Ich gebe es zu, im Allgemeinen bin ich ziemlich abgehärtet, was Nachrichtenmeldungen angeht. Sei es ein erneuter Bombenanschlag in Bagdad oder sonst eine Katastrophe, meine Jahre in der Medienbranche haben mich doch ziemlich abgestumpft. Trotzdem kommt es aber auch immer mal wieder vor - ich deute es als ein beruhigendes Zeichen von Menschlichkeit - dass mich News richtig berühren. So geschehen die letzten Tage im Fall "Mitja".
Klar auch hier könnte man sagen, Kindesentführungen und die anschliessende Ermordung des Opfers gibt es immer wieder. Leider. Trotzdem, das Foto welches den kleinen Jungen in der Strassenbahn neben seinem späteren Peiniger zeigt, ist mir tierisch eingefahren.
Auf diesem und anderen Bildern ist zu sehen, dass der Junge lächelt, aus dem Fenster schaut und mit dem mutmasslichen Täter spricht. Er scheint - in kindlichem Vertrauen - nichts Böses zu ahnen. Vertraut dem Mann scheinbar voll und ganz. Warum sollte er auch nicht? Vielleicht hatte der kleine Junge bis zu diesem Zeitpunkt ja noch keinerlei schlechte Erfahrungen mit Erwachsenen gemacht. Wuchs vermutlich in einem anständigen Umfeld auf und war entsprechend aufgeschlossen. Und genau das wurde dem 9jährigen jetzt zum Verhängnis. Die Polizei fand seine Leiche in seiner Gartenlaube. Die Laube gehört dem Mann, der auf dem Strasssenbahn-Foto zu sehen ist.
Der 43-Jährige U.K. war zwischen 1981 und 1998 bereits fünf Mal wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt worden. In fast regelmäßigen Abständen (1981, 1985, 1989, 1998) sass er Haftstrafen ab. 1983 wurde eine sechsmonatige Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Mann war auch schon in psychiatrischer Behandlung. Nach seiner letzten Haftentlassung 2000 bekam er für fünf Jahre einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Auch dieser nette Bewährungshelfer konnte Mitja nicht retten. Der Junge ist tot!
Die Diskussionen um Verwahrung von Sexualtriebtätern wird in den nächsten Tagen in Deutschland - genau so wie in der Schweiz - anziehen. Täter für immer weg sperren? Täter therapieren? Hafturlaub ja oder nein? Viele Fragen werden auftauchen. Ob es auch Antworten auf die Fragen geben wird, bleibt fraglich.
Fragen tauchen in diesen Tagen auch auf im Zusammenhang mit der Begnadigung einiger RAF-Terroristen. Ihre Taten liegen bis zu 30 Jahren zurück. Seit Mitte der 70er sitzen die meisten von ihnen in Haft. Ihre Vergehen? Meistens Mord und Kidnapping. Die Opfer Wirtschaftsführern oder Politker. Dafür gab es dann lebenslänglich. Nach 30 Jahren sorgen mögliche Begnadigungen für Aufruhr, vorallem im Lager der CDU/CSU oder der FDP. Die Täter hätten auch nach dieser Zeit ihre Busse noch nicht getan, einer von ihnen - Christian Klar - sei weiterhin ein gefährlicher Mann. Schliesslich hat es der Mann gewagt, in einer Grussbotschaft aus seiner Zelle seine Meinung kundzutun, mit den Worten. Es sei die Zeit gekommen...
"..die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen".
Mein abschliessender Kommentar dazu mag zynisch sein, aber ich bringe den Gedanken zu Ende. Vielleicht hätte der Ex-RAF-Terrorist besser einen 9jährigen Jungen sexuell missbraucht und anschliessend ermordet, anstatt seine persönliche Meinung zum Staat zu äussern.