25. November 2016

Juppiieee: 40 Jahre Aarauer Kerzenziehen

Ab heute Freitag ist es wieder soweit: Das Aarauer Kerzenziehen öffnet um 16 Uhr für 17 Tage seine Tore und lädt Sie ein, die Vorweihnachtszeit beim Ziehen einer eigenen Kerze einzuläuten. 



Ein Abstecher in die schön dekorierte Markthalle lohnt sich ganz besonders ab 19 Uhr, wenn der insiemeCHOR – more than Voices,  unter der Leitung vom Musikerehepaar Bruno und Cécile Driutti, und die insieme dancecrew unter der Leitung der Choreografin Claudia Romano, die Bühne betreten und mit ihrem fleissig einstudierten Lieder-Repertoire und einer mitreissenden Tanzperformance aufwarten. Sie werden staunen - Leidenschaft kennt nämlich keine Behinderung! Ab 20.30 Uhr bis 21 Uhr wird dann das Duo Lena und Emanuel (zwei Aarauer) ihre überzeugenden Stimmen, begleitet von Gitarre und Piano, in derHalle erklingen lassen. 


An den folgenden Tagen ist jeder eingeladen, eine Kerze zu ziehen. Die gemütliche Atmosphäre, der warme Duft des Bienenwachses und die beheizte Cafeteria laden zum Verweilen ein. Auch zur Mittagszeit ist jeder herzlich willkommen - knusprige Raclettebrötli, Hotdogs, hausgemachte Kürbiscremesuppe und Kuchen warten auf Sie. 



Aus Anlass des Jubiläums “40 Jahre Aarauer Kerzenziehen” werden dieses Jahr einige spezielle Anlässe stattfinden. Ab dem 29. November wird Sie eine interessante Fotoausstellung in die Vergangenheit des Kerzenziehens entführen. Auf den Fotos, die zwischen den wunderschön dekorierten Weihnachtsbäumen zu sehen sein werden, können Sie sich vielleicht sogar selber wiedererkennen. 


Am Samstag, 3. Dezember 2016, warten aussergewöhnliche Helfer auf Sie. Ab 10 Uhr kann man mit Hilfe von Grossratspräsident Marco Hardmeier, Grossratsvizepräsident Benjamin Giezendanner, Obergerichts- und Justizleitungspräsident Guido Marbet, Nationalrat Angelo Barrile, Sängerin Sara McLoud oder für unsere kleinen Besucher auch mit der Unterstützung von Globi eine Kerze ziehen und sie anschliessend unter den Besuchern versteigern. Wir freuen uns auf die spannenden und humorvollen Begegnungen rund um den Bienenwachstopf.


Sowohl der Erlös dieser "Jubiläums-Charity Auktion" sowie die gesamten Einnahmen des zweiwöchigen Kerzenziehens kommenvollumfänglich den Menschen mit einer geistigen Behinderung aus unserer Region zugute.


Das Team des Aarauer Kerzenziehens und der Verein insieme Aarau-Lenzburg freuen sich auf Sie!

 

Öffnungszeiten:

Night Shopping

16- 22 Uhr

Samstag bis Mittwoch

10-18 Uhr

Donnerstag und Freitag

10-21 Uhr

11. November 2016

Ayyayaya Coco Jambo Ayyayai

Wer erinnert sich noch an die erfolgreiche, aber grottenschlechte, Eurobeat-Combo aus Deutschland? Deren Highlight, zumindest damals in meinen Augen, die blonde "Sängerin" T-Seven war, welche aber auch mehr durch ihren Auftritt im Playboy in Erinnerung geblieben ist, als denn durch ihre Sangeskünste. Aber mal ehrlich, eigentlich will ich ja an dieser Stelle auch nichts über diese Band oder deren Musik schreiben, welche längst im Giftschrank eingeschlossen wurde - und das ist gut so! Vielmehr hab ich gestern Mr. President gegoogelt und dann kam mir das obige Foto unter die Augen, obwohl ich eigentlich ein paar Infos über den neuen US Präsidenten haben wollte. Aber eben, die Vergangenheit holt einen immer wieder ein, so auch die Coco Jambo Truppe. Unterm Strich waren sie ja dann auch das kleinere Übel, als das, was man aktuell sonst so im Zusammenhang mit Mr. President hört und liest. 

