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9. Juli 2011

Dédicace à tous mes frères

Guten Morgen Leben. 

Samstag heut, nicht wahr. Ein guter Tag. Nun, was soll ich Dir heute erzählen? Ach, ich könnte gerade Bände füllen mit Geschichten. Glücklichen und guten Geschichten. Denn merke, mein Leben, immer wenn Du denkst, Du hättest mich geknickt, dann zeig ich Dir mein breites Lächeln. Jedes mal wenn Lügen und Bosheit zur Waffe gegen mich werden, vertraue ich auf das, was Du mich gelernt hast: die Ehrlichkeit! Immer geradeaus. Und immer dann, wenn Du mir jemand vermeindlich Wichtigen nimmst, kommt ein Engel um die Ecke und füllt diese Lücke. Denn am Ende siegen immer die Guten, das hat Hollywood uns gelernt. Vom Bordstein zur Skyline. Zurück? Niemals! Liebe wird zu Wut, Wut wird zu Energie. Positive Energie. 

Und, liebes Leben, je mehr Du mich auf die Probe stellst, glaub mir, umso mehr werde ich Dir zeigen, wie stark ich bin. Schau mich an, Leben, ich schenk Dir ein Augenzwinkern, fang etwas damit an. Darum hey, Leben, lass uns wieder Freunde sein. Ich packe meine neue Chance und fange noch einmal von vorne an: Ich bin bereit, auf gehts!

"Grosse Gedanken, kleines Gehirn, Einer kommt weiter und der hat Dich gern." (Sven Regener)



Merci...

5. Juli 2011

Ja, ich prostituiere mich!

Oder anders gesagt, ich stelle mich aus. In den sogenannten sozialen Medien des weltweiten Webs. Networking, nennt man das Neudeutsch. Oder eben Social Media, was für ein herrlicher Begriff, oder? Soziale Medien. Wer träumt nicht davon. Hinter diesem Ausdruck versteckt sich allerdings mehr: Social Media bzw. Soziale Medien bezeichnet digitale Medien und Technologien (zum Beispiel Facebook, Twitter, Blogs, Xing etc.), die es ihren Nutzern ermöglichen, sich untereinander auszutauschen und mediale Inhalte einzeln oder in Gemeinschaft zu gestalten. Als Kommunikationsmittel werden dabei Text, Bild, Audio oder Video verwendet. Das gemeinsame Erstellen, Bearbeiten und Verteilen der Inhalte, unterstützt von interaktiven Anwendungen betont auch der Begriff Web 2.0.

Blablabla. So stehts bei Wikipedia geschrieben. Über eben diese sozialen Medien werden aber auch Freundschaften gepflegt, Sachen verkauft, Ideen ausgetauscht, Dates verabredet und so weiter. Was man halt alles so macht, bei Facebook und Co. Nun, ich habe meine Web 2.0-Freunde in den letzten Tagen und Wochen des öfteren mit Aufrufen belästigt. Es ging primär um eine Wohnung und in zweiter Instanz um ein paar neue Mandate, Jobs, Aufgaben für meine Ideen- und Textmanufaktur. Oder auch nebenher. In Sachen Wohnung hat das soziale Medium, bzw. der Austausch darin, funktioniert. Ich habe eine tolle Bude gefunden, mitten in der Altstadt von Aarau. Tiptop! Und auch in Sachen Jobs und Co. sind ein paar Angebote reingekommen und erste Aufträge pendent. Aber, das ist mir noch zu wenig. Da muss noch mehr gehen, irgendwo müssen noch ein paar Prozente her kommen. Und darum nun auch noch mein virtueller Aufruf über den Blog - schliesslich ist nicht jeder Blogleser auch mein Faceboo-Freund oder Twitter-Follower. Einfach aufs Foto klicken und dann wird es grösser...


