8. April 2011

Red Hot Chili Con Carne

Ich nehme den heutigen Freitag zum Anlass mit einer neuen Serie zu starten, welche ich in Zukunft in loser Folge fortsetzen werde. Nenne wir sie einfach mal "Monsieur Fischers Rezeptesammlung", wobei der Titel eigentlich gar keine Rolle spielt. Fakt ist, in Zeiten von Fast Food, Fertiggreichten, TV-Kochshows und dicken Kindern schadet es nicht, sich mal wieder selber etwas Gutes zu tun und ein leckeres Gericht zu kochen! Ich selber entstamme bekanntlich aus einer kochbegeisterten Familie, sowohl mein Opa, als auch meine Eltern und ich stehen sehr gerne und oft in der Küche. Über all die Jahre haben sich darum zahlreiche Rezepte angesammlt, die irgendwo in Ordnern, auf Fresszettel, neu im iPhone oder auch in Kochbüchern ein tristes Dasein fristen. Meist sind es irgendwelche Grundrezepte, die über die Zeit verändert oder angepasst wurden. Manchmal aber auch Rezepte, die meine Eltern und Grosseltern überliefert haben, die man in keinem Kochbuch der Welt finden wird. Und darum präsentiere ich hier im Blog unter dem Label "Rezepte" künftig immer mal wieder eine Kochanleitung, welche es mir besonders angetan hat.


Los geht es mit dem Chili Con Carne, welches ich gestern Abend zubereitet habe und das darum auch daran schuld ist, dass ich hier im Blog nun darüber schreibe. Woher das Chili ursprünglich kommt ist unklar, der Einfluss auf das Gericht kommt logischerweise aus Mexiko. Gekocht wurde das erste Chili aber vermutlich im Süden der USA, Texas und New Mexico streiten sich bis heute wers denn nun erfunden hat. Ich mache mein Chili seit Jahren aus dem Kopf, brauche also kein Rezept mehr dazu, aber es hat die eine oder andere Zutat dabei, welche mein Chili einzigartig machen. So zumindest bilde ich mir das ein...Und nun, viel Spass beim Nachkochen!

Rezept Red Hot Chili Con Carne

500 g Rinderhackfleisch
1 Chilischote
1 Zwiebel
2 Knobli-Zehen
1 Dose Red Kidney Beans
1 Dose White Beans
1 Dose Mais
4 Kartoffeln
4 kleine frische Tomaten
1 Dose Tomatenmark

Olivenöl
Lorbeerblatt
Salz
Pfeffer
Cayennepfeffer
Zucker
Kreuzkümmel
Oregano
Bouillon
Tabasco
Zitronensaft

Creme fraiche
Tortillachips

Die Zubereitung ist denkbar einfach, da es sich ja um einen klassischen Eintopf handelt, der immer besser wird, je länger man ihn köcheln lässt. Zwiebeln und Knoblauch in Scheiben schneiden, zusammen mit dem Hackfleisch im Olivenöl scharf anbraten. Dann die verschiedenen Sorten Gemüse dazugeben und die Hitze langsam reduzieren - darauf achten dass alle Zutaten ihre Röstaromen abgeben. Danach mit ca. einem halben Liter Bouillon ablöschen und mit den verschiedenen Gewürzen abschmecken. Daran denken, nachwürzen kann man immer wieder! Ich persönlich mag es gerne scharf und gebe darum etwas mehr von der Chilischote, dem Tabasco, Kreuzkümmel und Cayenne dazu. Dann sollte das Gericht in einem Kochtopf mindestens 1 Stunde auf kleinem Feuer köcheln. Immer darauf achten, dass genug Flüssigkeit vorhanden ist und nix anbrennt. Kurz vor dem Servieren drei Teelöffel Zucker und einen Spritzer Zitrone beigeben und noch einmal kräftig umrühren. Dazu serviere ich dann als Deko ein paar Tortillachips mit Crème fraiche dekoriert, ein Stück Baguette und ein kühles Bier.

¡Que aproveche!

7. April 2011

Der neue Houellebecq Roman ist da!

