2. März 2011

"Ma drogue à moi, c'est Jane"

Sagte Serge Gainsbourg. Und wer die Magie dieser Frau einmal live erlebt hat, der weiss - oder besser kann erahnen - was Gainsbourg mit diesem Satz gemeint haben muss. Heute vor 20 Jahren verstarb der Mann, der immer wieder von der Droge Jane Birkin genascht hat, am 2. März 1991 verliess Serge Gainsbourg die grosse Bühne zum allerletzten Mal. Ein Mann der mich seit Kindsbeinen fasziniert hat, wegen ihm hab ich mit 20 mal gemeint, ich müsse anfangen mit Rauchen. Nach ein paar filterlosen Gitanes hab ich diesen Versuch allerdings auch schnell wieder aufgegeben. Trotzdem, bis zum heutigen Tag hängt ein Poster seiner Tochter Charlotte bei mir ihm Wohnzimmer, ich bin zu seinem Grab gepilgert und - wie zu  Beginn erwähnt - seit ich Jane Birkin live gesehen habe, bilde ich mir ein, zumindest eine reale Erinnerung an den Meister zu haben.

"Aujourd'hui adulé, hier ignoré"

Zusammen mit Birkin sang Gainsbourg seinen kommerziell grössten Hit "Je t'aime... moi non plus", das war im Jahr 1969. Das Lied, in dem das Paar mehr stöhnt als singt machte Birkin zum Sexsymbol einer ganzen Generation. Gegen ihren Willen, sie wollte eigentlich Krankenschwester werden, "ich war eine Puppe. Serge hat mich inszeniert", sagte die Sängerin Jahre später über diese Zeit, "da Serge nicht so war, wie er sein wollte, suchte er seine Bestätigung Skandale". Ja, der Serge war manchmal ein gar unartiger Junge... 


Der 2. März 1991. Am Tag seiner Beerdigung auf dem Pariser Friedhof Montparnasse lag nach Erzählungen fast der gesamte Verkehr still. Denn mit Serge Gainsbourg war nicht nur ein Sänger und und Texter einiger der erfolgreichsten französischen Chansons gestorben, sondern das wohl berühmteste «Enfant terrible» der Grand Nation. Gainsbourg war ein Bohemièn, der die Republik mit manchen gesellschaftlichen Tabubrüchen schockierte und ein Idol für die Jugend seiner Zeit. Auf ARTE lief am Sonntagabend eine Dokumentation, mit privaten Bildern - aufzeichnet von seiner Frau und Muse. Der Film zeigte den privaten Serge, sofern es diesen überhaupt gegeben hat.

"Que reste-t-il de Serge Gainsbourg?"

Rückblick: Der Künstler wurde unter den Namen Lucien Ginsburg als Sohn russisch-jüdischer Immigranten geboren, die 1921 aus Russland nach Frankreich gekommen waren. Gainsbourg bezeichnete sich selbst als traurigen und strengen Jungen, der von seinen Mitschülern in der Grundschulzeit oft gehänselt wurde. Mit 14 Jahren schrieb er sich in die Akademie Montmartre ein, jedoch reichte das Talent nicht aus, um sich als Maler zu behaupten. Er zestörte alle seine Werk, griff zur Gitarre und tingelte durch Pariser Bars. Erfolglos. Der Durchbruch kam erst Jahre später, da war Gainsbourg bereits über 30 Jahre alt. Irgendwie wundert es da nicht, dass er auf dem Höhepunkt seiner Karriere mit Provokationen und Zynismus auf die Wunden reagierte, die ihm das Leben schon bis dahin zugefügt hatte. Judenstern am Arm, grosse Nase, kein Erfolg als Maler, erfolglose Musik... alles musste raus! Dabei sollte ihm sein Alter Ego Gainsbarre zur Seite stehen.


Die von ihm geschaffene Figur Gainsbarre war ein Kettenraucher, Kampftrinker und Frauenheld den er erstmals in seinem Lied "Ecce Homo" aus dem Jahre 1981 beschreibt. Aber wie es so ist und wie wir es aus Jekyll und Hyde kennen, dieser bitterböse Gainsbarre ergriff immer mehr Besitz von Gainsbourg. Der Sänger versteckte sich immer häufiger hinter der Kunstfigur und die Öffentlichkeit spielte mit: Gainsbarre war es, der vor laufender Kamera eine 500-Francs-Note verbrannte. Gainsbarre war es , der Frankreichs Nationalhymne, die Marseillaise, in ein Anti-Kriegslied verwandelte. Gainsbarre war es, der während des Konzerts 1986 im Casino Paris minutenlang Gedichte über seinen Penis zum besten gab. Gainsbarre war es, der 1984 die junge Whitney Houston in einer Talkshow mit sexuellen Sprüchen belästigte und Gainsbarre war es, der im Video zu "Lemon Incest" halb nackt mit seiner damals 14-jährigen Tochter Charlotte auftrat - worum ich ihn als damals 14jähriger Teenie übrigens benieden habe...

"Serge, le poète amoureux des femmes"

Er arbeitete wie ein Besessener und komponierte für Brigitte Bardot, Juliette Greco und Petulia Clark mehrere Erfolgschansons. Er öffnete das französische Chanson für unterschiedlichste Einflüsse von Beat über Reggae bis zur Klassik und schrieb seinen Musen geniale Songs auf den Leib. Mit Brigitte Bardot sorgte er für kurze Zeit als Paar für Schlagzeilen, doch die Frau seines Lebens, an deren Seite er lange Zeit monogam lebte, war Jane Birkin.

Bis kurz vor seinem Tod am 2. März 1991 machte er Witze über seine Herz- und Leberprobleme, den starken Alkohol- und Zigarettenkonsum: "In Alkohol legt man Früchte ein und Fleisch wird geräuchert.", pflegte er zu sagen. Adieu, Serge!

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