23. August 2017

Ach du mein heiss geliebter FC Aarau...

Es ist mal wieder so weit. Alle paar Jahre muss ich dich ganz persönlich anschreiben. Und ja, auch dieses Mal sind die nachfolgenden Zeilen total subjektiv und stammen primär von einem langjährigen Fan, aber auch von einem ehemaligen Mitglied der FCA-Geschäftsleitung. Was aber nichts daran ändert, dass mein Aarauer Herz mal wieder heftig blutet... Aber da bin ich ja nicht der einzige Aarauer, dem das so geht und der sich in diesen Tagen zu Wort meldet. Rolf Fringer ging es ähnlich.



Erinnerst du dich noch, damals zu Lämmli-, Hunziker- oder Stebler-Zeiten, die verhinderten Stadien oder als es um den Abstieg ging. Ja, wir hatten schon viele Krisen zusammen und trotzdem bilden wir immer noch eine Einheit. Denn, einen Verein sucht man nicht aus, man wird vom Verein ausgesucht (Zitat Nick Hornby) und bei uns ist das so, lieber FCA. Und um gleich bei den abgedroschenen Zitaten zu bleiben, ein Mann hat in seinem Leben verschiedene Frauen, aber lebenslang nur einen Verein (Campino). Nun ja, rückblickend gesehen sind so manche Momente, die wir Fans damals noch total schlimm fanden, gar nicht mehr so tragisch. Da war zum Beispiel Christian Stebler, den man damals nicht gemocht hat, heute würde man sich vielleicht sogar freuen, wäre einer wie er, gut vernetzt und das FCA-Herz am richtigen Fleck, wieder im FCA-Vorstand vertreten. Und auch die unendliche Stadion-Geschichte, früher ein Drama, weswegen wir uns über diverse Akteure geärgert haben. Heute, alles noch viel schlimmer und wir wären froh, wir könnten in Schafisheim an die Spiele gehen. Kurz, die Zeit heilt zwar keine Wunden, aber sie relativiert doch ganz viele Sachen. Ein bisschen wie in den USA, oder? Früher habe ich über Bush Senior und Bush Junior gemeckert, ohne zu ahnen, dass mit Trump noch das viel grössere Übel kommen wird und sich Vater und Sohn Bush heute sogar von diesem Lackaffen distanzieren. Nun ja, so ist das halt und wir nehmen, was wir kriegen, egal ob im Sport oder in der Politik - wobei wir das Zweitere noch eher beeinflussen können. Aber vorsicht, das heisst natürlich nicht, dass ich den FCA mit den USA und Präsident Schmid mit Trump vergleichen möchte. Oh nein, keineswegs! Aber ja, aktuell macht unser FC Aarau etwa gerade so viel Spass wie Skiferien in Nordkorea oder politische Demonstrationen in Charlottesville. 

Was mich an der aktuellen Situation am meisten ärgert ist, dass es absehbar war, dass es in dieser Saison so kommen wird, wie es gerade kommt. Aber beginnen wir doch von vorne.

Da war diese langweilige Rückrunde zu Beginn dieses Jahres, wir spielten quasi gegen uns selber und das auch noch schlecht. Die Niederlage gegen Wohlen dann noch als Tiefpunkt und trotzdem hat man den Vertrag - nach einigem Hin und Her und diversen Absagen von anderen Kandidaten - mit Marco Schällibaum vorzeitig verlängert. Sich hingestellt und diese Vertragsverlängerung verteidigt hat, wie immer wenn es irgendwo ein Mikrofon oder eine Kamera hat, Roger Geissberger. Der Plan mit Schälli ging dann bekanntlich sehr schnell schief (wer hätte das gedacht?), die Kader- und Saisonplanung hat, zumindest in meinen Augen, darunter gelitten.


Die guten, alten Zeiten
Mit Marinko Jurendic konnte ein junger, hungriger, intelligenter Trainer verpflichtet werden, der Hoffnung bei den Fans aufkeimen liess. Immer wieder wurde er entsprechend mit René Weiler oder gar Ottmar Hitzfeld verglichen... Nun, vielleicht ein bisschen gar grosse Vorschusslorbeeren für einen Volksschullehrer, der mit dem SC Kriens den angestrebten Aufstieg nicht geschafft hatte. Aber, ich bleibe dabei, ein guter Mann, der einfach noch etwas Zeit braucht und ein Umfeld, das ihn machen lässt. Das erinnert irgendwie an Weiler, der auch ganz viel Energie gebraucht hat, um im Brügglifeld seine Visionen umsetzen zu können, zu viel unterm Strich. Es gab, auch intern, immer wieder Nadelstiche gegen ihn und seine Methoden - wohin in seine (gute) Art inzwischen geführt hat, wissen wir alle.

Nun gut, da ist also dieser neue Trainer, voller Tatendrang und in der Hoffnung, dass es noch den einen oder anderen Transfer gibt zur neuen Saison hin, denn die Testspiele haben ja keine wahnsinnige Zuversicht geweckt. Transfers wurden dann auch lautstark angekündigt, sowohl Ponte als auch Geissberger liessen sich zitieren, dass man sich mit "bereits fertigen" Spielern verstärken wolle, welche dem Team gleich von Anfang an helfen können. Hmmmm, ich persönlich habe von diesen Akteuren bis zum heutigen Tag, mit Ausnahme von Steven Deana, der meines Wissens Raimondo Ponte nahe stand, noch nichts bemerkt. Klar gab es ein paar Neue, aber mal ehrlich, welcher von denen hat bislang eingeschlagen? Und hinzu kommt die schier endlose Verletztenliste, welche in meinen Augen noch zusätzliche Transfers nötig gemacht hätte. Erst recht, wenn es vorkommt, dass Spieler aufgrund falscher Behandlung/Diagnose noch länger ausfallen als geplant. So zumindest munkelt man im Brügglifeld.