Also fast, denn in deutscher Sprache erscheint "Karte und Gebiet" vom französischen Schriftsteller Michel Houellebecq morgen Freitag. Ich bin ja bekennenderweise nicht der wirklich grosse Roman-Leser. Sachbücher, Biografien oder Kurzgeschichten haben es mir da schon mehr angetan. Aber es gibt ein paar Schreiberlinge, von denen freue ich immer wieder, wenn es neue Werke gibt von ihnen. Michel Houellebecq ist einer davon, da geht die Verehrung - ähnlich wie bei Philippe Djian so weit, dass ich mir das Buch auch gerne mal schon in der französischen Fassung kaufe. Nun also "Karte und Gebiet" oder auf französisch eben "La carte et le Territoire".

Worum gehts? Im Zentrum des Romans steht der Pariser Maler Jed Martin, der - vorbelastet durch seinen Grossvater, der Fotograf war - auf die glorreiche Idee kommt, Michelin-Karten zu fotografieren und zu bearbeiten. Er hebt Berge und Täler, Straße und Flüsse deutlicher hervor und titelt: "Die Karte ist interessanter als das Gebiet". Doch eine gute Idee macht noch lange keine Karriere. Dazu braucht es die Glück, Financiers, professionelles Marketing und ein Katalog-Vorwort von Michel Houellebecq. Und genau eben den besucht Jed dann erst in Irland, später in der französischen Provinz, wo der Schriftsteller haust und - Achtung Spoiler - später, samt seinem Hund, Opfer eines Ritualmordes wird.

Tja und nun wisst ihr auch schon, warum ich Houellebecq mag. Er ist so herrlich gestört. In Frankreich hat sich das Buch sensationell verkauft und wurde ausgezeichnet mit dem höchsten Buchpreis, der roten Prix-Goncourt-Schleife. Nicht unbedingt selbstverständlich für einen Skandalschriftsteller als welcher Houellebecq immer mal wieder hingestellt wird. Aber ganz anders als noch in seinem Erstlingsroman "Ausweitung der Kampfzone" oder dem später genial verfilmten Werk "Elementarteilchen", provoziert der Autor in seinem neuen Buch nicht mit sexuellen Abgründen oder Gentech-Science-Fiction. Nein, er hält sich selber den Spiegel vor und bietet ein klassisches Stück französisch-bürgerlichen Lachtheaters. Oder wie ich unlängst in einer Kritik treffend gelesen habe: "Houellebecq singt ein Klagelied auf die ruinöse Kraft des Kapitalismus, auf den Verlust traditioneller Bande und Werte, auf die Unbehaustheit des Menschen: Der mutiert zum liebensunfähigen Egomanen, dessen Kommunikation nur noch in einem "Nein" besteht – etwa auf die Frage der Supermarktkassierin nach der Kundenkarte." Genial!

Witziges Detail, in "Karte und Gebiet" lässt Houellebecq reale Figuren aus der französischen Kulturszene auftreten. So setzt er den koksenden Schriftstellerkollegen und Kritiker Frédéric Beigbeder als Touristenattraktion ins berühmte Café Flore in Saint Germain des Prés oder führt den TV-Starmoderator Jean-Pierre Pernaut vor, der zum Silvesterempfang in seiner Stadtvilla bewaffnete Bauern aus der Vendée am Eingang postiert. Aber Michel Houellebecq geht noch einen Schritt weiter und persifliert sich in seinem Roman-Double lustvoll selbst – und spiegelt sich gleichzeitig in Jed Martin. Denn die Hauptfigur widerspiegelt Houellebecqs eigenes Leben... Schizophren? Klar, hochgradig.

Noch ein paar amüsante Müsterchen aus dem Buch gefällig?  Jed Martin malt ein Bild mit dem Titel "Bill Gates und Steve Jobs unterhalten sich über die Zukunft der Informatik", verdient damit Millionen, kauft sich ein Landhaus, fasst es ein mit einem Elektrozaun und baut sich eine Privatstrasse zum nächsten Supermarkt. Keun Wunder, denn die Massenmedien haben die Parole "Magie des Regionalen" ausgegeben, was Stadt-Ökos und Ausländer dazu animiert hat, die französische Provinz komplett aufzukaufen. Denn in den Städten herrscht das Chaos. Der Sozialstaat ist endgültig Geschichte, afrikanische Migranten strömen nach Frankreich und auf allen Meeren haben die Piraten das Sagen. Schöne Frauen welken dahin wie Blumen, die Familien zerfallen und sogar Lieblingsprodukte im Supermarkt verschwinden, weil die ach so lässigen Produktmanager die permanente "Lust auf Neues" diktieren.


