17. Januar 2011

Auf Le Pen folgt Le Pen: Blond und gefährlich!

Marine Le Pen: Sie ist das neue Gesicht der französischen Ultra-Rechten. Und wie es scheint leider auch das bislang Beliebteste. 27 Prozent der Franzosen finden Marine Le Pen sympathisch oder attraktiv. Und das trotz oder vielleicht gerade wegen dem Feindbild der neuen Chefin des Front-National: der Muslime!


Seit gestern ist es also offiziell bekannt, Frankreichs Rechtsextreme haben eine neue An-Führerin: Marine Le Pen wurde zur ersten Vorsitzenden der FN ins Amt gehoben. Ihr Vater und Parteigründer Jean-Marie Le Pen selbst verkündete das Ergebnis der "Mitgliederbefragung", wonach seine Tochter knapp 68 Prozent der Stimmen erhielt. Eine Wahl im eigentlichen Sinne gab es, wie alle Jahre zuvor, nicht... Nun hat sie es also geschafft, das blonde Gift aus Paris - immerhin wurde sie von ihrem Vater ja schon früh auf dieses Amt vorbereitet. Als Tochter eines Le Pens habe man es nicht leicht, erzählte sie einmal. Das habe ihr vielleicht einen eher kämpferischen Charakter im Umgang mit Menschen gegeben. Und wie es sich gehört, hat sie auch ihre drei eigenen Kinder schon mal auf ein hartes Leben im ultrarechten Umfeld vorbereitet: "Ich sage ihnen: 'Macht euch darauf gefasst, dass man euch unangenehme Fragen stellt.' Ich selbst mache das auch schon seit Jahrzehnten mit."

Ihre erste Rede als Parteichefin hielt die 42-Jährige darum ganz in der Tradition ihres berühmt berüchtigten Vaters. Marine Le Pen forderte ein „unabhängiges Frankreich ohne Euro, in das keine europäische Union reinregiert”. Brüssel sei für die Schliessung von Postämtern, Spitälern und Schulen verantwortlich, so die persönliche Logik der Juristin. Und weiter forderte sie ein Frankreich, das „wieder den Franzosen und nicht den Migranten gehört”. Schon ihr Vater brachte es mit solch markigen Sätzen zu zweifelhafter Bekeanntheit, als er zum Beispiel die Gaskammern der Nazis als "Detail der Geschichte" bezeichnet hat. Tochter Marine will mit diesen alten Geschichten zwar nichts zu tun haben, was aber nicht heisst, dass sie nicht aus dem gleich braunen Holz wie ihr fremdenfeindlicher Vater geschnitzt ist. Nur, sie hetzt zeigtgemässer und zwar gegen Muslime. Diese seien wie "eine Okkupation, die immer mehr Städte in Frankreich betrifft".

Wegen dieses Vergleichs mit der Nazi-Besatzung (Okkupation im 2. Weltkrieg) ermittelt inzwischen übrigens die Staatsanwaltschaft Lyon, Rassenhass wird ihr vorgeworfen. Ihrem Erfolg tut das indess keinen Abbruch - ganz im Gegenteil sogar! Auch nach dieser verbalen Entgleisung finden sie 27 Prozent der Franzosen sehr sympathisch, knapp 17 Prozent der Befragten würden sie sogar wählen. Marine Le Pen macht ihre Sache sehr geschickt, sie sagt zum Beispiel häufig: "Wir sind alle Opfer machtgieriger Politiker und korrupter Systeme" - und präsentiert sich selbst als die einzige Politikerin, die ehrlich ist und die unbequeme Wahrheit sagt. Christoph Blocher lässt grüssen... Sich selbst bezeichnet sie gern als zweite Stufe der "Rakete Le Pen" und "diese zweite Stufe muss jetzt losfliegen und den Front National, an die Macht bringen, damit wir unsere Ideen umsetzen können."

Das grosse Ziel von Marine Le Pen sind die französischen Präsidentschaftswahlen 2012. Sie wolle aus dem Front National ein mächtiges Werkzeug machen, um Frankreich zu regieren und an die Macht zu kommen. Dieses Werkzeug solle pragmatisch und effektiv sein. Angestrebt wird zudem - wenn auch nicht offziell - eine Kooperation mit Sarkozys konservativer UMP. Allerdings denke ich, ist Le Pens absolut antieuropäisches und rassistisches Programm kaum zu vereinbaren mit den durchschnittlichen Parteien Frankreichs.