Okay, nun ist Onkel Donald also gewählt, das Volk hat entschieden. Zwar hatte er genau von diesem Volk zwar weniger Stimmen erhalten als seine Konkurrentin Clinton, aber das amerikanische Wahlsystem macht es aus, dass das keine Rolle spielt und der Kandidat gewinnt, welcher mehr Wahlmänner mobilisieren konnte und das war in diesem Fall eben Trump. Ich selber habe im Vorfeld der Wahl gleich mehrere Wetten platziert gehabt, weil ich mir fast sicher war, dass ein dummes Volk einen solch dummen Menschen auch wählen wird. Und siehe da, gewonnen! Nun gut, es wird sich dann zeigen, was er von all seinen Androhungen umsetzen wird oder besser gesagt kann. Aber die Voraussetzunge für ein internationales Chaos zu sorgen sind zumindest gegeben, denn immerhin sind der ganze Senat und das Repräsentantenhaus in republikanischer Hand. Sprich, die winken die Entscheide von Trump im Normalfall dann eh durch. Ganz im Gegensatz zum bemitleidenswerten Obama, welcher in seiner Zeit das Parlament ja immer gegen sich hatte. 

Stellt sich also die Frage, was denn der Onkel Donald ab dem Januar so alles anstellen wird. Möglich ist schliesslich alles, denn so wirklich in die Karten schauen lässt er sich ja nicht. Die Mauer nach Mexiko? Vielleicht, aber tendenziell wohl eher nicht. Schulterschluss mit Putin? Ganz bestimmt. Nato-Rückzug aus Europa? Vermutlich, was mit enormen Kosten für die Nato-Staaten verbunden sein wird. Förderung der Stahl- ,Öl- und Kohleindustrie in den USA? Sehr wahrscheinlich. Einreiseverbote für Muslime? Eher nicht. Diese Liste liesse sich jetzt schier unendlich erweitern, da der Mann im Vorfeld der Wahlen so viel Müll erzählt hat, dass er vermutlich nicht selber einmal mehr weiss, was er alles versprochen hat. Aber eben, er hat das sehr medienwirksam gemacht und so ganz bestimmt für die nötige Wählerschaft gesorgt. Denn mal ganz ehrlich, wenn sich zum Beispiel in Deutschland Angela Merkel, Dieter Bohlen und Günter Jauch zur Kanzlerwahl aufstellen lassen würden, wer würde wohl gewählt? Ganz bestimmt nicht die Person mit der Erfahrung in Sachen Politik, sondern die beiden TV-Gesichter, die jeder kennt. Genau so war es in den USA, Trump hatte über Jahre seine eigene TV-Sendung und hat sich auch sonst clever vermarktet, kein Wunder also hat man den guten Onkel gewählt. Rassistische und frauenverachtende Sprüche hin oder her, dass viele Amis auch genau so denken, ist nicht neu.

Ich denke, dass eine Art Angst und Respekt vor der Zukunft durchaus berechtigt ist, in Panik verfallen sollte man dann aber doch nicht. Klar, die Welt steht vor einem grossen Krieg, aber auch das ist nun nicht wirklich neu. Schliesslich ist Trump nicht der einzige Kriegstreiber auf dieser Kugel. In genügend anderen Staaten sind ähnliche Idioten an der Macht, der Film "Idiocracy" lässt grüssen! Viel schlimmer finde ich, dass eine solche Wahl Auswirkungen auf anstehende Entscheide haben wird. In Frankreich gibt es bald Wahlen, Holland kommt bald, in Deutschland ebenfalls im nächsten Jahr, Österreich schafft es eventuell dann doch auch noch mal. Und meine Befürchtung ist nun, dass man sich da überall die USA als Vorbild nehmen wird und ultrarechte Politiker (zu denen ich Trump auch zähle) das Rennen machen werden: Le Pen, Wilders, Petry, Orban, Strache und Co. lassen grüssen. Ja am Schluss steigt der Blocher noch einmal aus der Gruft und tritt nochmal an. Und ich dachte, Halloween und die Zeit der Horrorclows wären vorbei. Gut, heute beginnt immerhin die Fasnacht, was solche Fratzen einigermassen rechtfertigt. 

