Am 23. Oktober wählt die Schweiz ihr neues Parlament. Überall in unserem Land lächeln uns derzeit die Kandidatinnen und Kandidaten entgegen, mich persönlich sprechen nur die wenigsten die Wahlplakate an. Darum setze ich lieber auf bewährte oder bekannte Köpfe. Einer davon ist Ivica Petrušić, Grossrat, Sozialarbeiter und Musiker aus Aarau. Kandidat um einen der Sitze im Nationalrat. Um ihm auf den Zahn zu fühlen, hab ich ihm - er kandidiert für die SP- und die Secondos Plus-Liste - ein paar Fragen gestellt.
1. Ivica du trittst diesen Herbst - wie viele andere Kandidatinnen und Kandidaten auch - zum Nationalratswahlkampf an. Warum sollte man bei der grossen Auswahl gerade Dich wählen?
Ivica Petrušić: Auf dem Plakat der Liste 2c der Second@s Plus Aargau steht geschrieben: Second@s Plus unterstützen Ivica Petrusic im Whalkampf weil sie mehr „gute Musik“ in Bern wollen ;) Ich stehe seit Jahren mit meiner Politik für Menschen ohne Stimme ein: Jugend und Zugewanderte. Ich stehe ein für eine weltoffene und soziale Schweiz in welcher alle die hier ihre Steuern bezahlen auch politische Rechte haben sollen. Diese Menschen brauchen eine Vertretung in der lokalen, kantonalen und bundesweiter Politik. Zusätzlich liegt mir als Gemeinde- Stadt und Regionalentwickler der nachhaltiger Umgang mit der Natur und dem uns Verbliebenen Lebensraum am Herzen.
2. "Integration heisst Partizipation" ist dein Slogan. Wie möchtest du diesen verstanden wissen?
Alle Reden von Integration und niemand weiss eigentlich genau worum es geht. Integration heisst gleichberechtigte Teilhabe und Teilnahme aller in unserem Land lebenden Menschen an allen Angeboten unserers Landes. Dabei müssen wir uns bewusst sein, dass nicht alle gleiche Voraussetzungen und zum Beispiel Familienstrukturen haben, die ihnen einen gleichberechtigten Zugang zu unseren Institutionen (Zum Beispiel zum Bildungssystem) ermöglichen würden. Dort braucht es konkrete Angebote, bzw. Veränderungen innerhalb der bestehenden Strukturen. Integration ist ein Prozess der sich durch alle Gesellschafts- und Politikbereiche durchzieht. Nicht nur im Bereich der Migrations- und Integrationspoltik.
3. Gerade für Menschen aus dem Kosovo bietet der Sommer 2011 ein Wellenbad der Gefühle. Einerseits werden sie an den Pranger gestellt und als Mörder dargestellt, dank Shaqiri zu Volkshelden stilisiert. Was empfindest du wenn du solche Diskussionen mitkriegst?
Kürzlich ist eine neue Version eines SVP- Plakates in den sozialen Medien zu dieser Thematik erschienen. Nach dem Sieg der Schweiz gegen Bulgarien, als Shaquiri drei Goole schoss, stand auf einem Plakat geschrieben: „Kosovaren retten die Schweizer Nati.“ Ich haben dieses Plakat mit folgenden Worten kommentiert: „Ich bitte dringent um eine Anpassung des Plakates. Da wir nicht eine ganze Bevölkerungsgruppe (also die Kosovaren) für den Erfolg der Nati verantwortlich machen dürfen, müsse es richtig heissen“ Kosovare (Einzahl!) rettet die Schweizer Nati.
4. Was tust du, was tut die SP, was tun die Secondos dass es 23. Oktober nicht erneut zu Gewinnen für die SVP kommt?
Neben guter Sachpolitik, die SP seit Jahren im Sinne von „mehr für alle statt für wenige“ betreibt, braucht es weiterhin einen kreativen Wahlkampf. Dies ist jedoch nicht nur einfach, da kaum jemand über ein so grosses Budget Verfügt wie die SVP. Vielleicht gelingt es auch mal die Widersprüchlichkeit der Sündenbockpolitik der Rechten aufzudecken. Viele der rechts gerichteten Politiker beschäftigen in ihren Firmen bis zu 50% Ausländer (zum Beispiel der Ständeratskandidat der SVP), welche sie gleichzeitig als Bedrohung unseres Landes dazustellen versuchen.