Noch mehr Beispiele vom faschistischen Quatsch gefällig? Bitte sehr, hier weitere Auszüge aus ihrer Antrittsrede als Parteipräsidentin. Franzosen würden gezwungen, in Kantinen nach islamischen Gesetzen „Halal” zu essen und in Schwimmbädern Platz zu machen für muslimische Frauen. „Frankreich ist zu einem Kalifat geworden”, rief sie den überwiegend männlichen Parteimitgliedern zu. Die Lage des Landes sei ernst und traurig, obwohl das „französische Genie” auf der ganzen Welt bewundert würde. Kurz, es war eine Rede, die auch ihr greiser Vater, Jean-Marie Le Pen, hätte halten können.

So unglaublich es klingt, die Partei erlebt mit der 42jährigen Marine Le Pen eine für die Faschos schier unglaubliche Veränderung, die wohl weit über die Landesgrenzen hinaus bedeutsam und so gesehen ein strategisch cleverer Schachzug ist: Zum ersten Mal hat die europäische Rechtsextreme eine Frau an ihrer Spitze! Ein Faktor, der ihr nach Umfragen von französischen Meinungsforschern zu einem Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2012 verhelfen könnte. Bislang nämlich wurde die Front National mehrheitlich von Männern gewählt und dass der Trick mit der Frau klappt, beweist ja (leider) bereits das gr(h)ässliche Vorbild aus den USA: Sarah Palin.

Möglicherweise wird die Tochter ihren Vater in ihren politischen Erfolgen also bald überrunden. Aber seien wir ehrlich, über den Kurs der rechtsextremen Partei wird auch weiterhin ein Mann mitreden: Jean-Marie Le Pen wurde nämlich zum Ehrenvorsitzenden gewählt. „Ich vertraue meiner Tochter das Schicksal unserer Bewegung an, ihren Bestand, ihre Einheit, ihre Kampflust”, sagte er zu seinen Anhängern. Angeblich denkt der aber nicht im Traum daran, ihr die Führung der Partei wirklich zu überlassen, schreiben französische Zeitungen. Für sie gehen die Probleme darum jetzt erst richtig los. Dann sie wird merken, dass ihr der Papa permanent auf die Finger schaut und im Hintergrund die Fäden weiterhin zieht. Mit den Männern und Marine ist es eh so eine Sache. Von den Vätern ihrer drei Kinder ist sie geschieden. Ihre Gegner sagen darum nicht ohne Grund, es gäbe ja eh nur einen Mann an Marines Seite - und sei ihr Vater!

14. Januar 2011

Der 1,8 Mio.-Todesstoss für den FC Aarau?

Nachtrag zum Thema vom 14.04.2011, siehe ganz unten.

Zugegeben, für einen Fan des FC Aarau gibt es angenehmere Schlagzeilen als die gestrigen. "Millionenklage gegen den FC Aarau!", "Schock beim Absteiger: FC Aarau zu Millionenstrafe verurteilt." oder "FC Aarau muss Millionen nachzahlen." - nur drei Möglichkeiten einem FCA-Fan die gute Donnerstagslaune durchaus etwas madig zu machen. Bloss, es waren nicht einmal die Schlagzeilen als solche, welche mich wütend gemacht haben. Es gab andere Gründe. Dazu aber später, erst die emotionslosen Fakten zum Fall. 