Aber eben, malen wir nicht die ganze Wand gleich schwarz an, die Amis haben gewählt und jedes Volk verdient schliesslich seinen Präsidenten, den es auch verdient. In diesem Falle haben sie vermutlich eher die Arschkarte gezogen, aber tja, selber schuld. Ich bin zumindest sehr gespannt, was der Mann dann ab Mitte Januar alles anstellt und wie lange er wirklich im Amt ist, denn der CIA hat keine unerhebliche Macht, was Amtszeiten von Präsidenten angeht... 

In diesem Sinne, ein schönes und möglichst unpolitisches Weekend allerseits. Und ah ja T-Seven von Mr. President ist inzwischen als Radiomoderatorin und Countrysängerin unterwegs und sieht ein wenig anders aus als damals. Und sie trägt, zur Freude ihrer Mutter, endlich regelmässig Klamotten. 

Von CHR!S - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39206997

5. November 2016

Play For Today

Lange habe ich ihn wieder schlafen lassen, diesen Blog hier. Aber heute ist wieder einer dieser Tage, an dem mir mein alter Freund Bloggy treu zur Seite steht, einer dieser Tage, an welchen er als Sprachrohr meiner Gedankenwelt dient. Nun, dass ich gestern am Konzert von The Cure war, hab ich im Facebook ja bereits abgefeiert und ja, falls es jemand da draussen noch nicht wissen sollte: es war grossartig! Aber genau solche Konzerte sind es dann, welche einen zum Nachdenken anregen, man schwelgt in Erinnerungen, wagt den scheuen Blick in die Zukunft. Siebenminütige Schmalzhymnen wie "Pictures Of You"oder "End" lassen ganz viel Zeit für solche Gedanken und wenn bei "Trust" die erste Träne fliesst, dann weisst du, du bist in der melancholischen Welt von Robert Smith angekommen und darfst dich gerne niederlassen. Wobei an dieser Stelle erwähnt sei, dass Melancholie für mich kein schlechtes Wort ist, im Gegenteil oft spielt das Leben in Moll und das liegt nicht nur am herbstlichen Nebel. Nun gut, langer Schwede, kurzer Finn; was ich eigentlich schreiben wollte, dass die Welt spinnt. Klar, auch keine neue Erkenntnis. Aber im Hinblick auf die US-Wahlen vom kommenden Dienstag durchaus eine erneute Erwähnung wert. 

Wer bitte hätte noch vor einem Jahr geglaubt, dass ein Idiot wie Donald Trump die Chance erhalten könnte, dereinst Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden? Ich nicht. Also gut, eigentlich schon, denn die Amis gelten nicht als das schlauste Volk der Welt. Gestörte Waffengesetze, ein bemitleidenswerter Bildungs- und Gesundheitssystem, unmögliche CO2-Ausstösse und vieles mehr, lassen einen schon an der Intelligenz dieser Nation zweifeln. Da konnte, leider, auch ein Barack Obama nicht wirklich viel ändern und tritt nach 8 Jahren ab, ohne einen wirklichen Leistungsausweis. Und genau darum hat dieser olle Trump nun gute Chancen, dass er gewählt wird. Viele Amis sind frustriert und enttäuscht ob der Amtszeit des ersten, schwarzen Präsidenten und das ruft die Protestwähler auf den Plan. Wohin das führt, sieht man anhand der AfD-Resultate in Deutschland. Kommt dazu, dass mit Hillary Clinton die Alternative nicht wirklich grossartig ist. Nun, es wird spannend in der Nacht auf Dienstag, ich zumindest gehe am Mittwoch erst nach dem Mittag auf Arbeit, damit ich den Wahlkrimi live, mit Honigmilch und Donuts, mitverfolgen kann, um mir dann rechtzeitig einen Platz im Atomschutzbunker zu sichern, wenn der Irre mit dem schlechten Toupet alsbald den Code Red weiss. 


