gegendarstellung ein Schmunzeln nicht verkneifen und vermute dahinter eine gute Prise Sarkasmus. Oder aber ich täusche mich und Raab ist wirklich ein pingeliger Nörgler. Wie sagt er jeweils selber so schön? "Man weiss es nicht, man weiss es nicht." Natürlich konnte auch FOCUS die Gegendarstellung nicht einfach unkommentiert stehen lassen und liess die folgenden Zeilen abdrucken: 
"Bekannt ist STEFAN RAAB, 44, als Spaßvogel und als Musikfreund, der Lena Meyer-Landrut großgemacht hat. Eine andere Seite zeigt Raab, wenn es um die eigene Person geht. Dies verrät diese Gegendarstellung, die FOCUS mit Blick auf den Informationsgehalt sehr gern druckt. Schon zu Beginn der Recherche zum Stefan-Raab-Porträt "Will der nur spielen?" hatte der Medienunternehmer mit rechtlichen Schritten drohen lassen. FOCUS recherchierte trotzdem. Reporter gingen ins Handelsregister, sie sprachen mit Nachbarn und Weggefährten, mit Mitschülern und Jugendfreunden, mit Anwälten, einstigen Lehrern und Priestern. Einige haben schon angeboten, ihre Erinnerungen mit eidesstattlichen Versicherungen zu unterstützen. Den Wahrheitsgehalt der Gegendarstellung wollen wir nicht kommentieren. Unseren Lesern, die sich ein eigenes Bild machen möchten, empfehlen wir besonders die Punkte 6, 18 und 20."

10. November 2010

Heute vor einem Jahr starb Robert Enke

Zu seinem Tod habe ich in meinem Blog den folgenden Titel geschrieben: "Wir sind schuld am Tod von Robert Enke" und damit eine Lawine ausgelöst. Meine Zeilen wurden in zahlreichen Zeitungen zitiert, ich durfte sowohl ein Radio- als auch ein TV-Interview zum Thema Depression geben. Der 10. November 2009 (und der 11. ebenfalls) geht dadurch in trauriger Weise in meine Bloggeschichte ein. Die Besucherzahlen dieser Tage dürften wohl bis auf weiteres unerreicht bleiben, gegen 100'000 Leserinnen und Leser. Und auch die Kommentare erreichten einen Peak, über 100 an nur einem Tag im Blog - dazu noch unzählige bei Facebook. Tja, so läufts in den Medien: des einen Freud ist des anderen Leid.  Entsprechend verwundert es auch nicht, dass der meistgelesenste Blogbeitrag seit Anfang November (rund 2200 x) ein Text über Natascha Kampusch ist - mehr als die Texte über Alex Frei, die Abstimmung vom 28. November oder ähnliches. Seis drum, Robert Enke wird dadurch auch nicht mehr lebendig und besonders viel gelernt hat man ja scheinbar aus diesem tragischen Selbstmord auch nicht. Die Zahl der Burnout-Patienten nimmt täglich zu, jeder dritte Arbeitnehmer leidet unter dem Druck und nimmt Medis, Alk oder Drogen zu sich... Es scheint, als wären es bloss Lippenbekenntnisse gewesen, heute vor einem Jahr. Hier noch einmal der Beitrag, welchen ich vom 10. November auf den 11. November 2009 verfasst habe:

"Wir? Ja, wir als Gesellschaft! Der deutsche Nationaltorwart Robert Enke steht mit seinem Suizid stelllvertretend für 1000 Menschen, die sich allein in Deutschland pro Jahr freiwillig vor einen fahrenden Zug stellen - das sind 3 Todesopfer pro Tag. Mit Enke hat sich nun ein Prominenter das Leben genommen und darum nehmen jetzt die Medien die Themen Depression und Selbstmord plötzlich auf. Nur, wie konnte es überhaupt soweit kommen? Fakt ist, die Öffentlichkeit hat ihn nie gekannt. Ein paar Gedanken...

Teresa, die tapfere Witwe von Robert Enke, hat heute im Rahmen der Medienkonferenz von Hannover 96 Stellung genommen zur Krankheit und zum Tod ihres Mannes. In meinen Augen der einzig richtige Weg um allfälligen Spekulationen der Medien einen Riegel zu schieben. Dass sie diesen Auftritt gemeistert hat verdient Respekt, zeigt aber auch, dass sie sich über all die Jahre mit der Krankheit ihres Mannes auseinandergesetzt hat. Was sie an dieser Medienkonferenz gesagt hat, das sollte uns zu denken geben. Ihr Mann hat sich nicht getraut mit seiner Krankheit an die Öffentlichkeit zu gehen. Er hatte Angst vor den Folgen. Da waren sein Arbeitgeber, die Fans, die Sponsoren und die Medien - für alle ist ein Mann der an Depressionen leidet kein richtiger Mann. Zum anderen hatten die Enkes nach dem Tod ihrer leiblichen Tochter (Lara) ein Mädchen (Leila) adoptiert, auch da fürchtete sich Robert Enke davor, dass das Jugendamt ihm das Kind vielleicht wieder wegnehmen könnte, wenn öffentlich geworden wäre, dass er psychisch krank ist. Und die alles überspannende Frage: "Was denken die Leute?"

Ihr meint Enkes Berfürchtungen seien aus der Luft gegriffen? Nein, genau diese Ängste sind berechtigt und leider begründet. Aktuelle Beispiele sind der Skispringer Sven Hannawald und der ehemalige Bayern München Spieler Sebastian Deissler. Ihnen ist es nicht gelungen die Krankheit zu verbergen und ihre Karrieren waren schneller zu Ende als sie das Wort Depression hätten sagen können. Kein Wunder also hat sich Robert Enke gegenüber der Öffentlichkeit nicht geöffnet. Hat sogar seinen Arzt, seine Frau und seine ganze Familie getäuscht nur um sein Gesicht zu wahren. Und das in einer Gesellschaft welche im Jahr mehrere Milliarden Franken für Antidepressiva-Mittel ausgibt. Wo der Manager am Morgen sein Paroxedin oder sein Seroxat reinhaut um den 14 Stunden Tag zu überstehen. Lieber den Schein wahren und die Maske aufsetzen als einmal zuzugeben, dass es einem dreckig geht. Und genau darum müssen wir uns in unserer Leistungsgesellschaft nicht wundern, dass Tag für Tag Menschen den Freitod wählen.

Natürlich war Robert Enke ein toller Mensch, niemand würde es in den Tagen nach seinem Ableben wagen schlecht über ihn zu sprechen. Er liebte Tiere, lebte auf einem Bauernhof, ging gerne ins Theater, las gerne Bücher, gründete eine Stiftung für kranke Kinder. Er und seine Frau Teresa verloren vor wenigen Jahren ihre kleine Tochter, seine Engagements in Spanien und der Türkei waren nicht von Erfolg gekrönt. Ja, der Robert Enke sagte selber vor wenigen Wochen in einem Interview den folgenden Satz:


"Ich weiß nicht, ob jemand das Leben lenkt. Aber so viel weiß ich: Man kann es nicht ändern. Ich glaube, dass alles einen Sinn hat."

