20. September 2007

Klage gegen Monsieur Fischers Blog?

Ich hab Post gekriegt, von einer deutschen Anwaltskanzlei. In dem Schreiben wurde ich freundlich aber bestimmt gebeten, umgehend eine Textstelle aus meinem Blog zu entfernen. Natürlich war der Brief in herrlichstem Amtsdeutsch verfasst, so dass ich ihn zwei Mal durchlesen musste, um zu verstehen, was der Herr Anwalt genau von mir wollte. Zum Glück war ein direkter Link zum Post auf meiner Seite erwähnt, was mir das Suchen nach dem "Problem" einfacher machte.

Der betreffende Post liegt schon einige Monate zurück. Das Thema verrate ich an dieser Stelle bewusst nicht, denn ich möchte ja nicht noch unnötig Oel ins Feuer giessen. Der Anwalt liess mich jedenfalls wissen, dass eine ganz bestimmte Textzeile seinen Mandanten, Herr XYZ, in dessen Persönlichkeitsrechten verletzen würde. Die Textstelle wurde im Brief zitiert und ich wurde aufgefordert, sie bis heute Donnerstag um 12 Uhr zu löschen. High Noon also quasi. Ansonsten müsste ich mich rechtlichen Schritten rechnen.

Im ersten Moment musste ich lachen. Erstens, weil der Blogeintrag schon sowas von uralt ist, dass ich mich gefragt habe, warum Herr XYZ sich erst jetzt gestört fühlt. Nach dieser ersten Reaktion hab ich mir das Post mal genauer angesehen und musste feststellen, dass ich die vermeindliche Beleidigung nicht mal selber verfasst hatte, sondern sie stand in einem Kommentar. Geschrieben hatte jemand, der Herr XYZ scheinbar sogar persönlich kennt.

Kurz zusammengefasst wurde in diesem Kommentar behauptet, dass Herr XYZ - ein deutscher D-Promi - eine Vorliebe für Schnee hätte, was aber nicht heissen soll, dass er deswegen gerne Ski fährt. Alles klar? Nun gut, lustigerweise bestreitet auch sein Anwalt im Schreiben an mich nicht, dass sein Mandant mal Dreck am Stecken hatte. Nur darüber Schreiben darf man scheinbar nicht:

"Es ist zwi­schen­zeitlich höch­strich­ter­lich durch den Bundesgerichtshof entschieden, dass über die von Herrn XYZ begangenen Delikte nicht berichtet werden darf."

Wow, ihr habt ja coole Gerichte in Deutschland. Da darf man sich was zu schulden kommen lassen, die Öffentlichkeit darf dann aber anschliessend nicht darüber berichten. Find ich irgendwie noch praktisch. Gibts in der Schweiz ähnliche Entscheide?

Ich hab den Abschnitt inzwischen aus den Kommentaren gelöscht, denn schliesslich bin ich auch für extern zugefügte Inhalte auf meiner Seite verantwortlich. Ein Kopfschütteln konnte ich mir aber während der ganzen Löschaktion nicht verkneifen. Weil irgendwie bin ich der Meinung, dass die Meinungsfreiheit eines der grössten Güter unserer Demokratie ist. Und um Meinungsfreiheit geht es ganz bestimmt, wenn man etwas erwähnt, was faktisch ja eine Tatsache ist - wie der Anwalt ja sogar bestätigt.

So gesehen bin ich mal gespannt wie es diesbezüglich in der Blogszene weiter gehen wird. Abmahnungen, Zensuren, Richtigstellungen?? Alles nur noch eine Frage der Zeit. Aber von wegen Frage: Wie hättet Ihr in diesem Fall reagiert? Die betreffenden Zeilen ebenfalls gelöscht oder euch auf einen Rechtsstreit eingelassen??

Ach ja Herr XYZ, falls Sie hier mitlesen wünsche ich Ihnen einen schönen Tag und viel Erfolg bei ihrer weiteren Karriere. Vielleicht hilft Ihnen ja das Löschen der ach so schlimmen Zeilen dabei, dass eben diese Karriere mal wieder etwas an Fahrt gewinnt.

PS: Dieser Beitrag wurde zuvor von meinem Anwalt geprüft und für absolut wasserdicht befunden, da er keine Rückschlüsse auf die Identität von Herrn XYZ und dessen Rechtsvertreter zulässt.

