28. Februar 2007

RAF Terrorist vs. Kinderschänder

Ich gebe es zu, im Allgemeinen bin ich ziemlich abgehärtet, was Nachrichtenmeldungen angeht. Sei es ein erneuter Bombenanschlag in Bagdad oder sonst eine Katastrophe, meine Jahre in der Medienbranche haben mich doch ziemlich abgestumpft. Trotzdem kommt es aber auch immer mal wieder vor - ich deute es als ein beruhigendes Zeichen von Menschlichkeit - dass mich News richtig berühren. So geschehen die letzten Tage im Fall "Mitja".

Klar auch hier könnte man sagen, Kindesentführungen und die anschliessende Ermordung des Opfers gibt es immer wieder. Leider. Trotzdem, das Foto welches den kleinen Jungen in der Strassenbahn neben seinem späteren Peiniger zeigt, ist mir tierisch eingefahren.


Auf diesem und anderen Bildern ist zu sehen, dass der Junge lächelt, aus dem Fenster schaut und mit dem mutmasslichen Täter spricht. Er scheint - in kindlichem Vertrauen - nichts Böses zu ahnen. Vertraut dem Mann scheinbar voll und ganz. Warum sollte er auch nicht? Vielleicht hatte der kleine Junge bis zu diesem Zeitpunkt ja noch keinerlei schlechte Erfahrungen mit Erwachsenen gemacht. Wuchs vermutlich in einem anständigen Umfeld auf und war entsprechend aufgeschlossen. Und genau das wurde dem 9jährigen jetzt zum Verhängnis. Die Polizei fand seine Leiche in seiner Gartenlaube. Die Laube gehört dem Mann, der auf dem Strasssenbahn-Foto zu sehen ist.

Der 43-Jährige U.K. war zwischen 1981 und 1998 bereits fünf Mal wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt worden. In fast regelmäßigen Abständen (1981, 1985, 1989, 1998) sass er Haftstrafen ab. 1983 wurde eine sechsmonatige Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Mann war auch schon in psychiatrischer Behandlung. Nach seiner letzten Haftentlassung 2000 bekam er für fünf Jahre einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Auch dieser nette Bewährungshelfer konnte Mitja nicht retten. Der Junge ist tot!

Die Diskussionen um Verwahrung von Sexualtriebtätern wird in den nächsten Tagen in Deutschland - genau so wie in der Schweiz - anziehen. Täter für immer weg sperren? Täter therapieren? Hafturlaub ja oder nein? Viele Fragen werden auftauchen. Ob es auch Antworten auf die Fragen geben wird, bleibt fraglich.

Fragen tauchen in diesen Tagen auch auf im Zusammenhang mit der Begnadigung einiger RAF-Terroristen. Ihre Taten liegen bis zu 30 Jahren zurück. Seit Mitte der 70er sitzen die meisten von ihnen in Haft. Ihre Vergehen? Meistens Mord und Kidnapping. Die Opfer Wirtschaftsführern oder Politker. Dafür gab es dann lebenslänglich. Nach 30 Jahren sorgen mögliche Begnadigungen für Aufruhr, vorallem im Lager der CDU/CSU oder der FDP. Die Täter hätten auch nach dieser Zeit ihre Busse noch nicht getan, einer von ihnen - Christian Klar - sei weiterhin ein gefährlicher Mann. Schliesslich hat es der Mann gewagt, in einer Grussbotschaft aus seiner Zelle seine Meinung kundzutun, mit den Worten. Es sei die Zeit gekommen...

"..die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen".

Mein abschliessender Kommentar dazu mag zynisch sein, aber ich bringe den Gedanken zu Ende. Vielleicht hätte der Ex-RAF-Terrorist besser einen 9jährigen Jungen sexuell missbraucht und anschliessend ermordet, anstatt seine persönliche Meinung zum Staat zu äussern.

27. Februar 2007

"Musicstar" ein grosser Beschiss?

Die Schweizer Casting-Sendung "Musicstar" geht am kommenden Sonntag in die letzte Runde. Nachdem am letzten Wochenende Favoritin Börni raus geflogen ist, stehen mit Brian, Fabienne und Sandra noch 3 junge "Talente" im Finale. Bloss, für mich stinkt diese Finalsendung, schon bevor sie angefangen hat. Der Grund heisst: Sandra Wild.

