Am Donnerstag gehts los in Olso, mit dem Halbfinale - inkl. Michi von der Heide für die Schweiz. (Heute bereits die erste Ausscheidung, aber ohne CH-Beteiligung) Nun, ich befürchte mal darauf, dass der gute Mann diese Vorrunde nicht überstehen und das grosse Finale am Samstag leider einmal mehr ohne Schweizer Beteiligung stattfinden wird. Klar, der ESC lockt in einigen westlichen Ländern vielleicht tatsächlich viel homosexuelles Publikum vor den Fernseher, allerdings habe ich meine Zweifel, ob all die Jungs schon am Donnerstag mit dabei sind und ihren Michael ins Finale voten. Aber, wer sind in diesem Jahr eigentlich die grossen Favoriten?
Wie am Samstag bereits angekündigt find ich den Song aus Schweden recht gut und natürlich hat auch Lena durchaus Chancen auf einen guten Platz. Dass es allerdings zum Sieg reicht, daran zweifle ich. Obwohl Raabs Maschinerie läuft wie geschmiert, Fräulein Meyer Landrut ist in Oslo angekommen und beherrscht die Medien. Zudem sendet Raab ab heute Abend sein "TV Total" live aus der norwegischen Hauptstadt. Lange haben englische Buchmacher die 19-jährige Hannoveranerin als Favoritin beim Eurovision Song Contest gehandelt. Auch der Internet-Riese Google sieht laut einer Umfrage Lena auf dem ersten Platz. Doch in Wahrheit ist die Konkurrenz zu stark, schieben sich die osteuropäischen Länder traditionell untereinander die Punkte zu und spricht der Abstimm-Modus gegen einen deutschen Triumph. Allerdings würde eine Platzierung Lenas unter den ersten Zehn wohl schon als die Wiederauferstehung deutscher Grand-Prix-Tugenden gefeiert – insofern kann Lena eigentlich nur gewinnen.
Ein Blick auf das 39 Nationen umfassende Teilnehmerfeld zeigt, wie schwierig es werden wird für Lena und Michael. Nicht nur Deutschland tritt mit einer jugendlichen Sängerin an, gleich mehrere Nationen schicken junge Frauen ins Rennen. Die drei schärfsten Konkurrentinen der Hannoveranerin heißen Safura, Sofia Nizharadze und eben Anna Bergendahl. Allesamt setzen sie auf englischsprachige Balladen, alle haben tolle Stimmen und sehen gut aus. Die 17-jährige Safura stammt aus Aserbaidschan; ihr Song "Drip Drop" bleibt am wenigsten im Gedächtnis. "Shine", das Lied der 24-jährigen Sofia Nizharadze aus Georgien, wirkt da gefährlicher. Bergendahls Stück "This Is My Life" punktet darüber hinaus mit einer gewissen Frische – die 18-jährige Schwedin singt, als ginge es um ihr Leben und landete damit in ihrer Heimat einen Nummer-Eins-Hit.
Allen drei Frauen ist der Sieg in Oslo zuzutrauen, auch wenn sie sich erst im Halbfinale qualifizieren müssen, womit wir dann wieder beim Thema Michael von der Heide wären. Wer in einem der beiden Halbfinals oben steht, hat gute Chancen auf den Gesamtsieg. Davon könnte zum Beispiel Hera Björk profitieren. Die Isländerin tritt mit der druckvollen Ballade "Je Ne Sais Quoi" an, die sich im Refrain in ein elektronisches Disco-Gewitter verwandelt – in Osteuropa liebt man solche Songs.
Insgesamt geht der Trend eindeutig weg vom Folkloristischen hin zum englischsprachigen Pop.
Wer Folklore bietet, dürfte leer ausgehen und wirkt von vorgestern: Daniel Diges aus Spanien zum Beispiel mit "Algo Pequenito". Völlig von einem anderen Stern scheint die Niederländerin Sieneke zu kommen. Sie singt "Ik ben verliefd (Sha-la-lie)" aus der Feder von Schlümpfe-Vader Abraham, einen Drehorgel-Schlager, der sogar Fans des Musikantenstadls zum sofortigen Umschalten animieren würde.
Tom Dice geht als James-Blunt-Verschnitt für Belgien ins Rennen. Didrik Solli-Tangen will mit der Schnulze "My Heart Is Yours" den norwegischen Erfolg wiederholen; trotz der hohen Schnarch-Qualität seines Beitrags ein ernstzunehmender Kandidat. Was man bei Josh Dubovie und "That Sounds Good To Me" relativieren muss. Zwar stammt das Lied des Engländers aus der Hit-Fabrik von Pete Waterman und Mike Stock, klingt aber nach 60er-Jahre-Musical. Erfrischender ist da der französische Song "Allez! Ola! Olé!" von Jessy Matador, der Pop, HipHop und afrikanische Einflüsse zu einer schnellen Tanz-Nummer verschmilzt und erst noch als offizieller WM-Song der Franzosen gilt - vom Timing her ziemlich clever ausgesucht.
Fazit und Prognose: Natürlich würde ich Lena den Sieg gönnen, und wie! Ich denke allerdings dass sie gegen die Voting-Stimmen aus Osteuropa keine Chance haben wird. Ein Top 10 Platz sollte aber drin sein. Gleiches gilt wohl leider auch für die blonde Schwedin oder die tanzenden Franzosen. Darum tipp ich in diesem Jahr einfach mal auf einen Sieg für Georgien. Auf den Rängen bis 10 rechne ich noch mit Chancen für Moldawien, Griechenland, Albanien, Rumänien, Türkei, Aserbeidschan... Geld wetten würde ich darauf allerdings in diesem Jahr nicht. Und übrigens, in Deutschland sind ESC-Parties angesagt... warum ist in der Schweiz nichts in dem Stil geplant? Von wegen Support für den MvdH.