20. Dezember 2009

AdventsBlogKalender: Tag 20





Gastbeitrag heute von: SomeMercy


Es war eine gute Entscheidung, die Weihnachtsfeier in den Büroräumlichkeiten zu zelebrieren. Jeder hatte etwas zum vorweihnachtlichen Ambiente beigetragen, seinem Arbeitsplatz eine weihnachtliche Note geschenkt. Die Tische bogen sich unter den erlesenen Speisen, die Weine schmeckten ausgezeichnet. Der Besprechungsraum war für sechsundzwanzig Mitarbeiter ausreichend groß und die Musik entsprach genau unserem Geschmack. Jazz-Interpretationen von Weihnachtsliedern, nicht die übliche Fahrstuhlmusik.

Das ich neben Georg zu sitzen kam, hat mich etwas irritiert. Wenn er mir nahe kam, nahm ich seinen Duft intensiv wahr. Ich musste mich zwingen, nicht die Augen zu schließen, ihn nicht tief in mir aufzunehmen und meine Gedanken schweifen zu lassen. Ich konnte mich kaum konzentrieren, wenn er mir so nah war. Wie konnte mich ein Mann so aus der Fassung bringen. Vergessen, die konzentrierte und sachliche Geschäftsfrau. Sehnen und Lust beherrschten mein Fühlen und meine Gedanken. Sein Schenkel, der immer wieder meinen fand, wenn er sich nach vorne beugte. Sein Arm, der heiß auf meiner Haut brannte, wenn er mir nahe kam. Ich wollte an meinen Prinzipien festhalten. Niemals eine Affaire mit einem Kollegen. Unter keinen Umständen. Ich wusste, wie das enden kann. Einfach aufstehen und gehen, wenn es zu heiß wird. Wenn Begierden geweckt werden. So war es richtig. Ich lehnte mich an die Glaswand, ließ Weißwein meine Kehle kühlen. Beobachtend. Entspannt. Die Glut erstickt.

Das daran gedacht wurde, den Empfangsbereich in eine kleine Bar zu verwandeln, war eine nette Idee. Tanzende auf den Fluren, hatten diese ehrwürdigen Mauern wohl noch nie gesehen. Ich dachte daran, mich zu den Kollegen zu gesellen. Aber ein, zwei Minuten wollte ich noch die Ruhe genießen, die Augen schließen.

Sein Duft verriet mir, dass er vor mir stand. Ich wollte meine Augen nicht öffnen. Wollte nicht in seinen versinken. Ich spürte seine Fingerspitzen auf meiner Wange. Sie suchten sanft gleitend ihren Weg über meinen Hals. Seine Hand lang auf meiner Schulter. Ich wusste ich hielt den Atem an, er musste es bemerkt haben. Ich musste die Augen öffnen..........

.... beSINNLICH!



19. Dezember 2009

AdventsBlogKalender; Tag 19



Gastbeitrag heute von: André Albrecht

Wo ist unsere Jugend geblieben? – eine schöne Bescherung


Sicher fragt Ihr Euch, warum ein Fotograf ein nichtsagendes Bild wie dieses den Lesern und Betrachterinnen präsentiert. Hier gleich die Antwort: Das wichtige an diesem Bild ist das, was man nicht (mehr) sieht. An der Stelle an der Dünnern in Olten, wo heute ein schneebedecktes Nichts zu sehen ist, stand noch vor kurzem das Jugendzentrum Färbi, das mit bunten Graffities in die Gegend leuchtete. Fast schon heimlich wurde das Gebäude abgerissen und das JZ an anderem Ort als Provisorium eingerichtet. Interessiert uns Mittvierziger eigentlich nicht mehr. Sieht man aber dann das leere Stück Land, das die Färbi hinterlässt, überkommt einen doch ein Gefühl von Verlust und Melancholie. Anfangs der 80-er Jahre war das JugendKulturHaus Färbi – wie es offiziell hiess – nicht nur unser Treffpunkt, es war ein Stück Heimat. Was haben wir dort gelacht, gelitten, uns verliebt und wieder entliebt, grosse Augen gemacht und grosse Röhre geführt. Und natürlich nicht zu vergessen: Mein Freund Dominik und ich waren im Töggelen das unschlagbare Duo, das den ganzen Abend durchspielen konnte. So ein Jugendtreff hatte anfangs 80-er ganz einen anderen Stellenwert als heute: Es gab keine Treffs à la Magazin, Metro oder Terminus. Die Beizen gehörten den «Alten», wir waren vielleicht geduldet, sicher nicht erwünscht. So traf man sich in der Färbi und zwar alle zwischen 13 und 20 Jahre, ein Riesen-Skilager-bunter-Abend jedes Wochenende.

