20. November 2007

Marco W. ein Spielball der Politik

Ich habe mir vor ein paar Wochen den Film "Midnight Express - 12 Uhr Nachts" angeschaut. Der Streifen von Alan Parker aus den 70er Jahren zeigt die wahre Geschichte eines US-Touristen der in die Mühlen der türkischen Justiz gerät. Dabei werden auch die Zustände in türkischen Gefängnissen in der damaligen Zeit aufgezeigt. Es mangelt an Hygiene, an Essen und an Fairness. Es herrschen Zustände der Gewalt, die Angestellten sind korrupt. Der Film ist in diesem Jahr genau 30 Jahre alt und erschüttert mich trotzdem immer wieder.

Wer nun glaubt, die Zustände in türkischen Gefängnissen hätten sich seit dieser Zeit gebessert, der irrt sich. Klar, ich kann nicht aus eigener Erfahrung erzählen. Jedoch sprechen zahlreiche Interventionen aus dem Ausland eine klare Sprache:

Es gibt Forderungen vom Europaparlament an den türkischen Präsidenten, Vorstösse des Schweizer Parlaments an die türkische Regierung, Listen über gefolterte Menschen von Menschenrechtsorganisationen, Berichte von internationalen Ärzten... alle fordern von den Türken das gleiche, menschenwürdige Zustände!

Die zeigen sich jedoch unbeeindruckt und statuieren derzeit gleich mehrere Exempel. Da ist der Fall Marco. Der Jugendliche aus Deutschland ist inzwischen seit 222 Tagen in türkischer U-Haft weil er ein englisches Mädchen vergewaltigt haben soll. Das Mädchen ist sich inzwischen zwar selber nicht mehr so sicher, ob es wirklich vergewaltigt wurde, der 17jährige sitzt jedoch weiter. Gutachter haben ebenfalls ihre Bedenken angemeldet bezüglich einer Vergewaltigung und seit Mai wartet das türkische Gericht auf eine schriftlich und auf türkisch übersetze Aussage des Mädchens. Vergeblich. Trotzdem lässt man Marco im Gefängnis versauern, nicht einmal über eine Auslieferung nach Deutschland lassen die Türken mit sich diskutieren.

222 Tage U-Haft, zahlreiche Prozess-Verschiebungen, unmenschliche Haftzustände, keine Konzessionen gegenüber Deutschland und der EU. Im Gegenteil, Marco wird als Instrument missbraucht um die türkische Position zu stärken. Das ist derzeit auch nötig, mit ihren Übergriffen auf Kurden im Nordirak macht sich die Türkei derzeit nämlich im restlichen Europa gar keine Freunde. Und da kommt natürlich so ein 17jähriger Deutscher gerade richtig um sicherzustellen, dass zumindest die Deutschen den Ball flach halten. Kein Wunder also ist der Fall Marco zum Politikum geworden, bei dem der Mensch hinter der Geschichte immer mehr in Vergessenheit gerät.

Gespannt bin ich dann auf die nächsten EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei. Ob die ganzen Geschichten um Marco und die Kurdenfrage da nicht zur Retourkutsche werden? Fakt ist, mich ärgern solche Geschichten. Wenn dieser junge Mann Dreck am Stecken und die 13jährige tatsächlich vergewaltigt hat, dann gehört er bestraft. Keine Frage. Seit Ostern gilt jedoch die Unschuldsvermutung und trotzdem sitzt Marco seit dieser Zeit in U-Haft, in einem Raum mit 32 Mithäftlingen! Allesamt vermutlich grössere Fische als er selber. Eine Tatsache die mein Demokratieverständnis absolut überfordert.

