In zwei Tagen ist es wieder soweit. Europa kämpft um musikalische Titelehren. Was früher "Grand Prix Eurovision de la Chanson" hiess und regelmässig an einem Samstag im Mai stattgefunden hat, heisst inzwischen
"Eurovision Song Contest", startet am Donnerstag mit einem Halbfinal und findet im grossen Finale am kommenden Sonntag dann (hoffentlich) seinen Sieger.
Grund für diese Änderung sind all die neuen Staaten aus dem Balkan und dem Ostblock. Wo früher Jugoslawien an den Start ging, machen heute ein halbes Dutzend Länder als Ex-Jugoslawen mit. Und damit die Sendung am Samstag nicht noch länger dauert als sie das eh schon macht, hat man sich vor 2 Jahren entschieden, eine Art internationale Vorausscheidung ins Leben zu rufen. Nicht durch die Quali müssen die Länder, die der veranstaltenden Eurovision angehören und entsprechend da entsprechend auch brav in die Kasse bezahlen. Allen voran die "Big Four" Deutschland, England, Frankreich und Spanien). Und dann werden - so wie ich informiert bin - noch ein paar W
ildcards verteilt. Unser
DJ Bobo kann von diesen Privilegien nicht profitieren und ist am Donnerstag bereits im Einsatz. Sein Titel "Vampires are Alive" ist solides Handwerk und dürfte den Geschmack der Massen durchaus treffen.
Aber die Konkurrenz ist riesig. Ich habe mir übers Wochenende alle Titel angehört (auch so eine blöde Neuerung, dass man die Lieder schon vorher kennt) und komme daher zur Erkenntnis: einen klaren Favoriten gibt es nicht. Aber es gibt zahlreiche Songs, die durchaus den Nerv der Zuschauer treffen könnten. Mein persönlicher Favorit ist ganz klar
Frankreich. Die Comedians von "Les Fatals Picards" haben einen Song kreiert, der das traditionelle französische Chanson gleich selber auf den Arm nimmt. Ob der Rest Europas diese Pointe versteht, sehen wir am Samstag. Die Grande Nation ist mit ihrem Song über Oralverkehr direkt für den Final qualifizert.
Mutig find ich den Beitrag von
Israel. Was die Musik angeht, steuert der Song in die Ecke SKA, Rock und Rap. Gesungen wird in Englisch, Französisch und Hebräisch. Inhaltlich gibt's verbale Attacken in Richtung des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad. Eine Tatsache, die mir persönlich jetzt nicht unbedingt gefällt. Aber man darf gespannt sein, wie die Staaten mit einem grossen islamischen Bevölkerungsanteil auf das Lied reagieren werden.
Zu den allgemeinen Favoriten dürften meiner Einschätzung nach Länder wie
Island,
Serbien (das ist schon eine Frau, oder?),
Irland,
Schweden,
Deutschland oder Gastgeber
Finnland mit einer Art "Evanescence"-Cover zählen. Sie alle sind mit mehr oder weniger gestandenen Musikern am Start. Vorallem "The Ark" aus Schweden oder der Deutsche Roger Cicero haben durchaus Potential für vordere Platzierungen. Im Allgemeinen fällt auf, dass in diesem Jahr viele Nationen auf die Karte Rock setzen. Der letztjährige Sieg von
"Lordi" hat da durchaus seine Spuren hinterlassen. Klar fehlen auch in Helsinki die russische Disco-Nummer mit den leicht bekleideten Lolitas oder der schwarzhaarige, südländische und absolut talentfreie Latinlover nicht. Diesbezüglich hat sich der Wettbewerb in den letzten Jahren nicht verändert.
Mit Aussenseiter-Chancen ins Rennen gehen, meiner Meinung nach Länder wie
Litauen,
Armenien,
Türkei,
Dänemark oder
Georgien. Diese Nationen überraschen entweder durch eine tolle Melodie, einen innovativen Auftritt (Dänemark schickt ne Transe) oder damit, dass sie noch in ihrer Landessprache singen. Aber auch bei diesen Teilnehmern war für mich jetzt kein Song dabei, wo ich auf Anhieb gesagt hätte, der gewinnt. Den subjektiven Bonus "Punkte dank hübschem Gesicht und nettem Song" dürfen
Bosnien und
Moldavien für sich verbuchen.
So gesehen bleibt die Spannung also vermutlich bis zum letzten Augenblick erhalten, denn wenn es keinen wirklich grossen Favoriten gibt, haben fast alle teilnehmenden Nationen Chancen auf einen Sieg. Die Betonung liegt auf "fast allen", denn Lieder wie die aus
England,
Spanien,
Ukraine oder
Kroatien gehen gar nicht. Während diesen 3 Minuten gibt's dann jeweils die Möglichkeit kurz zum Kühlschrank oder auf Toilette zu gehen. Kurz, ich freu mich auf den ESC 2007. Nur schade, dass wir in der Schweiz - ganz im Gegensatz zu Deutschland - keine eigentlichen Grandprix-Parties kennen.
Zum Schluss bleibt mir nur noch die Bitte an alle Blogleser von ausserhalb der Schweiz:
Vote for DJ Bobo!