Kurz, kein schönes Buch. Aber seien wir ehrlich, so eines hat auch niemand von Houellebecq erwartet. Er überrascht seine Leserschaft einmal mehr mit einer neuen Facette seines Könnens. Vorbei die Zeiten des Zynikers, der Pessimist ist geblieben und zeigt kein freundliches Bild von Frankreich der nächsten Jahre. Oder wie es die Kritikerin des Bayrischen Rundfunks auf den Punkt gebracht hat: 

"Das Buch ist ein melancholisches Abschiedgeschenk an unsere Welt, wie wir sie bisher kannten. ... Es ist sehr verwirrend, aber auf jeden Fall das Buch der Wahl, wenn man etwas über das Frankreich der Gegenwart wissen will".

6. April 2011

Im freien Fall?


Nein, natürlich nicht. Ich glaube daran, dass die zuständigen Menschen die richtigen Schlüsse aus der aktuellen Misere ziehen und für die nächste Saison eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine stellen werden. Aus diesem Grund schliesse ich für den Moment meine Blog-Berichterstattung zum Thema FC Aarau auch ab und wende mich ab morgen wieder den übrigen Themen zu. Danke für die riesige Aufmerksamkeit in den letzten zwei Tagen, fast 4000 LeserInnnen waren hier innert 48 Stunden zu Besuch. Das Posting wurde in zahlreichen Foren und im Facebook verlinkt, ja sogar die FCA-Kommunikationsabteilung hat sich gemeldet. Mir scheint, ich hätte da ein paar treffende Worte niedergeschrieben und den Zeitgeist der Fans getroffen. Merci auch für die zahlreichen Mails und SMS, aber nein, ich möchte weder "Wortführer der Opposition", noch FCA-Präsident oder "Initiant einer Gegenbewegung à la Sankt Pauli" werden. Mir gefällt mein Leben als Fan des FC Aarau und das reicht mir auch. Präsident Schmid ist jedoch längst informiert, dass ich mir nicht zu schade bin, neben dem Maul aufreissen auch anzupacken, wenn Not am Mann ist. Meine Nummer hat er. In diesem Sinne, am nächsten Weekend wartet Wil, hoffen wir, dass die Zeilen vielleicht einen klitzekleinen Effekt bewirken konnten. 

Hopp Aarau!

5. April 2011

Völker hört die Signale!

Das glaub ich jetzt aber nicht. Da stellen sich Präsident und Trainer heute nach dem gestrigen 0:4 Debakel der lokalen Zeitung und was kommt dabei raus? Friede, Freude, Eierkuchen. Wir haben uns alle lieb und heute ist der Welt-Gschpürsch-mi-Tag. Zitat:

"Im Gespräch mit der az räumt FCA-Trainer Ranko Jankovljevic ein, dass ihm das dünne Polster auf den Nichtabstiegsplatz Sorge bereitet. «Aber ich glaube nicht, dass wir mit dem Abstieg etwas zu tun haben werden». Selbst Präsident Alfred Schmid verströmt in dieser Sache Optimismus. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Mannschaft so tief fallen könne."

Quelle AZ

Und genau da liegt doch der Hund begraben. Man sieht den Fakten einfach nicht ins Auge, ja man beschäftigt sich scheinbar nicht einmal damit. Gut, der Trainer hat zwar die Erwartungen nicht erfüllt, aber wir schauen jetzt erst einmal. Und weiter ist zu lesen, dass der Präsident "einmal in der Kabine" war und die Nati-Spieler aufgefordert hat, die Hand zu heben. 8 Stück seien es gewesen. Ja und jetzt? Spielen die nun besser weil sie die Hand in die Luft gehalten haben? Ich habe so meine Zweifel. 


