8. April 2008

Die Sache mit dem olympischen Gedanken

Als ich gestern über die Vorkomnisse in Paris rund um das olympische Feuer gelesen habe, musste ich im ersten Moment schmunzeln. Weniger über die Tatsache, dass da protestiert wurde und erst recht nicht über die Gründe warum demonstriert wird. Zum Schmunzeln gebracht hat mich vielmehr die Tatsache, dass sage und schreibe 3000 Polizisten der Sondereinheit CRS im Einsatz standen. 3000 Mann um ein Feuer zu schützen? Wenn man bedenkt, dass die CRS in Frankreich ansonsten für die besonders harten Fälle eingesetzt wird und es in gewissen Gebieten von Paris (und anderen Grossstädten) an gut ausgebildeten Polizisten - oder besser Sozial- und Jugendarbeiter) fehlt, dann ist dieses Aufgbot für eine Fackel in meinen Augen schon etwas gar übertrieben.

Dieses Feuer sollte doch eigentlich vom olympischen Gedanken getragen werden, jetzt mal sinngemäss gesprochen. Derzeit scheint sich aber irgendwie niemand so wirklich auf diese olympischen Spiele in Peking zu freuen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Menschenrechte in China zum Teil mit Füssen getreten werden. Ebenso ist oft unklar, mit welchen Mitteln Spitzensportler zu ihren Leistungen getrieben werden und dass für die zahlreiche olympische Bauten unzählige Menschen ihre Wohnungen räumen mussten ist genau so ein offenes Geheimnis. Ich will hier aber nicht auf China rumhacken. Vorallem nicht auf den Chinesen. Es sind - wie in den meisten Fällen wenn es um Geld geht - ein paar wohlhabende Führungspersonen, welche diese Zustände zu verantworten haben. Vermutlich die gleichen Menschen, die aktuell das Vorgehen in Tibet vorantreiben.

Dass die von den Chinesen unterdrücken Menschen die olympischen Spiele als Bühne für ihre Proteste brauchen werden, ist ja eigentlich keine Überraschung. Die Frage ist nur, auf welche Art und Weise man das tut. Reicht kein stiller Protest am Rande der Umzugsroute? Oder ein grosses Banner wie es heute auf der Golden Gate Brücke aufgetaucht ist? IOC-Chef Rogge sprach gestern vom "Respekt gegenüber der Flamme" und irgendwie fand ich diesen Ausdruck nicht mal so schlecht. Denn auch in diesem Fall geht es schlussendlich nur um die Frage des Respekts. Dass ihn die chinesische Regierung gegenüber ihren "besetzen" Gebieten verloren hat, das ist klar. Aber muss man dann auch mit Gewalt dagegen demonstrieren? Mich persönlich beindrucken oftmals die Demonstrationen, an denen es ruhig zu und her geht. Wenn keine Flaschen oder Fäuste fliegen, sondern auf das eigentliche Problem hingewiesen und im besten Falle sogar darüber diskutiert wird.

In den Zeitungen ist heute zu lesen, dass sich die chinesische Regierung von den weltweiten Protesten unbeeindruckt zeige. Klar, denen fliegt ja auch kein Zacken aus der Krone, wenn das olympische Feuer in Paris dreimal erlischt. Sie wissen ja, dass die Spiele so oder so stattfinden werden und der Rubel rollen wird. Demonstrationen und Proteste sind die Möglichkeit des kleinenn Mannes vielleicht etwas zu bewegen. Nun wären aber die Regierungen gefragt, aber so lange diese einen Boykott oder Gespräche ausschliessen, nützt es auch nicht den olympischen Gedanken zu zerstören, indem man Feuerlöscher spielt.

7 Kommentare:

Rick hat gesagt…

Die Chinesen hätten den Fackellauf im Rahmen unter aufgebrachten erwerbslosen Migranten der Banlieue veranstalten sollen. Wenn dort mal Feuer brennt kommt es tagelang nicht unter Kontrolle und lässt sich nicht so schnell ausmachen...