Genau zugehört hat im scheinbar niemand. Als er in der letzten Bundesligarunde gegen den HSV sein Comeback nach einer Viruserkrankung gab, war für alle Beteiligten wieder alles gut und die Schulterklopfer standen wieder Gewehr bei Fuss. Niemand hat sich die Frage gestellt, warum Enke immer gerade vor grossen Anlässen wie Nationalmannschafts-Einsätzen, Transfers oder wichtigen Spielen immer wieder ausgefallen ist. Es war halt einfach so, schliesslich gehören Depressionen, Homosexualität oder Versagensängste nicht nur im Fussball zu den Tabuthemen, über die man nur ungerne spricht. Typisch für unsere Gesellschaft, wir stellen lieber mal keine Fragen und wir nehmen unangenehme Krankheiten wie eine Depression einfach nicht ernst. Krank ist, wer ein Bein weg hat - der Rest ist simuliert!

Und wer jetzt denkt, ja schreib du mal Monsieur Fischer dem sei gesagt, dass mich diese Enke Geschichte überhaupt beschäftigt liegt daran, dass ich seine Situation im Ansatz verstehen kann. Ich selber litt vor einigen Jahren unter einem Burnout, lange ging ich zur Arbeit und war auch in der Freizeit der lustige und aktive Fischer wie man ihn gekannt hat. Als es eines Tages dann nicht mehr ging und ich vom Arzt krankgeschrieben wurde brachen andere Zeiten an. Mein damaliger Arbeitgeber liess mich fallen wie eine heisse Kartoffel, angeblich gute Freunde wandten sich von mir ab und auch sonst war nichts mehr wie früher. Beziehungen wurden auf eine harte Probe gestellt, die Schulterklopfer aus der Radio-Zeit waren plötzlich weg und bei gewissen Vorstellungsgesprächen eilte mir der Ruf des psychisch kranken Typen - als den ich mich selber nie gehalten hatte - voraus. So wirklich interessiert was ein Burnout ist, haben sich eigentlich nur sehr wenige Menschen aus meinem Umfeld. Sehr viele dagegen waren der Meinung, dass wenn sie den Kontakt mit mir (dem Simulanten, mir fehlte ja kein Bein) abbrechen, sie selber eine solche Krankheit nie erreichen wird.

Entsprechend antwortete Enkes behandelnder Arzt anlässlich der Medienkonferenz auch die Frage danach, ob es dem Torwart vielleicht etwas geholfen hätte, wenn er seine Krankheit öffentlich gemacht hätte mit einem klaren Nein. Nein, denn unsere Gesellschaft will sich nicht mit solchen unangenehmen Sachen beschäftigen., wer in psychiatischer Behandlung ist, den nimmt man nicht mehr ernst und zweifelt an seiner Leistungsfähigkeit. Lieber ein bisschen Betroffenheit zeigen in den nächsten Tagen, den Verstorbenen loben und sich dann wieder der Schweinegrippe und dem nächsten Vertragsabschluss widmen. Schliesslich muss die Kohle für den täglichen Alkohol oder das alltägliche Xanax ja irgendwie angeschafft werden, damit der Manager auch die restlichen Tage dieser Woche irgendwie übersteht.

An dieser Stelle ein warmer Gruss an die Familie Enke und deren Angehörige, an die Fans von Hannover 96, den Lokführer und an alle, die diesen Text gerade gelesen haben und vielleicht auch nur ein bisschen mit ihrem Kopf genickt haben. Und ach ja, den Entscheid des DFB das Länderspiel vom Samstag gegen Chile nicht durchzuführen geht immerhin in eine richtige Richtung, nur so lässt man allen Beteiligten genug Zeit mit ihrer Trauer umzugehen. Und ja Oli Bierhoff, auch Männer dürfen weinen!

Zum Schluss ein Zitat von Teresa Enke, welches uns verdammt nochmal zu denken geben sollte:

"Wir dachten, wir schaffen alles. Wir dachten halt auch, mit Liebe geht das. Man schafft es aber doch nicht."

20. Oktober 2010

Vatikan erklärt Simpsons zu Katholiken!

Wer das sagt? Der Vatikan, ganz offiziell und das ist kein Witz - leider! Homer Simpson ist also  nun Katholik - und das, obwohl er bei den Predigen von Reverend Lovejoy andauernd einschläft. Wer nun, so wie ich als Simpsons-Jünger auch, immer noch den Kopf schüttelt ob dieser Meldung, dem sei geraten: weiterlesen! 


Den Beweis dafür dass die Simpsons katholisch sind will der "Osservatore Romano", die offizielle Zeitung des Heiligen Stuhls, in der Episode "Der Vater, der Sohn und der heilige Gaststar" von 2005 gefunden haben. In dieser Folge wird Bart Simpson nach einem Schulverweis auf ein katholisches Internat geschickt. Dort gefällt es Bart derartig gut, dass auch Vater Homer - unfreiwillig angelockt von einem leckerem Apfelkuchen - zur Katholischen Kirche konvertiert. Die Zeitung des Vatikan ist von den Beweisen sehr überzeugt und schreibt hochoffiziell: "Es wissen es nur sehr wenige und er tut wirklich sehr viel, um es zu verstecken. Aber es ist wirklich wahr, Homer Jay Simpson ist ein Katholik." Für den Vatikan sind die gelben TV-Helden geradezu Missionare. Es wird gelobt, dass in der Serie regelmässig Themen wie Glaube, Religion und Fragen über Gott thematisiert würden. Auch das Beten der Simpsons vor den Mahlzeiten sei besonders bemerkenswert, so die Zeitung. Für den Vatikan passt wahrscheinlich auch ins Bild, dass Homer seinen Nachbarn Ned Flanders oft ärgert - der ist Protestant. 

"Die Simpsons"- Macher fühlen sich inzwischen geschmeichelt ob dieser offiziellen Meldung aus dem Vatikan. Obwohl der ausführende Produzent John Al Jean zuerst geschockt war über die Verkündung. "Er trinkt vielleicht zu viel, stranguliert seinen Sohn und verkauft dem Teufel für einen Donut seine Seele, aber Homer scheint den Segen der Kirche zu haben", zietiert Entertainment Weekly John Al Jean inzwischen. Eigentlich hätten man in der Serie ja deutlich gemacht, dass Homer nicht katholisch ist. Die Simpsons seien vielmehr Presbylutheraner, eine Mischung aus Presbytarianer und Lutheraner. Homer würde ausserdem keinen Freitag ohne Fleisch aushalten, nicht einmal eine Stunde. Al Jean geht sogar noch einen Schritt weiter: "Homer mag Katholiken eigentlich überhaupt nicht."

Meine Frage, hat die katholische Kirche in der heutigen Zeit tatsächlich keine anderen Sorgen als die Konfession von Comicfiguren zu bestimmen? Falls dies so sein sollte, Halleluja - dem Weltfrieden steht also nichts mehr im Weg. Goofy ist dann vermutlich bald Moslem, Gargamel Jude und Asterix Budhist... 

