19. Mai 2007

Herzschlagfinale II

Dieses Wochenende gibts für alle Fussballfans Leckerbissen en masse. In der deutschen Bundesliga kommt es zum High-Noon um die Meisterschaft. Die besseren Karten am letzten Spieltag liegen eindeutig beim VfB Stuttgart. Zu Hause ein Sieg gegen Energie Cottbus, das sollte zu machen sein. Der "Meister der Herzen" (siehe Video unten) muss zu Hause Bielefeld besiegen und dann auf einen Ausrutschter vom VfB hoffen. Nur dann reicht es nach fast 50 Jahren mal wieder zur Meisterschaft. Sowohl in Stuttgart, als auch in Gelsenkirchen gibts Public Viewing-Plätze, es dürfte eine Stimmung herrschen wie im letzten WM Sommer. Viel Spass allen Beteiligten.

Meine Sympathien sind diesbezüglich übrigens nicht wirklich verteilt. Die Schalker sind ganz OK, die Menschen aus dem Ruhrpott haben so was Spezielles, das mir irgendwie gefällt. Eine Art Outlaws. Zudem hätten sie es nach so langer Zeit tatsächlich mal wieder verdient, einen Meistertitel zu holen. Erst recht, weil diese Region sonst nicht gerade von Luxus und Erfolg gesegnet ist. So gesehen gilt in diesem Fernduell zumindest jeder zweite meiner Herzschläge für die Königsblauen.

Aber eben, die Stuttgarter sind auch nicht ohne. An den letzten Meistertitel mit Guido Buchwald und Co. mag ich mich sogar noch erinnern. Das Schwabenland gilt, im Gegensatz zum Kohlenpott, als wohlhabend. Die Begeisterung rund um den VfB ist in den Jahren der Erfolglosigkeit eher etwas zurück gegangen. Trotzdem, auch ans Gottlieb-Daimler-Stadion habe tolle Erinnerungen. Zudem hat VfB-Trainer Veh im letzten Sommer eine spannende Mannschaft zusammengestellt. Mit vielen jungen Spielern und eher unbekannten Verstärkungen aus dem Ausland. So gesehen hätte es also auch der VfB verdient.

A propos verdienen, Energie Cottbus dürfte morgen bei einem Sieg in Mercedes-City, zünftig Kohle verdienen. Ich nehme mal an, dass Schalke einen hübschen Scheck bereit gelegt hat, für den Fall, dass Cottbus Schützenhilfe leistet. Während bei den beiden Meisterschaftsanwärter und deren Fans die Nerven blank liegen dürften, bietet der Bundesliga-Samstag allen neutralen Fussballfans natürlich Unterhaltung vom Feinsten. Jedes Tor kann die Meisterschaft entscheiden, in jeder Minute kann die Schale den Besitzer wechseln. Eben genau so, wie im Jahre 2001, als Schalke für rund 4 Minuten "Meister der Herzen" war.



Der Samstagnachmittag ist also bereits fix gebucht, die Arena-Konferenz führt Regie. Bier ist bereits kühl, dazu ein paar Snacks und gegen Ende der Partien - wenn die Sieger und Verlierer bekannt sind - haue ich die neutrale Meisterwurst auf den Grill und freu mich, dass der Bessere gewonnen hat. Ach es ist so schön, wenn man nicht direkt als Fan involviert ist, sondern für einmal nur den Fussball als solches geniessen kann. Aber um 17 Uhr 15 ist das Kapitel noch nicht vorbei, denn für einmal müssen wir Schweizer an diesem Wochenende nicht neidisch über den Rhein in Richtung Norden schauen.

Auch bei uns geht es am zweitletzten Spieltag noch um die Wurst. In der Tabelle führt der FC Zürich gerade mal mit einem Punkt Vosprung vor dem FC Basel. Wobei man so als Aussenstehender den Eindruck hat, dass der FCB derzeit den etwas besseren Lauf hat als die Zürcher. Die gleiche Spannung wie an der Tabellenspitze herrscht auch im Abstiegsbereich. Da liegt der FC Aarau mit 3 Punkten Rückstand auf dem letzten Platz, am Sonntag kommt es zur Direktbegegnung gegen das zweitletzte Schaffhausen. Und auch hier gilt der uralte Spruch, dass Hitchcock auch kein besseres Drehbuch hätte schreiben können. Ich freu mich!

