25. April 2013

"Bist Du Deutschland-Fan?"

Ein bisschen erinnern mich die letzten Tage an die Zeit in der Schule. Da gab es doch früher immer diese Frage: "Was besch du Fan?" Egal ob es um Fussball oder Musik ging. Man musste dann "etwas Fan sein". Die einen haben daraus ein Geheimnis gemacht, weil es natürlich total uncool war, zum Beispiel Wettingen Fan zu sein. Oder auch ABBA-Fans oder so, waren nicht gerade angesagt. Jaja, es war eine andere Zeit, ich war jung und nun bin ich alt. Oder so. 

Aber eben, in diesen Tagen wird oft die gleiche oder eine ähnliche Frage gestellt. Nur haben sich Verstand, Intelligenz und Gewissen in den Jahre gefestigt, so dass man nicht mehr so labil ist wie früher. Ich zum Beispiel war ja in meiner Kindheit auch FC Basel Fan. Liegt wohl daran, dass das erste Nationalliga A Spiel, welches ich live gesehen habe, im Joggeli stattgefunden hat und der FCB die St. Güller abgeschossen hat. Ergo, Basel ist super, FCSG ist doof. Zweitere würde ich bis heute übrigens unterschreiben. Als dann der FC Aarau auf einmal auch in der Nationalliga A auftauchte, hatte ich natürlich ein Problem. Im ersten Jahr war ich noch "beides Fan", danach hab ich mich dann für meine Farben entschieden. Bis heute. Was aber nicht heisst, dass ich heut Abend im Match gegen Chelsea nicht doch dem Schweizer Vertreter die Daumen drücken werde. 

In meinem inzwischen biblischen Alter habe ich meine Vereine gefunden und denen bin ich auch treu. In der Schweiz gibt es seit Anfang der 80er Jahre nur den FC Aarau, egal in welcher Liga. International seit Anfang der 90er Jahre nur Olympique de Marseille. Bis unter die Haut... In Sachen Nationalmannschaften wird es schon schwieriger, da die endlos lange Ära Köbi Kuhn mich ziemlich frustriert hat. Aber natürlich drücke ich der Schweiz bei jedem Länderspiel kräftig die Daumen ud freue mich über jeden Erfolg lautstark. Zumal die aktuelle Generation der Spieler auch wirklich Spass macht! Aber eben, in Sachen Nati gibt es noch die Franzosen, welche bei mir auch einen fixen Platz im Fussballherzen haben. Dicht gefolgt von den Deutschen, von denen ich übrigens mit 10 schon "Fan war" und damals sogar ein Rummenigge Leibchen hatte. 

Womit wir beim Thema wären: der deutsche Fussball. In den letzten Tagen musste man sich ja oft entscheiden. Pro oder contra Germany! Bei mir ist ganz klar: Pro! Das liegt nicht nur an meiner familiären Konstellation, nein, die Bundesliga ist einfach die Liga, die mir seit ewigen Zeiten am nächsten ist - neben der Ligue 1. Mein Papa hat früher am Samstag um 18 Uhr die ARD Sportschau geschautt, am Sonntag um den Mittag herum "Téléfoot" auf TF1 und am Montag dann noch "Bayern Sport". Entsprechend hab ich seit Kindsbeinen von diesen beiden Ligen alles mitgekriegt. Kann Meister und berühmte Spieler aufzähleln und so weiter. Einen Verein hab ich in Deutschlan nie gehabt, als Teenager haben wir diverse Stadion bereist: Schalke, Dortmund, München, Frankfurt, Bochum, Wattenscheid, Stuttgart, Freiburg, Hannover, Berlin.. und so weiter. Überall wurde ich freundlich von den Leuten empfangen, mit Speis und Trank. Kein böses Wort, ganz im Gegenteil: die SDF (Schweiz-Deutsche-Freundschaft) wurde immer gepflegt. Dazu kommt die Tatsache, dass ich seit der Weltmeisteschaften 1982 weder spanischen noch italienischen Fussball mag. Ein Kindheitstrauma quasi. War ich doch in Italien im Urlaub, mit meinem, vom Götti geschenkten, Deutschland-Shirt... tja und der Rest ist Geschichte. Mit Eis haben sie mich zu trösten versucht, grün-weiss-rotes Eis!