5. Oktober 2010

Das Monster Cantat zurück auf der Bühne!

Nein, die Schlagzeile ist nicht von mir. Die hab ich aus einem Kommentar einer französischen Zeitung geklaut, denn in der Rubrik "Loisirs" gibts seit dem Wochenende nur noch ein grosses Thema: Noir Désir Sänger Bertrand Cantat ist zurück auf der Bühne, er der im Jahr 2003 seine Geliebte, die Schauspielerin Marie Trintigant getötet hatte, ist wieder da – es das Comeback des Jahres. Ausgerechnet in dem Jahr, in welchem sich seine Frau Kristina Rady im gemeinsamen Haus mit einem Strick erhängt hat... erst im Januar hab ich an dieser Stelle über diese tragische Liaison geschrieben und nun ist "das Monster", wie ihn internationale Medien gerne mal nennen, also wieder zurück auf der Rockbühne.


Das Gerücht über ein Comeback von Cantat kursierte in Frankreich schon seit Tagen, zuerst im Internet, dann in Pariser Zeitungen. Samstagnacht, eine halbe Stunde nach Mitternacht, war es tatsächlich soweit. Bertrand Cantat, Frankreichs umstrittenes und charismatisches Rockidol, betritt zusammen mit der Band „Eiffel“ nach 7 Jahren Pause die kleine Festivalbühne im südfranzösischen Bègles (Gironde). Es war ein kurzer Auftritt, der schon nach drei Liedern vorbei war und seine Fans trotzdem  in Ekstase versetzt hat. Videos auf Youtube zeigen Cantat, inzwischen 46jährig, in légèrem Oberteil, Jeans, mit mittellangem Haar und sauber rasiert. Ein bisschen so, als wollte er die Uhr des Lebens weit zurückdrehen. in die Zeit als die Jugend zwischen dem nördlichen Lille und Marseille im Süden den Leadsänger der Kultband „Noir Désir“ verehrte wie eine französische Ausgabe von Jim Morrison. 


Tempi passati: Seit sieben Jahren sieht Frankreich in Bertrand Cantat einen Menschen mit zwei Gesichtern. Für seine treuen Fans bleibt er ein sensibler Rockstar, zwischen rebellischem Punk und poetischen Rockballaden. Für andere Franzosen ist er ein feiger Mörder, der das Leben der hübschen Schauspielerin Marie Trintignant auf dem Gewissen hat. Wegen „absichtlichen Totschlags“ verurteilen ihn die Richter in Vilnius im Jahr 2004 zwar zu acht Jahren Gefängnis, aber  im Oktober 2007 - längst zurück in Frankreich - kommt Cantat wegen guter Führung wieder auf freien Fuss. In seinem Haus in Bordeaux beginnt Bertrand Cantat wieder zu musizieren. Im November vor zwei Jahren veröffentlichen „Noir Désir“ auf ihrer Homepage eine Rockversion von "Le Temps des Cerises" zum kostenlosen Download. Parallel dazu nehmen sie im Studio ein neues Album auf, welches bis heute noch nicht veröffentlicht wurde und inzwischen für 2011 geplant ist. Die grosse Frage beim Cantat-Comeback war jedoch, wird der Sänger zum ersten Mal etwas zum Tod seiner beiden Frauen sagen? Er tat es nicht. Beim Konzert in Bègles verabschiedete er sich - sagen wir mal - beinahe demütig von seinen Fans:  Er faltete die Hände, beugte sich weit nach vorn und liess ein kurzes Lächeln über sein Gesicht huschen. Das wars. Die Zeitung "Le Parisien" berichtet in ihre gestrigen Ausgabe, dass Cantat schon einen weiteren Auftritt geplant habe. Am 13. Oktober soll er wiederum zusammen mit der Band Eiffel im südfranzösischen Mérignac auftreten - an einem Solidaritäts-Konzert zu Gunsten der verschütteten Bergleute in Chile.

PS: Ja, ich hab auf dem Navi schon mal ganz unverbindlich nachgeschaut wie lange man von Aarau nach Mérignac so brauchen würde... es wären bescheidene 853 Kilometer!

4. Oktober 2010

Happy Birthday Charlie Brown & Snoopy

Das vergangene Wochenende hätte so manches Thema mit sich gebracht, worüber es sich zu bloggen lohnt. Da war in Aarau die MAG, mit ihr die eine oder andere interessante Begegnung. Im TV gabs am Samstagabend nach langer Sommerpause mal wieder "Wetten dass...", der FC Aarau hat gegen Lausanne gespielt, das Wetter war herrlich, der Umzug naht... und so weiter. Aber zu "Wetten dass..." wurde alles geschrieben und meine Meinung zur grausamen Christine Neubauer einmal mehr bestätigt (und wer will schon wissen ob sie ein Höschen trägt oder nicht? Ich nicht, ausser ich möchte kotzen..), der FC Aarau hat einen 2 zu 0 Vorsprung verspielt, die MAG muss man erlebt haben und beim Lesen der Sonntagspresse bin ich sowieso auf das Thema überhaupt gestossen: Charlie Brown feiert seinen 60sten Geburtstag. Mit ihm zusammen natürlich auch Snoopy und die gesamte Peanuts-Belegschaft. Und ja, ich liebe diese Truppe!
 

Aber warum eigentlich "Peanuts"? Mit Erdnüssen haben Charlie Brown, seine manchmal etwas seltsamen Freunde und sein cooler Hund Snoopy - inkl. dem gelben Vogel Woodstock - doch nichts zu tun. Aber "Peanuts" sind im Amerikanischen eben auch die Kleinigkeiten – und als solche fingen Charlie Brown, seine Freunde und Snoopy an: als kleine, kurze Comicstrips in einer Zeitung. Mittlerweile sind sie zur Legende geworden und seit dem letzten Samstag, dem 2. Oktober, sechzig Jahre alt. Charles Schulz, der Sohn eines Deutschen, war 27, als er Charlie Brown das Licht der Comicwelt erblicken liess. Charlie Brown hatte zu Beginn ein weisses T-Shirt und einen noch grösseren Kopf als heute. Bald wurde das T-Shirt gelb, bekam ein schwarzes Muster und Charlie einen kleineren, aber immer noch enormen und kugelrunden Kopf. Die Helden der Geschichten sind die Kinder, die allerdings wie Erwachsene agieren. Erwachsene selber kommen in den Comicstrips gar nicht erst vor, dafür einer der berühmtesten Hund der Welt und der heimliche Star, der im Oktober 1950 zwei Tage nach Charlie - also heute - auftauchte: Snoopy, der coole Beagle, der am liebsten auf dem Dach seiner Hundehütte liegt und von dort auch mal die Luftkämpfe des Ersten Weltkriegs nachträglich ausfechtet. Ja und ich gebs offen zu, bis heute tummeln sich im meinen Haushalt noch einige Sachen und Sächelchen auf denen Snoopy und Woodstock aufgedruckt sind. Als Kind war das aber noch viel schlimmer, da musste so viel wie möglich eine Snoopy Applikation drauf haben; so gesehen konnte ich erfolgreich therapiert werden... Aber nicht nur die Comics von Schulz verkaufen sich weltweit, auch die Filme und natürlich jede Menge dieser eben erwähnten Werbeartikel. Mit Charlie Brown könnte man eine ganze Wohnung einrichten, mit Snoopy sowieso.