Das Aargauer Obergericht, ja genau mein Mami arbeitet da, hat den FC Aarau dazu verdonnert 1,8 Millionen Schweizer Franken an den ehemaligen Geschäftspartner MTO Beratung AG zu zahlen. Dem Urteil ging ein langer Streit voraus. Im Jahre 2001, als der FC Aarau in Finanznöten steckte, nahm alles seinen Anfang. Die damalige Vereinsleitung unter Präsident Peter Kappeler übertrug - richtigerweise - in einer Rettungsaktion die Transferrechte an die Zuger Beratungsfirma MTO, die im Gegenzug rettende 2,5 Millionen Franken auf das Konto des FCA überwies. Ohne dieses Geld hätte der Traditionsverein den Profibetrieb aufgeben müssen. Nur, die Auslegung dieses Vertrags sorgte schon bald für Knatsch. Ich erinnere mich an meine Zeit in der GL des FC Aarau, unter der Leitung von Präsident Michael Hunziker, schon damals war die MTO häufiger ein Thema. Während die MTO von einem Darlehensvertrag ausging, sprach der FC Aarau von einem Kaufvertrag. 

Der Streit endete in erster Instanz vor dem Bezirksgericht Aarau, dieses entschied 2007 zugunsten des FCA, verurteilte den Verein aber dennoch zu 300'000 Franken Schadenersatz in Bezug auf die Rechte des Spielers XYZ. Über dessen Person haben der Verein und die MTO Stillschweigen vereinbart. Das war aber (leider) nicht das Ende der Neverending Story, denn während der FC Aarau die Summe als zu hoch empfand, war die Zuger MTO mit dem Entscheid des Gerichts nicht einverstanden. Der Rechtsstreit ging also in eine zweite Runde. Und das aktuelle Urteil des Obergerichts lautet nun also, der FC Aarau muss der MTO 1,8 Millionen überweisen. Nun heisst aber FC Aarau nicht gleich FC Aarau, wie bei vielen Fussballclubs wurde der Profibetrieb im Jahre 2003 - unter Präsident Hunziker - vom Verein FC Aarau 1902 getrennt und zur FC Aarau AG gemacht. Vom Urteil betroffen ist also der Verein, sprich Junioren-, Amateur- und Damenteams.


Dass der Verein diese 1,8 Millionen Franken aufbringen kann ist sehr unwahrscheinlich. Da nützt auch der neue Sponsor Zehnder nichts, dieser widmet sich der ersten Mannschaft, sprich der Aktiengesellschaft. Es ist davon auszugehen, dass man im Brügglifeld das Urteil nicht akzeptieren wird und sich die beiden Parteien vor Bundesgericht wieder sehen. So lange wird das Damoklesschwert also noch über den Köpfen der Aarau-Verantwortlichen schweben, und es ist beim besten Willen mit dem aktuellen Urteil nicht weniger scharf geworden. 

Soweit also die Fakten. Nun, früher oder später musste man mit einem Urteil rechnen. Es konnte in beide Richtungen gehen, der aktuelle Entscheid dürfte aber ein Schock sein. Zumal die Verantwortlichen des Klubs, laut Medien, von der anderen Rechtsauslegung des Obergerichts im Vergleich zum Urteil 2007 überrascht wurden. Das schriftliche Urteil ist noch nicht verfügbar, wird wohl in den nächsten Tagen den beiden Parteien zugestellt. Trotzdem, wer heute auf eine Reaktion von Seiten des FC Aarau gewartet hat, der wurde bitter enttäuscht. In meinen Augen eine totale Fehlleistung! Die Sponsoren, Fans und Medien haben - über die Aargauer Zeitung - Wind vom Gerichtsurteil gekriegt und die Kunde verbreitet. Im Blick gabs ein paar (unqualifizierte?) Äusserungen vom Vize. Mehr war aber nicht zu hören oder zu lesen. Weder über SMS, noch auf der Webseite oder bei Facebook wurde der Fall auch nur ewähnt. Aktive Verdrängung nennt man sowas glaub, oder? Wenn ich keine Stellung beziehe, dann fällt es ja vielleicht auch niemandem auf, dass da heute dramatisches passiert ist... Die Sportinformation berichtet, der FC Aarau werde sich in der nächsten Woche mit seinen Anwälten besprechen.