Alle nötigen Erstinformationen gibts auf diesem Flyer. Wer mehr über mich erfahren möchte, der kann das zum Beispiel hier tun. Oder man wendet sich direkt an mich, die Koordinaten sind ja auf dem Flyer drauf. Wie gesagt, durch meinen Umzug ist aktuell noch nicht so ganz sicher, wie es mit meiner Ideen- und Textmanufaktur weitergeht, da ich erst einmal keine Geschäftsräume mehr haben werde. Darum suche ich einerseits neue Mandate/Aufträge und auf der anderen Seite bin ich auch dankbar über JEDES Jobangebot zwischen 10 und 100 Prozent -. damit ich mir mein Arbeitspensum rund um die Manufaktur zusammenstellen kann. Es lauern auch ein paar Geschäftsideen in meiner Schublade, dafür brauche ich allerdings einen Partner mit Kohle. Ja, so ist das. Man darf gerne investieren. Für Fragen, Anregungen oder Gespräche stehe ich jederzeit zur Verfügung.

So, fertig mit dieser öffentlichen Prostitution. Aber von nichts, kommt auch nichts. Und es macht null Sinn, wenn ich zu Hause im Kämmerlein sitze und über die böse Welt fluche. Tag für Tag lese ich in den Zeitungen, dass es unzählige freie Jobs gibt, Arbeiten die scheinbar niemand machen will. Nun, dann wollen wir doch mal sehen, ob da nicht auch etwas für mich dabei ist. Also, Augen auf und her damit!

4. Juli 2011

Bis dass der Tod euch scheidet, Sequel

Mein Text vom letzten Samstag zum Thema Beziehung/Liebe/Trennung hat für einige Diskussionen gesorgt. Bei Twitter wurde er favorisiert und retweetet, ich habe Mails, SMS und Anrufe erhalten, in der Stadt wurde ich am Samstag darauf angesprochen, bis gestern Abend haben ihn weit über 1500 Menschen angeklickt und bei Facebook gabs unzählige Kommentare. Dazu aber später mehr. Eines ist mir wichtig zu sagen, klar hab ich den Text aus meiner Sicht geschrieben, rein subjektiv aus den Erfahrungen der letzten Jahre, aus meinem persönlichen Leben. Als Opfer, ein Wort das in den Facebook-Kommentaren häufig gefallen ist, möchte ich mich allerdings nicht bezeichnen. Schliesslich ist mir durchaus bewusst, dass auch in meine Fehler habe und mache. Aber ebenso klar ist, der Text war überspitzt, wenn durchaus ehrlich gemeint. Dass er dann so eine Welle auslöst, damit konnte ich nicht rechnen.


Nun, ich könnte jetzt sagen, schade, dass sich die angesprochene Person natürlich nicht darauf gemeldet hat. Aber darum gings mir dabei ja auch gar nicht. Aber ich habe in den vergangenen Wochen einmal mehr lernen müssen, dass nicht alle Menschen gleich ticken und entsprechend in solchen Situationen auch verschieden reagieren. Manche nehmen eine Trennung gelassener, manche lassen Gefühle zu, andere geben sich kalt wie ein Stein, wieder andere ticken komplett aus, wieder andere Menschen tun dem Ex-Partner (bewusst oder unbewusst) weh, andere wünschen sich Kontakt und eine Aussprache, andere brechen eben diesen Kontakt per sofort und total ab, andere isolieren sich und andere haben nach kurzer Zeit bereits wieder erste Dates... Fazit: kein Mensch ist - erst recht im Falle einer Trennung - gleich wie der andere.

