In loser Folge stellen sich in dieser Serie Kandidatinnen und Kandidaten der Nationalratswahlen vom 21. Oktober meinen Fragen. Die Fragebögen habe ich per Email an Politikerinnen und Politiker verschickt, welche aus meinem Wahlkreis (AG/5000) stammen. Ob die Parteivertreter meine Fragen beantworten wollten, lag natürlich in ihrem Ermessen. Ihre Antworten wurden ungekürzt abgedruckt. Danke all denen, die sich die Zeit genommen haben!
Heute: Urs Hofmann, SP, Aarau
Soll sich der Bund stärker für die Integration von Ausländerinnen und Ausländern engagieren, wenn ja wie?
Schwergewichtig muss die Integration von Ausländerinnen und Ausländern auf kantonaler und kommunaler Ebene umgesetzt werden. Der Bund kann jedoch koordinierend tätig werden, Grundlagenarbeit leisten, in seinem gesamten Tätigkeitsbereich die Anliegen der Integration berücksichtigen und die Massnahmen der Kantone und Gemeinden finanziell unterstützen. Dies sieht das neue Bundesgesetz über Ausländerinnen und Ausländer ausdrücklich vor. Ich bin der Ansicht, dass dem Bund in diesem Bereich eine wichtige Vorbildfunktion zukommt. Generell zur Integrationsfrage verweise ich auf das Positionspapier der SP vom Mai 2007 (www.spschweiz.ch).
Legalize it. Soll Cannabis legalisiert werden?
Die heutige Regelung mit einer Strafbarkeit des Konsums, die faktisch kaum durchgesetzt wird, ist heuchlerisch. Sie schadet dem Ansehen des Rechtsstaates. Für viele Junge ist es nicht nachvollziehbar, dass sie zwar ab 16 bzw. 18 Alkohol trinken und sich beliebig volllaufen lassen dürfen, jedoch für einen Joint bestraft werden. Ich bin deshalb für eine Straffreiheit des Cannabis-Konsums, die allerdings begleitet sein muss durch wirksame Präventions- massnahmen und eine minimale Altersgrenze.
Die Stadt Aarau möchte im Torfeld Süd ein neues Fussballstadion bauen. Ihre Einstellung dazu?
Ich halte den Standort im Torfeld mit der Realisierung eines Einkaufszentrums bezüglich der Stadtentwicklung von Aarau nach wie vor für problematisch, da damit die Zentrum sentwicklung im Bereich Altstadt – Bahnhof geschwächt wird. Als FCA-Fan will ich jedoch ein neues Stadion und werde deshalb trotz meiner Bedenken Ja stimmen.
Befürworten Sie ein striktes Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Restaurants?
Ja.
Eine Volksinitiative will den Bau von Minaretten verbieten. Ihre Meinung zu diesem Thema?
Die Initiative verstösst gegen das elementare Grundrecht der Religionsfreiheit. Es ist völlig unverständlich, dass jemand in einem liberalen Rechtsstaat eine solche Forderung erhebt.
Rentenalter 67 für Frauen und Männer?
Angesichts der Bedürfnisse der Arbeitnehmenden ist eine solche Forderung völlig verfehlt. Wichtig ist die Realisierung eines flexiblen Rentenalters, welches es auch Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen erlaubt, vorzeitig in Pension zu gehen und nicht nur den Gutverdienenden, die in der Regel nicht bis 65 arbeiten.
Thema Jugendgewalt: Wie soll der Staat der angespannten Lage wieder Herr werden?
Letztlich muss sowohl auf der Ebene der Prävention als auch der Repression angesetzt werden:
Prävention: Jugendgewalt ist kein Naturphänomen, sondern hat gesellschaftliche Ursachen. In erster Linie müssen somit präventive bzw. integrative Massnahmen getroffen werden. Die SP-Fraktion hat dazu in der Sommersession 2007 ein Positionspapier verabschiedet (www.spschweiz.ch). Die SP Aargau hat sich an ihrem Parteitag vom Mai 2007 im Rahmen einer Resolution ebenfalls zur Jugendgewalt geäussert (www.sp-aargau.ch). Ich kann mich den Schlussfolgerungen beider Papiere anschliessen.
Repression: Da Jugendgewalt - gerade auch im öffentlichen Raum - vielerorts ein akutes Problem ist, reicht kurzfristig eine noch so gute Prävention jedoch nicht aus. Die Erhaltung von Sicherheit im öffentlichen Raum ist für mich eine prioritäre Aufgabe des Staates. Auch wenn eine absolute Sicherheit nirgends möglich ist, so dürfen wir vom Staat dennoch erwarten, dass er bei einer Häufung von Gewalttaten sofort handelt. Konkret heisst dies, dass die Polizeipräsenz in den heiklen Gebieten verstärkt und mit gezielter Gassenarbeit eingeschritten wird.
Generell muss es jedoch bei Gewalt heissen: Hinschauen. Gewalt darf nicht toleriert werden. Das gilt sowohl für die Schule als auch den öffentlichen Raum. Wer Gewalt ausübt – und sei sie anfangs auch nur „harmlose“ muss mit Konsequenzen rechnen müssen. Dazu braucht es nebst der polizeilichen Kontrolltätigkeit im öffentlichen Raum auch eine enge Zusammenarbeit der Polizeiorgane bzw. der Jugendanwaltschaft mit den Schulen. Ich habe den Eindruck, dass man in der Stadt Aarau das zunehmende Gewaltpotential in der Innenstadt zu lange nicht wahrnehmen wollte und somit zu lange nicht mit der nötigen Konsequenz reagiert hat.
Der Bundesrat möchte neue AKWs bewilligen, der Aargau steht als Standort zur Diskussion. Für Sie tragbar?
Ob im Aargau oder anderswo in der Schweiz ist nicht entscheiden. Ich lehne den Bau neuer AKW’s aus grundsätzlichen Überlegungen ab, da ich die mit Kernkraftwerken verbundenen Risiken für zu gross erachte. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines Grossereignisses gering ist, wäre dieses im Ernstfall derart verheerend, dass wir dieses Risiko nicht eingehen dürfen. Es entspricht einem Grundsatz meiner politischen Tätigkeit, auch als politisch Verant- wortlicher nur das zu tun, was ich als Privatperson mit meinem Gewissen vereinbaren kann und wofür ich die Verantwortung übernehmen kann. Für AKW’s kann ich dies nicht.
Sollen Armeeangehörige in Zukunft ihre Waffe im Zeughaus oder zu Hause aufbewahren?
Natürlich im Zeughaus. Wofür braucht jemand zu Hause ein Sturmgewehr?
Gehört die Schweiz in die EU? Wenn ja, warum und wenn nein, warum nicht?
Ja. Die Schweiz liegt im Herzen Europas. Die EU ist der grösste Handelspartner der Schweiz. Dessen Entscheide und Gesetzgebung sind auch für unser Land von entscheidender B edeutung. Gelingt es der EU, sich föderalistischer zu organisieren, wird die Schweiz bis in 10 Jahren der europäischen Staatengemeinschaft beigetreten sein, da dann auch die Mehrheit der Bevölkerung erkannt haben wird, dass es uns mehr bringt, rechtzeitig bei der Entscheidfindung mitzuwirken, als im Nachhinein nolens volens nachzuvollziehen, was die anderen in Brüssel ohne uns beschlossen haben.
Teil 1: Michael Hunziker, FDP
Teil 2: Michael Ganz, Forum liberale Mitte
Teil 3: Sämi Richner, EVP
Teil 4: André Rotzetter, CVP