16. Mai 2007

Björk - Volta

Alles wird gut, Björk ist wieder da! Satte 3 Jahre musste sich der Fan seit ihrem letzten Album "Medulla" (die Experimental-CD "Drawing Restraint 9" zähl ich jetzt mal nicht mit) gedulden, bis er wieder in den Genuss der markanten Stimme aus Island kommen durfte. Aber das warten hat sich, zumindest was die meisten der Songs auf dem neuen Album "Volta" angeht , gelohnt. Die Frau, die von sich selber sagt, Religion sei sehr ermüdend und sie möchte nicht Atheistin genannt werden, weil das ja auch eine Art von Religiosität sei und die Frau, die von Wikipedia als Exzentrikerin betitelt wird, vermag ihre Anhänger auch mit ihrem sechsten Studio-Album wieder überraschen.

Aber für Björk gilt wohl, entweder man mag sie oder man hasst sie. Was bestimmt nicht passieren kann ist, dass man die zierliche Frau aus dem hohen Norden nicht wahr nimmt. Ihre Alben und die entsprechenden Single-Auskopplungen sorgen meist für mediales Aufsehen. Die Musik kommt dann auch auf dem aktuellen Album zum Teil sehr schräg daher und das Spektrum ihrer Stimme wird nicht selten bis an die Grenze ausgelotet. Aber eben, auch Frau Gudmundsdóttir hat ihre Hörner wie es scheint etwas abgestossen und entsprechend kommt das ganze Album runder daher als viele seiner Vorgänger.

Als Opener präsentiert uns die 42jährige gleich mal kurz einen 6 Minuten Song. "Earth Intruders", das übrigens auch als Vorabsingle released wurde. Das Lied nimmt schnell einmal Tempo auf und überrascht dann durch verschiedene akkustische Wendungen. Nicht zuletzt, weil am Schluss für längere Zeit irgendwelche Schiffs- und Nebelhörner zu hören sind. Ideal zum Entspannen, man fühlt sich gleich in einen skandinavischen Fischerhafen versetzt.

Der Song "Wanderlust" ist im Gegensatz zum ersten Track der CD bereits richtig melodiös und erfreut mit der grossartigen Textzeile "I feel at home whenever/the unknown surrounds me", bei welcher ich mir - im Bezug aufs Wandern durch einen dunklen Wald - ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. In Hintergrund sind übrigens immer ein paar Waldhörner zu hören. Ein herrlicher Song! Die volle Ladung Blasinstrumente gibts dann im dritten Lied auf die Ohren "The Dull Flame of Desire", welches Björk im Duett Anthony (von Anthony and the Johnsons) zum Besten gibt. Da ein Duett zu zweit aber langweilig ist, sampelt Björk zu den zwei Stimmen gleich noch mal ein paar Björkstimmen rein. Was dann zwischendurch den Effekt eines kleinen Chors erzeugt. Hübsch gemacht. "Innocence" überspring ich gleich, da werkelt der Timbland. Zu ihm, dem derzeitigen Weltherrscher der Musikproduktion, später mehr...

"I See Who You Are" ist ein bemerkenswerter Song. Erstens weil ich in einer CD-Kritik den folgenden Satz gelesen habe, (Zitat) "ganz verschwunden sind die merkwürdig surrealen, asiatischen Klänge" und dieser Song einem in den ersten Sekunden bereits das Gefühl vermittelt, man bekäme gleich ne Platte Sushi serviert. Aber eben, Musikjournalisten sind auch nur Menschen. Und zweitens vereint Björk auf diesem Titel ihre halbe Familie, so eine Art Hausmusik. Immerhin hat sie ein 10köpfiges Blasorchester organisiert und rein von den Namen der Orchestermitglieder her, sind da alle irgendwie miteinander verwandt. Ok, Island ist aber auch sehr klein.

Die Bläser durften dann auch gleich bleiben und bei "Vertebrae By Vertebrae" mittun. Einem - in meinen Augen - typischen Björk Song. Ihre Stimme variert, sie schnauft, zischt, stöhnt, schreit... Körper- und Stimmeinsatz bis zur Ekstase. Björk wie ich sie liebe! Gleiches lässt sich über "Pneumonia" (Lungenentzündung?) sagen, welches noch etwas ruhiger daher kommt. Würde die Radiolandschaft nicht nur von billig produziertem Mainstream regiert, könnten mich gerade diese beiden Song durchaus erfreuen, wenn sie mitten im Tag mal durch den Äther kämen. Aber eben... das ist ein anderes Thema.