Man stelle sich eine ähnliche Situation bei einem professionell organisierten Spitzenclub vor. Ob die Basler, die Berner oder von mir aus auch die Bayern oder die Dortmunder auch einfach geschwiegen hätten? Oder ob man da eventuell eine kurze, offizielle Stellungnahme - und wenn es nur Floskeln zur Beruhigung der Fans von wegen "wir haben die Sache im Griff und leiten entsprechende Schritte ein" - gewesen wäre. Aber eben, seien wir ehrlich: der FC Aarau hat schon bessere Zeiten erlebt. Wenn man gestern Abend "FC Aarau" bei Google-News eingegeben hat, fand man gerade mal 5 Zeitungen, welche über das Urteil berichtet haben. Und wer gedacht hat, dass im Forum der FC Aarau-Fans nun die grossen Diskussionen starten: Fehlanzeige. Bis gestern am späten Abend gab es keinen einzigen Eintrag zum Thema. Das letzte Posting stammt vom Montag, war ein fauler Spruch und wurde von einem FC Aarau-Mitarbeiter verfasst. Es scheint, als hätten a.) die Fans dieses schicksalshaften Urteilsspruch noch gar nicht mitgekriegt oder b.) es sei ihnen schlicht egal oder c.) die stehen unter Schock. 

Ich persönlich befürchte Antwort B. Unlängst habe ich mit einem Journalisten geplaudert, der den FCA schon seit vielen Jahren begleitet. Seine Worte haben mir aufgezeigt, sein Glaube an den Brügglifeld-Club ist quasi erloschen. Zwar hat ihn die Zusammenarbeit mit der Zehner-Group erfreut, aber er hat gemeint, dass dieses Sponsorengeld wohl Menschen in die Hände fallen wird, welche in Sachen Fussball nicht wirklich eine grosse Ahnung hätten... Ein langjähriger Fan meinte gestern zu mir, "vielleicht ist das nun der Todesstoss, mit dem wir seit Jahren irgendwie rechnen mussten. Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende." Und bei Facebook war zu lesen: "Ma löset doch de Verein uff...". Es scheint, als hätte Aarau langsam aber sicher die Schnauze voll von seinem Fussballclub. Die Zuschauerzahlen haben sich den Leistungen angepasst und waren zum Schluss der Vorrunde alles andere als toll. Der Trainer darf, trotz Absturz in der Tabelle der zweiten Liga, auch im neuen Jahr weitermachen; in Sachen Spieler gab es mit Gashi und Mitreski  (auf den in Sion übrigens Mario Mutsch folgt, welcher in Aarau keinen neuen Vertrag mehr erhalten hat...) zwar zwei gute Namen - allerdings müssen sie sich auf dem Platz auch erst einmal zurechtfinden und beweisen. Vieles dürfte dabei vom ersten Spiel der Rückrunde abhängen, geht dieses verloren spielt man vermutlich den Rest der Saison vor leeren Rängen.

Fazit: der FC Aarau steht am Scheideweg. Klar, wenn man das Urteil des Obergerichts nach Lausanne weiterzieht wird man noch einmal Zeit gewinnen. Allerdings ist auch unklar, wie das Bundesgericht entscheiden wird - ein ähnlich unpopuläres Urteil wie beim Obergericht ist durchaus möglich. Fakt ist, es wird irgendwann einmal zu einem Urteil kommen und dann gehts vermutlich ins Geld. Bis dahin bleiben viele Fragen offen. Zieht man offensiv, mit Mut und breiter Brust in die Schlacht? Versteckt man sich leise und schweigsam wie ein Mäuschen? Ist man tricky auf der Suche nach einer aussergerichtlichen Einigung? Welche Rolle spielt die Lizenzkommission? Opfert man noch einmal einen Bauern, diesem Fall die Amateuerabteilung? Letzteres scheint mir aktuell das möglichste aller Szenarien, äusserst unpopulär zwar - aber sehr effektiv. Und irgendwie würde es ja zum bisher eher desolaten Schauspiel, auf und nebem dem Platz, passen. Leider.

Nachtrag zum Thema vom 14.04.2011: Das Bundesgericht hat entschieden, dass der Verein FC Aarau 1902 definitiv der Beratungsfirma "MTO Beratung AG" 2,5 Millionen Franken bezahlen muss. Anders als noch im Januar angenommen, könnte das Urteil auch der FC Aarau AG zum Verhängnis werden. Die Swiss Football League kündigt an, "dass das Urteil Auswirkungen auf die Lizenzvergabe haben könnte".