Aber es gibt ja noch weitere Typen, welche uns in diesen Tagen das Zeitung lesen Tag für Tag vermiesen. Da wäre der Diktator vom Bosporus, der sich sein Imperium aufbaut wie damals in den 30er Jahren der Adolf Hitler. Das Schema ist gleich und wer "Mein Kampf" mal gelesen hat, wird erschreckende Parallelen entdecken, die Säuberung hat System. Kurden, Journalisten, freidenkende Akademiker, Lehrer, Polizisten, Armeeangehörige - kurz alle die, welche eine andere Meinung vertreten als der Herr Erdogan werden kurzerhand eingesammelt und weggesperrt, analog den Juden im 2. Weltkrieg. Und wenn sich dann das türkische Parlament, welche ja inzwischen auch nach seiner Pfeife tanzt, noch für die Wiedereinführung der Todesstrafe ausspricht, ist es ein Leichtes, unbequeme Zeitgenossen aus dem Weg zu schaffen. Der Bau eines ersten Todeslagers dürfte dann auch nur noch eine Frage der Zeit sein. Und was machen Europa und die Welt? Zuschauen um dann irgendwann sagen zu können: "Damit konnte man ja nicht rechnen, so eine humane Katastrophe hat sich nicht abgezeichnet!" Solch faule Ausreden klappen ja in Falle von Syrien schon gut, Aleppo geht  unter, Menschen sterben und Typen wie Assad, Putin oder eben Erdogan lachen sich ins Fäustchen. Immerhin können alle drei Herren immer mal wieder Landgewinne verbuchen, was so weit führt, dass Erdogan nun schon Besitzansprüche gegenüber den griechischen Inseln stellt. Und auch hier gilt, wir werden sehen und spüren, wie die Geschichte in der Türkei ausgeht, der Aufbau eines nationalsozialistischen Staates läuft, der selbsternannte Präsident aller Türken ist noch lange nicht am Ziel seiner perversen Machtträume angelangt. Erst wenn der letzte Andersdenkende eliminiert und die restlichen Bürgerinnen und Bürger aus lauter Angst vor Repressionen schweigen, wird er auf seinem samtigen Thron seinen Schnauz kraulen und zufrieden vor sich hin lächeln. 

Fazit. Für die USA, Russland und die Türkei habe ich wohl in nächster Zeit Einreiseverbot, bekanntlich wird all dieser Internetkram ja stets mitgelesen. So kam es schon öfter vor, dass Touristen in den drei erwähnten Ländern (und in vielen weiteren Staaten der Welt) direkt nach ihrer Einreise erst einmal verhaftet wurden, weil sie sich negativ über irgendwelche politischen Führer geäussert hatten. Im Falle der Türkei ist es noch keinen Monat her, dass eine deutschtürkische Bloggerin direkt am Flughafen in Istanbul von der Polizei in Empfang genommen wurde. Gut, was den Ami angeht, da glaub ich nicht an Repressionen, der weiss A. nicht wie man einen PC bedient und B. versteht er kein Deutsch, geschweige denn weiss er wo Europa liegt und, mein Tipp, kurz nach der Wahl wird er eh über den Haufen geschossen. Attentate auf Politiker haben in den USA ja schliesslich eine lange Tradition (Abraham Lincoln, James A. Garfield, William McKinley und John F. Kennedy) und die gestörten US-Waffennarren sollten mit dieser nicht gerade jetzt brechen. Und nein, ich verherrliche definitiv keine Gewalt, denke aber in diesem Fall durchaus über das Gesetz des kleineren Übels nach. 

