Es gibt Sänger und Musiker, die mag ich seit je her. Es gibt Sänger und Musiker, an die musste ich mich erst einmal gewöhnen. Und es gibt Sänger und Musiker, die ich vor einigen Jahren ganz und gar nicht ausstehen konnte. Zu der dritten Kategorie gehört für mich Herbert Grönemeyer. Nicht nur, dass ich "Das Boot" komplett überschätzt fand, nein, auch mit den gesanglichen Leistungen des Bochumers hatte ich lange Mühe.
Als dann noch Oli P. auf die Idee kam, seinen Titel "Flugzeuge im Bauch" (Grönemeyer musste dazu sein Einverständnis geben) zu covern, war der Ofen erst recht aus. Hinzu kam, dass meine Mutter (und viele andere Frauen in ihrem Alter) den "Gröni" super fanden. Und die gleiche Musik toll finden wie die Mama, das geht ja schon mal aus Prinzip nicht.
Inzwischen sind einige Jahre ins Land gezogen. Der Herbert hat das eine oder andere Album herausgebracht, ohne dass ich es gekauft hätte. Und es ging mir eigentlich gut dabei. Vor ein paar Jahren dann aber die Wende. Ich wurde von der Plattenfirma nach Zürich eingeladen, auf dem Programm stand die "Mensch"-Tour und ein Konzert im Letzigrund. Vor rund 40'000 Fans. Beste Plätze. Sehr gute Akustik. Ich gebe es zu, vor dem Konzert hatte ich mich nicht wirklich mit der CD befasst, ausser aus rein beruflichen Gründen. Der eine oder andere Song ist mir positiv aufgefallen, die Single "Mensch" hat mich wegen ihrem massiven Radio-Airplay genervt.
Ok, ich gestehe: das Konzert war der Hammer! Ob Grönemeyer nun einfach ein toller Schauspieler ist oder ob er wirklich mit Leib und Seele dabei war, das kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls hat alles gestimmt. Gänsehaut-Feeling inklusive.
Nun also die neue CD "12". Ich habe sie mir - legal versteht sich - übers Netz runter geladen und auf den iPod kopiert. Herbert baut auf Bewährtes. Das umfasst nicht nur die Melodien, sondern bezieht auch die textliche Seite mit ein. Auch auf seinem zwölften Album beherrschen kritische Beleuchtungen des Alltagslebens das Programm. Selbstverständlich im ebenfalls bekannten Pathos, den Grönemeyer oft zur Schau trägt. "Lied 1 - Stück Vom Himmel" thematisiert das Verhältnis der Menschen zu Gott und das zur Erde. Massig Streicher-Arrangements unterstreichen die bedeutungsschwangeren Worte.
Mein Favorit auf der CD "Lied 11 - Zur Nacht" welches wohl jeder der es hört, anders interpretieren wird. Die Meldodie - wie die meistens Songs - in moll gehalten, der Text eine Art Gedicht und hoffentlich ehrlich gemeint. Wobei Grönemeyer selber erst am Samstag in einem Interview erklärt hat, dass er bei fast allen Songs zuerst die Melodie hätte und dann anschliessend einen Text dazu verfasse. Mir persönlich ist es anders rum eigentlich lieber, da gerade bei Musik wie sie Grönemeyer macht, der Text ja vielfach wichtiger ist als die Melodie. Könnte man zumindest meinen.
Ergo, das Album ist gut. Ein wirklich grosser Grönemeyer-Fan wird aus mir auch nach "12" nicht werden. Es gibt einige wirklich hübsche Songs ("Marlene", Spur", "Du bist Die"), die der Sänger aus dem Hut zieht. Genug, um wieder einmal die Stadien in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu füllen. Ich werde nicht unter den Zuschauern sein, wie eingangs erwähnt, bin ich mir bis heute nicht sicher, ob Herbert Grönemeyer nicht einfach nur ein guter Schauspieler ist.