Wenn ich, ganz abgesehen von meiner persönlichen Situation, die der Verlassenen und der VerlasserInnen anschaue, dann stelle ich komischerweise fest, dass aktuell fast alle Trennungen aufs Konto der Frauen gingen. Ein Mann hat mir am Samstag in der Stadt gesagt, das sei nun vielleicht das Ergebnis der Emanzipation - er wurde übrigens ebenfalls von seiner Frau sitzen gelassen - trotz einem gemeinsamen Kind. Klar, Frauen stehen im Jahr 2011 zum Glück in den meisten Fällen auf eigenen Beinen, sind finanziell unabhängig und wissen in den meisten Fällen was sie wollen. Entsprechend sind sie auch absolut frei in der Partnerwahl und müssen sich nicht mehr - so wie das früher vielleicht der Fall war - für ein Leben lang an den einen Knilch binden. Grundsätzlich ist das ja richtig so, aber eben, ich komme noch einmal auf den Vergleich mit dem Handy und den Spielsachen zurück. Ich werde den - zugegebenermassen ebenfalls total subjektiven - Eindruck nicht los, dass die moderne Frau ihr BoyToy gerne und schnell mal austauscht, wenn es langweilig oder anstrengend wird, während der Mann vielleicht nach Lösungen suchen würde oder bereit wäre, sich zu ändern. Aber wie hiess es schon im Film "Clockwork Orange"... 
"Jeder Mensch tut das aus seiner Sicht moralisch Richtige, verfolgt dabei aber stets nur eigene Interessen - auf Kosten anderer..."
Man verstehe mich bitte richtig, das ganze Geschreibe hier soll keine Pauschalisierung sein und bezieht sich beim besten Willen nicht auf bestimmte Personen. Vielmehr sind es die Eindrücke, welche mir nach den zahlreichen Reaktionen auf meinen samstäglichen Beitrag geblieben sind. Die meisten Emails kamen so zum Beispiel von Männern. Erwachsene, verzweiflete Männer, die an ihren Fähigkeiten zweifeln, nicht mehr sicher sind, ob ihr Typ im Jahr 2011 überhaupt noch gefragt ist. Wütend, traurig und enttäuscht sind darüber, dass ihre Frauen sie einfach für einen anderen Mann im Regen stehen lassen und dabei ihnen gegenüber auf stur und eiskalt schalten. Ohne Gefühle zu zeigen, das Haus verlassen und Schluss ist. Next please! Hmmm, sie sagte Honoré de Balzac:

"Sobald die Frau aus dem Mann einen Esel gemacht hat, redet sie ihm ein, er sei ein Löwe mit eisernem Willen."

Dass es auch Männer gibt, die so handeln, daran zweifle ich übrigens keinen Moment... In diesem Sinne sehe ich mich aber schon ein bisschen bestätigt, in dem was ich geschrieben habe. Ich bin der Meinung, dass man erstens - sofern noch gemeinsame Gefühle vorhanden sind - versuchen, die Beziehung am Leben zu halten und falls dies nicht gelingt, man zumindest anständig und fair bleiben sollte. Aber eines ist klar, zum vermeindlichen Glück zwingen kann man niemanden. Erst recht nicht, weil Glück für alle Menschen etwas anderes bedeutet. 

So und nun noch die Kommentare zu Text aus dem Facebook. Leider hat sich die Diskussion vom Blog in den letzten Monaten immer mehr dahin verlagert. Aus Gründen der Diskretion lasse ich die Namen der Autoren weg und ersetze sie durchs Geschlecht, wer bei FB mit mir befreundet ist, kann alle Namen ja da sehen.

MANN: bin auch ein naiver Depp und glaube an die ewige Liebe. So wird mein Herz wohl noch oft gebrochen bis es nicht mehr ist....eine Tragödie.


FRAU: und bei uns hat letzte woche das 8. jahr begonnen.... nach dem verflixten 7. jahr....


FRAU: Wahre Worte. Auch nach 17 Jahren, in welchen man Vieles zusammen erlebt hat, kann man innert 3 Tagen die totale Kehrtwende machen und alles hinschmeissen. Selbstverwirklichung lässt grüssen! Aber wie sagt man so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. In diesem Sinne: Machen wir das Beste daraus und freuen wir uns im Moment einfach ganz bescheiden daran, dass WIR noch in der Lage wären, eine Beziehung "nach alter Manier" zu führen und somit zu einer seltenen, schützenswürdigen Gattung gehören :-)


MANN: Ich bin auch ein naiver Depp. Ich glaube nicht nur an die ewige Liebe, sondern bin überzeugt, dass ich sie gefunden habe. Nach solchen traurigen Zahlen will ich unser Ziel erst recht erreichen. Ja wir sind noch jung, aber wir tun das Richtige schon seit Beginn unserer Beziehung. Wir reden und stellen uns den Problemen.


FRAU: Wenn wir nicht mehr an die wahre liebe glauben,haben wir aufgegeben und das werden wir nicht!Wir müssen wider lernen neu zu lieben,aber es wird nicht einfach werden!


FRAU: Wow Reto!!! Dass ist den Nagel 100% auf den Kopf getroffen, ich erlebe genau das in meinem Umfeld - zweifle manchmal schon an mir, dass ich / wir eben nach den "alten" Mustern seit 1993 eine Ehe führen... Aber eben, wir haben uns immer "Luft" gelassen zum Atmen, und wenn's "räblet" wird's halt besprochen.Aber weißt du, es ist ja nicht "nur" in der Ehe so... Menschen behandeln sich allgemein mit weniger Achtung und Respekt .... Normen und Werte vermitteln ist eine große Kunst heute... In diesem Sinne "es lebe die Liebe!"


FRAU: Bravo Reto, Dur hast vollkommen recht. Ich gehöreauch zu den Idiotinnen, die an die grosses wahre und echte Liebe glaubt und Wochen lang einer Liebe hinterweint und alles anderen verstehenen es nicht mit dem Kommentar: "Was soll das, lass ihn doch gehen ,es gibt noch andere Fische im Teich!" Den Galuben an die grosse ewige Liebe muss ich allerdings erst wieder mühsam finden, leider!


FRAU: ja, so siehts doch echt häufig aus... aber: es gibt sie, die anderen. Und die sind nicht naiv, sondern echt, wahrhaftig, mit Tiefgang, bereit, Eigenverantwortung zu übernehmen, Respekt lebend nicht nur predigend und mit offenem Herzen dabei! So zählen doch auch mein Göttergatte und ich zur Spezies... seit 13 Jahren ein Paar und seit 8 verheiratet... KEIN Ende abzusehen! :-))) ... aufmunternd ist also: die guten Beispiele sehen :-)


FRAU: Es chnöpfli sett mer ha.... ON OFF. Ich dänke s födleblotte büebli mit em pfiilboge hätt mou e wiiterbildig nötig!


FRAU: ich dänke das Büebli sött eifach qualitativ besseri Pfiile verwände... dere wo so starki Widerhöögge dra händ dass mer sie nie meh cha useziehe ;-)


FRAU: Hihi das stimmt :-) also biete mer ihm e witerbildig a; welcher pfeil ist der richtige und wann wird er eingesetzt :-)

MANN: Naja, man kann die "alte" Art des sich niemals Trennen auch romantisieren. Meine Eltern haben sich nie getrennt (Walliser, katholisch, Kinder), meine Mutter ging aber zeitenweise durch die Hölle und ich und meine Schwester haben von klein auf einen kräftigen Knacks mitbekommen. Wäre da eine Trennung nicht für alle besser gewesen? Es gibt legitime Gründe, sich zu trennen. Zum Beispiel, wenn jemand mit der Lage nicht mehr zurecht kommt. Warum soll man sich (und meistens auch den anderen) quälen? Nur, weil man zu den ruhmvollen "ich-gebe-nicht-auf-Typen" gehören will. Eine eingegangene Beziehung kann aus verschiedensten Gründen scheitern, das ist einfach mal so. Sie kann ein Irrtum gewesen sein. Natürlich geht das heute ein bisschen sehr schnell. Aber oft ist eine schmerzhafte Trennung Ende und Neuanfang zugleich. Echte Liebe kann auch kurz sein, oder gar nie ausgelebt werden (gibt es auch). Wahre Liebe hat doch nichts mit der Dauer zu tun. Es wird mir in diesem Thread etwas zu fest gefeiert, wie ihr die einzigen seid, die zu wahrer Liebe fähig seid und standhaft zu Euren Liebsten steht. Alle anderen sind offenbar oberflächliche Pfeiffen. Glaubt mir, der aktive Part in einer Trennung zu sein, ist nicht einfacher, ich behaupte sogar, es ist der schwierigere und härtere Weg. Und man darf sich offiziell nicht so im Schmerz suhlen wie die Verlassenen. Es gibt immer zwei Ansichten - und es stimmen beide.