Ich hatte das Vergnügen Kandidatin Sandra vor einigen Jahren (muss um 2000 rum gewesen sein) zu treffen. Damals war sie als Solo-Sängerin unter dem Pseudonym "Sun'dra" unterwegs. Mässig erfolgreich. Daran gibt es auch gar nichts zu mäkeln. Auch Fabienne war mit ihren "Girls2Girls" in Luzern eine regionale Grösse. Börni spielt in ihrer Punkband "Evergreen" und Brian tingelte als Schlager- und Stimmungssänger durch diverse Lokale. Bloss, all das wurde dem Schweizer Fernsehzuschauer auch so kommuniziert. Fast in jeder Sendung wurde darauf hingewiesen, dass Fabienne und Börni bereits reichlich Bühnenerfahrung hätten. Einzig Sandra wurde immer als die "Unschuld vom Lande" dargestellt. Die in einem Interview noch sehnsüchtig davon geschwärmt hat, "nach der Musicstar Erfahrung auch mal mit einer Band spielen zu wollen". Dumm nur, dass sie mit "inFUNKtion" und "a cup of blue bells" ja schon in 2 Bands gespielt hat. Sogar auf Tour war. Darüber wurde in der Sendung aber kein Wort verloren.

Wer sich im Netz etwas schlau macht der merkt, die Sandra Wild ist nicht nur die scheue Zivilstandesbeamte der Gemeinde Arbon. In ihrem Lebenslauf steht zum Beispiel ein dritter Platz bei den "Miss Teenie Wahlen", ein Fotoshooting mit der Schmuckfirma "Rhomberg", ein Fotoshooting mit Thomas Buchwalder (der rein zufällig auch die Frau von Jury-Mitglied Kilchsbeger fotografiert hat!), Auftritte bei Tele24 und so weiter. Es tauchen Videos von Auftritten mit Band auf. Und nicht zuletzt belegen Fotos, dass Sandra Wild in Asien bereits Singles und ein Album released hat. Die standen beim Medien-Multi HMV im Regal, direkt neben Avril Lavigne.

Auch beim Schweizer Fernsehen dürfte Sandra keine Unbekannte sein. Wenn ich mich recht erinnere, hatte sie bei der MUBA einen Auftritt, welcher von SF auch ausgestrahlt wurde. Und auch mit den erotischen Auftritten, wie sie von der "Musicstar"-Jury immer wieder gefordert wurden, hat Frau Wild kein wirkliches Problem, wie zahlreiche Fotos auf ihrer alten, ausgedienten Homepage aufzeigen. Da gibts durchaus Bilder, die zu gefallen wissen. Ok, ich Sauber-Frau Image wird durch diese Fotos nicht angekratzt, trotzdem, so ganz passt es nicht ins Bild, welches uns das Schweizer Fernsehen seit Wochen vermitteln will.

Ich habe grundsätzlich absolut nichts gegen die bisherigen Karriere-Bemühungen von Sandra Wild. Im Gegenteil, ich weiss, wie hart das Schweizer Musikbusiness ist. Da braucht es viel Aufwendungen und Glück um Erfolg zu haben. Trotzdem frage ich mich, warum wurden alle anderen Kandidaten öffentlich durchleuchtet und bis ins Detail vorgestellt und von Sandra hat man die Vorgeschichte einfach so verschwiegen. Weder das Schweizer Fernsehen noch die Boulevardzeitung "Blick" haben je ein Wort über ihre bisherige Karriere verloren. Dabei wären doch Chartsplatzierungen in Japan, Interviews in Holland und Luxemburg durchaus spannende Themen gewesen. Im Gegenteil, das Image der ach so scheuen, etwas prüden Verwaltungsangestellten aus der Ostschweiz wurde Woche für Woche neu zementiert.

Vielleicht war es ja gar kein Zufall, dass Sandra Wild erst über eine Hoffnungsrunde in die Finalsendungen kam. Überraschend war nämlich damals schon, dass ihre Stimme im Vergleich zur Konkurrenz viel stärker war. Vielleicht war es ja auch kein Zufall, dass sie die Musicstars in der SF-Sendung "Zischtigsclub" vertreten und da 2 Stunden Sendepräsenz markieren durfte. Und vielleicht war es auch kein Zufall, dass das Publikum, welches per Telefon abstimmt, wer gewinnt nicht darüber informiert wurde, dass Sandra Wild bereits eine ansehnliche Karriere hinter sich hat. Die "Unschuld vom Land" verkauft sich halt vermutlich einfach besser, als eine junge Frau deren Karrierebemühungen bis jetzt eher durchschnittlich verlaufen sind.

Am nächsten Sonntag werden wir es erfahren. Rein gesanglich gesehen hätte nur Börni der Sandra das Wasser reichen können, aber die ist ja am Sonntag - völlig überraschend - ausgeschieden. Trampel Brian und die Frohnatur Fabienne können nur beten, dass das Schweizer Fernsehen die internen Pläne kurzfristig noch ändert.