5. Wie sieht dein Wahlkampf noch aus bis zum entscheidenden Sonntag im Oktober?
Neben den klassischen Teil; Podiumsdiskussionen, Stände, Flyer usw... setze ich vor allem auf Elemente aus meinem anderen Hobby – der Musik. Nach der Neuinterpretation der Schweizer- Hymne habe ich auch ein Liebeslied auf den Aargau. Darin spiele ich mit Klischees unseres Kantons und gehe auf kunstvolle Art mit politischen Themen unserers Altags um (http://www.youtube.com/watch?v=eriGU0AV1ic).
Wir brauchen Symbole und Bilder mit welchen wir uns identifizieren können, wir müssen es hinkriegen, dass sie die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer mit den Symbolen unseres Landes identifizieren kann. Heute wird unterschieden in Ausländer, Eingebürgerte, Schweizer und Eidgenossen. Für mich ist diese Kategorisierung inakzeptabel.
6. In Deutschland (und anderen europäischen Ländern) durften die Linke und die Grünen auf den sog. Fukushima-Effekt vertrauen und auch die Wirtschaftslage beschert den Bürgerlichen regelmässig Verluste. Rechnest du in der Schweiz auch mit solchen Reaktionen der Wähler?
Fukushima ist leider heute bereits weit weg aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwunden, oder wir können uns noch wage daran erinnern. Zumindest im Aargauer- Grossrat kämpft nach wie vor eine Mehrheit für die AKWs. Die Menschen bewegen mehr die unmittelbaren und schweizerischen Probleme ob nun diese real oder erfunden (wie zum Beispiel die Zuwanderungsdebatte) bzw. künstlich herbeigeschworen werden.
7. Du hast unlängst mit einer neuen Version der Nationalhymne für Aufsehen gesorgt. Welche Reaktionen hast du gekriegt?
Erstaulicherweise waren die meisten positiven Charakters. Meine Version hat sogar bei der Umfrage der Aargauer Zeitung am Schluss die Nase vorne ;). Es zeigt mir, dass die Bevölkerung doch auch für Neues offen ist – im Grundsatz.
8. Abschliessend die Frage, du möchtest Nationalrat werden. Warum willst du dir das antun? ;-)
Eine meiner Reden zu den Symbolen der Schweiz v. 23. Aug. hat aufgrund schlechter journalistischer Arbeit (einen Monat nach der Veröffentlichung der Rede) weltweite Reaktionen ausgelöst. Ich bekomme seither Einschüchterungs- und Drohbriefe in welchen auch meine ganze Familie bedroht wird. Nach solchen Tagen und Wochen fragt man sich tatsächlich warum man sich das Ganze antun soll. Für die Medien scheinen die Politischen Köpfe als Spielfiguren zu fungieren in einem Spiel, welches Sie alleine steuern und bestimmen.
Manchmal denke ich wirklich, dass ich als Musiker auf der Bühne viel politischer sein könnte und mit der Kunst und Musik auch viel mehr gesellschaftlich verändern könnte. Der Frieden in Europa steht – 66 Jahre nach dem 2. WK. - und mit der heutigen Unzufriedenheit der europäischen Bevölkerung mir der Entwicklung des europäischen Gedankenguts – wieder auf dem Prüfstand. Wir alle haben eine Verantwortung für unsere Gesellschaft zu tragen und zu übernehmen, im Rahmen unserer Fähigkeiten und Möglichkeiten. Ich bin und werde immer ein politischer Mensch bleiben, dabei werde ich auch weiterhin auf verschiedene politische Mittel zurückgreifen, ob Nationalrat oder nicht.
Danke für das Gespräch und viel Glück für die Wahlen am 23. Oktober!