Stars waren sie nicht nur auf der Erde: Als im Mai 1969 die Apollo 10 den Mond erkundete, hatte das Raumschiff das NASA-interne Rufzeichen "Charlie Brown", die Mondfähre hieß "Snoopy". In der Welt des Charles M. Schulz gibt es natürlich auch noch andere Figuren. Etwa Schroeder, der so hingebungsvoll auf seinem Kinderklavier mit der Beethovenbüste spielt, dass er die Flirtereien von Lucy übersieht. Oder Marcie, die Peppermint Patty immer mit "Sir" anredet und Linus will von seiner Schmusedecke viel mehr wissen als von Charlies kleiner Schwester Sally. Zusammengefasst alles liebenswerte, kleine Looser. Die "Peanuts" blieben wohl genau darum über Jahrzehnte hinweg ein Erfolg, auch wenn zuletzt nach Ansicht von Kritikern der Tiefgang fehlte. Ich seh das nicht so, und vorallem dürfte es auch einen Grund haben: Schulz zeichnete jeden Strip selbst. Am 14. September 1999 verkündete Schulz auf Februar 2000 hin das Ende seiner Tätigkeit. Nur wenige Monate später, am 12. Februar 2000, verstarb Schulz im Alter von 77 Jahren. Einen Tag später wurde der letzte seiner Comicstrips veröffentlicht. Am 13. Februar 2000 erschien ein Bild mit den "Peanuts"-Charakteren und ein paar vorbereiteten Abschiedszeilen von Schulz ("Lieber Freund"- siehe Bild oben). Dann war Schluss. Schulz verfügte testamentarisch, dass sein Werk von keinem anderen Zeichner weitergeführt werden darf.

30. September 2010

Raser: Leute, Schönenwerd ist überall

Wahnsinnig wie sich die Boulevardmedien derzeit auf den Prozess gegen die Raser von Schönenwerd stürzen und entsprechend Meinungsmache betreiben. Okay, ich hab mir auch lange überlegt ob ich zu diesem Thema überhaupt etwas schreiben soll hier im Blog, zu hoch kocht derzeit die Volksseele bei den Begriffen Raser und Schönenwerd. Eines ist klar, und das hab ich hier drin schon am 17. November 2008 geschrieben: diese Idioten gehören hart bestraft! Seit diesem ersten (und einzigen) Blogeintrag zu diesem Thema ist allerdings viel passiert: der Prozess hat begonnen, Details wurden bekannt, die Boulevardjournis berichten von jeder kleinsten Randgeschichte und - fast der wichtigste Punkt - in der Schweizer Bevölkerung ist eine äusserst aggressive Diskussion losgegangen. Und genau das ist für mich der wunde Punkt an der tragischen Geschichte. 

Längst geht es nicht um das Opfer des Raserunfalls in Schönenwerd. Egal ob am Fussballspiel, bei der Arbeit, in der Beiz, an der Party, in der Familie... man kommt fast nicht drum herum dass man in diesen Tagen den Begriff "Schönenwerd" hört. Bis vor kurzem war für mich Schönenwerd die Bally Schuhfabrik wo mein Opa mal gearbeitet hat und dann noch das gruselige Bier - mehr nicht. Okay, ein leckeres Thairestaurant hat es da auch noch. Das wars dann aber auch schon. Und ich wohne unweit dieser Solothurner Gemeinde, aber plötzlich spricht aber die halbe Schweiz von Schönenwerd. Scheint sich da bestens auszukennen, weiss was das Dorf zu bieten - oder eben nicht zu bieten hat - und kennt sogar noch jemand der das Opfer gekannt hat. Entsprechend werden dann Urteile gebildet, Schönenwerd sei ja sowieso eine Gemeinde mit einem sehr hohen Ausländeranteil, da verwundere ein solcher Unfall überhaupt nicht. Der Blick haut dann noch eins drauf und fodert knallhart: 


Bei Facebook vergeht fast kein Tag, an dem nicht eine neue Gruppe gegründet wird. Dabei gibt es alles, es werden knallharte Strafen, ewiger Ausweisentzug, lebenslängliche Haft, Ausschaffung und gar die Todesstrafe gefordert. Innerhalb der Gruppen ist teilweise der blanke Krieg ausgebrochen, Freunde der Raser bekämpfen Kritiker. Schweizer beschimpfen Ausländer. Motorsportfans verteidigen sich gegen Radfahrer. Alt gegen Jung, links gegen rechts. Die Sachlichkeit bleibt dabei auf der Strecke. Es ist genau so bescheuert die Täter in Schutz zu nehmen und, wie es eine naives Ding getan hat, eine Facebook-Gruppe PRO milde Bestrafung zu gründen, wie es genau so dumm ist die Todesstrafe zu fordern. Wir leben beim besten Willen im Jahr 2010 und sollten intelligenter handeln als Menschen an eine Wand stellen zu wollen. Egal was die getan haben. Klar ist es nicht einfach Lösungungen zu finden, aber - wurden sie denn bislang überhaupt gesucht? Die Raser-Initiative kämpft sei langer Zeit um Unterschriften, die Stiftung Roadcross wird von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und für viele Politiker taugt das Thema Rasen gerade mal dazu, ein paar Floskeln im Wahlkampf rauszuhauen. 

Vielleicht sollte man sich einfach mal die Frage stellen, warum jemand mitten in der Nacht bei Nebel mit weit über 100 KmH durch ein Dorf rast. Kann diese Frage nicht beantwortet werden müsste man sich vielleicht daran machen, nach Gründen zu suchen. Und dort den pädagogischen Hebel ansetzen! Wer danach immer noch nicht spurt, dem sollte die Rechtssprechung den garaus machen. Was bringt ein Führerscheinentzug? Ein Auto fährt auch ohne. Und wie der Blick uns gestern verraten hat, schaut auch der Vater des einen Täters dafür, dass sein Sohn immer wieder neue, schnelle Autos am Start hat. Also, wo liegen die Probleme genau? Die bescheuerte Raserei mit all den Todesopfern ist nur das Ergebnis, das Ergebnis unzufriedener und unterbeschäftigter Jugenlicher ohne Selbstvertrauen und ohne Perspektive. So lange aber niemand die Wurzeln ausreisst, werden wir auch in 10 Jahren noch um Opfer trauern. Aber eben, es ist natürlich einfacher zu fordern, dass man diese bösen Ausländer an die Grenze stellen soll, als ihnen etwas zu bieten, dass sie vom Scheiss machen abhält. Aber nehmen wir mal an, wir schicken diese Jungs wirklich nach Hause, wie 99 % bei einer Tele Züri-Umfrage das fordern. Wie bestrafen wir dann den nächsten Schweizer, der einen unschuldigen Menschen zu Tode rast oder prügelt? Wohin schicken wir den, damit wir uns nicht mehr mit dem Problem befassen müssen? Nach Sibirien? 


