5. April 2007

Kurt Cobain: der Mythos lebt!

Heute, am 5. April ist es auch schon wieder 13 Jahre her, seit sich Kurt Cobain das Leben genommen hat. Der 5. April 94 war ein Dienstag, der erste Arbeitstag nach den Ostern. Es kam damals - vermutlich bedingt durch den Job als Zeitungsjournalist - nicht oft vor, dass mich eine News-Meldung erschüttert hat. Man erarbeitet sich mit den Jahren so eine Art Selbstschutz. Als ich vom Tod Kurt Cobains erfuhr, riss jedoch diese Schutzhülle für einen Moment.

Bis heute stelle ich mir immer mal wieder die Frage, warum mir sein Tod so nahe ging. Unter dem Strich hat sich ein Junkie, den ich nicht persönliche gekannt habe, das Leben genommen. Punkt. Ich frage mich auch, warum ich mir - und ich bin ein totaler Schlauch wenn es darum geht, dass ich mir Daten merken sollte - weiss, dass er am 5. April die Erde verlassen hat. Ich war bzw. bin bis heute kein übermässiger Nirvana-Fan. Ich mag die Songs, liebe ein paar Texte, hatte früher mal ein T-Shirt und ein Poster. Das wars. Auszug aus seinem Abschiedsbrief:

"Seit ich sieben war, habe ich alle Leute gehaßt."

Rückblende. Im Frühjahr 94 war gerade dabei, nach Frankreich überzusiedeln. Der Umzug war vollzogen, den Job in meiner neuen Heimat hatte ich bereits angetreten. Aber da war noch dieses verfluchte Konzert-Ticket. Ausgestellt auf den 19. Februar 1994. Nirvana live in der Eishalle in Neuenburg. Da ich zu diesem Zeitpunkt aber bereits rund 800 Kilometer entfernt meine Zelte aufgeschlagen hatte, war es mir unmöglich dieses Konzert zu besuchen. Na gut, hab ich mir gedacht, die Band wird ja bestimmt auch noch weitere Konzerte geben. Und tatsächlich war die Europa-Tour 1994 noch bis in den frühen Sommer hinein geplant.

"Wenn wir hinter der Bühne sind und das Licht ausgeht und das Rufen der Menge beginnt. Das berührt mich nicht wie es etwa Freddie Mercury berührte, der, wie es schien, es liebte."

Wie wir inzwischen alle wissen, wurden diese Pläne von Cobains Selbstmord gekreuzt. Der Aufritt in Neuenburg war das letzte Gastspiel der Band in der Schweiz. Modena, San Marino, Rom, Mailand, Ljubliana und München. Danach war Schluss.

Doch es war mehr als dieses verpasste Konzert. Cobain strahlte etwas aus, das mich in der Zeit vor seinem Tod beeindruckt hat. Trotz massivem kommerziellem Erfolg blieb er sich selber, wollte sich nicht kaufen lassen. Ein Umgang der ihm zum Verhängnis wurde. Drogen, Alkohol, Depression, Medikamente. 1992 heiratete er die Stripperin Courtney Love, kurze Zeit später kommt Tochter Francis Bean zur Welt. Sowohl Cobain selber, als auch seine Frau nahmen zu dieser Zeit Heroin. Ein erster Selbstmordversuch von Kurt scheitert, er überlebt einen Cocktail aus 50 Tabletten und Champagner. Cobain selber gab danach an, die Schmerzmittel aufgrund von Magenproblemen eingenommen zu haben. Seit seiner Kindheit litt er an dieser Krankheit, die er selber "Cobain's Disease" nannte.

"Danke für die Briefe und Eure Sorge um meinen ekelhaft brennenden Magen in den letzten Jahren. Ich bin zu neurotisch (unbeständig), launisch und inzwischen leidenschaftslos, also denkt dran, es ist besser auszubrennen, als langsam zu verblassen."

Aufgrund dieser Krankheit mussten auch zahlreiche Konzerte verschoben und die Tournee abgebrochen werden. Cobain verbrachte immer mehr Zeit zu Hause. Im Rausch. Der Waffennarr setzte sich schliesslich am 5. April 94 mit seiner Schrottflinte ein Ende. Laut Polizeiberichten deutete nur noch das Gebiss auf seine Identität hin. Bis heute gibt es Theorien, wonach Cobain das Opfer eines Mörders geworden sei. Für mich Humbug. Zu eindeutig all die Hinweise in Songtexten, Interviews und Verhaltensmustern.