Wie diese naive Einstellung zum Profifussball und zur eigenen Mannschaft endet, das hat man vor ziemlich genau einem Jahr gesehen, da wollte auch niemand was vom bösen Wort "Abstieg" wissen. Wie es geendet hat wissen wir alle. Es geht nicht darum, dass man das Abstiegsgespenst an die Wand malt, verhaltener Optimismus und Durchhaltewille ist durchaus angebracht - aber Leute, erkennt die Realität und hört auf mit Sätzen wie "Selbst Präsident Schmid verströmt in dieser Sache Optimismus. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Mannschaft so tief fallen könne." Doch diese Mannschaft (siehe Foto oben) kann das und sie beweist es bereits in der zweiten Saison in Folge!!! Wenn sich das der äusserst liebenswerte Präsident nicht vorstellen kann, dann sollte er sich vielleicht mal die rosarote Brille absetzen und der Realität ins Auge blicken: Noch 6 Punkte auf den Abstiegsplatz und es folgen noch Gegner wie Lugano, Vaduz, Lausanne oder Schaffhausen. Aber täglich grüsst in Aarau das Murmeltier und wir warten erst einmal ab...

Was mich ja am meisten ärgert ist, dass solche Aussagen an den Tag legen: es gibt scheinbar tatsächlich keinen Plan B, nix! Keinen Trainer in der Warteposition, keinen fähigen Sportchef der nun reagieren könnte, keinen Notfallplan, es werden nicht einmal Gedanken für solche Pläne verschwendet. Die Kuh läuft wieder auf den eigenen Metzger zu und das, obwohl sie erst zum Ende der letzten Saison von diesem geschlachtet wurde!

PS: Frei und Streller, ganz schwach. Jetzt wo es für die EM nicht mehr reicht, hat man dann einfach keine Lust mehr. Fussball ist und bleibt ein Drecksgeschäft.

Jetzt hör mal zu, Du FC Aarau.

Es reicht! Da ging es mir bis vor wenigen Tagen eigentlich recht gut, denn ich habe die Spiele meines Vereins seit dem Rückrundenstart vielfach über TV (Schweizer Sportfernsehen), SMS, Radio oder Internet verfolgt. Das Wetter in letzter Zeit ebenfalls stets gut, das neue Haus gab viel zu tun und auch sonst war immer etwas los. Sodass mir der Fussball im Stadion eigentlich nicht wirklich gefehlt hat. Denn schliesslich wurden in Sachen Resultate häufig Enttäuschungen vermeldet und auch auf dem Platz gabs eher Magerkost. Aber eben, da feiert man am Weekend ein Grillfest und lässt sich dann animieren, doch auch mal wieder ins Stadion zu kommen. Dazu noch die Sprüche einiger Ewiggestriger, dass man ja eh kein "richtiger Fan" sei, wenn man sich die Spiele nicht im Stadion anschaue. Also gut, Montagabend. Da hat man ja Zeit, das Wetter passt und man pilgert mit einem Bierchen in der Hand ins Stadion. Welches laut Matchzeitung dank etwas Farbe übrigens neuerdings ein Kultstadion ist, aber dazu später. Der Gegner heisst Stade Nyonnais, selber hoch verschuldet und derzeit ohne Führung, da diese das Weite gesucht hat. Inzwischen gut gelaunt komme ich im vermeindlichen Hexenkessel an und rechne fest mit 3 Punkten und dem Sprung ins Mittelfeld der Tabelle.

Doch bevor das Spiel losgeht, schon der erste Schock. Das Stadion ist quasi leer. Während den 90 Minuten sollte sich dann herausstellen, dass 1950 Menschen anwesend waren. Nun, wer aber weiss dass jeweils alle Saisonkarten hinzugerechnet werden, ob ihre Besitzer nun anwesend sind oder nicht, der hat bemerkt, es waren niemals so viele Zuschauer da. Egal, diese Tricks in Sachen Zuschauerzahlen kennt man nicht nur in Aarau. Das Spiel geht los, die Aarauer geben sich durchaus Mühe. Versagen allerdings in der Regel am 16er, kurz Torchancen sind Mangelware und die eine Grosschance wird kläglich versiebt. Mit einem 0 zu 0 gehts in die Pause. Nach dem Tee kommen die Mannen aus Nyon deutlich motivierter aus der Kabine und gehen durch ein klares Offiside-Tor in Führung. Der Zorn der Zuschauer richtet sich in dem Moment auf den Schiri, ich stelle mir zum ersten Mal die Frage, warum der gegnerische Spieler in der Position überhaupt an den Ball kommen daraf. Aber egal. Um es kurz zu machen: Ein Aarauer und ein Romand kriegen im Verlauf der zweiten 45 Minuten die Rote Karte - wobei erwähnt werden sollte, dass die Stilnoten des Nyon-Spielers nach seinem KO-Schlag à la Mike Tyson wesentlich höher sind als die vom meckernden Aarauer... das Spiel endet mit einer 0 zu 4 Heimklatsche. Und es hätten auch locker 5 oder 6 Tore sein können. 