Ob mehr Ausländer straffällig werden als Schweizer - ja auch solche Statistiken sind in diesen Tagen gerade aktuell - ist mir persönlich eigentlich ziemlich egal. Die Raser von Schönenwerd kamen nun halt einmal aus der Türkei und anderen Ländern und hiessen Cemal, Nekti und Co. Aber seien wir ehrlich, Todesraser kamen auch schon einmal aus Hintertupfigen und hiessen Hansli Müller oder Bruno Meier. Gerast wird nicht erst seit 2008! Unterm Strich gehört jeder uneinsichtige Verkehrsrowdie bestraft, egal welche Nationalität, welche Bildung, welches Einkommen oder welches Alter. Und zwar - da stimme ich vielen Forderungen zu - hart bestraft. Es kann nicht sein, dass die Verteidigung schon nur auf die Idee kommen kann bedingte, kurze Haftstrafen für die aktuell Angeklagten zu fordern. Ein zweistellige Anzahl Jahre Knast, begleitet von Arbeit und Therapie... immerhin haben diese jungen Herren ein Menschenleben ausgelöscht und zeigten sich mit ihrem wiederholten Rennen alles andere als einsichtig. Und auch von zu Hause her scheint da nicht wirklich viel Support zu kommen. Aber eben, es hat keinen Wert dass ich an dieser Stelle noch weiter philosophiere, ich mache keine Gesetze und habe unterm Strich auch nichts zu sagen diesbezüglich. 

Meine Meinung bleibt lediglich die, anstatt zu streiten oder Todesstrafen zu fordern würde man die Unzufriedenheit im Volk jetzt lieber dazu nutzen konstruktive Gespräche zu führen. Jetzt ist die Schweizer Bevölkerung sensibilisiert! Und die aktuellen Terrordrohungen der Raser-Freunde im Internet gegen den Blick sind genau so bescheuert wie die Forderung mancher Schweizer nach der Wiedereinführung der Todesstrafe oder einer Ausländerpolitik wie sie Sarkozy in Frankreich gerade durchsetzt. Denn, wie es die Toten Hosen einst sangen: "Auch lesbische, schwarze Behinderte können ätzend sein!" Unser Land braucht ein durchsetzbare Gesetze gegen Straftäter, Raser, Vergewaltiger, Pädophile, Mörder, Betrüger... und dabei sollte deren Herkunft einzig bei Kriminaltouristen eine Rolle spielen. Aber nicht bei Menschen die seit Jahren hier wohnen, zur Schule gegangen sind oder arbeiten. Denn sonst wird das Problem der - manchmal vielleicht tatsächlich gescheiterten Integration - nur auf die lange Bank geschoben.

PS: Um etwelchen Kommentaren wie "Und wie würdest du reagieren wenn jemand aus der Familie zu Tode gefahren wird..." vorzubeugen: keine Ahnung! Vermutlich möchte ich am Anfang auch Vergeltung üben. Ich denke, dass Hass in so einer extremen Situation ein normales menschliches Gefühl ist. Aber eben, ich selber war zum Glück noch nie betroffen und ich bewundere die Angehörigen der Opfer diesbezüglich. Umso verwerflicher finde ich es dann, wenn vollkommen Unbeteiligte den Tod der Täter fordern, um ihrem Alltagsfrust Luft zu machen, während die Angehörigen trotz Trauer immer noch Würde und Anstand beweisen.

26. September 2010

Bü-Bü-Bündnerfleisch & Käptn Cook


Auch wenn man das Filmschen inzwischen schon fast überall (sogar Harald Schmidt hat das Video gezeigt) gesehen hat, ich find den Lachanfall von Noch-Bundesrat Hansrudolf Merz sowas von sympathisch und  äusserst menschlich, dass ich ihn auf meiner Seite verewigen wollte. Immerhin zeigt es sauber auf, die dämlich Beamtendeutsch manchmal sein kann... Das ideale Video für regnerische Sonntage oder als Aufmunterung wenn der - in unserem Fall faschoide - Nachbar mal wieder spinnt. "Bü-Bü-Bündnerfleisch" und alles ist vergessen. In der Hoffnung es kommen von den Neugewählten vielleicht in Zukunft auch noch ein paar ähnlich amüsante Zwischenfälle dazu. PS: Lachen ist gesund! A propos neu gewählt: Congrats nach Luzern/Kriens, mit Kerstin Cook hat meine persönliche Favoritin gestern Abend, Pippi Langstrumpf, Dolly Buster und Co. hinter sich gelassen, die Wahl in Zürich gewonnen und darf sich nun ein Jahr lang Miss Schweiz nennen.




21. September 2010

Free Rainer - Dein Fernseher lügt!

Ich wiederhole mich: Warum bitte laufen gute Filme immer nur mitten in der Nacht, während es den gesamten Trash im Hauptabendprogramm gibt? All die beknackten Doku-Soaps oder Scripted Documentaries wo Schwiegertöchter gesucht, Arbeitslose beraten oder Mauerblümchen verschönert werden. Flankiert von ach so wahnsinnig realistischen Serien aus dem erzkonservativen Amerika. Aber nein, auf die guten Filme muss man dann entweder bis Mitternacht warten oder sie praktischerweise halt aufnehmen. Tja und schon sind wir mitten drin im Thema: Der Regisseur Hans Weingartner („Die fetten Jahre sind vorbei“, "Das weisse Rauschen") skizziert in "Free Rainer - Dein Fernseher lügt" eine absolut niveaulose Fernsehlandschaft, in welcher der kulturelle Abwärtstrend der TV-Formate kaum aufzuhalten scheint. Also eigentlich die ganz aktuelle TV-Situation... Überzogen wirken vielleicht zunächst Formate wie „Hol dir das Superbaby“, sie sind jedoch nicht allzu weit entfernt von der realen deutschen Fernsehwelt, in der Frauen getauscht, Frauen zu Bäuerinnen und AKs von Supernannys gezähmt werden.