Wo ich aber gerade mal wieder am Schreiben bin hier im Blog, werfen wir doch noch einen kurzen Blick in hiesige Gefilde. Denn auch in unserem schönen Schoggiland ist nicht immer alles Gold was glänzt, ausser vielleicht das Nationalbank-Gold, mit welchem man übrigens innert kürzester Zeit die Armut auf diesem Planet eindämmen und so Elend und Flüchtlingsströme stoppen könnte. Aber ja, lassen wir solche Gedankenspiele, bringen ja eh nix. Wir sparen lieber, so auch in der Bildung und bei der Sicherheit. Der Aargau geht da mit "gutem" Beispiel voran und wenn es so weitergeht, haben wir bald wieder Klassengrössen wie in den 50er Jahren und einen Lerneffekt wie beim Schauen der Teletubbies. Darum, nein zum Bildungsabbau. Wer am Dienstag die Möglichkeit hat, auf die Strasse zu gehen und zu demonstrieren, der soll das tun. Die Sparmassnahmen betreffen nämlich weniger die LehrerInnen, als vielmehr unsere Gesellschaft, denn jedes Kind soll die faire Chance auf Bildung erhalten. Das ist in meinen Augen ein Grundrecht und darum wird, meiner Meinung nach, an der falschen Stelle gespart.

Und wenn wir schon innenpolitisch werden: Am 27. November hat die Schweiz, oder soll ich sagen hätte die Schweiz, die Möglichkeit, mit dem Atomausstieg ein Zeichen zu setzen. Die Experten sind sich einig, es wäre machbar und mal ganz ehrlich, dieses AKW Gösgen raubt mir Sommer für Sommer mehrere Stunden Sonne wegen diesen blöden Wolken. Und ja, das war ein Spass. Klar, die französischen oder tschechischen Atomkraftwerke, welche künftig dann einspringen würden, strotzen auch nicht vor Sicherheit. Aber die uralten Teile bei uns sind auch nicht viel besser und das Ziel sollte es ja sein, dass international auf Atomkraft verzichtet und auf alternative Energie gesetzt wird. Und die Schweiz könnte, einmal mehr die Chance, diesbezüglich ein Vorbild zu sein. Nutzen wir sie also!

So und zum Schluss noch ein bisschen Kommunalpolitik, so ganz unter uns hier in Buchs. Die wollen doch tatsächlich den Platz vor dem Gemeindesaal verbauen, mit Alterswohnungen. Finde ich nicht gut. Klar, der Platz ist hässlich, aber durchaus nützlich für das Dorf bei Festanlässen etc. Im Netz kann man sich ein entsprechendes Unterschriftenformular runter laden, um das Bauvorhaben an die Urne zu bringen. Meiner Meinung nach sollte der Platz als solcher erhalten und baulich aufgewertet werden. Eine Art Dorfplatz halt, mit ein paar Bäumen, Sitzgelegenheiten und der Möglichkeit, beim Jugendfest da weiterhin die Bahnen aufzustellen. 

Okay, das war jetzt etwas gar schwere Kost über alle Zeilen gesehen, aber eben, dafür ist der Blog ja da und niemand wird gezwungen, den ganzen Käse hier zu lesen. Klar, über Feedbacks freue ich mich natürlich immer, denn, auch wenn diese Ansichten hier selbstverständlich nicht allen Leserinnen und Lesern gefallen werden, macht ja genau das unsere Demokratie aus, dass jeder Denken und Sagen darf, was er möchte. Im Gegensatz zu so viele anderen Nationen - und es werden leider immer mehr. In diesem Sinne ein schönes Weekend und bis die Tage mal wieder hier im Blog. 