Ich selber habe im hauseigenen Labor meine Karierre als Fotograf begonnen, war DJ und damals schon (zugegebenermassen heimlicher) AC/DC-Fan. Damals durfte man das nämlich noch nicht offiziell sein, denn die DC's (so nannte man ihre Fans) waren nämlich die bösen Buben. Aber auch die kamen in die Färbi, damit sie für ihr Gebrüll ein Publikum fanden – denn schliesslich waren die Jungen alle dort. Und nach stundenlangen, harten Verhandlungen mit den Anführern der DC's konnten wir DJ's dann auf Geheiss des Leiters René Steiner drei oder vier AC/DC-Nummern spielen. Die luftgittarrenspielenden Bösewichte wurden dann argwöhnisch vom friedlichen Volk beobachtet, bis wieder DM (damals ganz neu), Bob Marley (dann noch am Leben) oder gar irish folk lief, und die Leute in Latzhosen all'round my hat tanzten. Bald dreissig Jahre später ist so ein Sound-Mix kaum mehr vorstellbar, damals fand man es super (noch nicht mal geil). Ich könnte Euch noch hundert Geschichten erzählen, die sich in dieser Färbi abgespielt haben, aber eben – wie das verschwundene Gebäude sind auch diese Geschichte nur noch ein eine süsse Erinnerung an etwas, das nicht mehr ist: unsere Jugend.

18. Dezember 2009

AdventsBlogKalender: Tag 18


Gastbeitrag heute von: Roger Kiener

Ausgeliefert!

Kein Wunder, haben sich die Mitbürgerinnen und Mitbürger für ein Minarett-Verbot ausgesprochen. Man stelle sich nur einmal vor, welche Verletzungen Silvio Berlusconi davon getragen hätte, wäre er, statt mit einem Kirchenmodell, mit einer minarett-bewehrten Moschee beworfen worden. Aber im Ernst: Zu keiner Zeit des Jahres offenbart sich die unheilige Allianz zwischen Macht, Markt und Religion derart marktschreierisch wie im besinnungslos besinnlichen Advent. Wie schrecklich die Drohung, die Konsumsaison zwischen Sommerschlussverkauf und Umtauschjanuar könnte auf weitere Jahreszeiten ausgedehnt werden, nur weil es der Muezzin lautstark von seinem – im Vergleich zu den bescheiden gestalteten und akustisch kaum ins Gewicht fallenden Kirchen – enorm machterfüllten Turm herunter verkündet. Ich jedenfalls habe keine Lust, mir auch noch Gedanken darüber zu machen, welcher Nichte ich bereits eine Burka geschenkt habe ...

Das Ärgerliche an Weihnachten ist ja nicht der Anlass an sich, sondern seine allgegenwärtige Präsenz. Als praktizierendes Nicht-Mitglied einer Landessekte kann ich die allermeisten kirchlichen Feiertage mehr oder weniger elegant ignorieren. Vor Weihnachten jedoch bleibt einzig die Kapitulation. In einer an Nötigung grenzenden Penetranz wird einem allenthalben das gleiche Menü serviert: Ein ganz dünne Schicht bigotter Philosophie umhüllt den wirklichen Grund für den Aufstand, das dicke Geschäft. Gutmenschen garnieren das Ganze gerne noch mit einem Schuss Besinnlichkeit oder einer Messerspitze Wohltätigkeit. Auf grossem Feuer lässt man die Mischung dann bis Dezember sprudeln. Laizismus hin oder her: Vorzugsweise stellt man den verführerisch glänzenden Topf mitten in den Schulzimmern auf und lässt die Geschenke-verkündenden Dämpfe entweichen; die Kleinen werden die frohe Kunde dann schon nach Hause tragen ...

Dehalb auch das passende Zitat zum Advent 2009: http://www.youtube.com/watch?v=mhSqoP6wQ6s

17. Dezember 2009

AdventsBlogKalender: Tag 17


Gastbeitrag heute von: Patti Basler

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt
wir wollen etwas spenden
Pandemien sind im Trend
wir möchten sie beenden
Malaria! Maria hilf! Doch machen wir’s gerissen
Mit Ablass-Rappen (jeder zählt!) wasch ich mir mein Gewissen!

Advent, Advent, der Wille brennt:
Man kann die Menschen heilen!
Nur bitte soll’n sie nicht am End
in unser Land, das jeder kennt,
als Immigranten eilen.
Sonst bau’n sie zum Dank, dass wir sie retten
noch grössere Mengen an Minaretten!

Advent, Advent, in Panik rennt
ein jeder schnell zum Impfen
die Spritze sticht, die Impfung brennt
man traut sich nicht zu schimpfen.
Es freut die Panik-Pandemie
die treue Zunft der Pharmazie!

