Nachfolgend die Zusammenfassung des ORF Interviews mit Natascha Kampusch von gestern Abend, das Gespräch hat Christoph Feurstein geführt. Er hat den "Fall Kampusch" von Anfang an für den ORF betreut. Der nachfolgende Text stammt vom ORF. Da ich kein Psychologe bin, möchte ich mir kein persönliches Urteil anmassen. Beziehungsweise, ich habe natürlich eine Meinung dazu, aber ich denke, es liegt nicht an mir über dieses Interview und die Person Natascha Kampusch zu urteilen.
"Im ORF-Interview berichtet Natascha Kampusch über ihre Zeit in Gefangenschaft, die Paranoia ihres Entführers Priklopil, ihren unerschütterlichen Glauben an sich selbst und ihre Zukunftspläne.
Kampusch offenbart sich im Gespräch mit Christoph Feurstein als eloquente junge Frau, sie ist schlagfertig und drückt sich gewählt aus. Nur kurz zögert die 18-Jährige und wird emotional, wenn sie über ihre traumatischen Erlebnisse spricht. Die Fassung verliert sie jedoch nie. Ihre Augen hält Kampusch oft verschlossen - sie ist das viele Licht noch nicht gewöhnt. Über ihre Beziehung zu Wolfgang Priklopil sagt Kampusch: "Ich finde, dass ich stärker war."
Ihr Entführer habe eine labile Persönlichkeit gehabt. Es habe ihm an Selbstsicherheit gemangelt und an Geborgenheit. Sie hingegen sei trotz aller familiären Probleme von ihren Eltern geliebt worden und habe sich deshalb nicht unterkriegen lassen, habe sich nicht einsam gefühlt: "Ich hab' mir geschworen, dass ich älter werde, stärker und kräftiger, um mich eines Tages befreien zu können. Ich habe mit meinem späteren Ich einen Pakt geschlossen, dass es kommen würde und das kleine zwölfjährige Mädchen befreien würde."
Priklopil, so Kampusch, habe "ein sehr schlechtes Gewissen" wegen der Entführung gehabt, es aber verdrängt. Seine innere Anspannung habe sich in einer Paranoia geäußert. Jede Zeitschrift, die er ihr gegeben habe (erstmals zwei Jahre nach der Entführung), sei von ihm nach ihrer Lektüre auf heimliche Botschaften überprüft worden. Bei den späteren Ausflügen habe sie immer ganz knapp an seinem Körper gehen müssen. Bei diesen Kontakten mit der Außenwelt warnte Priklopil sie stets: Er würde alle umbringen, denen sie sich anvertraue. "Er sagte, dass er jeden Mitwisser sozusagen beseitigen würde. Das konnte ich nicht riskieren."
Trotzdem, so Kampusch, habe sie mit Blicken und einzelnen Gesten immer wieder versucht, auf ihre Situation aufmerksam zu machen - vergeblich: "Es gab auch viele Menschen, denen ich versucht habe, Zeichen zu geben. (...) Es war nicht genug Zeit, dass ich denen das erläutere. Hätte ich auch nur einen Mucks gemacht, hätte er das schon unterbunden und mich weggezerrt."
Am berührendsten ist wohl jene Stelle des Interviews - in dem sonst wenig auf die Tragik der Gefangenschaft eingegangen wird -, an der Kampusch berichtet, wie für sie der Hunger war, unter dem sie regelmäßig zu leiden hatte: "Ich habe in meiner Gefangenschaft auch sehr oft gehungert. Und habe dadurch deutlich miterlebt, was man da alles hat: Kreislaufbeschwerden, Konzentrationsschwierigkeiten. Man ist nur noch zu den primitivsten Gedanken fähig. (...) Jedes Geräusch wird aufreibend und schmerzt. Jeder Gedanke quält sich aus einem heraus." Das sei einer der Gründe, warum sie vorhabe, sich im humanitären Bereich zu engagieren. Wo ihr Schwerpunkt liegen wird, ist noch nicht klar. Möglich seien etwa Hungerhilfe oder Hilfe für Entführungsopfer.
Ansonsten will Kampusch vor allem das nachholen, wo ihr während der Jahre ihrer Gefangenschaft schmerzhaft Defizite bewusst gewesen seien: eine solide Ausbildung. Zunächst will sie die Matura nachmachen und dann studieren - was genau, steht noch nicht fest. Einen Traum hat sie auch: Schauspielerin zu werden. Es müsse ja nicht gleich Hollywood sein. Ihre Mutter habe schon früher immer wieder gesagt: "Wenn du groß bist, kommst du auf die Burg."
Zurzeit gehe es ihr gut, versichert Kampusch, abgesehen von einer Erkältung. Sie habe auf ihrer "Station" Kontakt zu jungen Menschen und sei darüber sehr glücklich. Sie sei bereits Eisessen gewesen und auch mit der U-Bahn gefahren. Besonders genieße sie das freundliche Lächeln der Menschen."
