Am Anfang stand das Wort oder besser gesagt ein Satz, welcher FC Aarau Präsident Alfred Schmid im Anschluss an das YB-Spiel am Sonntag von sich gegeben haben soll und der dann von der Aargauer Zeitung entsprechend zitiert wurde:
"Der Inhalt des Communiques vom Montagabend wird für den FC Aarau existenzielle Folgen haben. Und nicht nur für den Profibetrieb sondern auch für die Juniorenabteilung".
Entsprechend gross war gestern das Interesse der Fans und der Medien. Ja dieser einfache Satz - den man als Präsident halt einfach auch nicht so rauslassen sollte - war gestern nach Feierabend sogar Stadtgespräch. Eine Frage stand im Mittelpunkt: was passiert ? Im Laufe des Tages immer mehr Gerüchte und so waren ein Rücktritt des Verwaltungsrates oder der finanzielle Untergang oder die Entlassung des Trainers durchaus mal Thema. Den Medien riss irgendwann der Geduldsfaden und da es vom Club her keine Infos gab, stürzte man sich auf die Fans. Sorry Leute an dieser Stelle, habe bewusst von diesen gut 10 Anrufen keinen einzigen beantwortet. Andere haben es getan, viel mehr wussten sie aber auch nicht zu erzählen. Und dann war es soweit, nach 21 Uhr veröffentlichte die FC Aarau-Führung das folgende Communiqué. Ich habs mir durchgelesen, darüber geschlafen und nun MUSS ich es einfach kommentieren (Die Medienmitteilung ist in kursiver Schrift gehalten, da Zitat):
Im Frühling 2007 wurden wir auf Drängen des Umfelds in den Verwaltungsrat gewählt. Gross war der Applaus, als wir uns bereit erklärten, Verantwortung zu übernehmen sowie Zeit und Geld in den FC Aarau zu investieren.
Korrekt und dazu gratuliere ich den Herren auch heute noch. Ich war ebenfalls begeistert über das Engagement, obwohl ich mir gewünscht hätte, dass man bereits ein Jahr früher das Ruder übernommen hatte. Aber eben, die erwähnte Wahl fand im Jahre 2007 statt. Inzwischen haben wir Herbst 2009 und weht - Fussballgeschäft sei dank - ein anderer, etwas kälterer Wind.
Zwei Mal in Folge durfte das Fanionteam die Meisterschaft der Axpo Super League auf dem hervorragenden 5. Platz abschliessen, was unsere Erwartungen bei weitem übertraf.
Was nicht zuletzt der Arbeit von Ex-Trainer Ryszard Koko Komornicki zurückzuführen ist. Er hat aus den bescheidenem Spielermaterial das Beste herausgeholt. Und das obwohl er kurz nach Amtsantritt von der neuen Führung als "Hypothek" bezeichnet wurde. Koko war kein einfacher Trainer und Mitarbeiter, das ist vermutlich so. Trotzdem hätte man ihm nach zwei fünften Tabellenplätzen das Vertrauen weiterhin aussprechen sollen! Sein Abgang war in meinen Augen der Anfang vom (vorläufigen) Ende...
Als Klub mit vergleichsweise bescheidenen finanziellen Möglichkeiten ist alles andere als der Ligaerhalt ein grosser Erfolg. Trotzdem wurden wir von einzelnen Medien in immer stärkerem Masse kritisiert, und diese Kritik hat in den vergangenen Wochen ein Ausmass angenommen, das wir nicht mehr tolerieren können.
Wer in der Öffentlichkeit steht- und das tut man nun halt mal als Übungsleiter von einem der zehn SuperLeague Clubs und das weiss man schon voher - der muss zwangsläufig mit Kritik leben. Vorallem dann, wenn im Vorfeld der Saison offensichtlich Fehler gemacht wurden und die Tabellensituation sich so präsentiert wie sie das gerade macht. Dass die Medien nicht immer auf Streichelkurs sind ist ebenso klar, die Zeitungsbranche ist in der Krise und es wollen Exemplare verkauft werden. Zudem empfand ich die Kritik der AZ nicht als besonders massiv und ich bin jetzt auch kein ausgewiesener Fan der Aargauer Zeitung. Die Mängel welche von Bingesser und Co. aufgezeigt wurden ensprachen durchaus den auf und nebem dem Platz gezeigten Fakten.