26. Februar 2007

"And the Oscar goes to..."

Vor wenigen Minuten ging in Hollywood die 79ste Oscar-Verleihung zu Ende. Ja, ich geb es auch zu, ich mag dieses Tamtam von ganzem Herzen und Jahr für Jahr schaue ich, dass ich am Morgen danach nicht gleich in aller Früh einen ersten Termin habe. Damit es wenigstens noch für zwei, drei Stunden Schlaf reicht.

Diese Nacht hat sich das wach bleiben denn auch richtig gelohnt. Die Oscars waren zum ersten Mal so richtig international. Für einmal hat sich nicht nur die amerikanischer Filmindustrie selber gefeiert, nein, in den wichtigsten Kategorien mischten sich auch Nominierte aus anderen Ländern ein. Am besten vertreten dabei England!

So holte sich dann auch die Britin Helen Mirren das goldige Männchen in der Kategorie "beste weibliche Hauptdarstellerin". Für ihre Rolle im Film "The Queen", der übrigens in Aarau nicht einmal in den grossen Kinos gelaufen ist. Schwach! Im Alternativ-Kino "Freier Film" war er ein paar Tage zu sehen... Auch Deutschland durfte sich über den dritten Oscar seiner Filmgeschichte freuen, "Das Leben der anderen" gewann die Kategorie "Bester fremdsprachiger Film". Grosser Abräumer des Abends war "The Departed" vom Regie-Legende Martin Scorsese mit Leonardo Di Caprio, Jack Nicholson und anderen Weltstars. Ein Actionfilm, der aber im Original vor einigen Jahren schon mal in Asien gedreht worden. Aber wie sangen schon die Prinzen "es ist alles nur geklaut".

Die Überraschung des Abends gelang "Little Miss Sunshine". Ein kleiner aber feiner Film über eine Familie, deren pummelige Tochter an einem Talentwettbewerb teilnehmen will. Da der Familie das Geld für die Reise zu diesem Contest fehlt, kauft man sich kurzerhand einen VW-Bus und fährt los zu einem Trip quer durch Amerika. In der Schweiz konnte dieser Film bislang noch nicht für grosse Schlagzeilen sorgen, ich bin gespannt, ob ich der Oscar zu etwas Aufsehen verhelfen kann. Denn es gibt nämlich noch andere Komödien als 7 Zwerge und Co. Gut gemachte und intelligente Komödien.

Beeindruckend war der Auftritt des ehemaligen Vize-Präsidenten Al Gore. Er und sein Team durften in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" den Oscar empfangen. Ausgezeichnet wurde der Streifen "Eine unbequeme Wahrheit» (An Inconvenient Truth)". Der Film zeigt die Folgen des Klimawandels auf und macht - nicht zuletzt - die USA dafür mitverantwortlich. Mutig, dass der Film trotzdem einen Preis bekam. Unter Standing Ovations rief Gore die 1 Milliarde Menschen vor den TV Geräten noch einmal zum Umdenken auf. Während George Clooney leise bemerkrte, dass es schade sei, dass Gore nicht doch noch Präsident werden wolle. Quasi als erster Grüner!

Das Taschentuch war dann beim Auftritt von Ennio Morricone gefragt. Der Komponist bekam im Alter von fast 80 Jahren seinen aller ersten Oscar von Weggefährte Clint Eastwood überreicht. Und das, obwohl er schon x-mal nominiert war. Kein Wunder, wer die Musik zu Filmen wie "Spiel mir das Lied vom Tod", "Die Unbestechlichen", "Es war einmal in Amerika", "The Mission", "Kill Bill" und ca. 300 anderen Streifen gemacht hat, der hat eine goldene Statue mehr als verdient. Entsprechend gerührt war der kleine Italiener dann auch. Er vergass sogar seine englisch Kenntnisse, sodass Eastwood die rührende Dankesrede übersetzen musste. Und, man möge mir glauben, es geht einem sehr nahe, wenn so ein alter Mann endlich für seine Arbeit belohnt wird und dann seiner Frau Maria dankt und dabei zu weinen beginnt.

Durch den Abend geführt hat übrigens Ellen DeGeneres geführt. Auch das verdient ein "Wow" im konservativen Amerika, die Schauspielerin bekennt sich seit Jahren zu ihrer Homosexualität. DeGeneres war übrigens total unterhaltsam. So kniete sie sich neben Clint Eastwood und fragte ob sie für ihre Homepage ein Foto mit ihm haben dürfe. Sie packte ihre Kamera hervor und suchte einen geeigneten Fotografen. Niemand geringers als Steven Spielberg hat sich gemeldet und geknipst. Der Kommentar der Moderatorin, sei sei nicht sicher ob Herr Spielberg wisse, wie man eine Kamera bediene und prompt wies sie das erste Foto als ungenügend zurück.