Entsprechend fiel es mir die letzten 2 Tage ziemlich einfach, zu wem ich denn halten würde. Ich bin auch sehr zufrieden mit dem Ausgang der beiden Spiele. Erst recht, seit man weiss, wie viele Schulden die spanischen Clubs haben. Während der BVB und Bayern so wirtschaften, dass sich das Minus zum Ende der Saison im Rahmen hält - wenn es denn überhaupt eines gibt. Ganz ehrlich, mit 400 Millionen Euro Schulden könnte auch der FC Aarau die CL gewinnen... Darum fällt es mir auch überhaupt nicht schwer, an einem Abend dem BVB und am anderen den Bayern die Daumen zu drücken. Erst recht nicht, wenn die Gegner beide Male aus Spanien kommen. Aber da auch in der englischen Liga bei gewissen Mannscahften, als Beispiel, mehr Franzosen auf dem Platz stehen als bei Paris St. Germain, würde meine Wahl auch diesbezüglich auf ein deutsches Team fallen. Denn bis heute verfolge ich die Bundesliga regelmässig und gerne, Sky sei dank. Finde sie spannender und näher als die Super League - ohne den FC Aarau. Fazit: ich freue mich über die aktuellen Erfolge der Deutschen. Möchte aber anmerken, dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob es denn für Dortmund auch wirklich in den Final reicht. Der Hummels-Fehler könnte sie noch teuer zu stehen kommen. Wem ich in einem deutschen Finale dann die Daumen drücken würde? Hmmm, Aarau und Marseille? Soll der Bessere gewinnen.... Sympa sind mir beide Teams/Trainer/Fans/Stadien/Präsidenten.

21. März 2013

Katja Riemann, wirklich die Ziege der Nation?


So zumindest titelt der Mediendienst "Meedia.de" heute. Denn der mittlerweile berühmte, gekürzte YouTube-Clip des Interviews von NDR-Moderator Hinnerk Baumgarten mit Katja Riemann elektrisiert die Medien. Und wie. In der Süddeutschen Zeitung wurde fast die ganze Front des Feuilletons für das Thema frei gemacht. Worum gehts? Blogger und Journalist Stefan Niggemeier, der dieses Stück "TV-Geschichte" angeblich als Erster (Wow was sind wir stolz auf ihn) "entdeckt" und ist auch verantwortlich für die Verbreitung des mittlerweile berühmten, elfminütigen, verfälschten YouTube-Zusammenschnitt. Er war es auch, der Riemanns Auftritt  als die “ver­stö­ren­de Fas­zi­na­tion eines grau­sa­men Auto­un­falls in Zeit­lupe” beschrieben hat.  Inzwischen klicken tausende von Gaffern Tag für Tag auf dieses - vermutlich bewusst - falsch gecutete Video um sich anschliessend über die ach so arrogante Katja Riemann zu nerven. Meist online, versteht sich.

Bevor ich meine Meinung zu diesem Thema kurz schildere, hier ein paar Beispiele, dass es auch anders geht. Objektiver. Erst recht, wenn man sich die Mühe macht, das GANZE Video anzuschauen, also nicht nur die "lustig geschnittene" 11-Minuten-Version. Denn sind wir ehrlich, man kann so ziemlich jedes Video so schnippseln, dass das Gegenüber dabei schlecht aussieht. Eine Tatsache die einem wie Niggemeier eigentlich bekannt sein dürfte. Aber eben, was tut man nicht alles, um seinen Namen mal wieder in den Medien zu lesen... Eben, ich wollte ein positives Beispiel aufzeigen: Johanna Adorján  in der FAZ, auch sie hat Riemann auf auf YouTube geschaut: “Ich habe dort nicht gesehen, dass sich Katja Riemann in irgendeiner Form danebenbenommen hätte. Sie hat sich nur nicht an die Vereinbarung gehalten, die da lautet: Wir bei „DAS!“ (und bestimmt nicht nur hier) machen vollverblödetes Fernsehen für all die vollverblödeten Leute, die sich das ansehen.” Alexander Gorkow bewertet in der SZ den Vorfall: “Es handelt sich bei diesem Mix (Riemann und der Modeator) nicht um einen beiläufigen, lustigen Zusammenstoß zwischen einem Idioten und einer Ziege. Es handelt sich vielmehr um eine besonders perfide Form der Machtausübung.”