Seit zweieinhalb Jahren haben wir viel Zeit und Geld uneigennützig in den FC Aarau investiert; dank unserer Beziehungen und unseren eigenen Mitteln sowie durch Sponsorengelder fliesst heute jährlich eine Million Franken mehr in die FCA-Kassen als früher.
So hart das jetzt vielleicht klingen mag: genau dafür wurden diese Leute in den Verwaltungsrat der FC Aarau AG gewählt. Nicht weil sie lustige und nette Kerle sind, nein, weil sie Kontakte zu lukrativen Finanzquellen oder selber Geld auf dem Konto haben. Wenn die Führung daneben noch zwei gerade Sätze sagen und freundlich grüssen kann - umso besser. Aber das ist nicht erste Priorität. Die Teppichetage hat für ein ausgeglichenes Konto und unter dem Strich für den sportlichen Erfolg zu sorgen.
Trotzdem müssen wir dafür sorgen, dass die Finanzen nicht aus dem Ruder laufen. Der Verwaltungsrat hat sich klar dafür ausgesprochen, dass nicht mehr ausgegeben als eingenommen wird.
So etwas liest man zwar gerne, tut aber in der aktuellen Situation rein gar nichts zur Sache.
Diese Strategie ziehen wir konsequent durch, indem wir auf Spieler mit überrissenen Lohnforderungen verzichten und dafür Nachwuchsakteure einsetzen.
Ähem, hier die Aufstellung vom letzten Sonntag gegen YB: I. Benito; Rapisarda, Aquaro, Stoll, Elmer (17. Schaub); Marazzi, Baykal, Bastida, Lang (69. Pejcic); Burki; Stojkov (76. Lehtinen). Wo genau sind hier die eigenen Nachwuchsakteure? Klar man kann mich Schaub oder Sinanovic argumentieren. Vorallem der erst genannte Spieler kam durchaus auf ein paar Minuten in dieser Saison. Aber seien wir ehrlich, hat er bereits Nationalliga A-Niveau? Zweifel sind durchaus erlaubt.
Nach den schlechten Ergebnissen zu Beginn der laufenden Saison haben wir die Mannschaft mit einigen Wunschspielern des Trainers verstärkt.
Okay, laut den bösen bösen Medien war der Cheftrainer ja nicht einmal über alle getätigten Transfers wirklich informiert und Sportchef Hächler hat sich öffentlich damit gebrüstet er hätte die beiden Moldavier im Länderspiel gegen die Schweiz entdeckt und kurzerhand verpflichtet. Überhaupt sind die Transfers vermutlich die eigentliche "Hypothek" der laufenden Saison. Mit Ausnahme von Stojkov will keiner so wirklich auffallen. Da hat es ein paar verletzungsanfällige Spieler dabei, vermutlich auch ein paar Fehleinkäufe, Akteure denen der Wille fehlt... und überhaupt: wo sind die Identifikationsfiguren geblieben? Mit Ausnahme von Ivan Benito sind sie alle weg. Frede Page liess man zu Xamax ziehen, Paulinho wird bei GC nicht wirklich glücklich, Mario Mutsch dümpelt bei Metz rum.... und dann tut es erst recht weh im FCA-Herzen wenn man dann sieht welchen Erfolg Page mit Neuenburg feiert oder man sieht wie die Bielis, Antics, Himas, Nushis, von mir aus auch Ianus und Co. bei ihren neuen Clubs eingeschlagen haben! Während wir uns mit talentfreien Moldawiern rumschlagen müssen...
Auch wenn der kurzfristige Erfolg bisher noch ausgeblieben ist, sind wir überzeugt, dass die Qualität des Kaders ausreichend ist, den Ligaerhalt zu schaffen.
"Die Qualität des Kaders"... wird das absichtlich so kommuniziert? Mir flösst dieses Zitat ein, die Chefetage habe ihre Arbeit gut gemacht und richtig eingekauft, dass der Trainer nun mit diesem Spielermaterial nichts anfangen kann, daran ist man in der Teppichetage bei Herrn Schmid und Herrn Hächler unschuldig.