Fussnote: Das Interview hat mich berührt, es hat jedoch bei mir einige Fragen hinterlassen. Und bevor ich diese Fragen nicht beantworten konnte, halte ich mich mit meinem Urteil zurück.
Quelle Text und Bild: ORF
"Im ORF-Interview berichtet Natascha Kampusch über ihre Zeit in Gefangenschaft, die Paranoia ihres Entführers Priklopil, ihren unerschütterlichen Glauben an sich selbst und ihre Zukunftspläne.
Kampusch offenbart sich im Gespräch mit Christoph Feurstein als eloquente junge Frau, sie ist schlagfertig und drückt sich gewählt aus. Nur kurz zögert die 18-Jährige und wird emotional, wenn sie über ihre traumatischen Erlebnisse spricht. Die Fassung verliert sie jedoch nie. Ihre Augen hält Kampusch oft verschlossen - sie ist das viele Licht noch nicht gewöhnt. Über ihre Beziehung zu Wolfgang Priklopil sagt Kampusch: "Ich finde, dass ich stärker war."
Ihr Entführer habe eine labile Persönlichkeit gehabt. Es habe ihm an Selbstsicherheit gemangelt und an Geborgenheit. Sie hingegen sei trotz aller familiären Probleme von ihren Eltern geliebt worden und habe sich deshalb nicht unterkriegen lassen, habe sich nicht einsam gefühlt: "Ich hab' mir geschworen, dass ich älter werde, stärker und kräftiger, um mich eines Tages befreien zu können. Ich habe mit meinem späteren Ich einen Pakt geschlossen, dass es kommen würde und das kleine zwölfjährige Mädchen befreien würde."
Priklopil, so Kampusch, habe "ein sehr schlechtes Gewissen" wegen der Entführung gehabt, es aber verdrängt. Seine innere Anspannung habe sich in einer Paranoia geäußert. Jede Zeitschrift, die er ihr gegeben habe (erstmals zwei Jahre nach der Entführung), sei von ihm nach ihrer Lektüre auf heimliche Botschaften überprüft worden. Bei den späteren Ausflügen habe sie immer ganz knapp an seinem Körper gehen müssen. Bei diesen Kontakten mit der Außenwelt warnte Priklopil sie stets: Er würde alle umbringen, denen sie sich anvertraue. "Er sagte, dass er jeden Mitwisser sozusagen beseitigen würde. Das konnte ich nicht riskieren."
Trotzdem, so Kampusch, habe sie mit Blicken und einzelnen Gesten immer wieder versucht, auf ihre Situation aufmerksam zu machen - vergeblich: "Es gab auch viele Menschen, denen ich versucht habe, Zeichen zu geben. (...) Es war nicht genug Zeit, dass ich denen das erläutere. Hätte ich auch nur einen Mucks gemacht, hätte er das schon unterbunden und mich weggezerrt."
Am berührendsten ist wohl jene Stelle des Interviews - in dem sonst wenig auf die Tragik der Gefangenschaft eingegangen wird -, an der Kampusch berichtet, wie für sie der Hunger war, unter dem sie regelmäßig zu leiden hatte: "Ich habe in meiner Gefangenschaft auch sehr oft gehungert. Und habe dadurch deutlich miterlebt, was man da alles hat: Kreislaufbeschwerden, Konzentrationsschwierigkeiten. Man ist nur noch zu den primitivsten Gedanken fähig. (...) Jedes Geräusch wird aufreibend und schmerzt. Jeder Gedanke quält sich aus einem heraus." Das sei einer der Gründe, warum sie vorhabe, sich im humanitären Bereich zu engagieren. Wo ihr Schwerpunkt liegen wird, ist noch nicht klar. Möglich seien etwa Hungerhilfe oder Hilfe für Entführungsopfer.
Ansonsten will Kampusch vor allem das nachholen, wo ihr während der Jahre ihrer Gefangenschaft schmerzhaft Defizite bewusst gewesen seien: eine solide Ausbildung. Zunächst will sie die Matura nachmachen und dann studieren - was genau, steht noch nicht fest. Einen Traum hat sie auch: Schauspielerin zu werden. Es müsse ja nicht gleich Hollywood sein. Ihre Mutter habe schon früher immer wieder gesagt: "Wenn du groß bist, kommst du auf die Burg."
Zurzeit gehe es ihr gut, versichert Kampusch, abgesehen von einer Erkältung. Sie habe auf ihrer "Station" Kontakt zu jungen Menschen und sei darüber sehr glücklich. Sie sei bereits Eisessen gewesen und auch mit der U-Bahn gefahren. Besonders genieße sie das freundliche Lächeln der Menschen."
Fussnote: Das Interview hat mich berührt, es hat jedoch bei mir einige Fragen hinterlassen. Und bevor ich diese Fragen nicht beantworten konnte, halte ich mich mit meinem Urteil zurück.
Quelle Text und Bild: ORF