Ich gebe es offen und ehrlich zu, spätestens als das SMS meiner Kollegin ankam mit den Worten "
Was machst du als nicht schwuler Mann an einem Konzert von James Blunt?" hatte ich schon ein paar Zweifel ob ich gestern Abend wirklich am richtigen Ort war. Zudem kamen mir im Vorfeld Konzerte von Bob Dylan, Sting oder Seal in den Sinn, bei denen ich nach 30 Minuten mit der Müdigkeit zu kämpfen hatte, weil die meisten Songs doch eher langsam waren. Nach den ersten 3 Takten im Zürcher Hallenstadion waren alle diese Zweifel allerdings wie weggeblasen (und das ist kein Wortspiel!). Zwar war ich unter all den verliebten Paaren und den unzähligen (in James Blunt verliebten) Single-Frauen vielleicht tatsächlich ein wenig ein Exot, was mich aber nicht daran gehindert hat schon nach wenigen Augenblicken in den den höchsten Tönen mitzusingen.
Mr. Blunt präsentierte Hit um Hit und da spielte es dann bald auch keine Rolle, das 90 Prozent dieser Lieder nicht über das Tempo einer Stehblues-Ballade hinaus gekommen sind. Seine Band war schlicht perfekt, schade
war nur die teils miese Akustik in der neuen Halle. Von hinten gabs mit einer halben Sekunde Verzögerung leider während des ganzen Konzerts immer nochmal das Schlagzeug zu hören. Das tat der Stimmung aber keinen Abbruch. Wobei eben, das Thema Stimmung. Genau diese war gestern Abend doch eher speziell. Sie hat das Konzert zu dem gemacht, was es war, ziemlich einzigartig. Ich habe doch schon so einige Acts live gesehen, aber irgendwie lag gestern eine spezielle - nennen wir es mal - Magie in der Luft. Während den wirklich ruhigen Songs - die ja in der Mehrzahl dann auch eher traurige und nachdenkliche Texte haben - war das Publikum überraschend still. Manchmal erinnerte es fast an eine Stimmung während einem klassischen Konzert, vorallem dann wenn Blunt alleine am Flügel sass und sang. Da war dann Gänsehaut angesagt (analog dem Güggel den ich am Vorabend beim Griechen in Olten verputzt habe!), vergleichbar mit Auftritten von Paul McCartney und "Yesterday" oder wenn Bono"'One" zum besten gaben. So zumin
dest habe ich es empfunden.
Spannend war auch die Bühne und deren Aufbau, welche von einer riesigen Leinwand im Hintergrund dominiert wurde. Darauf gab es abwechslungsweise Livebilder, Musikvideos oder Collagen zu sehen. Bei "No Bravery" wurden dann zum Beispiel selbstgemachte Videos aus dem Kriegsgebiet im Kosovo gezeigt, wo James Blunt vor seiner Karriere als Blauhelmsoldat im Einsatz war. Was dann natürlich wiederum dazu geführt hat, dass das Publikum in seiner Partylaune etwas gebremst und eher nachdenklich wurde. Aber es muss ja nicht immer nur lustig sein an so nem Abend und so einem Konzert, denn das Leben ist zwischendurch tatsächlich auch kein Ponyhof. Alles in allem waren es gute 90 Minuten mit grossartiger Musik dank einer tollen Band und einem gut aufgelegten Blunt, der sichtlich Spass hatte am gestrigen
Abend in Zürich. Lustigerweise hat er sich übrigens während den Songs immer wieder auf französisch zum Publikum unterhalten. Multilinguale Schweiz halt.
Zum Schluss noch einen Gruss an die etwas reiferen Damen, welche wir im Zug nach Hause angetroffen haben: Das Lied heisst - obwohl der James das immer wieder so singt - nicht "Simona" sondern "1973"... hihi... Aber was solls, immerhin habe ich ihnen ja (Zitat der lustigen Frauentruppe) "das Leben gerettet", dadurch dass ich der Damenriege mein Cola geschenkt habe, nachdem sie den Zug nur noch durch einen mühsamen Sprint erreichen konnten und dann sichtlich ausser Atem in die Sitze fielen. Und das alles wegen dem schönen James... der mir nach gestern Abend weniger durch sein Aussehen, als viel mehr durch die folgenden zwei Textstellen im Kopf geblieben ist:
"Goodbye my lover, goodbye my friend. you have been the one for me.
I'm a dreamer and when i awake you can break my spirit, it's my dreams you take.
I love you and thats the truth, i can't live without you"
Und diese hier:
"And maybe someday we will meet and maybe talk and not just speak...
I'm not calling for a second chance, i'm screaming at the top me my voice.
Give me reason but don't give me choice. Cause i'll just made the same mistake again."
Fazit: Der Typ hats definitiv drauf und es ist nur ein Gerücht dass ich letzte Nacht noch eine Weile wach lag und mir gewisse Songs und vorallem deren Texte noch einmal zu Gemüte geführt habe. Und ach ja, Vorurteile sind nur dazu da, um sie über den Haufen zu werfen! Und
hier gibts noch den kläglichen Versuch meinerseits, den Abend per Handy-Video in Erinnerung zu behalten. An mir ging def. kein Regisseur verloren... Bei Youtube gibts aber noch bessere Filme von gestern, zum Beispiel
diesen hier.