So um die 80ste Minute hat sich dann das Stadion - so unmöglich das auch klingen mag - drastisch geleert. Sogar der Fan-Mob verliess den Ort der Schande, immer wieder gab es "Ranko raus!"-Rufe zu vernehmen. Vom Schiri hat inzwischen niemand mehr geredet, obwohl der am Schluss auch noch einen Elfmeter gegen uns gepfiffen hat, aber da kams dann bereits nicht mehr darauf an. Nun gut, nach 5 Minuten Nachspielzeit war Schluss. Und was passiert? Nix. Einfach gar nix. Ein paar Pfiffe vielleicht. Die Spieler rennen total verängstigt in die Kabinen, ohne dass sie überhaupt jemand verfolgt oder beschimpft hätte. Wären die mal lieber zuvor dem Gegner so schnell nachgrerannt. Nach wenigen Sekunden ist es totenstill im Stadion. Resignation? Mitleid? Frust? Trauer? Man weiss es nicht... 

Der schwarze Mob bewegt sich hinters Stadion, es werden "Hopp Aarau!" und "Wir sind Aarauer ihr seids nicht!"-Rufe laut. Man erwartet einen Knall, spätestens dann wenn der erste Spieler, Trainer oder Funktionär die Katakomben verlässt. Denn hinter der Tribüne haben sich inzwischen hunderte Menschen versammelt. Alt-Nationalräte, Jungpolitiker, Schiedsrichter, Sänger, Bürogummis, Handwerker, Kinder, Pensionierte, Männer, Frauen... alle sind sie da. Die einen um ihre Meinung kund zu tun, die anderen um zu schauen, was jetzt noch passiert. Und, was passiert? Wieder nichts. Ausser einem kurzen Wortgefecht mit Torhüter Studer stehen alle Leute einfach in der Gegend rum und tun nichts. Ausser sich tief in die Augen zu schauen und sich gegenseitig zu fragen, wie das Gezeigte in den letzten 90 Minuten genau einzuordnen sei. Ach ja, die Diskussion zwischen dem Fan und dem Torwart verdient eine spezielle Erwähnung: 

Fan: "Mann, streng dich mal an. Beweg deinen Arsch. Kämpfe für den FC Aarau!"
Torwart: "Was soll das? Wir kämpfen und warum kommst du gerade zu mir?"
Fan: "Du sollst alles geben für Aarau, das hast du nicht getan. Dafür hast du am Weekend im KBA bis in die frühen Morgenstunden gefeiert!"
Torwart: "Ach du hast ja keine Ahnung von Fussball. Gehe lieber und schau Schach!"

Herrlich. Einfach herrlich. Die Reaktion der Fans? Keine. Nicht dass ich Gewalt befürworte, ganz bestimmt nicht. Aber ich mag mich an Szenen  und Zeiten erinnern, da reichte ein Spruch weniger aus und ein paar alte Herren sind aber mächtig ausgerastet. Das muss ja nicht sein, aber genau diese Szene zeigt: es ist vorbei! Der FC Aarau ist erledigt. Klinisch tot. Punkt. Da können auch die dauerlächelnden und treuen Seelen, die fleissig ihren Dienst verrichten und darum weiterhin die rosa Brille tragen (müssen?), nicht mehr helfen. Da nützen auch keine bunt gestrichenen Stadionwände mehr etwas, ein Effort der im Matchprogramm als grosse Fan-Aktion verkauft wurde. Schade nur, dass auf den Fotos so ziemlich kein organsierter Fan zu sehen und im Stadion gestern mehrfach die Meinung zu hören war, dass man sich früher für solche Malerarbeiten noch den Maler ins Haus geholt hat und der diesen Job entweder gegen Rechnung oder als Sponsoring erledigt hätte. Oder wie ein älterer Herr (Mitglied des Club 100 so nebenbei) gemeint hat: "Als nächstes machen sie im Schützen unten dann noch ein Lotto oder ein Sau-Jasset um sich die neuen Leibchen zu kaufen... Wie in der 3. Liga!" So ist sie, die Stimmung rund um den FC Aarau. Der einstige Traditionsverein hat innerhalb von nur zwei Jahren alles verspielt. 