Um zu schliessen klaue ich eine Textstelle von Robert Smith, welche mir gestern beim Konzert besonders eingefahren und während dem Schreiben wieder in den Sinn gekommen ist: 

"If only I'd thought of the right words, I could have held on to your heart / If only I'd thought of the right words, I wouldn't be breaking apart all my pictures of you." 



© Monsieur Fischer

16. Juli 2016

And the Oscar goes to... Erdogan!

Je mehr ich über die Gewaltnacht in der Türkei lese, umso mehr zweifle ich am Ausdruck Putschversuch und sehe alles vielmehr als eine grosse Show von Erdogan. Eine Show, die leider über 250 Menschenleben gefordert hat. 


Die Putschisten haben sich über den ganzen Abend äusserst dilettantisch verhalten. Ein "Rat für den Frieden im Land" habe die Macht übernommen, hiess es zu Beginn. Mit einer Handvoll Panzern und ein paar Flugzeugen. Diese bombardierten zwar den Präsidentenpalast, jedoch ohne grössere Schäden anzurichten und im Wissen, dass Erdogan gar nicht da ist. Dieser fliegt während der ganzen Kiste seelenruhig mir seinem Privatjet übers Land (siehe Flightradar24-Screenshot), die Rebellen waren zwar angeblich im Besitz der gesamten Luftwaffe, trotzdem kam niemand auf die Idee die Präsidentenmaschine abzuschiessen oder zumindest zur Landung zu zwingen. Nein, im Gegenteil: Zum Schluss konnte Erdogan sogar seelenruhig auf dem Flughafen Atatürk in Istanbul landen, sich seinen jubelnden Anhängern zeigen und ein Bad in der Menge nehmen. An dem Ort, wo kurz zuvor noch F16 knapp über dem Boden für Angst und Schrecken unter der Bevölkerung gesorgt hatten und die, angeblich meuternde, Armee mit Schüssen ihre Präsenz markiert hatte. Kaum war Erdogan da, alles ruhig und der Spuk beendet - so als hätte jemand einen Knopf gedrückt.
 

Angefangen hatte der "Putsch" mit der medienwirksamen Besetzung zweier Brücken in Istanbul durch das Militär. Wozu? Man weiss es nicht. Danach hat man den staatlichen TV Sender TRT in Beschlag genommen, die restlichen Sender liefen aber meist ungehindert weiter. Und genau auf einem dieser Sender (CNN Türk) tauchte dann auf einmal Erdogan auf und gab ein Interview über Facetime, gleichzeitig informierten hohe Regierungsmitglieder das Volk über die sozialen Medien über das weitere Vorgehen und forderten sie zum Protest gegen die Putschisten auf - mit Erfolg. Über Facebook, Twiter und auf der Strasse zeigten Tausende ihre Solidarität mit dem Erdogan-Regime! A propos Medien: Das Internet wurde letzte Nacht weder vom Team Erdogan, noch von den Revoluzzern abgestellt, Radiostationen (sonst ein sehr beliebtes Ziel bei einem Putsch!) durften weiter senden, es gab gerade mal ein Statement der Aufständischen und das rein zufällig über den Staatssender. Witzigerweise erst nachdem Erdogan bekanntgegeben hatte, dass ein Putsch gegen ihn im Gang sei und er diesen niederschlagen würde... Dieses Statement der Putschisten wurde dann in TV nur von einer Moderatorin verlesen, war sehr schwammig und ohne eine Kernaussage. Weitere Aufälligkeit, Facebook war quasi immer online und auf der Seite von Erdogan, bei Twitter sah es etwas anders aus, da gab es vereinzelte kritische Stimmen. Aber auf beiden Kanälen null Aktivitäten der Putschisten. Kurz, in Sachen Medien konnte Erdogan - während einem Putsch GEGEN ihn - voll und ganz punkten. Kommt dazu, bei allen Auftritten Erdogans wirkte dieser wirkt extrem ruhig  und nicht so wie einer, der gerade seine ganze Macht verloren hat. 

