14. Juli 2011

Schwarzer oder weisser Schwan?

Wow! Es war ja gestern Abend nicht wirklich das ideale Wetter um dem Openair Kino einen Besuch abzustatten. Aber manchmal müssen Dinge einfach sein und das Wetter passt dann auch wie die Faust aufs Auge zum Film. Gestern so passiert: "Black Swan", begleitet von Blitzen, Wind und Regen. Kurz, der perfektionierte Wahnsinn.

Aber diese Aussage trifft nicht nur auf das Ambiente und den Inhalt des Films zu, nein, so könnte man auch den Regiestil von Darren Aronofsky beschreiben. Ich fand es interessant wie sehr Black Swan mich als Zuschauer an die Hauptfigur Nina bindet. Die Frau ist während 108 Minuten immer präsent und es gibt keine einzige Szene, in der der Fokus auf andere Personen rückt. So spürt man auf einmal selber den Druck, den Ehrgeiz, die Verzweiflung und vorallem ihre Paranoia. Kurz, der Film hat mich total begeistert und ich bin froh, hab ich ihn erst gestern Abend zum ersten Mal ganz und richtig geschaut, denn auf dem iPad befindet er sich schon lange - aber auf grosser Leinwand und mit toller Musikanlage ist die Story rund um die Ballettaufführung von Schwanensee ein einzigartiges Erlebnis.


Der Regisseur schafft es ab der ersten Sekunde den Zuschauer mit furchterregendem Sounddesign und der knallharten Kameraführung den Zuschauer körperlich in die Qualen der Tänzerinnen zu involvieren. Bei jedem Knirschen der Gelenke zuckt man unbewusst zusammen oder chnappt nach Luft, wenn sich die immer nervöser werdende Nina die Fingernägel bis aufs Blut herunterschneidet oder ihren blutig getanzten Zeh betastet. Wenn man sich darauf einlässt - und eben das Ambiente stimmt - dann ist das Kino der psychischen Beklemmung und der körperlichen Grenzerfahrung. Immer wieder hab ich andere Zuschauer beobachtet, die angeekelt den Kopf abgewendet haben...

Zur Handlung. Nina, gespielt von der genialen Natalie Portman ("Leon"), ist eine der Tänzerinnen am Lincoln Center in New York City. Doch sie wird schnell älter, und der Druck, endlich eine, die grosse Rolle zu landen, wächst ins Unermessliche. Als der französische Ballettmeister Thomas (diabolisch Vincent Cassel aus "La Haine") eine Version des Tschaikowsky-Klassikers "Schwanensee" ankündigt, ist es so weit: Nina soll beide Hauptrollen tanzen! Doch es gibt interne Konkurrenz, Lily ist das krasse Gegenteil der zarten und verstörten Nina, eine extrovertierte Tänzerin mit lockeren Umgangsformen und verführerischem Charme. Kommt dazu, dass Nina zu Hause mit ihrer Mutter eine Art Eislaufmama hat, die ihre Tochter an ihre psychischen Grenzen treibt, nur weil sie selber ihre Karriere vergeigt hat. Dass die ganze Wohnung mit Schwänen und anderem Ballettkrempel dekoriert ist, überrascht da dann schon fast nicht mehr. Erinnerungen an den Klassiker "Psycho" wurden bei mir wach. Nina zeigt dem Zuschauer ein fast perfektes Psychogramm einer komplett schizophrenen, jungen Frau - getrieben von schier unmenschlichem Erfolgsdruck auf Egoismus getrimmt. Wie, solche Frauen gibts auch im wahren Leben? Echt, ich kenne keine ;-)

Egal, ab einem gewissen Punkt stellt man sich als Zuschauer nur noch die folgenden Fragen: Was ist noch real, was existiert nur in Ninas Phantasie? Gibt es die konkurrierende Lily wirklich, lässt sich Nina tatsächlich von ihr zu einem feuchtfröhlichen Club-Abend überreden, an dessen Ende die beiden Frauen Sex in Ninas rosa Kinderzimmer haben? Oder ist alles nur Halluzination eines bis zum äussersten gereizten, überforderten Geistes? Das totale Method Acting? Kein Sex, keine Kunst?

 "Black Swan" zeigt diePerfektionsmühle der perfekten Primaballerina als Höllenmaschine, in der junge Frauen, an ihrem Ehrgeiz, ihren ureigenen Komplexen um Körperlichkeit und Sexualität gepackt und um den Verstand gebracht werden, wenn sie nicht stark genug sind. Und seien wir ehrlich, möchte nicht jedes kleine Mädchen einmal entweder Prinzessin oder Ballettänzerin werden? Und wie gross ist der Unterschied zu Castingshows wie DSDS oder GNTM? In meinen Augen minim. Die Kandidatinnen werden so lange herausgefordert, bis sie entweder Höchstleistungen erbringen oder am Druck zerbrechen. Man kann dieses Bild herunterbrechen auf viele andere Bereiche des täglichen Arbeit. Funktioniere, spiele mit oder verpiss dich!

Noch ein Wort zu den DarstellerInnen: Natalie Portman, selbst Balletttänzerin seit Jugendjahren, trainierte monatelang, um die Tanzszenen selbst absolvieren zu können. Auch wenn teilweise auch ein Double im Einsatz war, ist die Leistung von Portman schlicht genial, versprüht subtile Erotik genau so, wie absoluten Wahnsinn und hat darum den Oscar verdient. Vorallem im letzten Drittel lässt man sich total auf Nina ein und wartet gebannt auf die Lösung der zahlreichen Rätsel. Ebenso toll sind die Nebenrollen besetzt, mit Vincent Cassel und der wunderhübschen Mina Kunis. Erst im Abspann hab ich dann übrigens entdeckt, dass bei "Black Swan" auch endlich Winona Ryder mit dabei war. Schon lange nichts mehr gehört von dieser tollen Frau. Okay, ihre Rolle ist nicht riesig, aber prägend - bezeichnenderweise spielt sie eine Ballerina, deren grosse Zeiten passé sind. Fazit: der Film schafft es locker in meine persönliche Top Ten-Liste. Wer ihn noch nicht gesehen hat, sollte ihn sich unbedingt anschauen. Am besten mit einer grossen Leinwand und einer tollen Musikanlage - braucht zwar ein paar Nerven, aber mal ehrlich: Schon allein die Musik zu Schwanensee ist eine der schönsten Melodien die je geschrieben wurde.

13. Juli 2011

Zitat des Tages

"Schlimmer ist es, wenn ein Lügner die Wahrheit sagt, als wenn ein Liebhaber der Wahrheit lügt, schlimmer wenn ein Menschenhasser Bruderliebe übt, als wenn ein Liebhaber der Menschen einmal vom Haß überwältigt wird.

Besser als die Wahrheit im Munde des Lügners ist noch die Lüge, besser als die Tat der Bruderliebe des Menschenfeindes ist der Haß."

Dietrich Bonhoeffer

12. Juli 2011

Transferi-Transfera

In Sachen Fussball herrscht gerade Sommerpause, zumindest bei den Männern. Aber es tut sich was in Aarau und Marseille, ganz zu meiner Freude.

Olympique de Marseille hat sich für rund fünf Millionen Euro die Dienste des französischen Nationalspielers und Captains der Bleus, Alou Diarra vom FC Girondins de Bordeaux, gesichert. Diarra, der am 15. Juli seinen 30. Geburtstag feiert, bestand am gestern die medizinische Untersuchung und unterschrieb anschliessend einen Drei-Jahres-Vertrag. Mit Olympique Lyonnais gewann er 2007 die Meisterschaft und feierte drei Jahre später auch mit Bordeaux den Titel in der Ligue 1. Der 34-malige Nationalspieler begann seine Karriere beim FC Louhans-Cuiseaux und wurde anschliessend auch vom FC Bayern München ausgebildet, ehe er bei Le Havre AC, SC Bastia und RC Lens richtig durchstartete.

"Er bringt körperliche Robustheit mit, die uns letztes Jahr noch gefehlt hat", so Marseilles Sportdirektor José Anigo. "Er hat Power im Mittelfeld und ist einer der Leistungsträger in der Nationalmannschaft. Ein intelligenter Spieler mit viel Erfahrung. Er hat alles, was ein Team nach vorne bringen kann."

Diarra ist nach Morgan Amalfitano, Jérémy Morel und Nicolas Nkoulou der vierte Neuzugang im Stade Véldrome. Ich persönlich vermisse noch den ganz grossen Namen, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Aber auch der FCA hat in den letzten Tagen noch einmal zugeschlagen auf dem Transfermarkt: Der Challenge-League-Club verpflichtete den Argentinier Juan Pablo Garat bis Ende der Saison 2012/13.

Zuletzt spielte der 28-jährige Innenverteidiger für den rumänischen Erstdivisionär Dinamo Bukarest. Von 2005 bis 2009 stand Garat bei St. Gallen unter Vertrag, mit denen er 2008 abstieg, danach allerdings den sofortigen Wiederaufstieg in die Axpo Super League schaffte.

Der Brügglifeld-Club verlängerte ausserdem leihweise für ein weiteres Jahr mit André Gonçalves vom FC Zürich. Zudem tragen Moustapha Dabo (Yverdon-Sport FC), Igor Nganga (FC Schaffhausen), Alain Schultz (FC Wohlen), Remo Staubli (FC Zürich), Silvan Widmer (Team Aargau U-21) in der kommenden Saison das neue FC Aarau Dress vom Ausrüster Nike.

PS: Bye bye Ariella Käslin, deine Karriere war bewunderswert und dein Lachen immer ansteckend. Viel Erfolg auf dem weiteren Lebensweg, abseits des Turnsports.

11. Juli 2011

Ein Wort zur FIFA-Frauen Fussball WM

Nun, was soll ich sagen? Ich finds gut. Wer jetzt also chauvinistische Sprüche aus dem Mund eines Fussballfans erwartet, der darf an dieser Stelle aufhören mit lesen. Nein, im Ernst, das Spiel gestern Abend zwischen Brasilien und den USA war beste Unterhaltung. Auch in den Wochen zuvor gab es schon die eine oder andere attraktive Partie - vor allem dann wenn Frankreich, Schweden oder Deutschland im Einsatz waren. Für die Gastgeberinnen ist das Turnier leider vorzeitig zu Ende, schade, ich hoffe dies tut der guten Stimmung in Deutschland keinen Abbruch. Das hätten die Teams und das OK nicht verdient. Aber noch einmal zum Spiel von gestern Abend: da gab es einfach alles! Rote Karte, gute Spielzüge, viele Tore, Penalty inkl. Wiederholung im Spiel, Verlängerung, Elfmeterschiessen, Emtionen - und seien wir ehrlich, ich schau mir auch lieber Hope Solo als Wayne Rooney an - so rein vom optischen Standpunkt her.


Die Zeiten, in welchen der Frauenfussball belächelt wurde, sind endgültig vorbei. Gut, ich konnte mich schon vor ein paar Jahren - es war glaub die WM in den USA - für den Sport begesteitern. Aber seit damals hat der Frauenfussball noch einmal einen grossen Schritt nach vorne gemacht. Allein die Profiligen in den USA oder Deutschland haben dazu beigetragen. Und mit dieser perfekt organisierten WM in Deutschland konnte man den (meist männlichen) Kritikern erst recht und hoffentlich endgültig das Maul stopfen. Gut so. Spannend find ich übrigens auch, dass nicht nur auf dem Platz die Frauen das Sagen haben, nein, auch in den Reporterkabinen tut sich so einiges. Mit Claudia Neumann durfte zum ersten Mal in der deutschen TV-Geschichte eine Frau ein Fussball WM Spiel live kommentieren. Und neben ihr sind sportskundige Journalistinnen und Expertinnen wie Okka Gundel, Valeska Homburg, Katrin Müller Hohenstein oder Nia Künzer im Einsatz. Kurz, es macht Spass. Übrigens, beim Teleclub ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten, mit Annette Fetscherin oder Manuela Eggenberger sind ebenfalls regelmässig kompetente Fussballkennerinen am TV zu sehen. Leider klappts mit den fussballspielenden Frauen in unserem Land noch nicht so wirklich, wir haben zwar mit Lara Dickenmann einen Star der Szene in der Nati - aber am Rest des Teams muss noch fleissig gearbeitet werden!

Nun, wie gehts weiter bei der Frauen Fusball WM in Deutschland? Prognosen sind schwierig. Ich persönlich bin fest von einem Sieg der Deutschen ausgegangen. Daraus wird dann wohl nichts. Favoritinnen dürften nach den letzten Spielen also die Amerikanerinnen sein, mein Geheimtipp sind die Französinnen. Allez les Bleus - auch bei den Frauen! Einen einzigen Kritikpunkt habe ich dann aber auch noch. Die Schiedsrichterinnen. Während der Fussball zugelegt hat, befindet man sich da bei den Frauen noch immer in der Steinzeit. Es vergeht kein Spiel, in dem es nicht mindestens eine krasse Fehlentscheidung gibt. Mindestens... Einzig die Deutsche Bibiana Steinhaus hinterlässt einen guten Eindruck, aber die pfeift ja auch in der Männer Bundesliga und kann so Erfahrungen sammeln. Aber sonst, eine wahre Katastrophe. Und leider sind es genau diese Schiri-Fehler, welche den Machos noch immer genug Argumente liefern, um den Frauenfussball nicht ernst nehmen zu müssen. So, das wars auchs schon. Ich habe mir zum Abschluss des Beitrags überlegt, noch ein paar Fotos von der WM zu zeigen, aber irgendwie enden wir dann wir da, wo wir Männer den Frauenfussball vor Jahren in unseren Köpfen abgelegt hatten: hübsche Frauen... Darum, wer noch nichts von der FIFA-WM mitgekriegt hat, der sollte unbedingt am Mittwoch die Halbfinals anschauen. So wie das allein in Deutschland in den letzten Wochen bis zu 15 Millionen Menschen (pro Spiel!) getan haben. Wer Fussball mag, wird seine wahre Freude daran haben.