Die Franzosen lieben Yannick Noah: Schon wieder kürten sie den Popsänger und früheren Tennis-Star zur beliebtesten Persönlichkeit des Landes. Auf dem zweiten Platz der französischen Top 50 landete die Fußballlegende Zinedine Zidane. Aktuelle Nationalspieler schifften wegen des blamablen Untergangs der Equipe Tricolore bei der Weltmeisterschaft komplett ab, Thierry Henry schaffte es gerade einmal auf Platz 39. Auch aktive Politiker sucht man in der Hitliste vergebens. Lediglich Ex-Präsident Jacques Chirac (41.) und die frühere Ministerin Simone Veil (21.) sind dabei.
Schon zum achten Mal, davon zum sechsten in Folge, steht der inzwischen leicht ergraute Rasta-Mann in der nationalen Popularitätsskala ganz oben. Angesichts des offenbar von langer Hand geplanten Frontalangriffs des französischen Staatspräsidenten gegen ungebetene Zuwanderer wird Noahs Kür diesmal sogar zu einem Politikum. Denn als Sohn eines kamerunischen Einwanderers gehört Yannick Noah just zu jener Volksgruppe, der Nicolas Sarkozy den Krieg erklärt hat. Wer die Hand gegen Polizisten und Amtspersonen erhebe, droht der Präsident, dem werde künftig per Gesetzesänderung die französische Staatsangehörigkeit aberkannt. Nur, warum adeln die Franzosen ausgerechnet Yannick Noah zum "Chouchou national", zum Liebling der Nation? 1983: Noah gewinnt nach fast vierzig Jahren als erster Franzose die prestigeträchtigen French Open, und führt die Equipe Tricolore als Kapitän zweimal zum Davis-Cup-Sieg. Der Karriere auf dem Tennisplatz folgt der steile Aufstieg in den frankophonen Pop-Himmel. Demnächst erscheint seine neue CD "Frontières" und der Vorverkauf für das Konzert im "Stade de France" Ende September läuft auf vollen Touren.
Bloss, Sport- und Musikstars gibt es in Frankreich en masse. Yannick Noah ist anders, der Mann mit der starken Rückhand ist zu einer moralischen Instanz geworden, zum Gewissen der Grande Nation. Als Nicolas Sarkozy 2005 vorschlug, die Banlieue "durchkärchern" zu wollen, drohte Noah sogar damit, das Land im Falle seines Wahlsiegs verlassen zu wollen. Nun, Sarkozy wurde Präsident, und Noah ist trotzdem geblieben. Aber den ständigen Versuchen, sich vom neuen Hausherrn im Elysée-Palast umgarnen zu lassen, hat er stets widerstanden.
Unter Sarkozy sei es "noch schlimmer geworden, als ich gedacht habe", sagte er einst in einem Interview. Anstatt der verzweifelten Jugend in den Immigranten-Ghettos Arbeit und Hoffnung zu geben, giftete Noah, "werfe er immer mehr junge Bengel ins Gefängnis". Selbst die präsidiale Bitte, gegen ein "Fantasiehonorar" ein Konzert am Nationalfeiertag 14. Juli zu geben, schlug Yannick Noah brüsk ab. Er lasse sich "nicht kaufen", liess er dem pikierten Staatschef mitteilen. Und genau darum haben die Franzosen ihn nun erneut zum beliebtesten Landsmann gewählt.
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