Zurück blieben am Schluss verstörte, junge Soldaten, welche nicht wussten, wie ihnen geschah. Denn von der Armeespitze war komischerweise ja niemand am Putsch beteiligt, es waren nur "Bauernopfer" im Einsatz, welche als Statisten den Befehlen folgten. Kein Wunder schwenkten die Soldaten auf einmal auch Türkei- und Erdoganflaggen und gaben teilweise ihre Waffen freiwillig ab. Ihnen hatte man wohl einen anderen Auftrag gegeben, als den, welchen wir nun glauben sollen. Reden darüber können sie nicht, fast 2000 junge Soldaten wurden verhaftet und werden so schnell nicht mehr an die Öffentlichkeit gelangen. 

Und der Westen? Die EU und die USS begrüssen die Rückkehr zur Normalität, verweisen darauf, dass die Regierung verfassungsmässig gewählt sei und stellen sich so noch hinter Erdogan. Mal ehrlich, was gibt es besseres für einen Staatspräsidenten (der ja laut der Verfassung eigentlich nur repräsentativen Aufgaben hat!), als einen solch dilettantischen Sturzversuch der Armee, welcher der ach so tapfere und mutige Präsident quasi im Alleingang entschlossen niedergeschlagen hat und nun darum genügend Argumente hat, die ganze Macht auf sich allein zu vereinen, damit er sein Volk künftig noch besser beschützen kann und so etwas nicht wieder passieren kann... Ein Witz und die Dummen fallen darauf rein. Man braucht keinen Aluhut zu tragen oder Verschwörungstheoretiker zu sein, um zu merken, dass das ganze Schauspiel eine Farce war. Bleibt bloss zu hoffen, dass ein westlicher Politiker mutig genug ist zu sagen was Sache ist. Denn immerhin hat diese gespenstische Inszenierung viele Opfer zu beklagen. Die traurige Bilanz der Nacht: 265 Tote. Bei 161 der Toten handelt es sich angeblich um regierungstreue Sicherheitskräfte oder Zivilisten. Dazu 104 getötete Putschisten und knapp 3000 festgenommene Soldaten im ganzen Land. Aber auch diese Zahlen sind mit Vorsicht zu geniessen, wie derzeit alle Infos aus der Türkei.

14. Juni 2016

Die Welt spinnt

Mag sein, dass private Gründe mitspielen, dass ich derzeit sensibler auf gewisse Nachrichten reagiere als sonst. Aber es kann auch sein, dass die Welt ganz einfach langsam aber sicher durchdreht. Man weiss gar nicht, wo man anfangen soll... aber ganz auf die News verzichten geht irgendwie auch nicht. Es muss rein, aber irgendwie dann halt auch mal wieder raus. Darum der Blog. Dampf ablassen.


Das grässliche Massaker in den USA, der Mord gestern in Frankreich und die Androhung des Täters, dass diese EM "zu einem Friedhof" werde. Es fehlen einem die Worte. Was macht die Politik? Sie nutzt solche Anlässe noch zur Propaganda, Trump und LePen lassen grüssen. Man hetzt nicht nur gegen den Islam, nein, man poltert auch gleich noch über die Homosexuellen und macht zünftig Wahlkampf mit den Opfern. Ich bin traurig.

Und diese EM. So richtig hat mich das Fieber noch nicht gepackt, gebe ich zu. Zu heftig die Unruhen überall, vor allem in Marseille. Und auch hier: die UEFA völlig machtlos!

Hat jemand das "GoPro"-Video vom russischen Hooligan gesehen? Nimmt der Arsch doch tatsächlich auf, wie er auf Engländer und Franzosen losgeht. Zum Kotzen! Und ganz ehrlich, wenn ich diese Bilder sehe kommen mir fast die Tränen. Ironie des Schicksals ist noch, dass die Strasse "Rue de la Paix" heisst... im vietnamesischen Restaurant Le Ginseng habe ich vor 2 Jahren noch zu Abend gegessen. Es ist zerstört. Im Polikarpov noch einen Absacker genommen. Es musste schliessen. Im Table à Deniz gab es leckere, marktfrische Küche. Scheiben und Interieur kaputt. Im Café Vieux Port noch leckere Oliven gegessen und Pastis getrunken. Ein verletzter Kellner, alle Scheiben kaputt, sämtliche Gartenstühle weg. Und schliesslich das Café OM, fein zu Mittag gegessen, frischer Fang aus dem Mittelmeer. Laut Twitter ist nicht mehr viel davon übrig. Ich bin traurig.