Wer sich unter diesen Umständen den Film "Midnight Express - 12 Uhr Nachts" anschaut, dem schnürt sich der Hals zu. Da mag man die türkischen Mitmenschen noch so gut leiden, aber bei mir kam schon beim ersten Anschauen des Films - und das war vor über 20 Jahren in der Schule! - blanker Hass auf. Ich bin ein Mensch der sich Gerechtigkeit zuoberst auf die Fahne geschrieben hat, was da zu sehen ist und was sich bis heute in diesen Gefängnissen abspielt ist eine Schweinerei!

Die deutsche Bildzeitung hat übrigens gestern eine Petition verfasst, welche man downloaden und an den türkischen Richter schicken kann. Ob es was bewirkt oder vielleicht sogar nur das Gegenteil bewirkt, weiss man nicht. Wer unterzeichnen möchte, der findet die Petition hier. In deutschen Städten sind übrigens immer wieder Mahnwachen für Marco geplant, Infos dazu gibts hier.

19. November 2007

Homepage relaunched und Buch released

Ja, dieser Titel ist Denglisch in Reinkultur. Ich hätte natürlich auch sowas wie "Meine Internet-Heimseite ist neu gestaltet und mein Buch ist nun erhältlich" schreiben können. Aber das wäre dann nicht nur etwas unsexy gewesen, sondern als Titel einfach zu lang. Fakt ist, meine offizielle Homepage glänzt seit einigen Tagen in einem neuen Gewand und freut sich nicht nur über Besuch, sondern natürlich auch über Aufträge. Hier gehts zur Website:


Und zum Zweiten ist mein erstes Buch nun offiziell auf dem Markt. Zwar derzeit "nur" übers Internet zu bestellen, dafür mit 15 Euro für 344 Seiten ein richtiges Schnäppchen. Hier gehts zur Büchebestellung:


Wer mit dem Bestellvorgang nicht zurecht kommen sollte, der meldet sich bei mir. Ich habe ein paar Bücher bei mir zu Hause, wobei die ersten paar Schinken schon verkauft sind. Danke an dieser Stelle!

So und nun Schluss mit Eigenwerbung, die stinkt bekanntlich. Morgen früh gibts wieder einen "richtigen" Beitrag zu einem Justizskandal, der mich schon seit Wochen ärgert und eben morgen Dienstag zu einer Neuauflage kommen dürfte.

18. November 2007

Ich bin fremd gegangen....

... und ich gebe es auch gleich zu. Es war am Samstagabend. Ich war bei Kollegen zum Essen eingeladen und dabei ist es passiert. Es war zu Beginn kein gutes Gefühl, aber am Ende des Abends war ich glücklich und zufrieden. Nun, damit werde ich wohl in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten leben müssen. Ob ich damit umgehen kann, weiss ich derzeit noch nicht. Was ich weiss ist, am kommenden Mittwoch bin ich wieder treu...

Wie es dazu gekommen ist? Tja, ich wurde einfach schwach. Es ging soweit, dass ich mitten im gestrigen Abend vom Sofa augesprungen bin und hemmunglos geschriehen habe. Meine Freunde mussten mich darauf hinweisen, dass sie in einer Blockwohnung seien und ich mich etwas am Riemen reissen solle... Eigentlich ist es ja nicht meine Art, fremd zu gehen. Aber gestern musste es einfach sein. Frankreich zu liebe!

Die Italiener haben in Schottland gespielt. Ich mag Italien, italienisches Essen, italienische Menschen.... aber eines kann ich nicht ausstehen: italienischen Fussball! Nun eben, gestern haben die Azzurri in Schottland gespielt, und sie mussten gewinnen um sich für die EM zu qualifizieren. Naja, das wäre mir ja irgendwie egal gewesen. Nur, hätten sie nicht gewonnen, wären meine Franzosen am Mittwoch in der Ukraine verdammt gewesen zu punkten. Und ich bin ehrlich, auswärts auf Unentschieden spielen les Bleus überhaupt nicht. Dieses Vorhaben hätte durchaus schief gehen können. Also beschloss ich gestern, für einen Abend die Italos zu unterschützen. Und das im Hause eines Schottlandfans....