Zur Handlung: Der koksende, auf sich selbst fixierte TV-Produzent Rainer (einmal mehr genial: Moritz Bleibtreu), angestellt bei dem fiktiven Boulevardsender TTS, wird von der jungen Pegah (Neuentdeckung Elsa Sophie Gambard in ihrer bislang einzigen grossen Rolle, leider) für den Selbstmord ihres Grossvaters verantwortlich gemacht. Durch einen von ihr verursachten Autounfall landen beide schwer verletzt im Krankenhaus. In einer - beklemmend psychodelisch anmutenden - Nahtod-Szene realisiert Rainer, dass er für eine gute Quote bislang über Leichen gegangen ist. Er schliesst mit seinem bisherigen, ausgelutschten Medienleben ab, lässt seine Frau Anna zurück und wirft seinen riesigen Flat-Fernseher aus dem Fenster, um fortan als Medienguerilla sein Schwert gegen die akute TV-Trash-Kultur zu schwingen. Qualität statt Quote, schreibt er sich zusammen mit Pegah auf die Fahnen! Doch eine Revolution braucht Manpower, zunächst bringen er und die junge Pegah Phillip (Milan Peschel), einen soziophoben Wachmann der Media Control, dazu, ihnen auf ihrem Weg zur Medienrevolution zu folgen. Die Drei rekrutieren fünf Arbeitslose mit gescheiterten Träumen: der Alkoholiker, der Inder, der Rocker, der Bekehrer und der Ex-Knacki. Gemeinsam hacken sie das Netz der Quotenermittlungsfirma und manipulieren die Zusvhauerzahlen zugunsten des Bildungs- und Kultur-TVs. Die Idee hinter der Aktion ist genial: die „Bildungs-Unterschicht“ soll nicht weiter von den TV-Sendern verblödet werden. Dank steigendem Niveau des Programms steigt auch der Anspruch der Zuschauer. Wem das Programm nicht passt, der stellt die Kiste ab und unternimmt aktiv Sachen die er sonst vermutlich nicht getan hätte. Kurz, Fernsehen zeigt uns nicht mehr nur dummes Zeug, sondern spiegelt vielleicht mal wieder mehr wahre Tatsachen, als sie selber zu erfinden - der Quote zuliebe. Wie im Film erwähnt würde es den Medienbossen vielleicht mal wieder gut tun, sich in den Sinn zu rufen was der Begriff "Medien" bedeutet: Vermitteln!

Klar, der Film ist pure Fiktion und auch mein Wunsch nach sinnvollen und trashfreien Medien wird unerhört bleiben - sonst liefen solche Filme ja nicht erst so spät. Und klar auch dass der Film "Free Rainer" oft an das „Brave New World“- Szenario von Aldous Huxley erinnert und unterm Strich auch die eine oder andere Schwäche hat. Dennoch ist der sozialkritische Film Weingartners absolut sehenswert und die Hauptdarsteller brillieren durch ihr natürliches Schauspiel. Und wenn Pegah sagt, dass Revolutionen schon oft gescheitert seien ab dem Momemt als Geld ins Spiel gekommen ist, dann nickt man zustimmend. Und hat auch gleich die Antwort erhalten auf die Frage, warum es im TV denn soviel Schrott gibt: Money! Oder um ein legendäres Sprichwort zu missbrauchen: "TV ist Opium fürs Volk!"

15. September 2010

Liebesgrüsse aus Moskau - nach Biel


Anna Chapman sollten wir haben, sie hätte - den von den Medien als Amokrentner beschimpften - Peter Kneubühl schon längst gefasst. Immerhin soll sie laut diversen Interviews mit ihren Ex-Lovern ja ganz besondere Qualitäten vorweisen können, wenn scheinbar auch weniger auf dem Gebiet der geheimdienstlichen Ermittlungen. Eventuell könnte sie also vielleicht auch den armen Mann beruhigen und zur Vernunft bringen. Aber mal ehrlich, so langsam gönne ich dem Bieler Pensionär auch seine Freiheit. Irgendwie erinnert mich die ganze Geschichte inzwischen an "Police Academy - Dümmer als die Polizei erlaubt" und Co., älterer Herr narrt Spezialeinheiten - die ausgerüstet mit Helikoptern, Drohnen, Scharfschützen, Nachtsichtgeräten etc. Okay, Freunde der Polizei: David hat gegen Goliath gewonnen und sollte nun eine faire Chance kriegen sich zu stellen. Besser als ihn zu jagen wie ein Tier und dabei selber so schlecht und peinlich auszusehen dass inzwischen die internationalen Medien den Fall aufgegriffen haben und sich über die Berner Polizei lustig machen!  
Womit dann endlich Anna Chapman ins Spiel käme. Über Jahre sind der hübschen, rothaarigen  Russin in den USA und England Männer aller Art ins Netz gegangen und ihrem russischen Charme erlegen. Die Ergebnisse ihrer Männerjagd hat sie dann zB auf Facebook veröffentlicht. Und mit diesen Fotos sogar die Jugenschutzbestimmungen der Plattform verletzt... Inzwischen holen auch ihre zahlreichen Affären alte Nackfotos und Geschichten der Spionin die aus der Kälte kam aus dem Schrank. In den USA und in England gibts in regelmässigen Abständen Schlagzeilen wie "From Russia With Love: Anna Chapman Nude!" Chapman, die sexy Kachelfrau mit Mini-Harem?  

Nun gut, zurück nach Biel. Frau Chapman ist derzeit in Russland gerade mit Modelaufnahmen beschäftigt, die erste Gummipuppe mit ihrem Namen ist ebenfalls auf dem Markt und laut ihrer Mutter soll es Angebote aus der Pornobranche geben. So gesehen dürfte die ehemalige KGB- Agentin derzeit keine Zeit für unseren Amokrentner Peter K. (Name der Redaktion bekannt) haben. Bevor die Behörden aber aus Verzweiflung schiesswütige Walliser Jäger auf ihn loslassen sollte dringendst eine andere Lösung gefunden werden. Amnestie? Mediatoren? Lasst ihm die Hütte? Oder doch die Schweizer Armee mit Kampfpanzern und UBooten? Ich persönlich wäre für faire und vorallem menschliche Lösungsansätze. Den Mann weiter mit übermässigem Waffenaufmarsch in die Enge zu treiben dürfte eine der schlechtesten Ideen überhaupt sein. Ansonsten, ihr Polizisten, schaut euch einfach mal Filme wie "Catch me if you can" oder "Dragnet - Schlappe Bullen beissen nicht" an. Dort könnt ihr eventuell noch etwas lernen, bevors aus Verzweilung in diesem brisanten Fall noch zu einem ganz traurigen Ende kommt...

6. September 2010

Peinlich oder witzig? Pocher macht den Kachelmann

Naja, man kann sich einmal mehr darüber streiten was lustig ist und was geschmacklos. Aber mit einem an Peinlichkeit kaum zu toppenden Auftritt als Jörg Kachelmann hat Oliver Pocher heute wohl den Tiefpunkt seiner Late-Night-Karriere erreicht. Die Intention dahinter ist klar: Die Quoten seiner Show sind am Boden, haben 2010 noch kein einziges Mal die Sat.1-Normalwerte erreicht. Auch auf dem neuen, späteren Sendeplatz am Freitag um 23.15 Uhr kommt er nicht in Fahrt, reiht sich nahtlos in die Sat1 Neustart-Flops ein. Die Frage stellt sich nun also, rettet nur noch ein "Skandal" seine Late-Night-Karriere? 