13. Januar 2011

Geburtstagskinder des Tages: Die Grünen

Heute vor 31 Jahren, am 13. Januar 1980, wurde in Karlsruhe die Bundespartei "Die Grünen" gegründet. Grund genug für eine Rückblende auf stürmische Zeiten. So stürmisch, dass die Partei wegen eines Streits fast gar nicht hätte gegründet werden können. Die Basis konnte sich in Karlsruhe nicht einigen, die Zeit lief und lief. Kurz nach 17 Uhr nahmen Vertreter aus Hamburg das Zepter in die Hand und forderten einen sofortigen Gründungsbeschluss. Grund für ihr forsches Auftreten: sie waren der Umwelt zuliebe mit dem Zug in den Süden angereist und für kurz vor 18 Uhr war die Rückfahrt gebucht - sparsam mit einer Gruppentarif-Fahrkarte...

Ihren Anfang nahm die grüne Erfolgsstory allerdings schon ein Jahr zuvor. Mitte März 1979 gründeten in Frankfurt am Main rund 500 Delegierte zur Europawahl das Listenbündnis "Sonstige Politische Vereinigung DIE GRÜNEN". Dies war die Geburtsstunde der Turnschuhpartei noch vor der eigentlichen Parteigründung, denn die Europawahl 1979 brachte den politischen Durchbruch für Grün. Zu jener Zeit regierten in Deutschland SPD und FDP mit Bundeskanzler Helmut Schmidt an der Spitze. In der Opposition schielten CDU und CSU nach der Machtübernahme. Eine neue Partei wie die Grünen nahm also niemand ernst, sie wurde sogar belächelt. Doch der Impuls, der von der Gründung ausging, konfrontierte die bestehenden Parteien mit Themen wie Friedenspolitik, Umweltschutz, Emanzipation, Dritte-Welt-Politik. So gesehen veränderte die grüne Welle nicht nur den Politikstil, sie erhöhte auch die politische Beteiligung von Frauen in erheblichem Umfang. Eine Frau war auch die wichtigste Person in der Gründungszeit der Partei: die Friedensaktivistin Petra Kelly. Die privat übrigens kurioserweise eine Beziehung zum Ex-Bundeswehr-General Gerd Bastian führte.

In der Gründerzeit gehörten viele Idealisten aus unzähligen Interessensgruppen den Grünen an. Jeder wollte seine eigene Wahrheit ausleben und durchsetzen. Das Spektrum reichte von extrem Rechts bis ebenso extrem Links. Personen die der Partei eine ordnende politische Linie geben wollten, wurden von den Fundis verschiedener Flügel beschimpft und ausgebremst. Es kam zwangsläufig zum Kampf der Fundis gegen Realos (Realpolitiker). Letztere gewannen und führten die Partei zum Erfolg: Bei den Wahlen 1983 zog die Partei mit 5,6 Prozent zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag ein.

Der Zusammenbruch des Realsozialismus 1989/1990 und die deutsche Wiedervereinigung brachten die nächste Veränderung: Die Grünen schlossen sich 1993 mit der DDR-Bürgerbewegung "Bündnis 90" zusammen. Es war ein politischer Schachzug, der die Bürger der ehemaligen DDR zu potenziellen Wählern der neuen Grünen machen sollte, denn Umweltthemen waren damals in Ostdeutschland nicht sehr populär. Mit Erfolg: "Bündnis 90/Die Grünen" bildeten nach der Bundestagswahl '98 zum ersten Mal eine rot-grüne Regierungskoalition mit der SPD. Allerdings hat das Regieren die Grünen und ihre Politiker über die Jahre verändert. Vorbei die Zeiten der langen Haare, wilden Bärte und Turnschuhen. Grüne Utopien und politische Praxis liegen heute oft weit auseinander. Böse Zungen behaupten sogar, die Grünen von heute seien am besten noch mit der FDP der siebziger Jahre zu vergleichen. Seis drum, die Grünen haben das politische Umweltbewusstsein über all die Jahre verändert. In der heutigen Zeit kommt darum keine Partei mehr um Themen wie Ökologie oder Nachhaltigkeit herum. Darum, Happy Birthday "Die Grünen".