Die erwähnten Entscheide der sportlichen Führung werden immer gemeinsam im Sportausschuss abgesprochen. Es ist unfair und zeugt von schlechtem Stil, einzelne Personen als Alleinschuldige und Sündenböcke darzustellen.
Das mag so sein, schützt aber leider nicht vor Kritik. Dann scheinen in diesem Sportausschuss halt Menschen zu sitzen, die in Sachen Transfers nicht wirklich viel Ahnung haben. Oder besser gesagt im Umgang mit möglichen neuen Spielern. Immerhin stand der eine oder andere Crack auf der Matte, diskutierte mit den FCA-Verantwortlichen und ging dann wieder. Zu einem anderen Club, wo er jetzt vermutlich Erfolge feiert. Ebenso wurde mit Spieler umgegangen, die bereits beim FC Aarau unter Vertrag standen. Ich nehme erneut das Beispiel Page: warum lässt man so einen Mann gehen nur weil er - in seinem Alter verständlich - lieber einen Drei- anstatt einen Zweijahresvertrag möchte. Nein, man spielt erst mit ihm und lässt ihn dann ziehen. Dafür holt man einen bislang unbekannten Deutschen, der dann einen Dreijahresvertrag kriegt und - seien wir ehrlich - vermutlich nicht wesentlich günstiger und erst recht nicht stärker ist als Page es war.
Als Präsident stehe ich voll und ganz hinter der Arbeit von Fritz Hächler. Ein Engagement in dieser Grössenordnung ohne Fritz Hächler ist für mich undenkbar.
Es soll unheilige Allianzen gegeben haben in der Geschichte, die schon zünftig in die Hose gegangen sind... Wer sich an seinen Partner bindet, der geht mit ihm unter - sofern er konsequent ist.
Wir sind sehr enttäuscht von den Pressekommentaren der letzten Tage, namentlich in der Aargauer Zeitung, die offenbar beabsichtigt, dem FC Aarau den Todesstoss zu versetzen.
Noch einmal: wir sind weder in Lummerland noch im Paradies und auch nicht mit Alice im Wunderland. Wir schreiben das Jahr 2009 und die Medien machen beim besten Willen auch nur ihren Job. Und wer noch nicht gemerkt hat, dass der Boulevard sich besser verkauft als der seriöse Journalismus der soll doch einfach einmal - nur als Beispiel - einen Tagi oder eine NZZ von vor 10 Jahren mit der Ausgabe von gestern vergleichen. Und wer damit nicht umgehen kann, der hat sich vermutlich ins falsche Amt wählen lassen oder hat schlechte Berater um sich herum. Und so nebenbei, die bösen Journalisten haben weder Spieler gekauft noch auf dem Platz verloren.
Präsident und Sportchef haben heute ihren Rücktritt zur Diskussion gestellt, was der Verwaltungsrat jedoch klar abgelehnt hat, denn dies hätte existenzielle Folgen, sowohl im finanziellen als auch im personellen Bereich. Der gesamte Verwaltungsrat der FC Aarau AG steht einstimmig hinter dem eingeschlagenen Weg und der sportlichen Führung.
Dazu hätte ich mal eine Frage. Im AZOnline-Interview nach dieser VR-Sitzung hat Präsident Schmid zu Protokoll gegeben, dass in Sachen Trainer noch nichts entschieden wurde weil aufgrund der Ferien nicht alle Verwaltungsräte anwesend waren. Also, es gibt 6 Verwaltungsräte. Davon war einer im Urlaub, einer darf nicht abstimmen und zwei VRs waren ja im Ausstand. Da bleiben also noch deren zwei Verwaltungsräte übrig um dem Präsidenten und dem Sportchef den Rücken zu stärken... ein wahnsinniger Rückhalt den die beiden Herren also scheinbar geniessen. Und eben, das Communiqué wird dann wiefolgt abgeschlossen:
Über die Trainerfrage wird der Verwaltungsrat in den nächsten Tagen nochmals eingehend diskutieren.