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt
es brennt auf meiner Zunge
es brennt das Zigaretten-End
ein Loch in meine Lunge
Das CO2 vom Zigi-Rauch
reicht nur grad knapp zum Hausgebrauch.

Advent, Advent, es, brennt, es brennt
in unserer Atmosphäre
Und wer sich zum (Kopen-) Hagen, zum Helden ernennt
dem kommt meist was in die Quere.
Sei es Bequemlichkeit, sei’s Gier
sei es der Off-Roader-4x4

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt
die Heuchelei geht um
das Lichtlein brennt am Firmament
der Mensch, der macht sich krumm.
Doch wer sich ehrlich selbst erkennt
und nicht nur hypochondrisch flennt
die Dinge auch beim Namen nennt
das Brett von seiner Stirne trennt
und seine Sünden frei bekennt ...

… der handelt wirklich nicht gescheit.

Was soll’s?
Eine fröhliche Weihnachtszeit!

16. Dezember 2009

AdventsBlogKalender: Tag 16


Gastbeitrag heute von: Schwarzer Kafka

Kerzenschein, Tory Amos aus den Boxen, für einmal nicht zu laut, Winterabend-Öl ins Duftlämpchen geträufelt und ein gutes Buch in der Hand – so geniesst der schwarze Kafka die Abende in der Vorweihnachtszeit. Dies ist auch der Grund, weshalb ich euch hier zwei Bücher ans Herz legen möchte – für einmal weder Kafka noch Tucholsky.

Nick Cave: Und die Eselin sah den Engel

Nick Cave hatte mich mit seinem ersten Roman sofort auf seiner Seite: Die Geschichte handelt vom Leben des verkrüppelten und stummen Eucrid Eucrow, ein Mörder und schliesslich Selbstmörder. Sein Vater quält Tiere und seine Mutter säuft – Eucrid ist ein Produkt mehrerer Generationen von Inzucht und Alkoholmissbrauch. Die kleine Familie lebt in einem kleinen Südstaatenkaff, dessen Bewohner vom Zuckerrohranbau und einer fanatischen Sekte, den Ukuliten, beherrscht werden.

Wer die, zugegeben eher düsteren, Songtexte von Nick Cave mag, wird auch dieses imposante Werk mögen – wer die Songtexte von Nick Cave gar versteht, wird auch dieses Werk verstehen. Eventuell ist dieses Buch nicht wirklich empfehlenswert, wenn einem vor gequälten Kreaturen graut oder wenn man die Kombination von Brutalität, Poesie und Tod nicht allzu sehr mag. Wenn die letzte Depression allerdings schon einige Zeit zurück liegt, die Phantasie sowieso ab und zu eine unsichtbare Blutspur zurücklässt, man sich zusätzlich für Abgründe, grössere und noch grössere Abgründe faszinieren kann, man allerdings die Welt eigentlich doch ziemlich schön findet und schliesslich wissen möchte, wie man all das literarisch genial und fesselnd zugleich verpackt, dann sollte man noch einmal tief durchatmen und mit dem Buch beginnen. Sehr wahrscheinlich wird alles gut. Glaube ich zumindest. Doch, doch.

Erschienen (1. Auflage) 1989, ISBN: 9783492218696

Michael Mikolajczak: Leise rieselt der Schnee

Dieses Buch empfehle ich allen Weihnachtsmuffeln, Monty Python-Fans und Titanic-Leser (und allen anderen selbstverständlich auch). Es handelt von einem Weihnachtsmann, der sich sehr ärgert und genug davon hat, dass Weihnachten nur noch ein kommerzielles Theater ist. Er beschliesst deswegen, mit Hilfe seiner Handlanger, den sieben Zwergen, das fromme Fest zu reformieren. Die Mittel dazu sind allerdings gravierend, denn der Nikolaus schreckt nicht davor zurück, die geld- und geschenkegierigen Kinder einfach um einen Kopf zu kürzen.

Ein Junge entgeht dem Weihnachtsmann und seinen Gehilfen allerdings. Dieser mit dem Einfallsreichtum eines durchtriebenen Teenies und dem Glück des Tüchtigen bestückte Junge schlägt seinen Häschern ein Schnippchen nach dem anderen und schaltet auf diesem Weg die Zwerge langsam nacheinander aus. Schlussendlich kommt es zwischen dem Buben und dem Weihnachtsmann zum Show-Down am Nordpol.

Erschienen (1. Auflage): 2007, ISBN: 3939674109

In dem Sinne wünsche ich euch allen eine ruhige und stressfreie Vorweihnachtszeit und anschliessend wunderschöne Weihnachtstage im angenehmen Kreise eurer Liebsten.