Reinhold Roth? Nie gehört? Klar, heute kennen wir Namen wie Valentino Rossi, Casey Stoner oder Tom Lüthi. Spitzenfahrer im Motorrad-Rennzirkus. Reinhold Roth war auch einer von ihnen. Bis zu seinem schweren Unfall, der sich in diesen Tagen wieder einmal jährt. Ich hab mich unlängst selber dabei ertappt, dass ich bei Wiki nach Reinhold Roth gesucht habe und dann im ersten Moment überrascht war, dass da kein Todesdatum steht. Das mag beim ersten Lesen makaber klingen, aber Roth war vor über 20 Jahren ein Superstar, ist sehr schwer gestürzt, seither ein Pflegefall, komplett aus der Öffentlichkeit verschwunden, aktuelle Fotos gibt es keine mehr. Seine Fans haben den sympathischen Allgäuer aber nie vergessen! Ich selber mag mich an seine stets witzigen Auftritte in der TV-Sendung "Blickpunkt Sport" erinnern und habe mich darum oft gefragt, wie es dem Mann wohl inzwischen geht.
Eine Rückblende auf den 17. Juni 1990. Reinhold Roth ist damals 37 Jahre alt - wenn man vergleicht wie jung die Fahrer heute sind, ein Renn-Opa! Er geht beim Grossen Preis von Jugoslawien in der Nähe von Rijeka an den Start. Der zweimalige Vizeweltmeister in der 250er-Klasse gehört zu einem deutschen Trio an der Spitze des Feldes. Die Piste ist vom Regen nass, als die Drei den Australier Darren Milner überrunden wollen. Martin Wimmer und Helmut Bradl können gerade noch ausweichen, Reinhold Roth knallt ungebremst ins Heck des langsameren Motorrads und stürzt schwer. Die Ärzte stellen ein Schädel-Hirn-Trauma fest. Die medizinische Versorgung vor Ort ist äusserst schlecht, Roth bleibt über 5 Minuten ohne Sauerstoff. Die Ärzte geben ihm gerade einmal 10 Prozent Überlebenschance geben ihm. Sechs Wochen liegt er im Koma, er ist seitdem ein Pflegefall, querschnittsgelähmt.
Seither kümmert sich seine Frau Elfriede Roth um ihren Mann. Aufopferungsvoll nimmt die neue Situation an, wie sie ist. Gibt ihr Leben quasi auf, leidet gesundheitlich unter der Situation und sagt aber trotzdem: "Wir haben 16 wunderschöne Jahre miteinander verbracht", sagt sie noch heute, "und er hat mir so viel geboten, da müssen andere mindestens 80 Jahre alt werden - und dann haben sie nicht so intensiv gelebt wie wir.". Die Krankenkassen würden schon lange nicht mehr zahlen, sagte sie einst der Stuttgarter Zeitung. Die tapfere Frau, die vom früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg erhielt, konnte aber trotzdem inzwischen ein Pflegeteam organisieren, das sich zwölf Stunden am Tag um ihren Mann kümmert. Aus purem Selbstschutz, damit auch sie wieder einmal unter die Leute kommt und auf ihre eigene Gesundheit schauen kann. Ich ziehe den Hut vor dieser Frau! Aber auch Reinhold Roth musste vor zwei Jahren einen weiteren Rückschlag wegstecken. Er erkrankte an einer Lungenentzündung und kämpfte erneut um sein Leben. Seither wird er durch eine Magensonde ernährt. Er, der laut seiner Frau immer so gerne gut gegessen hatte. Abschliessend ein Zitat aus der Stuttgarter Zeitung, die Roth vor einem Jahr besuchen durfte. Ich denke, es fasst gut - wenn auch sehr traurig - zusammen, wie er ehemalige Motorrad-Star heute lebt:
"Aus dem Nebenzimmer dringen Geräusche in die Küche. Dieses Nebenzimmer ist Reinhold Roths Zimmer. An der Sprossenwand hängt seine Lederkombi, oben auf einem Absatz stehen die Pokale. Sein Kopf hängt leicht nach rechts vorne, die rechte Hand liegt auf der Brust. Als Reinhold Roth den Besucher sieht, hebt er die Hand zum Gruß an. "Hallo", kommt es dumpf aus seinem Mund. Seine Frau Elfriede sagt: "Reinhold, das ist ein Journalist, er will eine Geschichte über dich schreiben, so wie früher. Kennst du ihn noch?" Große Augen schauen herauf. Das leichte Kopfschütteln wird verstärkt durch ein sehr klares "Nein". Kein Grund zur Enttäuschung - die Freude über den guten Zustand von Reinhold Roth überwiegt."
Er lebt. Und seine Fans werden den ewigen Kämpfer nicht vergessen!