Weil - wir haben gelernt - ja für diese wichtige Frage zu wenig Verwaltungsräte anwesend waren. So ganz nebenbei hat man im AZOnline-Inti vom Präsidenten dann noch erfahren, dass der Trainer durchaus zur Diskussion stehe, er ihn aber bislang noch nicht über das Resultat der Sitzung informiert hätte. Schlaue Kommunikation sieht anders aus, meine Herren!
Nun, wie weiter? Gestern Abend hätte ich vor lauter Enttäuschung am liebsten gleich laut den sofortigen Rücktritt der beiden Herren gefordert. VR-Entscheid hin oder her. Mir ist aber auch klar, dass sich sonst auch nicht wirklich jemand anbietet welcher diesen Verein in der aktuellen Situation mal so einfach übernehmen würde. Die Investoren aus Dubai oder Russland lassen auch noch auf sich warten. Und Red Bull verkauft sich in der Schweiz wohl zu gut, als dass man noch ein Fussballteam übernehmen müsste. Okay, die Teppichetage im Brügglifeld bleibt unangetastet. Weitere Abgänge im Umfeld dürften zu erwarten sein, dass als Beispiel ein erfahrener SFV-Mann wie Rolf Suter nicht mehr dabei ist löst bei mir nur Kopfschütteln aus.
Status Quo, nein nicht die Band - der Zustand. Es wird einmal mehr heissen "Machen wir das Beste daraus und ziehen wir an einem Strick"... kommt mir vor, als hätte ich das schon einmal gehört. Mein Vertrauen in die Vereinsführung ist leider definitiv weg, dabei war die Hoffnung damals im Jahr 2007 so gross, dass ich sogar noch aktiv Wahlwerbung betrieben und T-Shirts gedruckt habe. Aber eben, die Zeiten ändern sich und ich bin noch immer der Meinung dass sich die durchaus freundlichen Herren einfach falsche Berater und Mitarbeiter geholt haben. Das Resultat sehen wir jetzt und wenn es auch keine Rücktritte gegeben hat gestern Abend; ein grosses "Sorry wir haben Fehler gemacht, wir stehen dazu und geben dafür jetzt gemeinsam Vollgas" wäre das Mindeste gewesen! Aber nun hats halt nur die halbherzige und irgendwie selbstverherrlichende Medienmitteilung gegeben, welche die bösen bösen Journalisten wohl wiederum durch den Fleischwolf drehen werden. Mit dem Ergebnis dass das FCA-Umfeld wieder verunsichert wird und so weiter und so fort. Willkommen in der Muppet Show - mit einem lauten "Hopp Aarau"!
6 Kommentare:
Hammerartikel und ich möchte sagen: Deine Worte in Gottes Ohr. Was mir bei all der berechtigten Kritik halt immer fehlt, sind Lösungen. Köpfe die Verantwortung übernehmen und Geld ausgeben.
Wir müssen unbedingt Millionäre werden.
kompliment, artikel des jahres
Hervorragender Artikel, Fischer. Gratulation. Hoffentlich lesen es die Verantwortlichen und finden im Druck, den sie sich selber auferlegt haben, die nötige Zeit, sich deine Einschätzungen zu beherzigen. Es wäre eine grosse Geste gewesen, Fehler einzugestehen. Entschuldigen brauchen sich die Herren, die viel Geld und noch mehr Zeit in den FCA investieren nicht. Aber die Einsicht, dass auch jene treuen Seelen im Umfeld des FCA, die halt nicht ein so dickes Portemonais haben, nicht einfach alle Deppen sind. Schliesslich wollen ja alle nur das Beste für den FC Aarau.
gute analyse!!!
Ich finde den Bericht auch sehr gut und habe ihn an den Fc Aarau geschickt ich hoffe das ist Ihnen recht. Ich selber bin nich so ein guter SChreiber aber der Text hier trifft den Nagel auf den Kopf und sagt meine Meinung.
Joel Simmen
Well done - in Bezug auf die Analyse. Schade aber zu sehen, dass sich irgendwie nichts aendert beim FCA und ich frage mich: hat mein Wegzug denn gar nichts bewegt????
Kommentar veröffentlichen