Am Anfang hatte ich etwas Mühe. Beim Tor von Luca Toni blieb ich regungslos sitzen und nahm es zur Kenntnis. Ausgleich Schottland. Da ich selber schon in diesem herrlichen Land war und die schottischen Fans vermutlich die friedlichsten Fussballfans von allen sind, konnte ich mich über dieses Tor nicht mal richtig ärgern. Im Laufe des Spiels begann ich zu rechnen. Ein Unentschieden würde für Frankreich bedeuten, dass sie in der Ukraine sicher nicht verlieren dürfen. Hmmmm... la grande Nation hat aber das Flair, genau in diesen Momenten zur Überheblichkeit zu neigen und dann eben genau solche Spiele zu verlieren. Also begann ich heimlich die Daumen für die Italiener zu Drücken.

Die Minuten vergingen, die Partie war so gut wie gelaufen. Alles deutete auf ein 1 zu 1 hin. Frankreich mit den schlechtesten Karten von allen 3 Teams. Weil Italien gegen die Färöer bestimmt gewinnen wird. Noch 5 Minuten und ich wurde nervös. Murmelte was von wegen "Forza Italia" und wurde dafür blöd angeschaut. Foul vom Italiener am Schotten, der Schiri pfeifft Freistoss für Italien. Unverständnis unter allen vereinten TV-Zuschauern. Sogar ich schüttle den Kopf. Drücke aber weiter die Daumen. Flanke einwärts, irgendein weiss gekleideter Mann steigt auf und köpft den Ball ins schottische Tor. Ich springe vom Sofa auf und schreie "Goooooooooooooooooaaaaaaaaaaaaaaaallllllllllll!", dabei schauen mich entsetzte Augenpaare an. Ich entschuldige mich kurz und juble weiter. Italien ist bei der EM08 dabei. Schön für die. Aber viel wichtiger Frankreich ist ebenfalls direkt für den Anlass qualifiziert. Ohne dass man am Mittwoch gegen die Ukraine auch nur einen Blumentopf gewinnen müsste!

Tja, für einmal bin ich also kurz für 90 Minuten fremdgegangen. Und ja, es hat irgendwie weh getan. Heute hab ich dafür den ganzen Tag - aus schlechtem Gewissen - im Marseille-Shirt verbracht. Auch als ich kurz bei den Nachbarn - sie sind aus Italien - vorbei gegangen bin, um kurz auf die Quali anzustossen. Sie haben übrigens wie man auf dem Foto sieht noch kurz gebastelt....

Allez les Bleus et Bienvenue en Suisse!

17. November 2007

EM-Quali leicht erklärt


Meiner Meinung nach hat hier die Aargauer Zeitung Italien und Frankreich verwechselt. Les Bleus sind nämlich heute spielfrei und können Italien nicht unter die Arme greifen. Vielmehr sind sie selber direkt qualifiziert wenn Italien Schottland schlägt...

16. November 2007

Der Zöllner und die stinkende Socke

blog-parade zollgeschichten

Ich möchte mich an der Blogparade von Falki beteiligen. Er hat aufgrund einer eigenen Erfahrung dazu aufgerufen, eine "Zollgeschichte" zu erzählen. Da mir vor einigen Jahren tatsächlich mal eine unvergessliche Story passiert ist, mach ich da mit.

Also, vor einigen Jahren hab ich mal in Frankreich gewohnt. Genauer in Marseille, der tolltsten Stadt Frankreichs. Jaja, ich weiss, das ist sehr subjektiv und auch Paris ist ganz nett, aber eben, ich hab mein Herz in Marseille verloren und da wird es auch bleiben. Aber zurück zu der Geschichte. Gegen Ende meines beruflichen Engagements in der Grande Nation war ich daran, meine Wohnung aufzulösen. Sprich, Sachen zu verkaufen, Dinge wegzuschmeissen und andere Teile zurück in die Schweiz zu schaffen.