Auf "Hope" trommelt der malische Perkussionist Toumani Diabaté mit, der Text liegt durchaus schwer im Magen. Björk stellt im Zusammenhang mit einem Selbstmordattentäter die Frage nach dem Bösen. Gegen Ende des Songs gibts dann noch einmal die Schiffshörner vom Anfang der CD.

Für Kopfschütteln hat bei mir "Declare Independence" gesorgt. Der klingt wie eine Mischung aus Raketenstart und fehlgeleitetem Stromschlag. Gefällt mir nicht wirklich. Das liegt aber vermutlich daran, dass der marktführende Mister Timbaland als Produzent (Justin Timberlake, Pussycat Dolls, Jennifer Lopez) seine Finger im Spiel hatte und ich mit dem Typen schlicht und einfach nichts anfangen kann. Da waren mir dann Herren wie Goldie oder Tricky, die früher hinter den Mischknöpfen sassen, wesentlich lieber.

Zum Schluss gibts mit "My Juvenile" noch einen eher spartanischer Titel. Wieder dieses asiatische Harfeninstrument und wieder die Stimme von Anthony Hegarty im Duell mit Björk. Überhaupt verstecken sich gleich mehrere Gäste auf "Volta", meist aber nur bemerkt durch einen Eintrag im Booklet: der Elektronik Pionier Mark Bell von LFO, Chris Corsano (der u.a. mit Sonic Youth zusammen gearbeitet hat) und Brian Chippendale von Lightning Bolt.

Alles in allem präsentiert sich Björk mit ihrem aktuellen Album erwachsner als auch schon. Mit wenigen Ausnahmen sind die Songs nicht mehr so wahnsinnig experimentell wie frühere Werke. Ein Umstand der ihr durchaus neue Fans bescheren dürfte. Allerdings wirkt das Album trotzdem - oder gerade deswegen - nie langweilig. Eines ist zudem gleich geblieben, wer die manchmal theatralisch wirkenden Gesangseinlagen von Frau Gudmundsdóttir schon früher nicht gemocht hat, der dürfte auch mit "Volta" nicht warm werden. Von mir gibts jedenfalls 9 von 10 Punkten. Obwohl ich eigentlich auch 10 geben könnte, wenn ich das Optische (ja, ich steh auf sie!) noch dazu nehme. Aber das wäre dann doch ziemlich unprofessionell von mir...

K0nzert: 25. Juli 2007, Paléo Festival Nyon

15. Mai 2007

Die Apocalypse naht! Scheinbar...

Diese Dinger gibt es seit heute Dienstag hier und hier zu kaufen. Mein Schreckensszenario aus vergangenen Tagen scheint sich zu bewahrheiten. Nur Österreich wird wohl vom Untergang ausgenommen...

(Vorsicht Ironie!)

Mabuse lebt!

Man hört und liest ja immer mal wieder, dass Eltern ihre Kinder mit schlimmen Namen bestrafen. Die Beispiele sind vielfältig: Kunigunde oder Hortensia, Archibald oder Zenobius. Dann gibts noch das andere Beispiel, das Kind hat eigentlich nen tollen Namen; bloss wird der dann im Laufe der Zeit von einem - nicht mehr so tollen - Übernamen abgelöst.

Wie ich heute in der Zeitung gelesen habe, läuft seit gestern Abend bei RTL die Sendung "Let's Dance". Ich selber habs nicht gesehen und werde es mir auch nicht antun. Trotzdem musste ich eben kurz googeln, weil ich nicht glauben konnte, wie eine der Tänzerinnen dieser Sendung heisst. Kurz setzen, zurücklehnen und geniessen:

Motsi Mabuse

Jetzt ist zu bemerken, dass diese Frau ihre Wurzeln in Afrika hat. Dort haben sie ihre Eltern mit dem Namen Motshegetsi gesegnet. An sich ein toller, exotischer Name. Nur, das war dann wohl für deutsche Zungen zu kompliziert (ich erinnere an den "Schianti"-Wein, den "Tschapputschino"-Kaffee oder die "Knokkis") und so wurde aus Motshegetsi dann wohl Motsi Mabuse. Das arme Kind, als ob es nicht schon gereicht hätte, die Tanzpartnerin von Guildo Horn zu sein.

Wenn der Harald mit dem Oli....

