Tja, das wars dann wohl in Neuenburg mit dem Spitzenfussball. Lichterlöschen beim Traditionsclub aus der Aarauer Partnerstadt, Xamax liegt auf dem Totenbett und die lebenserhaltenden bleiben aus. Seit gestern ist offiziell, was Facchinetti schon lange befürchten musste: Die Swiss Football League entzog Xamax die Lizenz, die Rückrunde findet damit ohne die Neuenburger statt.
Ganz ehrlich, ich finde es extrem schade! Mir war der Club seit je her sehr sympa. Gerne erinnere ich mich an die Ausflüge nach Neuenburg, an die freundlichen Verkäuferinnen am Wurststand, die Halbliter Becher mit Rotwein für einen Fünfliber, die Tigers, die tollen Spieler und Trainer - Don Givens, Uli Stielike, Heinz Hermmann, Augustine Simo, Andy Egli, Alain Geiger, Joel Corminboeuf, Marco Pascolo und natürlich Rainer Bieli und Gilbert Gress! Ich bin früher sogar nach Neuenburg gereist, auch wenn der FC Aarau gar nicht gespielt hat. Zum Beispiel beim grossartigen Erfolg gegen Real Madrid war ich live dabei, hab mir sogar noch ein T-Shirt gekauft. Bei der ganzen Geschichte tut mir vor allem ein Mensch leid: Monsieur Xamax, Gilbert Facchinetti. Ich hatte die Chance, diesen Grand Seigneur persönlich kennenzulernen. Daneben dass er mich an meinen verstorbenen Opa erinnert hat, muss ich sagen, ein sehr liebenswerter und freundlicher Herr. Es war "sein" Xamax. Gegenüber einer welschen Zeitung hat Facchi inzwischen Stellung genommen zum Untergang von Xamax.
Seit mehr als sechs Jahren ist der ehemalige Präsident Gilbert Facchinetti nicht mehr im operativen Geschäft von Neuchâtel Xamax eingebunden. Der Popularität des mittlerweile 75-Jährigen tat dies allerdings nie einen Abbruch. Facchinetti ist in Neuenburg beliebt wie eh und je – und er gilt als Inbegriff des Leidens, seit zuerst Sylvio Bernasconi und im vergangenen Mai Bulat Tschagajew den Club übernommen hatten. Für Facchinetti, dessen Enkel Mickaël zum Kader gehört, ist der Lizenzentzug ein weiterer Stich ins Herz. Denn niemand lebt den Club so intensiv wie der Bauunternehmer. Von 1979 bis 2005 war Facchinetti Präsident und Mäzen des Vereins. Damit ist er sowohl für die beiden Meistertitel 1987 und 1988 sowie die grossen Siege im Europacup gegen Real Madrid oder Bayern München mitverantwortlich. Das Besondere an Facchinettis Präsidentenzeit ist allerdings nicht der sportliche Erfolg. Facchinetti wurde von Spielern und Trainern vielmehr geschätzt, weil er eine familiäre Atmosphäre pflegte. Vor den Heimspielen lud er die Mannschaft in seine Villa in Saint-Blaise ein, wo Ehefrau Vally jeweils Spaghetti kochte. Xamax war für ihn nicht nur der Verein des Herzens, sondern auch seine Familie.
Die Übernahme durch Tschagajew kritisierte er: "Es gibt keinen anderen Ausweg, leider." Seine Enttäuschung über die Machenschaften des neuen Besitzers ging sogar so weit, dass er im Oktober die Zusammenarbeit seiner Firma mit dem Club beendete. Zwar blieb er Ehrenpräsident sowie Aktionär. Doch man spürte, Facchinetti litt: "Das alles tut mir sehr weh", sagte er mehr als einmal in die Mikrofone der Reporter. Mit dem Lizenzentzug ist Facchinettis Leiden nicht beendet. Dennoch dürfte er für ihn auch eine Art Erlösung sein. Denn Tschagajews Zeit ist damit abgelaufen. Im Hintergrund soll Facchinetti bereits daran sein, den Club erneut zu übernehmen und neu aufzubauen. Denn eines ist sicher: Facchinetti lässt Xamax nie im Stich. Oder wie er es formuliert: "Meine Verbindung zu Xamax endet erst mit meinem letzten Atemzug." Und dieser lässt hoffentlich noch sehr lange auf sich warten. Bonne Chance Monsieur Facchinetti!