FRAU:  ich glaube nicht, dass es hier darum geht, "die einzigen zu sein, die zu wahrer Liebe fähig sind". Es geht darum festzustellen, dass in der Tat heute alles sehr schnell entsorgt wird (auch die Liebe). Dass es sicher einseitig werden kann, gehört manchmal zu solchen Diskussionen. Ich bin überzeugt, dass es die meisten so sehen wie ich (übrigens Scheidungskind): sinnvoll und respektvoll getrennt ist besser als auf Biegen und Brechen zusammenbleiben. Aber das eine vom anderen zu unterscheiden wissen, da liegt des Pudels Kern..

FRAU Kann mich nur anschliessen. Und es ist halt nun mal so, dass in dieser Diskussion offenbar mehrheitlich Leute teilgenommen haben, die kürzlich oder früher schon mal verlassen wurden - und bereit gewesen wären, an der Beziehung zu arbeiten, um zu sehen, ob sie nicht doch noch eine Chance gehabt hätte - anstatt von Anfang an ganz bequem alles hinzuschmeissen.

MANN:  Ich kann ja nur lesen, was da steht. Übrigens ist es oft so, dass die Leute gar nicht merken, dass der Prozess schon längstens in Gang ist und sie schon etliche Chancen gehabt hätten, an der Beziehung oder an sich zu arbeiten. Ich glaube, dass nur selten sich jemand aus heiterem Himmel von einem Partner trennt. Oft sieht der später Verlassene einfach die Zeichen nicht. Will sagen: der urpüngliche Text von Reto ist mir einfach zu einseitig. Oft sind da schon monate- ja jahrelange Prozesse im Gange. Das Ende kommt dann vielleicht plötzlich, aber vorher ist meistens schon viel passiert. Oft wird einfach zu wenig direkt kommuniziert über solche Dinge. Aber im Nachhinein so ein globales Urteil über die bösen, modernen Menschen zu fällen, die einfach skrupellos alles hinschmeissen - nein, das ist mir zu einfach gestrickt.

FRAU: das hast du gut gesagt! @MANN: ja, so wie du es beschreibst, gibt es das wirklich auch. Als Mediatorin und Coach arbeite ich seit Jahren mit Menschen und sehe das ganze Spektrum des hier im Forum Beschriebenen. Mal so, mal so. Für mich ist das Fazit dieser intensiven Diskussion hier: Das Thema scheint zu bewegen und das ist ja gut. Dabei objektiv zu bleiben, nicht in Opfer/Täter-Gedanken zu verfallen und so wenig wie möglich zu werten ist die Herausforderung.

MANN: Eben: mir ist der Text von M Fischer und auch die paar Kommentare dazu viel zu Opfer-lastig. So ist es einfach nicht. Das ist nur die eine (extreme) Sicht. Dir mag zwar aus Sicht der Betroffenen stimmen, lässt aber fast keine andere Realität zu.

FRAU:  goht jetzt i Legistuehl ond trinkt es Bier uf d Liebi. (Ond glaubed mer, ich gseh mi nach wenige Woche scho fascht gar nüm i de Opferrolle ;-)


MANN: Ich geh jetzt auf den Töff, da ist Opfer-Rolle gar nicht angesagt. Schönen Sonntag noch!

2. Juli 2011

Bis dass der Tod euch scheidet

Innert weniger Tage trennen sich in meinem Umfeld irgendwie auf einmal alle von ihren PartnerInnen. Und da red ich nicht von etwelchen Kurzbeziehungen, nein, vermeindlich glücklich verheiratete Ehepaare die x Jahre zusammen waren, genau so wie Pärchen ohne Trauschein, schmeissen den Bettel hin. Allein gestern hab ich diesbezüglich 2 SMS Mitteilungen erhalten. Ich frag mich darum an dieser Stelle zum ersten Mal ganz öffentlich, nachdem ich mir die Frage in den letzten Tagen öfter für mich gestellt habe: was ist eine Liebesbeziehung eigentlich noch wert im Jahre 2011?

