1. Oktober 2009

Einreisesperre für kroatischen Sänger

"Der umstrittene kroatische Rocksänger Marko Perkovic, genannt "Thompson", darf nicht in der Innerschweiz auftreten. Das Bundesamt für Polizei verhängte eine Einreisesperre."

Diese schlichte Meldung ist gestern über die Schweizer Newsticker verteilt worden. Wer die Vorgeschichte nicht kennt, der wird sie wohl überlesen haben. Verständlicherweise. Nur, in meinen Augen steckt hinter diesem Vorgehen der Schweizer Behörden doch ein kleiner Skandal. Einreisesperre für einen Musiker, hallo? Da wird über die Verhaftung von Roman Polanski diskutiert und gleichzeitig die Kultur oder besser gesagt die Meinungsfreiheit mit Füssen getreten. Okay um es auf den Punkt zu bringen, der kroatische Rocksänger Marko Perkovic ist vermutlich tatsächlich kein Kind von Traurigkeit. Ein paar Recherchen im Internet und Gespräche mit kroatischen Freunden legen an den Tag, dass gewisse Songs von ihm schon grenzwertig sind was die Liebe zur eigenen Nation angeht. Bloss, rechtfertigt so etwas das drastische Mittel der Einreisesperre - angeblich für 3 Jahre! Seien wir doch ehrlich, die Luzerner Behörden waren einfach zu feige das Konzert durchzuführen und haben darum beim Bund um Hilfe gebettelt.

Seit mehreren Wochen wird über einen möglichen Auftritt von Thompson im Krienser Club Froschkönig diskutiert. Das Konzert war innert weniger Stunden komplett ausverkauft, ein Bedürfnis also durchaus vorhanden. Und im Gegensatz zu etwelchen illegalen Konzerten rechter Gruppierungen sollte der Auftritt auch nicht in irgendeiner entlegenen Waldhütte stattfinden, sondern in einem durchaus in der Zentralschweiz etablierten Club. Alles offiziell angemeldet und beworben. Hätte stattfinden sollen... schon bald gab es aus SP-Kreisen erste Bedenken, mit der Begründung dass Thompson eine nationalistisches Gedankengut vertrete und es darum während seiner Konzerte immer wieder zu entsprechenden Gesten und Sprechchören komme. Ja die Legende erzählt sogar, dass gewisse Fans in Ustascha Uniformen zu den Konzerten erscheinen. Mag ja sein, wie gesagt der Herr Perkovic ist bestimmt kein Engel. Zentral für seine Liedtexte sind die Themen Gott, Vaterland und Familie. Der Name Thompson leitet sich vom gleichnamigen Maschinengewehr ab, das Perkovic Anfang der neunziger Jahre als Angehöriger der kroatischen Armee benutzte. In dieser Zeit sang er auch erstmals das Lied «Jasenovac i Gradiska Stara», worin die Morde des menschenverachtenden Ustascha-Regimes von Ante Pavelic während des Zweiten Weltkriegs verherrlicht werden.

Nur - und jetzt kommt das was mich ärgert - der Mann distanziert sich inzwischen von seinen Anfangsjahren. Da kommen mir dann spontan Bands wie die Böhsen Onkelz, Laibach oder Front 242 in den Sinn. Auch bei denen gings zu Beginn der Karriere eher rechtsorientiert zu und her. Aber der Mensch unterscheidet sich ja zum Glück von einem Goldfisch in dem er sich in seinem Handeln und Denken durchaus entwickeln kann. Wenn so ein Musiker dann aber die Geister die er einmal rief nicht mehr los wird, dann bin ich der Meinung kann er nur bedingt etwas dafür. Sprich, wenn sich bei Thompson die Nationalisten treffen, dann ist das zwar unschön aber ein Verbot des Konzerts wird es früher oder später einfach in die Illegalität treiben. Das Bedürfnis der Kroaten in der Schweiz war ja durchaus vorhanden, was der Ticketverkauf gezeigt hat. Für viele Menschen aus Kroatien wäre so ein Konzert vermutlich einfach eine schöne Erinnerung an ihre Heimat gewesen, ein Abend unter Freunden mit bekannten Liedern. In Stuttgart gabs unlängst ein Konzert und wenn ich mir das Video so anschaue, hätte ich mich da vermutlich auch noch wohl gefühlt. Der Song im Video heisst Lijepa li si übrigens und ist übersetzt auch nicht gerade rechtsextremer als "Alperose" von Polo Hofer.

Aber eben, wir kennen solche Geschichten ja inzwischen mehr als genug. Anstatt sich auf etwas einzulassen, der Sache eine Chance zu geben, offen zu sein für Neues und damit die Kommunikation unter den Kulturen zu fördern sagt man es lieber ab. Sich dem Problem stellen, Fehlanzeige! Egal ob Filme in denen sich die Juden auf den Schlips getreten fühlten, Comics die angeblich zu viel Sex enthielten oder Lesungen die politisch unkorrekt waren... einfach mal absagen und unter den Teppich kehren. Und damit mal locker die Tatsache fördern, dass solche Anlässe mystifiziert werden und in der Illegalität verschwinden. Die Konzerte der jungen Rechten lassen grüssen! Lustigerweise wurde der deutsche Gewalt-Rapper "Massiv" vom Bundesamt mit einer Einreisesperre ebenfalls nicht mit einer Einreisesperre belegt als er im gleichen Club in Kriens auftreten wollte. Aber das schien damals der Luzerner SP egal zu sein. Freut euch schon mal wenn sich Svetlana „Ceca“ Ražnatović für ein Konzert in der Schweiz anmeldet!

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