Und warum? Nur weil irgendwelche feigen Idioten (und ich rede nicht von Ultras sondern von Hooligans) noch ihre Schwänze vergleichen wollen. Bei der nächsten WM in Russland trauen sie sich dann nicht, die übernächste EM hat keinen zentralen Spielort mehr und bei der übernächsten WM in Katar haben diese rechten Schläger auch schlechte Karten. Rechten? Oh ja. Wer in Marseille (!) einmarschiert und gleich als erstes Muslime beleidigt ("Where is the IS?") oder in Frankreich mit einer Reichskriegsflagge auftaucht,ist entweder grenzdebil oder schlicht und einfach ein braunes Arschloch. Punkt. 
 
Da helfen einem dann gewisse kurze Momente, die dir zeigen, dass die Welt noch irgendwie in Ordnung ist. Zum Beispiel, dass sich gleich ein paar Gruppen von Asylbewerbern für den Aarauer Altstadtlauf angemeldet haben und sie sich bereits mächtig auf ihren grossen Tag freuen. Oder, heute habe ich Abdulwasi getroffen, er ist ein Flüchtling und kommt aus Äthiopien, ohne Eltern in der Schweiz gestrandet und hier entsprechend ziemlich einsam. Derzeit begeht er gerade den Ramadan und trotzdem will er nicht den ganzen Tag nur auf der faulen Haut liegen. Innert kürzester Zeit hat er darum (sehr gut) Deutsch gelernt, ist regelmässiger Gast im Rolling Rock und ist da als talentierter Skateboarder aufgefallen. Dank dem Netzwerk Asyl bin ich seit heute so etwas wie ein Götti für ihn, wir haben Nummern getauscht und werden in nächster Zeit auch ein paar Sachen zusammen unternehmen. Als er erfahren hat, dass ich nächste Woche zügle, hat er mir spontan seine Hilfe angeboten - er hätte ja Zeit. Und auch bei den Themen Fussball und Musik wurd er gleich hellhörig. Sein Lächeln in dem Moment: unbezahlbar! Zum Schluss unseres "begleiteten Kennenlernens" habe ich ihm noch ein Skateboard mitgegeben, mit welchem er auch ausserhalb vom Rolling Rock üben und sich verbessern kann. 
 
Was ich damit sagen will, die Welt ist krank. Der Islam böse, alles Fremde böse, alles was extrem ist wird gedultet, die Unzufriedenheit und die Unsicherheit der Menschen ist grösser denn je, Hass ist die neue Liebe, Intoleranz das neue Verständnis. Das macht mir Angst, aber es sind die kleinen Dinge im Leben, die mir den Mut geben, dass alles irgendwie gut kommt. Und Trump nicht gewählt wird oder wir wieder begreifen, dass es nicht allen Menschen auf dieser Kugel gut geht, und wir mit unserem verdammten Wohlstand dazu beitragen können, dass es wenigstens ein paar Menschen besser geht. Und sei es nur, in dem wir uns vor oder nach einem Fussballspiel (nach Schweiz Albanien gab es in Aarau auch ein paar halbstarke Deppen!) nicht auf die Rübe geben oder akzeptieren, dass gewisse Mitbürger jetzt gerade den Ramadan begehen oder auf dumme Blicke verzichten, wenn sich zwei Männer küssen oder den Mund aufmachen, wenn jemand Unrecht geschieht. Ja, es wäre so einfach. 
 
In diesem Sinne, schönen Dienstagabend und allez les Bleus.