Als Pocher im Oktober 2009 mit der "Oliver Pocher Show" an den Start ging, war er neben Johannes B. Kerner eine der großen Hoffnungen für Sat.1, mit denen die Marke und das Image des Senders aufgebügelt werden sollten. Doch von Beginn an fiel Pocher in der Zielgruppe komplett durch. Auch die Verschiebung auf den späteren 23.15-Uhr-Sendeplatz hat Pocher kein bisschen geholfen. Die doch eher peinliche Kachelmann-Parodie soll Pocher offenbar quotentechnisch nun also zumindest kurzfristig helfen - immerhin sind die Boulevardzeitungen auf den Zug aufgesprungen und hatten trotz Prozessverschiebung doch noch eine fette Schlagzeile. Sollte die mediale Aufregung bis Freitagabend nicht schon wieder vergessen sein, ist dort eine gute Quote (einmalig?) durchaus möglich. Von Dauer dürfte ein solcher Erfolg aber nicht sein, zu trostlos sieht die gesamte Quoten-Entwicklung seiner Show seit deren Start aus. Meine Prognose: Sein Sender Sat.1 dürfte ohnehin nicht mehr viel Ausdauer haben, um an Pochers Late-Night-Show festzuhalten. Sein einziges Glück ist vielleicht, die Zahl der Sat1-Baustellen ist derzeit so gross, dass man nicht kurzfristig sämtliche Flops absetzen kann. Sonst käme auf Sat1 nämlich mittelfristig nur noch das Testbild.  

A propos Peinlichkeiten. Ex Brosis Sängerin Indira war heute Morgen scheinbar auch beim Prozess, sie soll ja mit Kachelmann kurzzeitig heisse SMS ausgetauscht haben. Als Begründung für ihre Anwesenheit gab sie an: "Das ist die grosse Kachelmann-Show, und jede Show braucht ihre Zuschauer. Deshalb bin ich da". Hilfe! Und wenn wir schon beim Thema Prozesse sind, zum Abschluss noch zwei ganz persönliche Fragen dazu. Erstens, warum wird bei der Berichterstattung das Gesicht des vermeindlichen Opfers immer verpixelt, das des mutmasslichen Täters aber nicht? Würde nicht in beiden Fällen das gleiche Recht gelten... meine Meinung. Und zweitens, ist es tatsächlich wahr dass das Gericht in München im Fall Dominik Brunner und die U-Bahn-Schläger den Haupttäter wegen Mord zu 9 Jahren Haft verurteilt hat? Neun Jahre für ein Menschenleben... lächerlich. So mancher Psycho wird sich schon mal eine Art Aufwand- und Ertrag Rechnung erstellen!

1. September 2010

Rudolf Woodtli macht Feierabend...

... und zwar zum letzten Mal. Per Ende August hatte der wohl berühmteste Polizeimediensprecher der Schweiz, Ruedi Woodtli, seinen letzten Arbeitstag und ging in den verdienten Ruhestand über. Während mehr als 6 Jahren verging nur selten ein Tag, an dem ich als Radiojourni nicht die Nummer der KaPo Aargau (ich kann sie bis heute auswendig) gewählt und dann denn Herr Woodtli verlangt habe. An einer Weihnachtsfeier hat er mir dann sogar einmal das Du angeboten, worauf ich natürlich absolut stolz war. Man hatte es ja in den Sturm- und Drangzeiten als Jugendlicher nicht unbedingt so mit den Polizisten. Mal das Mofa frisiert, zu schnell gefahren, nach einem Fussballspiel den bösen Buben gemimt oder zu lange und zu laut eine Party gefeiert. Jaja, der Freund und Helfer war zu der Zeit mehr Feind und Verhinderer - aber man(n) wird älter und inzwischen sieht man(n) sogar bei einer Verkehrsbusse ein, dass man(n) selber einen Fehler und der Beamte nur seinen Job gemacht hat. Muss wohl daran liegen, dass mir spontan mindestens 4 Leute aus meiner Schulzeit in den Sinn gekommen, die inzwischen bei der Polizei gelandet sind.


Darum an dieser Stelle auch ein paar Worte zur Pensionierung "unseres" Kultmediensprechers, Rudolf Woodtli (rechts aufm Foto), der übrigens zur gleichen Zeit seinen Hut nimmt, wie Sämi Kropf - ein altgedienter Stadtpolizist in Aarau. Klar, es gäbe aus der Radio Argovia Zeit das eine oder andere persönliche Schmankerl zu erzählen... aber eben, das ist persönlich, bleibt darum in meiner Erinnerung und ist da auch gut aufgehoben. Rudolf Woodtli war fast 30 Jahre im Amt. Während dieser Zeit hat er über alle grossen und kleinen Verbrechen im Aargau vor Kameras, Dikta- und Mikrofonen Auskunft gegeben. Nun geht der dienstälteste Mediensprecher also definitiv in Pension, sein Gesicht und seine Stimme war der Aargauer Bevölkerung über die Jahre bestens bekannt und vertraut. Es war im Jahre 1982 als Rudolf Woodtli zum Mediensprecher der Aargauer Kantonspolizei ernannt wurde. Nach nicht einmal vier Monaten musste er - ohne spezifisches Medientraining - vor einer SF-Kamera über ein schweres Zugsunglück in Mägenwil Auskunft geben, das Todesopfer und viele Verletzte forderte. Gegenüber der sda erinnert er sich an diese Zeit:"Auf dem Weg dahin ist der Puls schon gestiegen. Es hat dann auch nicht im ersten Anlauf geklappt, aber am Ende hatten sie, was sie wollten."

Zu der Zeit war es mit den Informationen von Seiten der Polizei sowieso noch etwas anders als heute. Damals erteilten die Ordnungshüter auf den Bezirksposten den ihnen bekannten Regionaljournalisten gerne mal persönlich bereitwillig Auskunft. Mit der Einführung eins zentralen Pressesprechers änderte sich das, gross geschult wurde der Aargauer dafür aber nicht. Ein paar Besuche in Redaktionsstuben oder bei Kollegen im In- und Ausland. Sonst gab es nichts als "learning by doing". Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, berichtet wurde aus der Telli stets möglichst rasch und offen - Woodtlis eiserner Grundsatz! Der Presseverteiler, der früher vielleicht 20 Adressen umfasste ist heute auf fast 130 angewachsen, mit den Journalisten blieb er immer auf professioneller, aber sehr freundlicher Distanz. A propos Journalisten und Medien, da kann ich eine Aussage von Rudolf Woodtli, welche ich gestern gelesen habe, zu hundert Prozent unterstützen.

Boulevard-Journalismus habe sich in den drei Jahrzehnten seiner Arbeit "leider immer mehr verbreitet", meint Woodtli gegenüber der Schweizerischen Depeschenagentur. Vor allem mit den elektronischen- und Bildmedien falle die Recherche immer mehr dem Zeitdruck zum Opfer. "Es nervt einen manchmal schon, wenn man dann die Berichte liest", sagt er. Diese Momente hätten sich in den vergangenen Jahren gehäuft. Und manchmal habe er auch fast schon Mitleid. Gerade junge Fernsehjournalisten seien manchmal "arme Typen". Diese würden einen Auftrag erhalten und sollten möglichst Blut oder gleich den Sarg filmen und dazu auch noch Menschen zum Weinen bringen. Aber die Gesellschaft spiele nun mal mit.

 
Der Mann spricht mir sowas von aus der Seele. Aber eben, dass es auch anders geht bewies das Aargauer Privatradio vor einigen Jahren. Daran mag ich mich sogar noch aktiv erinnern, mein ehemaliger Cheffe freute sich wie ein Schneekönig ob dieser Zusammenarbeit zwischen Polizei und Medien. Es ging damals im Jahre 2003 um eine Fahndung nach einem Bankraub in Zurzach. Auf "Radio Argovia" beschrieb Wootdli live das Fluchtauto, worauf die Polizei die Räuber dank einem aufmerksamen Lastwagenfahrer auch prompt erwischte.

