In der Nacht auf den 26. April 1986 ist es in Tschernobyl zum bisher grössten Unfall in der Geschichte der Atomenergie gekommen. Seither steht der Name Tschernobyl für eine der schlimmsten von Menschen verursachten Naturkastatrophen. Bis heute... denn in diesen Tagen könnte dieses Bild in unseren Köpfen revidiert werden, in Japan evakuieren die Behörden hunderttausende Menschen aus dem Umfeld des Atomkraftwerks Fukushima. Noch weiss niemand so ganz genau, was sich in diesem AKW ganz genau abgespielt hat. Die letzten Bilder lassen allerdings das Schlimmste vermuten. Ein guter Moment sich an die Tage im April 1986 zu erinnern. Ich stand damals kurz vor meinem 16. Geburtstag und zu meinem Geburi-Essen gab es für einmal keinen Salat zur Vorspeise.
Zwei Explosionen zerstörten Tschernobyl Reaktor Nummer 4 und dessen Schutzummantelung. Der Wind trug kurz danach eine radioaktive Wolke nach Westen. Der Hauptteil der giftigen Partikel ging über der Ukraine, im Süden Weissrusslands und im Südwesten des europäischen Teils der Russischen Föderation nieder, wo später tausende Menschen an Krebs erkrankten. Eine erhöhte radioaktive Belastung des Bodens, verursacht durch eine radioaktive Wolke mit Regen, wurde kurzzeitig auch bei uns in Westeuropa gemessen. Die Behörden empfahlen uns vorübergehend auf den Verzehr von Salat, anderem Frischgemüse und frischer Milch zu verzichten. Und das wurde auch in unserer Familie fleissig praktiziert. Ich erinnere mich ebenfalls an vermehrte Einkäufe von Konservengemüse und das Outdoor Fussballspielen in der Turnstunde fiel bei Regen zeitweise aus.
Als Kind der 80er Jahre ist man darum auch in diesen Tagen sensibel was die Meldungen aus Japan angeht. Denn wir erinnern uns, die Russen erzählten uns damals noch Tage nach dem GAU, der Reaktor sei intakt geblieben, Vereinzelt loderten immer noch Brände auf dem AKW-Gelände, während Männer in weissen Schutzanzügen mit Masken vor den Gesichtern das Katastrophengebiet mit Drahtzaun amateurhaft weiträumig absperren. Am 28. April meldete die amtliche sowjetische Nachrichtenagentur Itar-Tass einen "Unfall", tags darauf ist von einer "Katastrophe" die Rede. Erste Bilder zeigt das sowjetische Staatsfernsehen erst am 30. April, meinem Geburi: Aufnahmen, die retuschiert wurden um die Tragik zu verharmlosen. Offiziell äussert sich die Regierung um Michail Gorbatschow erst am 5. Mai zu den wahren Hintergründen der Katastrophe.
Und nun also Fukushima in Japan. Da wird das Land der aufgehenden Sonne, mit seinen äusserst freundlichen Menschen zuerst von einem schrecklichen Erdbeben der Stärke 8,9 und zahlreichen schweren Nachbeben erschüttert. Dann donnert ein schwerer Tsuniami über das Land und nun droht - als ob es noch nicht genug wäre - eine atomare Katastrophe. Wenn ich irgendwie was tun könnte, ich würds tun. Aber aufgrund der Zahlen und der Bilder bin ich irgendwie überwältigt. So stellt man sich irgendwie den Weltuntergang vor. Da find ich es dann auch absolut daneben, dass es in den westlichen Nachrichten immer heisst, es bestehe keine Gefahr für uns und dass man die mögliche Katastrophe dazu nutzt, um Propaganda gegen AKWs zu betreiben. Das ist sowas von unpassend! Dass Atomkraft Scheisse ist, das wissen wir nicht erst seit diesem Wochenende, aber unserer Regierungen halten es ja nicht für nötig, die Pläne für alternative Energie aus der Schublade zu holen. Nein, in der Schweiz ist man sogar so doof, dass man noch neue Atomkraftwerke bauen will. Zurück zu Japan. Ob die Behörden da den Menschen die Wahrheit sagen, das wissen wir nicht. Wir können nur hoffen, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Derzeit scheint mir, dass man im modernen Land mit der Situation komplett überfordert ist. Ausländische Hilfe ist dringend nötig, los USA und Europa tut eure verdammte Pflicht!
Übrigens, der Unglücksreaktor in Tschernobyl wurde später in einem Betonsarg versenkt, darin bis heute zu finden: Bis zu 180 Tonnen geschmolzene, inzwischen allerdings teilweise erstarrte Brennelemente aus Uran, Plutonium und Graphit sowie kontaminierter Sand. Inzwischen kann man Adventure-Reisen ins Unglücksgebiet buchen und es wohnen auch wieder Menschen in der kontaminierten Zone. Schwangeren, Kindern und kranken Menschen wird von einer Reise nach Tschernobyl allerdings weiterhin abgeraten...