Ich war gestern Abend zu einem Nachtessen eingeladen (Danke an dieser Stelle!) und beim Rotwein kam das Gespräch auf die US-Präsidentschaftswahlen. Kandidat Barack Obama wurde von den Anwesenden als "zweiter Kennedy" gelobt und ich hatte den Eindruck, dass dieser Mann vorallem von Menschen, die Kennedy zum Teil noch erlebt haben, sehr geschätzt wird. Ein Hoffnungsträger quasi für eine besser Welt. Ich selber konnte mir bislang im Vorwahlkampf noch kein wirkliches Bild der Kandidaten machen, noch sind zu viele verschiedene Charaktere im Rennen.
Derzeit habe ich irgendwie den Eindruck, dass für jede Schicht der US-Bevölkerung ein Kandidat oder eben eine Kandidatin zur Verfügung steht. Wer streng gläubig ist nimmt Huckabee, Frauen wählen Hillary, Schwarze sind für Obama, Veteranen dürften für John McCain sein, Patrioten für Giuliani und so weiter. Verwirrend an der ganzen Geschichte, derzeit wählen Demokraten und Republikaner ja erst mal die Kandidaten, die dann am Schluss eventuell in den Präsidentschaftswahlkampf geschickt werden. Das Rennen läuft also weniger zwischen Elefanten und Esel, als vielmehr parteiintern.
Ernst nehmen kann ich das ganze Spektakel schon nicht so wirklich. Wenn Bill Clinton seiner Frau helfen will, darum Parteikollege Obama in den Rücken fällt und behauptet, dieser wäre gar nicht gegen den Irakkrieg wie er immer behauptet, dann wirkt das befremdend für mich. Schliesslich sollte doch das gemeinsame Ziel der Demokraten sein, Bush und seine Republikaner aus dem Weissen Haus zu schiessen. Sich dann aber im Vorwahlkampf gegenseitig ins schlechte Licht zu stellen, kommt mir schräg rein.
Nun, Bill Clintons Attacke gegen Obama scheint - wie der Heulkrampf seiner Frau vor laufenden TV-Kameras - seinen Zweck erfüllt zu haben. Jedenfalls hat letzte Nacht in New Hampshire nicht wie erwartet Obama gewonnen, sondern eben Hillary. Diese hat nun wieder zünftig Rückenwind, nachdem sie letzte Woche nach ihre Niederlage in Iowa von ersten Experten bereits abgeschrieben wurde. Klar hoffe ich, dass ein Demokrat ins Weisse Haus einzieht, wenn er jünger als der bisherige Präsident wäre und von mir aus auch gerne schwarz, dann wäre das vielleicht tatsächlich der Idealfall. Aber wer weiss das schon? US-Wahlkampf steht dafür, dass er aus Show besteht. Die wahren Ziele und Fähigkeiten der Kandidaten kommen oft erst nach der eigentlichen Wahl ans Tageslicht. Und dann ist es oft zu spät, siehe das aktuelle Beispiel. So gesehen ist das Highlight dieser US-Präsidentschaftswahl wohl, dass der jetzige Amtsinhaber im November definitiv nicht mehr gewählt werden kann und sein Büro Anfang 2009 endgültig verlassen muss...
Fotos: AP