"Und das erschreckt mich so sehr, daß ich an dem Punkt angekommen bin, an dem ich nicht weiter leben kann."

Es liegt nicht an mir, über die Gründe dieses Selbstmordes zu spekulieren. Es liegt vorallem nicht an mir, ihn zu werten (falls sich das überhaupt jemand anmassen kann). Ich habe bis heute, 13 Jahre später, nicht herausgefunden, was es ausgemacht hat, dass es mir damals vorgekommen ist, als hätte mich ein Freund verlassen. Cobain verweigerte sich dem Kommerz und stand wohl für etwas, dass mir bis heute viel bedeutet: Freiheit! Wer in unserer Zeit jedoch die Freiheit noch leben will, der muss viele Abstriche in Kauf nehmen und ist einem immensen (Leistungs-) Druck ausgesetzt. An diesem Druck ist Cobain vermutlich letztendlich gescheitert. Plattenfirmen, Manager, Fans, Familie... die Anforderungen waren zu gross, für einen, der einst auszog um einfach mit ein paar Freunden Musik zu machen.

"Aber ich kann Euch nichts vormachen, keinem von Euch. Es ist einfach nicht fair Euch gegenüber aber auch gegenüber mir selbst. Das schlimmste Verbrechen, das ich mir vorstellen kann ist die Leute abzuziehen, indem ich vortäusche, 100% Spaß zu haben."

Jahre später habe ich Cobains ehemaligen Bandkollegen, den Nirvana-Schlagzeuger Dave Grohl getroffen. Meine Erwartungen waren gross. Das Gespräch kurz und enttäuschend. Trotz Nirvana-Vergangenheit fehlte die Aura, die Ausstrahlung. Es ging mir also in dieser ganzen Geschichte weniger um die Band Nirvana, als vielmehr um Kurt Cobain, der mich als Person fasziniert hat. Ein Umstand, der sich bis zum heutigen Tag nicht verändert hat. Typen wie Rio Reiser, Robbie Williams, Dave Gahan oder Pete Doherty sind mir 1000 mal lieber, als all die anderen Waschlappen, die in die Hot-Rotationen der Radiostationen laufen.

"Es ist besser, für den gehasst zu werden, der man ist, als für die Person geliebt zu werden, die man nicht ist."

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

man kam zu der zeit ja nicht um nirvana, bzw. cobain herum. das war der lady-di-effekt: irgendwann mal war er ein guter bekannter, der einem finster von jedem blättchen entgegengrimmte. ich kann durchaus nachvollziehen, dass sein tod dir deshalb nahe gegangen ist.

ein sehr schöner und sensibler nachruf, im übrigen!

Anonym hat gesagt…

ich mochte ihn, allein schon weil er so hinreissend versehrt aussah und ich ihn hätte retten wollen. außerdem ist es gruselig berührend, wenn jemand sein leben opfert und man hernach weiß, das war alles echt was der kerl transportiert hat. rest in peace kurt! (mein großes kind ist nirvana fan und hat das:
http://artfiles.art.com/images/-/Kurt-Cobain-Guitar-Poster-C11737524.jpeg an der wand hängen. von mir geschenkt, weil ich leider doch etwas zu alt dafür bin. im geiste hängt das poster jedoch auch bei mir!)
schöner nachruf, ich schließe mich zoee an!

Monsieur Fischer hat gesagt…

als lady-di-effekt würde ich es nicht bezeichnen, da es bei diana ja erst nach ihrem tod so richtig los ging mit der verherrlichung. kurt hat es mir persönlich schon vor seinem ableben angetan...

ps: danke für die komplimente!

Anonym hat gesagt…

scheisse, ist das schon so lange her. kann mich noch gut dran erinnern, wo ich war, als ich von seinem tod erfuhr. ja, kurt war definitiv ein held meiner jugend.

Anonym hat gesagt…

Ich war damals 3, als Cobain starb. Trotzdem fühlt es sich so an, als hätte ich das alles miterlebt. Ein wirklich schöner Nachruf. Danke.

Anonym hat gesagt…

Toller Beitrag, danke!