Vermutlich nichts mehr. Oder zumindest nur noch wenig. Denn, kommt zB eine neue, interessante Person um die Ecke, welche eingeschlafene Bedürfnisse aktuell gerade besser abdecken kann, dann lässt man den alten Partner kurzerhand sitzen. Oder gibts Diskussionen innerhalb der Beziehung, wird das schnell mal anstrengend und man macht lieber Schluss. Die tägliche Arbeit im Stollen nimmt in unserem ach so zauberhaften Schoggi-Land sehr viel Zeit in Anspruch, da hat eine intensive Beziehung keinen Platz mehr: das Aus! Miteinander reden und sich Problemen stellen scheint mir in der Gesellschaft 2011 sowieso nicht mehr aktuell zu sein, Unzufriedenheit oder Angst werden runtergeschluckt, es kommt irgendwann zur Explosion und die Liebe geht den Bach runter. Dank viel Geld hat man die Möglichkeit sich selber zu verwirklichen, was auch schön ist, aber oft stört da der Partner und man erfüllt sich die Träume im Alleingang. Das Sexleben wird mit den Jahren - Stress sei dank - bescheidener, ein Partner sucht den Kick und das wars... es gibt tausend Gründe Beziehungen zu beenden.

Warum? Weil es einfacher und bequemer ist Schluss zu machen, als an sich und der Beziehung zu arbeiten. Gemeinsam an ihr zu wachsen. So wie es uns unsere Eltern vielfach vorgemacht haben oder es immer noch tun. Und da wundert mich dann auch nicht mehr, was ich diese Woche zu den aktuellen Scheidungszahlen in der Zeitung gelesen habe. Erneut eine Zunahme. Weit mehr als die Hälfte aller Ehen werden geschieden, die Zeit von der Hochzeit bis zur Trennung wird immmer kürzer. Das verflixte 7. Jahr wird schon gar nicht mehr erst erreicht. Viel lieber sucht man sich einen der oben erwähnten Türoffner und verlässt die Partie um nach kurzer Zeit vielleicht zu merken, dass das Vergangene vielleicht gar nicht so schlecht war. Aber dann ist es ja eh schon zu spät und wer will sich in Zeiten von ganzjährigen, emotionslosen Maskenbällen und Prozac & Co. schon einen Gesichtsverlust leisten... huch, das wäre ja ein Zeichen von Schwäche!

Meine Meinung dazu? Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte. Mit Menschen und Gefühlen wird heute umgegangen wie mit Handys oder Spielsachen. Machts keinen Spass mehr oder funktionierts nicht mehr 100 % schmeisst man es weg oder tauscht es aus. Und ich sensibler, naiver Depp glaube tatsächlich weiterhin an DIE grosse, ewige, wahre Liebe - während um mich herum gerade überall beziehungstechnisch die Welt untergeht!

Der grosse Held meiner Jugend brachte die Sache mit der Liebe bereits im Jahr 86 mit einem Vers aus dem Song "Alles Lüge" auf den Punkt:

"Selbst wenn du mich fragst, ob ich dich liebe und ich sag ja,
weiß ich manchmal nicht genau, ist das nun Lüge oder wahr.
Weil ich oft gar nicht mehr weiß, was ist das: Liebe.
Liebt der Papa sein Auto, liebt die Mama den Kaffee?
Liebt das Baby seine Windeln, wie der Weihnachtsmann den Schnee?
Lieben Kinder Schokolade wie die Hausfrau den Herd?!
Oder ist da mehr, oder ist da mehr?
Oder ist das, oder ist das alles Lüge."


Aber es geht auch anders und auch das beweist, mein Freund im Geiste Rio, der Meister der deutschen Sprache. Es gibt sie, die grosse und endlose Liebe. Man muss nur an sie glauben, dafür kämpfen und sich darauf einlassen: "Für immer und dich!"