Die Ankündigung, dass der Oliver Pocher ab Herbst zusammen mit Harald Schmidt in der ARD eine Sendung moderieren wird, hat mich doch ziemlich überrascht. Zwar schätze ich den Pocher durchaus als lustigen Zeitgenossen, im Doppelpack mit dem "Godfather of German Comedy" kann ich ihn mir aber ganz und gar nicht vorstellen. Ich bin seit Jahren ein bekennender Fan von Harald Schmidt. Bereits zu "Schmidteinander"-Zeiten sass ich jeweils begeistert vor der Flimmerkiste. Ich hab die meisten seiner Bücher, kenne sein Cabaret-Programm auswendig, hab ihn live gesehen und ihn in einer Bar des Nachts in Montreux sogar mal interviewt. Ein Genie!

Anders der Pocher. Ihn finde ich zwar ebenfalls lustig, bin aber je länger je mehr gelangweilt. Seine Sprüche beschränken sich eigentlich nur auf Kollegen-Schelte. Klar, ich nerv mich auch tierisch über irgendwelche Nasen, welche Tag für Tag in den Medien auftauchen. Und da tut es auch gut, dass mal einer sein Maul aufmacht und über all die gruseligen Gestalten lästert. Schade ist aber, dass sich der Pocher nur darauf verlässt. Seine Auftritte, zum Beispiel beim "QQC", beschränken sich dann auch auf Pointen über Tine Wittler, Patrick Lindner und Co. Auf Dauer eher langweilig.

Nun gut, die ARD wird sich etwas überlegt haben bei der Verpflichtung von Oliver Pocher. Reizvoll dürfte das Projekt, welches ab Mitte Oktober jeweils am Donnerstag über den Bildschirm flimmern wird, alleweil werden. Nur befürchte ich, dass damit auch der langsame Abschied vom grossen Meister Schmidt eingeleitet wird. Angefangen damit, dass seine Late-Night-Show künftig nur noch einmal pro Woche ausgestrahlt wird und nun wird ihm eben noch ein Jungspund daneben gesetzt. Eine Frage in dem Zusammenhang, was passiert ab Herbst dann mit Michael Andrack, dem aktuellen Sidekick?

Klare Worte zum Entscheid der ARD-Teppichetage findet Spiegel-Online:

Jetzt kommt Aldi-Brause ins Champagnerregal, genauer: ein fieses Mixgetränk wird auf den Markt geworfen, Alkopop für die gute Laune. Wir sagen Nein zur brüllenden Gegenaufklärung, Nein zur Ölpest des Comedy-Wahns, Nein zum besinnungslosen Dauerlachen.Wir sagen: Lieber mit Harald Schmidt untergehen als mit Oliver Pocher weiterleben.

22 Folgen hat das Erste erst einmal geplant mit Harald Schmidt und seinem frisch angetrauten Mitkomiker Oli Pocher. Danach soll entschieden werden, wie es mit diesem Duo Infernale weiter gehen soll. Die ARD erhofft sich von diesem Schritt natürlich mehr Zuschauer. Bei seiner ersten Sendung im Dezember 2004 hatte Schmidt über 5 Millionen Fans vor dem Bildschirm vereint. Seitdem ging die Quote regelmässig bergab. Nach letzten Umfragen schauen derzeit noch gerade mal etwa anderhalb Millionen regelmässig rein bei Schmidt und Andrack. Trotzdem, ich behaupte, diese 1,5 Millionen Zuschauer sind Fans. Und als Fan hält man es auch mal gerne aus, wenn der Harald 30 Minuten lang über "das Nichts" philosophiert. Und Madame Natalie Licard daneben sitzt und schweigt.

Focus bezeichnet das Zusammengehen von Schmidt und Pocher als Zwangsheirat und weist darauf hin, dass die Scheidungsrate in Deutschland bei über 40 Prozent liegt. Und versucht dann diese Hochzeit wie folgt zu erklären:

Hast du alten Star, den Junge nicht mögen, nimmst du dazu jungen Stern, den Alte nicht mögen.

Fazit: Ich gebe dem Duo bestimmt mal eine Chance. Bringt ja nix, jetzt bereits alles zu verteufeln, bevor man die erste Minute der neuen Sendung "Schmidt & Pocher" gesehen hat. Danach kann ich dann immer noch eine Entscheidung für mich treffen, ob mir das Niveau der gemachten Witze passt oder nicht. Und es kann dann auch durchaus sein, dass ich mich ab Spätherbst Donnerstags um 22.45 Uhr mit Bühnenprogrammen, CD's oder Bücher über die selbst auferlegte Schmidt-freie TV-Zeit hinwegtröste.