7. Juni 2007

Alles nur noch G8, oder wie?

"G8"! Keine Nachrichtensendung, keine Zeitung und kein Newsbulletin im Radio kommt derzeit ohne diese Buchstaben-Zahlen-Kombi aus. G8 zum Frühstück, in der Mittagspause und zum Abendspaziergang. Dazu kommt die Ortschaft Heiligendamm, welche ich bis vor einigen Wochen nicht mal gekannt habe. Inwzwischen weiss ich aber wo da welches Haus steht, dass es da nen 12 Kilometer langen Sicherheitszaun gegeben hat und dass der Chef im Hotel Kempinski wo die Staatsmänner logieren ein Schweizer ist. Immerhin was gelernt.

Alles schön und gut, nur habe ich in den letzten Tagen feststellen müssen, dass ganz viele Menschen zwar von G8 reden, aber doch einige gar nicht wissen, was denn G8 überhaupt ist. Darum für heute eine kurze, aber hoffentlich kurzweilige Erklärung zu diesem äusserst aktuellen Thema.

G8 steht für die grossen Acht. Das ist die internationale Vereinigung der sieben führenden Industrienationen und Russlands. Neben Putins Reich gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und das Grossbritannien dazu. Ihre regelmässigen Treffen, eben G8-Gipfel genannt, sind rein informell und sollen laut eigenen Angaben "in entspannter Runde" stattfinden. Dass sich Bush, Merkel, Blair, Sarkozy und Co. aber wohl kaum Treffen um zusammen einen Kaffee zu trinken und über den letzten Urlaub zu plaudern, erklärt sich von selber.

Gegründet wurde der elitäre Club Mitte der siebziger Jahre von den Franzosen, damals noch als G6. Themen waren u.a. die Ölkrise, die Währungspolitik, Umwelt und - man höre und staune - der Klimawandel. Gebracht hat das letzte Thema wie wir inzwischen wissen nichts, trotzdem hat sich die Gruppe vergrössert und ihre Treffen finden Jahr für Jahr immer noch regelmässig statt.

In diesem Jahr also im deutschen Heiligendamm. Das Gebiet rund um den Tagungsort ähnelt seit Wochen einer Mischung aus Hochsicherheitstrakt und Kriegschauplatz. Tausende Polizisten schützen die Staatsmänner und Frau Merkel vor den Globalisierungsgegnern. Was die da wollen, fragen Sie sich? Naja, die G8 Länder vertreten realistisch gesehen gerade mal rund 14 Prozent der Bevölkerung. Und wer die meist hölzernen Gedankengänge von Bush und Co. kennt, der weiss, dass bei diesen hochrangigen Gesprächen wohl nur wenig für die restlichen 86 Prozent der Weltbevölkerung abfallen wird.

Die Hauptthemen in diesem Jahr sind der Klimawandel und die Hilfe für Afrika. Die Gegner des G8-Gipfels kritisieren, dass mit der G8-Politik nur die grossen und reichen Staaten bevorteilt werden und es am Schluss des Treffens zu wenig zählbare Resultate gäbe. Die Bedenken sind nicht unbegründet und werden darum auch von zahlreichen Prominenten unterstützt. So treten bei einer Gegenveranstaltung unter anderem Die Toten Hosen, Herbert Grönemeyer, Bono von U2, Fanta4 oder Bob Geldof auf. Sie setzen sich unter anderem für den Schuldenerlass der Industriestaaten gegenüber den Dritte Welt Staaten ein.

In die Schlagzeilen schaffen es aber weniger die Ergebnisse des Gipfels oder Inhalte zu den Gesprächen, sondern - und da liegt meiner Meinung nach das Problem - die Krawalle. Gegen 50'000 Demonstranten konnten in den letzten Tagen mobilisiert werden, darunter aber rund 2000 gewaltbereite Jungs und Mädels des sogenannten Schwarzen Blocks. Ob es ihnen um Gerechtigkeit auf der Welt geht, sei dahingestellt. Wenn man sich überlegt, dass die Sicherheitskosten in und um das Ostseebad rund 100 Millionen Euro kosten, hätte man dieses Geld vielleicht sinnvoller investieren können.

Bei ersten heftigen Krawallen waren gut 5000 Polizisten im Einsatz, es gab Sachschäden und rund 1000 Verletzte. Ob alle der Chaoten gewusst haben, wofür sie in den Strassenkampf ziehen, wage ich zu bezweifeln. Darum auch die Idee dieses heutigen Posts. Beim ZDF gabs ne Umfrage unter den Demonstranten mit den Fragen: Wofür steht G8 und warum gehen sie auf die Strasse? Über 50 Prozent der Befragten hatten keinen Plan. Eine nicht repräsentative Umfrage von mir letzten Sonntag im Fussballstadion hat diese Zahl bestätigt.

Ich selber kann mich weder mit der Idee der G8 anfreunden, noch mit den Krawallen. Es müsste doch möglich sein, dass man Vertreter verschiedener Parteien, Länder und Gruppierungen an einen Tisch bringt, wo dann diskutiert werden kann. Ähnlich vielleicht wie das WEF in Davos, wo dann auch schon mal der Bono zusammen mit Condi Rice und dem Dalai Lama am diskutieren ist. Natürlich müssten da auch Vertreter der Autonomen eingebunden werden. Aber dieses elitäre Einsperren hinter Schutzzäunen und Panzern, dieses Abwenden vor der Realität macht genau so wenig Sinn, wie die Zerstörungswut der Chaoten. Aber eben, wäre meine Vision so einfach umzusetzen, gäbe es ja auch keinen Krieg mehr auf der Welt.

Nachtrag für alle Musikfans: Im Rahmen der Demos rund um den G8-Gipfel findet heute ab 14 Uhr 30 das oben erwähnte P8-Musikfestival statt. Moderiert von Sarah Kuttner und Roger Willemsen. Unter den Gästen sollen sich auch Brad Pitt und Angelina Jolie befinden. AOL überträgt das Ganze hier live.

Keine Kommentare: