Nein, die Schlagzeile ist nicht von mir. Die hab ich aus einem Kommentar einer französischen Zeitung geklaut, denn in der Rubrik "Loisirs" gibts seit dem Wochenende nur noch ein grosses Thema: Noir Désir Sänger Bertrand Cantat ist zurück auf der Bühne, er der im Jahr 2003 seine Geliebte, die Schauspielerin Marie Trintigant getötet hatte, ist wieder da – es das Comeback des Jahres. Ausgerechnet in dem Jahr, in welchem sich seine Frau Kristina Rady im gemeinsamen Haus mit einem Strick erhängt hat... erst im Januar hab ich an dieser Stelle über diese tragische Liaison geschrieben und nun ist "das Monster", wie ihn internationale Medien gerne mal nennen, also wieder zurück auf der Rockbühne.
Das Gerücht über ein Comeback von Cantat kursierte in Frankreich schon seit Tagen, zuerst im Internet, dann in Pariser Zeitungen. Samstagnacht, eine halbe Stunde nach Mitternacht, war es tatsächlich soweit. Bertrand Cantat, Frankreichs umstrittenes und charismatisches Rockidol, betritt zusammen mit der Band „Eiffel“ nach 7 Jahren Pause die kleine Festivalbühne im südfranzösischen Bègles (Gironde). Es war ein kurzer Auftritt, der schon nach drei Liedern vorbei war und seine Fans trotzdem in Ekstase versetzt hat. Videos auf Youtube zeigen Cantat, inzwischen 46jährig, in légèrem Oberteil, Jeans, mit mittellangem Haar und sauber rasiert. Ein bisschen so, als wollte er die Uhr des Lebens weit zurückdrehen. in die Zeit als die Jugend zwischen dem nördlichen Lille und Marseille im Süden den Leadsänger der Kultband „Noir Désir“ verehrte wie eine französische Ausgabe von Jim Morrison.
Tempi passati: Seit sieben Jahren sieht Frankreich in Bertrand Cantat einen Menschen mit zwei Gesichtern. Für seine treuen Fans bleibt er ein sensibler Rockstar, zwischen rebellischem Punk und poetischen Rockballaden. Für andere Franzosen ist er ein feiger Mörder, der das Leben der hübschen Schauspielerin Marie Trintignant auf dem Gewissen hat. Wegen „absichtlichen Totschlags“ verurteilen ihn die Richter in Vilnius im Jahr 2004 zwar zu acht Jahren Gefängnis, aber im Oktober 2007 - längst zurück in Frankreich - kommt Cantat wegen guter Führung wieder auf freien Fuss. In seinem Haus in Bordeaux beginnt Bertrand Cantat wieder zu musizieren. Im November vor zwei Jahren veröffentlichen „Noir Désir“ auf ihrer Homepage eine Rockversion von "Le Temps des Cerises" zum kostenlosen Download. Parallel dazu nehmen sie im Studio ein neues Album auf, welches bis heute noch nicht veröffentlicht wurde und inzwischen für 2011 geplant ist. Die grosse Frage beim Cantat-Comeback war jedoch, wird der Sänger zum ersten Mal etwas zum Tod seiner beiden Frauen sagen? Er tat es nicht. Beim Konzert in Bègles verabschiedete er sich - sagen wir mal - beinahe demütig von seinen Fans: Er faltete die Hände, beugte sich weit nach vorn und liess ein kurzes Lächeln über sein Gesicht huschen. Das wars. Die Zeitung "Le Parisien" berichtet in ihre gestrigen Ausgabe, dass Cantat schon einen weiteren Auftritt geplant habe. Am 13. Oktober soll er wiederum zusammen mit der Band Eiffel im südfranzösischen Mérignac auftreten - an einem Solidaritäts-Konzert zu Gunsten der verschütteten Bergleute in Chile.
PS: Ja, ich hab auf dem Navi schon mal ganz unverbindlich nachgeschaut wie lange man von Aarau nach Mérignac so brauchen würde... es wären bescheidene 853 Kilometer!