17 Kommentare:

Rick hat gesagt…

Mal abgesehen davon dass durchaus leicht bezweifelt werden darf ob Abmahnkosten nach deutschem Telemediengesetz in realiter bei einem Blog schweizer Rechtsordnung überhaupt vollzugsfähig sind: gratuliere Reto, das zeigt nur dass Du auch im deutschsprachigen Raum bereits bedeutend genug bist um Ziel von Abmahnkaufmännern zu werden. An sich eine zwar etwas fragwürdige aber umso aufrichtigere Auszeichnung, damit stehst Du bereits in einer Linie mit allen A-Bloggern Deutschlands ;)
P.S: da Du die Sache bereits mit Deinem Anwalt geklärt hast brauchen wir uns gottseidank keine Sorgen machen dass Dir Schaden zukommt.
Rick, U9TA

Znuk hat gesagt…

Eine Abmahnung? Gratuliere! Das beste Zeichen, dass Dein Blog gelesen wird!

hierundjetzt hat gesagt…

Klar entfernt man die betreffenden Zeilen, so ist der "Friede" wieder hergestellt, zumal es kaum lohnt sich deswegen auf einen Rechtsstreit einzulassen.
In diesem Fall ist's ja mehr als lächerlich - absurd.

Anonym hat gesagt…

Dazu fallen mir spontan zwei Dinge ein: Der N00B Ben H., über dessen Website ich mal ein wenig hergezogen bin, und zweitens http://abmahnr.de/ :-)

zoee hat gesagt…

hui, der herr hat jetzt auch noch einen identitätsverlust??? deshalb sieht man ihn auch nirgendwo mehr, ausser in den bunten blättchen unter "ausserdem waren noch da:"

schön reagiert, herr fischer!

Anonym hat gesagt…

ich hätte das auch gelöscht, das wird ansonsten seeeehr teuer.

wenn du magst, mobbe ich deutsche Anwälte für dich ;) sitze hier ja quasi an der Quelle.

Anonym hat gesagt…

Klar würde ich löschen, aber ich könnte es mir vermutlich nicht verkneifen mal zurückzufragen was denn daran nicht in Ordnung sein soll, wenn man zwar Schnee mag aber nicht gerne Ski fährt. Schliesslich kann man im Schnee auch Spazieren, Snowboarden, Schlitteln, man kann Schneeballschlachten machen, Schneemänner und -frauen oder Iglus bauen und was der Möglichkeiten mehr sind. Alles an der frischen Luft und deshalb sehr gesund...

Ansonsten kann ich wie die andern nur sagen: herzliche Gratulation, Du wirst gelesen und ernst genommen!

Monsieur Fischer hat gesagt…

@ rick, znuk: naja, könnte mir angenehmere umstände vorstellen, die mir aufzeigen dass mein blog wahrgenommen wird.... naja, hoffe mal das war ne ausnahme!

@ hierundjetzt: lächerlich war auch mein erster gedanke.

@ andré: danke für den link!

@ zoee: danke... jaja, sie können gut reden hihihi....

@ tina: ja tu das! unbedingt, täglich, immer wieder...

@ edith: der schöne schnee halt :-)

Anonym hat gesagt…

darum am besten anonym bloggen ;-) leider ist das heute fast die sicherste variante.....

Anonym hat gesagt…

Das Problem ist, dass Blogs, die nicht rein privat sind, in Deutschland ein Impressum brauchen, und rein privat ist es nur, wenn nur Familie, Freunde und Bekannte darauf zugreifen können. Sprich: Wenn du deinen Blog mit Passwort auslieferst und den nur dir bekannte Personen somit lesen können.

@Monsieur Fischer: Souverän reagiert.
Aber stell doch bitte mal im Blogger-Menü ab, dass sich bei neuen Kommentaren ein PopUp-Fenster öffnet. Das hält mich ziemlich oft vom Kommentieren ab...

Anonym hat gesagt…

boa was das ist ja mal krass oO ich hoffe ich bekomme nicht auch mal post^^

Andreas Hobi hat gesagt…

Ich denke kaum, dass sich ein deutscher Anwalt auf eine Rechtsstreitigkeit Deutschland-Schweiz eingelassen hätte.