Musikalisch wurde die "grösste TV Show der Welt" unter anderem von Celine Dion und Beyonce umrahmt. Live versteht sich. Was wieder mal aufgezeigt hat, dass all die "Musicstars"- und "DSDS"-Sternchen noch viel lernen müssen, was gute Live-Autritte angeht. Alles in allem eine solide, sehr unterhaltsame, gut gemachte Show mit einer tollen Dramaturgie. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr!

PS: Das tollste Outfit (rein subjektiv, aber auch nicht unwichtig bei so nem Abend) hatten Cameron Diaz und Kate Winslet.

PS2: Wer sich übrigens am heutigen Oscar-Tag etwas Gutes tun möchte, der soll sich doch "Novecento - Die Legende vom Ozeanpianisten" von Giuseppe Tornatore mit der Musik von Ennio Morricone ausleihen. Einer meiner absoluten Lieblingsfilme, wobei auch hier gilt: Taschentücher nicht vergessen.

23. Februar 2007

Switzerland Zero Points?

Zugegeben, als vor einiger Zeit bekannt wurde, dass René Baumann aus dem aargauischen Kölliken die Schweiz beim Eurovision Song Contest vertreten wird, war ich doch etwas stolz. Nicht zuletzt, weil der Mann, der sich inzwischen DJ Bobo nennt, direkt neben meinem Grossvater aufgewachsen ist und in der Disco Platten auflegen war, wo ich meine halbe Jungend verbracht habe. Entsprechend war ich gespannt mit welchem Song DJ Bobo die Schweiz in Finnland vertreten wird.


Gestern war es dann soweit, die Staatssender DRS 3 und SF 1 hatten das Privileg den Wettbewerbstitel "Vampires are alive" vorzustellen. Bei mir machte sich umgehend Ernüchterung bzw. Enttäuschung breit. Klar, es klingt wie DJ Bobo halt klingt, aber wenn ich an Hits wie "Chihuahua" oder "Pray" zurückdenke bin ich doch etwas enttäuscht von dieser aktuellen Single. Ein Song über Vampire vertritt die Schweiz in Helsinki? Naja, letztes Jahr haben zwar Zombies gewonnen, aber etwas mehr Kreativität hatte meiner Meinung nach auch nicht geschadet.

Eine Happy-Nummer im Stile von "Chihuahua" hätte in meinen Augen viel besser zu diesem Anlass gepasst. Klar, Bobo wird es auf die Punkte aus dem Osten abgesehen haben und da mag dieser Song durchaus auch sein Fans haben. Aber wenn ich mir jetzt so den Spanier, den Portugiesen oder den Franzosen vorstelle. Wir werden sehen. Bestimmt keine Punkte wird die Schweiz aus den englischsprachigen Ländern kriegen, weil die verstehen nämlich den Text:

Vampire sind lebendig, oh
Sie müssen einfach überleben, sie lösen sich nie auf - und wir werden für immer jung bleiben!

Vampire, werdet lebendig!
Ich bin ein Vampir, ich bin ein Sklave.
Ich schlafe während des Tageslichts, die Hölle ist mein Grab.
In der Dunkelheit, in den Schatten - hier bin ich.
Ich möchte, dass Du immer mir gehörst zusammen bis ans Ende der Zeit.
Wie ein nie endender Albtraum, lass mich deine Welt verändern!

Vampire sind lebendig, oh
Sie müssen einfach überleben, sie lösen sich nie auf - und wir werden für immer jung bleiben!

Heute Nacht ist die Nacht. Lebe 1'000 Jahre lang!
Hab keine Angst, ertrink nicht in den Tränen!
Befrei deinen Geist nach Mitternacht, verkauf deine Seele!
Vom Himmel zur Hölle, geniess die Fahrt!
Du bist hier, um mit deinem Leben zu kapitulieren!
Wertvolle Opfer, meine Begierde, lebe ewig.

Ok, es geht beim Grand Prix d'Eurovision de la Chanson bestimmt nicht darum, grosse poetische Werke zu präsentieren. Aber eben, ob eine Aufforderung "Verkauf deine Seele!" dahin gehört... naja, wir werden sehen. Vor dem eigentlichen Anlass muss Bobo erst noch durch die Quali. Das verdanken wir übrigens Ralph Siegel und seiner letztjährigen Multikulti-Flop-Truppe. Ich drück dem Bobo jedenfalls die Daumen! So viel Nationalstolz sein an einem Tag wie diesem dann erlaubt.

Hopp Schwiiz, hopp Bobo!