Inzwischen wurde bei YouTube Kommentarfunktion geschlossen, Katja Riemann hat ihr Facebook-Profil und das Gästebuch ihrer Homepage deaktiviert. Und auch wer bei Twitter nach den Stichworten sucht, wird weiterhin feststellen, dass das Thema bewegt. Auch ich fand diese paar Minuten TV grässlich. Allerdings nicht wegen Katja Riemann, sondern weil ich mich einmal mehr gefragt habe, welche Dilettanten Tag für Tag ihr Gesicht in eine TV-Kamera halten dürfen. Und das ist inzwischen nicht mehr nur bei privaten Regionalsendern der Fall, nein, auch die staatlichen Sendeanstalten engagieren solche Nieten. Hinnerk Baumgarten ist ein Moderationsroboter, der schlicht überhaupt nicht auf das Gespräch vorbereitet war. Ich hatte auch schon einmal das zweifelhafte Vergnügen, mich mit Frau Riemann unterhalten zu dürfen. Ja klar, sie ist bestimmt nicht einfach. Aber na und? Müssen Schauspieler, Sportler, Musiker immer gut drauf sein und eine Maske aufsetzen, nur damit sie dem Publikum oder den Journalisten gefallen? Ich finde nein. Katja Riemann hat bei diesem TV Interview mit dem NRD die Maske gar nicht erst aufgesetzt und unverblümt zu erkennen gegeben, was sie von ihrem Moderatoren-Gegenüber hält. Nämlich gar nichts. Und das ist in meinen Augen verständlich. Peinliche Aussagen über ihre ach so tollen, gekrausten Blonden Haaren oder 0815-Fragen zu Riemanns aktuellem Filmprojekt sind einfach nur daneben. Aber eben, warum sollte er sich auch vorbereiten? Der gute Mann arbeitet ja beim grossen Norddeutschen Rundfunk, zieht jeden Monat einen zünftigen Lohn ab und fühlt - wie fast alle TV-Moderatoren - ein kleiner Star. Da nimmt man eine Katja Riemann, erst noch im langweiligen Tagesprogramm - natürlich mit links im Vorbeigehen. Wenn was schief laufen sollte, ist ja eh der Filmstar der Depp, erst recht weil kurz zuvor Jenny Elvers auf dem gleichen Sofa in der gleichen Sendung schon zur Schau gestellt wurde.

Nun, es ergab sich also der durchaus interessante Effekt, dass Katja Riemann gleich nach der Ausstrahlung des Gesprächs als Ziege und Zicke deklariert und seither verbal verprügelt wird. Dass sie als Reaktion all ihre Internetverbindungen kappt, mag ziemlich ungeschickt sein, aus Sicht der Social Media-Gesellschaft. aber irgendwie auch verständlich. Gestern nun hat sie sich dann zu Wort gemeldet und dem NDR vorgeworfen, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben. Zudem hält sie Hinnerk Baumgarten vor, dass der sich in Sendepausen an seinem Spiegelbild aufgeilt hätte. Eben, auch nicht schlau. Trotzdem finde ich immer noch nicht, dass so ein Shitstorm gegen Riemann gerechtfertigt ist. Das ganze Interview war Scheisse, jeder von uns hätte sich zu Tode gelangweilt, Riemann hat gleich zu Beginn erwähnt, dass sie aufgrund von einem Trauerfall in ihrem Umfeld nicht zu Spässen aufgelegt ist und so weiter. Es hätte für den Moderator unzählige Möglichkeiten gegeben, das Gespräch zu retten. Aber nein, er wollte es nicht und gefiel sich in der Rolle, als "ich bin der Mann, der Katja Riemann zur Rage gebracht hat, bin nun in den Medien und stolz darauf." 

Und genau weil ich das so sehe, zietiere ich zum Schluss gerne den letzten Abschnitt des Meedia.de-Newsletters, denn er widerspiegelt sehr gut meine Gedanken zu diesem leidigen Thema. Denn mal ganz ehrlich, andere Sorgen haben wir ja alle nicht. So scheint es zumindest: 
 
"Aber doch, genau darum handelt es sich: um den Zusammenstoß zwischen einem “Idioten” und einer “Ziege”. Katja Riemann macht in dieser Geschichte so ziemlich alles falsch, was man kommunikativ falsch machen kann. Sie ist zickig. Sie ist beleidigt. Sie verweigert die Kommunikation. Sie ist trotzig. Aber es doch schön, dass es in unserer durchgetakteten, stromlinienförmigen Medien-Zivilisation solche Ziegen noch gibt. Sonst wäre doch alles ganz und gar unerträglich langweilig. Katja Riemann, mit Verlaub, Sie sind eine riesengroße Zicke. Danke dafür!"