So kam es dann auch, dass ich mit meinem kleinen Opel Corsa - hart gezeichnet von den Einparkkünsten der Südfranzosen - ein paar "Dienstfahrten" in die Schweiz unternahm um mein Material zurück zu schaffen. Da ich keine professionelle Umzugsfirma buchen wollte, musste ich die gut 700 Kilometer ein, zwei mal selber zurücklegen. Immer mit einem gut gefüllten Corsa versteht sich. Alles verlief jeweils ohne weitere Zwischenfälle, auch der Zoll bereitete mir keinen Kummer.

Bei der allerletzten Fahrt zurück in die Schweiz hatte ich nicht mehr viel Material an Bord. Ein paar persönliche Andenken, zwei Flaschen Pastis, etwas zum knabbern und die letzte dreckige Wäsche, welche sich angesammelt hatte. Wer dacht ebe all den Au Revoirs schon ans Waschen. Nun, ich fuhr auf der Autobahn von Lyon nach Genf als mir im Rückspiegel ein Auto auffiel. Es folgte mir schon seit einigen Kilometern, was in Frankreich eher ungewöhnlich ist, da der Franzose dazu neigt, ausländische Fahrzeuge schnell zu überholen. In diesem Zusammenhang empfehle ich die Taxi-Filme....

Anfangs dachte ich mir nichts dabei und fuhr weiter. Etwas später drosselte ich meine Geschwindigkeit, weil ich dachte ich hätte vielleicht ein Schild übersehen. Der Wagen verfolgte mich jedoch weiter. Durch das ganze Departement hindurch. Als ich nach einer Péage (Zahlstelle auf er Autobahn) hörte ich eine Sirene, sah im Rückspiegel ein Blinklicht und einen Mann mit einer Kelle. Ich hielt auf dem Pannenstreifen an. Der Mann kam zu mir und stellte sich als Zöllner vor. Er gehöre zu einer mobilen Patrouille und er möchte wissen, was ich bei mir habe. Man bedenke, es war ein französischer Zöllner und ich wollte das Land verlassen! Ok, ich zählt auf... er fragte mich aus über meinen Reiseweg und meine Pläne. Ich antworte artig. Er bat mich auszusteigen und den Kofferraum zu öffnen. Was ich freundlich tat.

Da erblickte er den hellblauen Plastikkorb, gefüllt mit dreckiger Wäsche. Er fragte, was das sei. Ich erklärte ihm, dass ich in die Schweiz zurückziehe und das die letzte Wäsche sei, die ich nicht mehr gewaschen hätte. Er glaubte mir nicht und sagte, er glaube eher, dass das ein schlaues Versteck für Schmuggelware sei. Ich sagte ihm mit einem Lächeln, dass es nicht so sei, er sich aber durchaus selber davon überzeugen könnte. Und was macht der Mann? Fischt einzeln meine stinkenden Socken, die dreckigen Unterhosen, verschwitzte T-Shirts, übelriechende Küchentücher und so weiter aus dem Korb.

Ich stand neben ihm und konnte mir ein lautes Lachen nur knapp verkneifen. Nach ein paar Minuten war der Korb komplett leer. Sein Kollege näherte sich uns und fragte was das hier gäbe wenn es fertig sei. Der Zöllner erklärte die Situation, der andere Zöllner - vermutlich höheren Ranges - schüttelte den Kopf und forderte ihn auf, alles wieder in den Korb zu packen und mich dann weiterfahren zu lassen. Zähneknirschend nahm sich der Jungspund wieder Monsieur Fischers Dreckswäsche an und füllte damit den Korb. Mit einem leisen Bonne Route verabschiedete er sich in Richtung Einsatzfahrzeug. Im Rückspiegel sah ich noch, wie er sich anschliessend einen Anschiss seines Kollegen anhören musste....

Hier alle Blogparaden-Teilnehmer und ihre Geschichten zum Thema "Zoll":