Hat der Kommentar gegen geltendes Schweizer Recht verstossen? Vermutlich nicht. Also hat der deutsche Anwalt keinen Grund zu reklamieren; so sehe ich das. ;o) Wäre ja gelacht, wenn die deutschen Anwälte jetzt auch in der Schweiz bestimmen dürfen, was Sache ist und was nicht.

Anonym hat gesagt…

Ich denke, dass ein Blog in erster Linie dazu dienen soll Spaß zu bereiten, es sei denn er ist kommerziell betrieben. Auch ich würde mich auf keinen anbahnenden Rechtsstreit einlassen, denn da hört der Spaß auf!

Monsieur Fischer hat gesagt…

@ anonym: ich steh eigentlich noch gern zu meiner meinung ;-)

@ paul: was das pop-up bei den kommentaren angeht, ich find es die bessere lösung so. da hat man die möglichkeit während dem kommentieren noch das post im hintergrund zu sehen/lesen. hoffe du verzeihst und springst über deinen schatten!

@ jessi: wart nur, du mit deinen themen :-)

@ andreas: der kommentar hat def. nicht gegen ein recht verstossen. er war nicht mal beleidigend, hat nur darauf hingewiesen, dass herr xyz früher dem schnee nicht ganz abgeneigt war. wollte aber nicht austesten, wie weit der mandant gegangen wäre.

@ muyomania: da hast du recht, der spass soll weiterhin im mittelpunkt stehen!

Goggi hat gesagt…

Oh, was kommt da nur auf uns zu. Immerhin zeigt es, dass Blogs nicht mehr nur belächelt werden, sondern für viele als Informationsquelle dienen. Vielleicht sollten wir eine Blogger-Ombutsstelle gründen?

Monsieur Fischer hat gesagt…

@ goggi: möchte nicht wissen wie viele selbsternannte journalisten (ich nenne jetzt keine namen) sich immer mal wieder in der blogwelt bedienen, wenn ihnen die ideen für eine geschichte ausgegangen sind....

Anonym hat gesagt…

Hi,


Du kannst froh sein, daß Du mit Deinem Blog in der Schweiz sitzt. In Deutschland hätte Dir der Anwalt im Zweifel für die Abmahnung gleich noch seine Rechnung beigefügt. Das sind dann in der Regel auch ganz schnell mehrere hundert, wenn nicht sogar über tausend Euro. Und selbst wenn Du dann sofort reagierst und den Text entfernst, mußt Du die Rechnung trotzdem bezahlen oder Dich darauf einstellen, auf Zahlung verklagt zu werden.


Wieder mal ein Beweis dafür, daß man seine Internetaktivitäten am besten von einer Insel in der Karibik aus betreiben sollte. Da würde kein Anwalt überhaupt nur auf die Idee kommen, einen Brief hin zu schicken. :-)
(CloneCD ist ein herrliches Beispiel. Der Autor sitzt in München, seine Firma hat er dann irgendwann in die Schweiz verlagert und als das auch nicht reichte, kurzerhand alles an eine Firma auf Antigua verkauft. Seitdem ist Ruhe an der Front. Ich will hier nicht das Raubkopieren gutheißen, aber im Zeitalter des Kopierschutzes auf normalen Kauf-CDs, die dann deswegen nichtmal im eigenen Autoradio laufen, weil sie nicht mehr dem CD-Standard entsprechen, ist CloneCD schon ganz praktisch)

Ansonsten im Zweifel richtig gehandelt. U.U. hätte der Ärger Dich nur unnötig Zeit gekostet und von weiteren guten Beiträgen in Deinem Blog abgehalten. Mich persönlich hätte es allerdings interessiert, ob ein deutscher Anwalt wirklich versucht hätte, ein deutsches Gerichtsurteil zur Meinungsäußerung in der Schweiz durchzusetzen. Und ob er damit dann erfolgreich gewesen wäre.

Wie es zu dem Urteil kommen konnte, daß man eine anscheinend offensichtliche Tatsache nicht mehr öffentlich äußern darf, ist mir allerdings auch rätselhaft. Ich hätte hier auch eher auf den Schutz der Meinungsfreiheit getippt, solange man sich an die Wahrheit hält. Aber Richter sind oft genug auch nur dumme Menschen, da kann soetwas auch schonmal daneben gehen.

Gruß

SichjetztbaldwirklicheinenAccount zulegenderanonym