Einer der Lieblinge der deutschen Literaten-Szene hat über das vergangene Wochenende für Schlagzeilen gesorgt: Günter Grass hat enthüllt, dass er während des zweiten Weltkriegs Mitglied der Waffen SS war. In einem Interview mit der FAZ erklärte Grass, er sei als 17jähriger nach Dresden zur Waffen SS einberufen worden. Dabei habe er zu einer Panzerdivision gehört. Als Begründung warum er im Alter von 78 Jahren mit dieser Geschichte an die Öffentlichkeit geht, gab Grass an: "Das musste raus, endlich".
Noch am Tag bevor das Interview in der FAZ erschien, war die Schlagzeile jedoch bereits in den Medien angekommen. Das Blatt selber lancierte einen kleinen Vorabdruck, wer mehr über Grass' Vergangenheit wissen wollte, musste jedoch dann die Zeitung kaufen. So wirklich viel mehr gab es aber dann auch da nicht zu erfahren. Schliesslich erscheint im September das neue Buch von Günter Grass "Beim Häuten der Zwiebel" und da soll dann der geneigte Leser alle Fakten zu Grass' Nazi Vergangenheit erfahren. Die PR Maschinerie läuft diesbezüglich also wie gschmiert, bessere Werbung hätte sich der Schriftsteller nicht wünschen können.
Vorallem ist nun damit zu rechnen, dass die Schlagzeile "Grass war bei der SS" zu einem Selbstläufer wird. Natürlich will jeder Intelektuelle noch seinen Kommentar zu diesem Thema abgeben. So hat sich Literaturpapst Karasek geäussert, dass Günter Grass sein Geheimnis so lange für sich behalten habe, um den Literatur-Nobel-Preis nicht in Frage zu stellen. Ein Historiker dagegen monnierte, Grass hätte vor 21 Jahren anlässlich eines Besuchs auf einem Soldatenfriedhof die Gelegenheit nutzen sollen. Wieder andere - vorallem Schriftstllerkollegen - unterstellen Grass einen cleveren Schachzug um auf sein Buch hinzuweisen. Der ehemalige polnische Präsident Lech Walesa hat Grass aufgefordert, seine Ehrenbürgerschaft der Stadt Danzig zurückzugeben. Und so weiter und so weiter.
Die Stimmen nach seinem Gständnis sind zahlreich. Wer erinnert sich vielleicht noch daran, als Grass 1999 - als dritter deutscher Schriftsteller nach Mann und Böll - den Nobelpreis entgegen nehmen durfte. Mit Stolz und Ehrfurcht berichteten die Medien über dieses Ereignis. Die Verkaufszahlen für seine Bücher stiegen sprunghaft an. Aus gleicher Kehle ist heute Kritik zu hören. Kritik daran, dass Grass so lange gewartet habe; Kritik daran, dass er überhaupt bei der SS gewesen sei. Hätte Grass nichts gesagt und nach seinem Tod wäre ausgekommen, dass er Dienst bei der Waffen SS geleistet hat, wären es aber wohl die genau gleichen Kritiker gewesen, welche ebenfalls was zu nörgeln gehabt hätten.
Grass' hatte eigentlich keine Wahl. Der fade Beigeschmack bleibt jedoch, dass er dieses Geständnis nur wenige Wochen vor dem Releas seines neuen Buches gemacht hat. Und, dass er zuvor die FAZ exklusiv mit dieser Nachricht ins Rennen geschickt hat. Denn die Tatasche, dass ein Mann in seinem Alter im 2. Weltkrieg Hitler gedient hat, dürfte wohl auf noch so manchen deutschen Opa zutreffen. Daraus aber dann noch kräftig Kohle machen, das ist einem Prominenten wie Grass vorbehalten. Der 80jährige Opa muss sein Geheimnis wohl oder übel mit ins Grab nehmen, um nicht von der Familie verstossen zu werden.
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