27. Juni 2011

Aarau hat (s)einen Maienzug-Hit

Am Freitag ist es wieder so weit: Das Fest der Feste für alle Aarauerinnen und Aarauer. Bleibt zu hoffen, dass sich bis dahin auch bei mir die Festlaune noch einigermassen einstellt. Einen Grund zur Freude haben auf jeden Fall schon mal die SchülerInnen des Gönhard-Schulhaus. Für den diesjährigen Maienzug haben sich die Primarschule Gönhard und die Aarauer Band "Snöff" etwas ganz Spezielles einfallen lassen.

Schulleiter und Snöff-Keyboarder Dani Mettauer komponierte einen "Aarau-Song", dessen Refrain von über 100 Schülern vom Gönhard gesungen wird. Einen ähnlich grossen Chor hatte die Snöff-Truppe vor Jahren bereits an ihrer Seite, als man zusammen mit Fussballfans den "FC Aarau"-Song aufgenommen hatte. Nun also eine Art Neuauflage in Sachen Liebe zur Stadt. Ernst Buchinger von den Aarauer Turmbläsern lieferte dazu den passenden Bläsersatz. Anlässlich der Morgenfeier im Telliring findet die Uraufführung statt.


An der Plattentaufe am Samstag bekamen alle Mitwirkenden das Lied erstmals in seiner finalen Version zu hören. Schulleiter und Bandleader Daniel Mettauer lobte dabei seine Schülerschaft: "Ihr dürft stolz sein. Der Song wird bestimmt für alle Aarauer zum Ohrwurm." Taufpatin war übrigens die Stadträtin Jolanda Urech. Die CD ist ab sofort im Tourismusbüro Aarau Info für zehn Franken erhältlich.

ODER... direkt hier. Die ersten paar LeserInnen welche mir ein Email auf monsieurfischer(at)gmail.com schicken, erhalten eine Aarau-CD geschenkt!

26. Juni 2011

Happy Birthday Hero!

Werbung? Nein, aber immerhin hat mein Vater sein halbes Leben in der Lenzburger Firma verbracht. Und ich kenn vermutlich kein Hero-Produkt, welches ich nicht irgendwann schon mal probiert habe. Egal ob Rösti, Konfi oder die legendären Sip-Fruchtsäfte. Darum, Happy Birthday Hero: Die Idee, frisches Gemüse und Früchte haltbar zu machen, hatten vor 125 Jahren die zwei Schulkameraden Gustav Henckell und Gustav Zeiler. Sie gründeten 1886 die Lenzburger "Conservenfabrik" und bald lief die erste Erbsenkonservendose vom Band. Nach nur drei Jahren starb Zeiler. Dafür wurde ein Markenname geboren: Die Anfangsbuchstaben von HEnckell und des neuen Teilhabers Carl ROth ergaben "Hero" - inzwischen fast ein anderes Wort für Büchsen-Ravioli, Fertigrösti oder Erbsen extra-fein.

Bereits 1912 wurden aus Lenzburg 25 Sorten Konfitüre vertrieben, vom 500-Gramm-Glas bis hin zum 55 Kilogramm schweren Eichenholzkübel. Zum Klassiker auf Schweizer Tellern entwickelten sich die 1948 erstmals produzierten Ravioli aus der Dose und die Fertigrösti. Rund 4 Millionen Dosen oder 2000 Tonnen Ravioli wurden im vergangenen Jahr verkauft. Doch die Ravioli wie die Rösti aus dem Beutel produziert Hero längst nicht mehr selbst. In Lenzburg wird vielmehr Konfitüre für die Schweiz und den Weltmarkt gekocht. Asien ist - wie ich als Sohn eines ehemaligen Hero-Exportlers weiss - mit Abstand der wichtigste Markt. In Hongkong wird seit Jahren eine Zweigniederlassung betrieben. Aber auch am Stadtrand von Lenzburg nahm der Konzern im Frühling ein modernes Produktions- und Verwaltungsgebäude in Betrieb. Die Investitionen beliefen sich auf 35 Millionen Franken.