Ich will hier keine Lösungsansätze bieten. Erstens ist das nicht meine Aufgabe, zweitens hab ich ja eh keine Ahnung und drittens will man in der Teppichetage keine Hilfe von aussen. Lieber setzt man auf Fans als Funktionäre, auf stolze Väter der Kaderspieler als Vorstandsmitglieder und tut weiterhin so, als wenn alles super wäre und dieses Jahr in der Nati B nur ein Übergangsjahr sei. Okay, dann passt mal schön auf, dass ihr am Schluss nicht plötzlich doof aus der 1. Liga-Wäsche schaut. Viel fehlt nicht mehr. Oder anders gesagt, in der nächsten Saison wird die Liga auf 10 Teams reduziert. Wie bitte soll diese Truppe auf und nebem dem Feld den Turnaround bis im Sommer hinkriegen? Ohne einen fähigen Sportchef, ohne einen Trainer der von der Mannschaft respektiert wird, einen charismatischen Präsidenten der endlich einmal hinsteht und sagt was Sache ist und auch ohne Spieler, die sich für den Verein den Allerwertesten aufreissen? Mission Impossible! Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt um die Mannschaft der nächsten Saison zu planen. Denn schon im Winter hat man es verpasst, den durchaus sympathischen und in der Jugenarbeit auch fähigen, Trainer, Ranko Jakovljevic, zu entmachten und ihn im Nachwuchsbereich wieder einen Job zu geben. Und dann muss schnell ein fähiger Macher her. Ponte? Zaugg? Denn auch in Sachen Verstärkungen haben die Chefs wohl eher auf einen Showeffekt gehofft, denn der neue Torwart sitzt auf der Bank und die zwei neuen Feldspieler können ihr Potential nicht abrufen. Darum auch hier: jetzt handeln und fähige Spieler holen, die ein FCA-Herz haben. "Aber das kostet Geld!" Ja, ohne einen finanziellen Kraftakt droht aber in der nächsten Saison sowieso der endgültige Abstieg in die 1. Liga.  


Aber eben. Man liess ja Spieler wie Benito, Paulinho oder Page usw. einfach ziehen. Genau so Koko und Jeff. Das waren sichere Werte und vorallem Aarauer mit Herz und Seele. Nun vertraut man auf die Jungschar (wobei gestern Abend nur drei "Junge" auf dem Platz standen) und auf teure Söldner. Tip top, diese Idee. Klappt ja ganz hervorragend. Ich erinnere mich gerne an die Frederic Page-Story, ein guter Mann der sehr gerne in Aarau geblieben wäre, aber eben.. lassen wir das ruhen. Leute, seht es ein: Ihr habts verspielt! Ihr habt den FC Aarau kaputter gemacht als es der ehemalige und nicht gerade beliebte Präsident Stebler je hätte tun können. Rückblickend gesehen muss man fast sagen, man hat dem Mann unrecht getan damals. Als grosser Messias empfangen, konnte der neue Präsident Schmid zwar noch zweimal einen vorderen Tabellenrang verbuchen, aber unter uns gesagt, mit einer Mannschaft und einem Umfeld, das schon vorhanden war. Danach aber ging die Abbruch GmbH Schmid und Co. on Tour und knapp zwei Jahre später ist von alle dem Glanz nichts mehr da. Abgestiegen, durchgereicht, inzwischen erneut abstiegsgefährdet, in ein teures Gerichtsverfahren verwickelt, ohne ein neues Stadion und in der Gleichgültigkeit versunken. Was ihr uns Fans, denen der FCA - in meinem Fall seit 30 Jahren - am Herzen liegt, antut, das wisst ihr ja vermutlich nicht einmal. Oder ich zitiere wieder einen etwas älteren Zuschauer, der gestern im Stadion war: "Die machen mir mein Hobby kaputt!". Wäre das nicht so, hätte sich an einem Abend wie gestern jemand den enttäuschten Zuschauern gestellt und hätte einfach mal "Sorry, das war Scheisse!" gesagt. Aber ihr verschanzt euch in eurem langweiligen VIP-Raum und verspeist die letzten Häppchen. Präsi Hunziker hatte diesen Mut noch, hat sich seinen Kritikern gestellt! Pech, denn nun nützen weder öffentlich aufgesetzte Briefe von Kapitän Sandro Burki, noch bunt gestrichene Stadionwände mehr etwas. Ihr habt die Gunst des treuen Publikums definitiv verspielt, das wisst ihr ganz genau. Und das Traurige an der Geschichte ist, ich behaupte ihr habt nicht einmal einen Plan B im Sack! Freut euch vermutlich noch immer, dass ihr den ehemaligen Sponsor des SC Freiburg an Land gezogen habt. Mich würde diesbezüglich vielmehr interessieren, wieviel dass diese Zehnder Gruppe für dieses Engagement bezahalt hat. Ich hole nämlich sonst auch Google oder Facebook aufs FCA-Shirt, wenn ich denen sagen kann, dass es sie einen Hunderter und eine Flasche Rotwein kostet... 