30. August 2010

Nachtexpress, Schreckmümpfeli und Co.

Den gestrigen Sonntag hab ich für eine Reise in die Vergangenheit genutzt. Das lag das daran, dass der Tag eher traurig begonnen hat: mit Ueli Beck ist DIE Schweizer Radiostimme für immer verstummt! Seit meiner Kindheit stand sein Name und seine Stimme für mich für den Begriff Radio. Als kleiner Knopf durfte ich im Bett am Freitagabend oft den "Nachtexpress" zum Einschlafen hören, so hat mich der Herr Beck also des öfteren in den Schlaf geplaudert. Seine sonore und sehr sympathische Stimme hat das jeweils gut hingekriegt - und das meine ich jetzt als Kompliment. Denn zum eher blutlosen Gequatsche von Sven Epiney oder Reto Scherrer könnt ich nie im Leben einschlafen, müsste vermutlich ein Ritalin einschmeissen... Aber zurück zu Beck, später dann erlangte Ueli Beck Kultstatus als Sprecher der Maloney-Hörspiele auf DRS1 - wo er mich früher in den Schlaf geplaudert hat, sorgte er so für ein angenehmes Aufstehen am Sonntagmorgen. Nicht zuletzt war er schliesslich auch "mitschuldig", dass es mich Mitte der 90er Jahre zum Radio verschlagen hat, mit dem Ziel die Menschen auch mal beim Aufstehen oder Einschlafen zu unterstützten. In diesem Sinne, an dieser Stelle: Danke und mein Beileid an die Trauerfamilie, viel Kraft in dieser schweren Zeit. 


Hmmm, unterm Strich war es dann die Nachricht vom Tod von Ueli Beck - ich habe ihn übrigens einmal an einem Radiokurs kennen lernen dürfen und sein Sohn Dani hat mir von ihm ein persönliches Autogramm zukommen lassen - welche den Anlass für meinen gestrigen, "ohralen" Ausflug in die Vergangenheit gegeben hat. Zumindest musikalisch. Dazu kam, dass ich so oder so noch etwas Musik für einen 40sten Geburtstag zusammenstellen durfte, also nahm ich die gaaaaaanz alten Sachen aus dem Keller. Naja, früher war es der Keller - heute ist es eine Terra-Harddisc. So kamen mir dann Hits aus den 70er und 80er Jahren in den Sinn, gehört auf DRS 1. Zum Beispiel im "Nachtexpress" oder "Bestseller auf dem Plattenteller" oder "Die Radio-Musik-Box" mit dem ehemaligen Bob-Olympiasieger Edy Hubacher als Co-Moderator. Und wenn wir schon bei den grossen Namen sind: Elisabeth Schnell, Max Rüeger, Heiner Gautschy, Hans Gmür, WAM oder Gody Baumberger. Ihre Stimmen klingen bis heute in meinen Ohren nach. Damals waren die Radiostudios noch keine Fliessband-Produktionsstätten für ehemalige Miss Schweiz Kandidatinnen oder austauschbare Plaudertaschen. Nun, egal... jedenfalls kamen mir gestern nationale Musikperlen zu Ohren, welche in mir ein Gefühl von "der guten alten Zeit" aufkommen liessen. Obwohl ich selber genau weiss, dass eben diese "gute alte Zeit" auch ihre Ecken und Kanten hatte - aber irgendwie war sie unschuldiger als die heutige.

Ein paar Beispiele gefällig? Da wäre zum Beispiel der Liedermacher Dieter Wiesmann, welcher mit seinem Lied "Bloss e chini Stadt" eine Ode an die Schweizer Provinz geschaffen hat. Geschrieben übrigens für Schaffhausen, aber seien wir ehrlich - der Text passt auch perfekt zu Aarau. Oder Zarli Carigiet, der Bündner in der Grossstadt Downtown Switzerland: "Mis Dach isch de Himmel vo Züri", eine Hymne auf die Clochare der Limmatstadt. Ruedi Walter, in der kleinen Niederdorf Oper? Noch bekannt, oder... "De Heiri hät es Chalb verchauft". Oder Walter Roderer mit seinem "Purzel", dem saudiarabischen Schlittenhund. Mani Matter, Werner Widmer, Franz Hohler.... Ja klar, das mag für manche langweilige, uralte und vorallem bünzlige Volksmusik sein. Okay, ich hab auch meine Zeit gebraucht um solche Lieder wirklich zu akzeptieren, vorallem zur Jugendzeit war es äusserst uncool so etwas gut zu finden. Aber eben, inzwischen kümmert man sich nicht mehr wirklich darum was die Leute reden und in Zeiten von Musicstars, Popstars, Kochstars und Co. besinnt man sich in speziellen Momenten auch gerne auf bewährte Musikanten. Und seien wir ehrlich, der Begriff "Volksmusik" erklärt sich diesbezüglich ja eigentlich von selber. Musik vom und fürs Volk, die man vielleicht eben in Momenten der Trauer, des Gedenkens, aber auch auch des Glücks ("Alperose", "Bring en hei") gerne mal wieder aus dem Archiv holt. Für mich sind es genau solch musikalische Perlen, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben, die mir im Radioprogramm 2010 fehlen und dafür gesorgt haben, dass ich mir meinen täglichen Klangteppich seit einiger Zeit lieber selber zusammenstelle. Ganz ohne Werbung, Wettbewerbe und Plauderquatsch. Okay, nicht dass ich jetzt den Zarli Carigiet regelmässig im Tagesprogramm bräuchte, aber wenn ich aussuchen könnte zwischen dem neunten Mal Hot Rotation "Alejandro"  von Lady Gaga und einmal... hmmmmm, sagen wir "Visitors never come alone" von Blue China (Schweizer Band aus den frühen 80er Jahren), dann würde ich mich definitiv für Auswahl B entscheiden.

Im heutigen Blogtitel ist auch das Schreckmümpfeli erwähnt. Kennt das noch jemand? Am 5. November 1975 zu sehr später Nachtstunde kam es erstmals über den Landessender Beromünster in die helvetischen Stuben und Schlafzimmer. Bald lockte es Woche für Woche, Jahr für Jahr, eine stetig wachsende Fan-Gemeinde vor die Radioapparate. Als das Schreckmümpfeli 1989 aus dem Äther verschwand, war es längst zur Kultsendung geworden. Am 4. November 2002 feierte das Schreckmümpfeli sein Radio-Comeback. Und ja, es hat mich früher als Kind jeweils mächtig geschaudert als die Erkennungsmelodie das Minihörspiel eingeleitet hat. Rund 7 Minuten gruseln waren dann garantiert - und so mancher Albtraum im Anschluss ebenso. In dieserm Sinne, einen schrecklich schönen Wochenstart allerseits!

Dank an Andi Jacomet.