Die Drohung, dass Lance Armstrong wieder in den Radsport zurück kehren will, hat bei mir mehr als nur Unverständnis ausgelöst. Meiner Meinung nach soll der Mann da bleiben, wo der Pfeffer wächst. Dass der Ami ohne Doping zu all seinen Leistungen gekommen ist, habe ich ihm eh nie geglaubt, guckst Du hier. Nun wollte ich dazu nach dem ersten Schock heute einen Text verfassen und siehe da, Raik Hannemann ("Die Welt") hat das bereits übernommen. Zu seinem Leitartikel gibt es eigentlich nichts mehr hinzuzufügen:
"Einen Neuanfang hatten sie propagiert im Radsport. Was davon zu halten ist, macht in diesen Tagen der Umgang mit Lance Armstrong deutlich. Als der Texaner nach dreijähriger Pause sein Comeback ankündigte, löste das weltweit Wiedersehensfreude aus. Die Rennställe balgen sich um seine Dienste, die Rennveranstalter überbieten sich mit Einladungen. Selbst die Organisatoren der Tour de France hießen Armstrong umgehend auf ihrer Rundfahrt 2009 willkommen, man wolle "nicht mehr in die Vergangenheit schauen".
Der Verlockung einer Aufmerksamkeitsexplosion, die ein achter Erfolg Armstrongs als dann mit 37 Jahren auch ältester Tour-Sieger aller Zeiten verspricht, mag offenbar niemand widerstehen nach den Jahren des Geschäftsabschwungs.
Der große Betrug wird dafür ausgeblendet, ein bewährtes Rezept. Als Armstrong 2005 abtrat, war aber bekannt geworden, dass in seinen nachträglich mit neuen Methoden getesteten Proben aus dem Jahr 1999 das Blutdopingmittel Epo gefunden wurde. Der Abgang wirkte letztlich wie eine Flucht vor Rechtfertigung, doch das spielt plötzlich keine Rolle mehr. Dabei ist der sonst für seine Klagewut bekannte US-Amerikaner bis heute nicht gegen diese Veröffentlichung in der den Tourveranstaltern gehörenden Zeitung "L'Équipe" vorgegangen. Auch wurden andere Dopinganschuldigungen früherer Wegbegleiter nie wirklich entkräftet.
Und trotzdem soll Armstrong einfach so wieder im Feld aufgenommen werden, womöglich wieder als sein Patron. Fragt sich nur, wie die Abkehr vom alten System des Radsports, in dem Blutdoping Hochkonjunktur hatte, gelingen soll ohne ein Eingeständnis früherer Fehler und deren Aufarbeitung, aber mit demselben Personal.
Die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Unterfangens können da nur wieder wachsen, zumal eingeräumte Bewährungschancen ungenutzt blieben, die Kette der Dopingfälle nie abriss. Vor allem öffentlich-rechtliche Fernsehsender eines Landes, dessen Politik sich im Antidopingkampf engagiert, sollten überdenken, ob sie weiterhin Gebührengelder in Übertragungen aus der dubiosen Branche investieren. Dass es zuletzt Rennberichte der Deutschland-Tour trotz Duldung dopender Teams (und ständig sinkender Einschaltquoten) in der ARD-Tagesschau gab, war schon sehr verwunderlich. Eine gut ausgeleuchtete Inszenierung Armstrongs, der Symbolfigur des schmutzigen Radsports, wäre hier aber unvertretbar."
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