... sagt Raimondo Ponte.
A propos Verletzte. Nachdem vor einem Jahr das Sekretariatspersonal verschwunden ist, war in dieser Saison der Staff dran in Sachen Exodus. Viele bekannten Namen und Gesichter sind weg, die hat zu Qualitätseinbussen geführt oder zumindest ist der neue Staff noch nicht eingearbeitet. Klar, man kann das alles natürliche Fluktuation nennen, aber man könnte auch fragen, warum das so ist. Mag aber irgendwie niemand fragen, oder? Ist halt so. Punkt. Man kann aber auch nachfragen und dann Antworten kriegen, zum Beispiel, dass es sich im FCA Umfeld auch schon mal angenehmer gelebt/gearbeitet hat und dass der langjährige Ausdruck von der "FC Aarau-Familie" längst nicht mehr der Wahrheit entspricht und es daran liegt, dass sich im Brügglifeld ein paar Leute aufführen, wie die Zampanos. Ein unangenehmer Umstand, unter dem dann natürlich sensible Spieler, Angestellte oder Betreuer zu leiden haben. Was nun nicht heisst, dass dieses Zampano-Getue im Fussballgeschäft zwingend unpassend wäre, als langjähriger Fan von Olympique de Marseille kenne ich es fast nicht anders... Monsieur Tapie und Co. olé! Aber ja, da hat es dann an der Seite vom Zampano zumindest immer auch noch Leute, die sich mit Fussball so richtig auskennen, sofern der Obermacker selber das nicht schon tut. Aber bei uns im FCA kann irgendwie jeder ein bisschen reinquatschen und rumwursteln, bloss die, welche die FCA Tradition kennen, den Verein immer noch gerne, und vorallem Ahnung haben, die sind nicht mehr an Bord. Anstelle von Aleksandrov, Osterwalder, Benito, Heldmann und Co. meinen auf dem Brügglifeld ehemalige 5. Liga-Kicker von zwangsabgestiegenen Ostaargauer Fussballclubs, sie könnten regieren, wie der Sonnekönig anno dazumal. Ob Erfolg oder nicht, egal. Geopfert wird am Schluss sowieso der nächste Bauer, Hauptsache der König bleibt sicher auf seinem Thron sitzen und beobachtet die Szenerie, milde lächelnd. Und hey, beim FCA gibt es sogar mehrere Könige, meistens sogar noch irgendwie miteinander verbandelt, egal ob geschäftlich oder privat. Okay, das ist kein Vorwurf, denn Networking gehört bekanntlich zum Geschäft Aber dieses provinzielle Säuhäfeli-Säudeckeli hintert uns nun doch schon seit einiger Zeit am Erfolg.

Nun gut, kommen wir zum Schluss. Am Sonntag hast du auch gegen den FC Vaduz verloren und die Fans haben ein Transparent mit "Geissberger raus" aufgehängt, was dir und deinen Mannen natürlich nicht gefallen hat. Gerüchten zufolge hat sogar jemand vom Vorstand die Fans gebeten, das Transpi wieder zu entfernen - was dann nicht passiert ist. Überhaupt war auch der Sonntag wieder kein guter FCA-Tag, Misic (der Beste an diesem Tag) hat sich nun auch noch verletzt, was auch nicht wirklich für den neuen Staff spricht und auch nach dem Schluffpfiff vielen nicht wirklich nette Worte von Stehrampe und Tribüne. Aber ja, welche Wahl haben wir Fans? Wir sind dem FC Aarau nun halt mal treu, in guten wie in schlechten Zeiten und pilgern Woche für Woche ins Stadion. Aber inzwischen ist ein Punkt erreicht, wo viele dieser treuen Fans sagen, lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Abstieg und Neuanfang in der 1. Liga, mit neuen und gut vernetzten Leuten, mit Spielern aus der Region (warum studiert eigenlich Hemmi lieber, als beim FCA zu spielen?), frischen Strukturen, mit regionalen Geldgebern, einem neuen Image und mittelfristig dann auch wieder den Erfolgen. Denn eines ist klar, so kann es nicht weitergehen und wenn der Verein weiterhin so an Attraktivität verliert, wie er das in den letzten zwei, drei Jahren getan hat, dann gute Nacht FCA.

Unser Kulttempel Brügglifeld

Und ja, mir ist klar, dass nun viele Rosa-Brillenträger laut aufschreien und sagen, ja aber der XY gibt uns doch viel Geld und mit Burki haben wir einen neuen Sportchef und er Präsi ist ein netter Kerl und wir sind eine Familie und so weiter. Ja, lebt weiter in dieser Fantasiewelt, der FCA ist auf dem harten Boden der Realität angekommen. Burki wird ein guter Sportchef, klar. Aber er braucht Zeit und die hat er schlicht im Moment nicht. Und auch der Trainer dürfte spätestens dann, wenn es gegen Servette und Wohlen Niederlagen absetzt, ebenfalls ins Kreuzfeuer gelangen. So ist der Fussball. Der Fisch stinkt am Kopf und bei dieser Meinung bleibe ich. Ein von Profis gut geführter Verein, rutscht nicht in solch einen Schlamassel, da greifen vorher die nötigen Mechanismen. Aber ja, soll der Brügglifeld-Louis XIV, analog Donald Trump, weiterhin alle rausschmeissen, die ihm nicht passen. Am Schluss steht er alleine da und die Öffentlichkeit wird merken, wo bzw. wer von Anfang an die Schwachstelle war. Habe fertig.

Hopp Aarau, in guten wie in schlechten Zeiten!