Tja, liebe Leute. Nun könnt ihr wieder meckern, ich sei ja kein Fan und kritisere nur. Stimmt, ich kritisiere. Denn ich bin nicht nur ein Fan, sondern auch ein Konsument. Ich bezahle Geld für einen Gegenleistung. Und diese wird mir leider seit Monaten nicht mehr geboten. Viele von euch rennen zum Konsumenteschutz, wenn die SBB teurer wird und dann häufiger Verspätungen hat. Jeder von euch beschwert sich beim Metzger, wenn in der Verpackung weniger Fleisch drin ist, als drauf steht. Und Herr und Frau Schweizer feilschen Jahr für Jahr wenn es um die Krankenkassenprämien geht. Seht ihr, das geht mir dann am Allerwertesten vorbei. Aber wenn eine Truppe von Dilletanten meinen Lieblingsverein killt, dann halt ich mein Maul nicht. Ich renne aber auch nicht mehr auf den Platz und zeige da meinen Unmut, denn da stehen schon lange keine Freunde oder Identifikationsfiguren mehr, wie das zu Benito-Zeiten, sondern nur noch feige Söldner, denen die Zukunft des FC Aarau 1902 eh egal ist. 

Also, ihr Helden. Ein sehr grosser Teil der Fans hat das Vertrauen in den von euch eingeschlagenen Weg verloren, es liegt nun an euch dieses schnellstmöglichst wieder herzustellen. Sofern das  überhaupt noch möglich ist... Lasst euch was einfallen, ihr seid ja sowas von gefordert. Ihr, für die es vielleicht einfach "cool" ist, dass ihr sagen könnt, dass ihr zum FC Aarau gehört... von Tuten und Blasen aber leider  - und inzwischen sogar bewiesenermassen - nicht wirklich viel Ahnung habt. 

Ach ja, ist schon jemanden aufgefallen, dass es um das geplante Stadion im Torfeld Sürd sehr ruhig geworden ist? Während Thun oder Luzern bald einziehen, ist man bei uns immer noch genau gleich weit wie vor ca. 3 Jahren. Komisch? Nein, mir scheint da ahnt jemand in welche Richtung sich der FC Aarau bewegt und steht bewusst ein bisschen auf die Bremse. Aber eben, man spricht ja nicht mit dem Konsument, tischt ihm lieber Woche für Woche den gleichen Mist auf, in der Hoffnung, dass es der dumme Fan nicht mehr, dass er an der Nase herumgeführt wird.

So, ich habe fertig. Ja, ich war wütend und traurig als ich diese Zeilen geschrieben habe. Aber hey, es ist mein Blog und da schreib ich immer noch was ich will. Punkt. Schöne Tag allerseits!