Anonym hat gesagt…

Endlich mal ein differenzierter Beitrag zum Thema. Merci, Fischer!

Ich verstehe z.B. nicht, weshalb man von Sportlern teilweise verlangt, dass sie ihre Teilnahme absagen. Die haben zum Teil während Jahren auf das grosse Ziel Olympia hingearbeitet - zum Teil sind diese Sportler in einem Alter, in dem sie nicht einfach auf die nächsten Sommerspiele warten können.

Hingegen befürworte ich es, wenn sich Offizielle wie auch Sportler dazu entscheiden, die Eröffnungsfeier zu boykottieren.

Ganz grundsätzlich aber finde ich, der grösste Fehler war es, China die Spiele überhaupt zuzusprechen. Dies war m.E. ein grosser (politischer) Fehler des IOC. Aber eben: es geht ums liebe Geld, und das wird im Land der aufgehenden Sonne fliessen wie Honig im Schlaraffenland...

Anonym hat gesagt…

word, monsieur fischer.
biancas kommentar kann ich zu 100 % unterschreiben.

Anonym hat gesagt…

Da steckt der Urinstinkt des Menschen dahinter, das Feuer muss mit allen Mitteln beschützt werden und darf nie erlöschen.

Aber ernsthaft, ich verstehe auch nicht, wieso man in Paris nicht einfach dieses ganze sinnlose Spektakel abgesagt hat. Oder noch viel besser, man hätte doch gleich chinesische Polizisten zur Bewachung der Fackel anfordern sollen. Die hätten für Recht und Ordnung gesorgt, so wie in Tibet. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum der Fackellauf jetzt erstmal pausiert, um die chinesischen Polizisten einfliegen zu lassen.

Und den Sportler darf man natürlich nie ihr Olympia wegnehmen, da hat sich niemand einzumischen. Diese armen Menschen geben als für den Erfolg, trainieren wie Wahnsinnige, pumpen sich mit Drogen voll, usw. Manche sind schon so alt, 30 Jahre und noch älter, die leben einfach nicht mehr lang genug, um nochmal eine Olympiade erleben zu dürfen.

Aber mal wirklich ernsthaft, ich finde es gut, dass die Spiele an China vergeben wurden. Schon allein die Aufmerksamkeit die der Tibetfrage momentan zuteil wird. Ich hoffe nur man kann wirklicht etwas bewegen. Und wenn es nur kleine Dinge sind, aber zumindest ein Anfang wäre schön. Von den Politikern kann man da nicht viel erwarten, dazu sind diese auch zu abhängig von der Wirtschaft. Aber vielleicht fangen die Konsumenten rund um den Erdball mal damit an, zu hinterfragen, wo die billigen Waren herkommen und was man mit dem Kauf solcher unterstützt.

Anonym hat gesagt…

Oh, die Realität hat meinen Kommentar eingeholt, denn wie Spiegel Online schreibt, war die chinesische Militärpolizei schon längst anwesend. Naja, hätte man die auch bewaffnet, hätte man sich die Kosten für den eigenen Polizeieinsatz sparen können. Nur die Krankenhäuser hätten mehr zu tun gehabt, aber die verdienen daran ja sicher auch was. Oder irgendwer anderes.

Anonym hat gesagt…

Super Bericht! Man sollte die Spiele zwar nicht boykottieren, aber ein paar oder noch mehr Gesten dürfen es sein. Ich erinnere mich da gerade an die zwei schwarzen US-Athleten mit ihrem Black-Power-Zeichen bei den Olympischen Spielen 1968.

Anonym hat gesagt…

Salve
So sehr auch Respekt gefragt ist, wer entscheidet wann und wo? Hat Respekt verdient, wer den Respekt nicht selber praktiziert?

Weder Rogge noch das chinesische Regime verdienen den Respekt. Ob nun Tibet zu China gehört oder nicht ist egal. Aber wie das "Problem" angepackt wird nicht.