Nach der Übernahme durch Oetker vor 16 Jahren war Hero neu ausgerichtet und das Markengeschäft forciert worden. Die Zukunft von Hero liege bei der Babynahrung, sagte der Vorsitzende der Konzernleitung anlässlich der Geburtstags-Medienkonferenz. Tja, da werd ich dann wohl als Kunde nicht unbedingt in Frage kommen.

8. Juni 2011

ICF - ein Wolf im Schafspelz

Wer hat gestern Abend den "Club" im Schweizer Fernsehen angeschaut - oder besser hat ihn sich angetan? Ich war dabei, obwohl ich eigentlich mit einem ganz anderen Thema gerechnet hatte: Ich dachte ja, da heute in Bern die grosse Atomdebatte auf dem Programm steht, es gäbe noch eine Art Vorschau auf diesen vielleicht historischen Parlamentsentscheid. Nix wars, es ging um religiöse Heiler. Aufhänger für dieses Thema ist der Auftritt des umstrittenen Predigers Reinhard Bonnke am kommenden Weekend im Hallenstadion Zürich, beim sogenannten "The Big 15". Der Prediger und Missionar Bonnke versetzt Menschenmassen auf der ganzen Welt in blinde Euphorie, weil er behauptet, dass durch ihn Blinde wieder sehen und Taube wieder hören können. Er verspricht, wie Jesus himself, schlimmste Krankheiten heilen zu können. Am Pfingstsamstag predigt er vor ein paar tausend gläubigen Christen in Zürich, auf Einladung der selbsternannten Freikirche ICF. Freikirche? Für mich ist die International Christian Fellowship ICF eine Art Sekte, welche erzkonservative Inhalte verbreitet. Ich kenne eine Handvoll Menschen, die vor einiger Zeit auf den ICF-Zug aufgesprungen sind und inzwischen nicht mehr sich selbst sind. Oder anders gesagt, sich so verändert haben in ihren Ansichten und ihrem Wesen, dass da - meine Meinung! - nur eine zünftige Gehirnwäsche dahinterstecken kann.


In der Schweiz verdanken wir die ICF dem Leo Bigger - er war gestern Abend auch zu Gast im Club beim Schweizer Fernsehen. Wenn man ihn anschaut, dann könnte man denken er sei gerade erst von Take That abgesprungen und mache nun eine Solokarriere als Popstar. Doch, es ist schon ein paar Jahre her, da hab ich als Journi diesen werten Herrn einmal getroffen. Unser Gespräch war sehr kurz, aber meine Meinung war auch schnell gemacht. Tja und da ich ahne wie die Anwälte von ICF funktionieren, belasse ich es nun auch mit weiteren Meinungsäusserungen zu diesem Thema. Ich möchte aber gerne aus der WOZ vom 4. November 2010 zitieren. Printjournalist Carlos Hanimann hat Leo Bigger fast 3 Stunden lang interviewt, die ICF durchleuchtet und unter dem Titel "Der Seelenfänger von Zürich" ein eindrückliches Profil erstellt:

"Irgendwann verliert er die Beherrschung. Seit zwei Stunden lässt sich Leo Bigger befragen – über Gott und über die Welt. Im wörtlichen Sinn. Bigger ist Senior Pastor der International Christian Fellowship (ICF), der grössten Freikirche in der Schweiz. Er wählt seine Worte sorgfältig, wägt ab, relativiert. Er gibt sich offen, tolerant, ausgeglichen. Keineswegs der christliche Fundamentalist, als der er mir vorgängig beschrieben wurde, für den nur die Bibel zählt, der die Welt in Gut und Böse einteilt, in Christen und Nichtchristen, in Himmel und Hölle. Doch dann redet sich der Pastor plötzlich in Rage. In Frankreich sei es einfacher, eine Moschee zu bauen als eine Freikirche. Er verschränkt die Arme. Wartet. Er spreche aus Erfahrung, sagt er dann, und um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen: «Ich habe nichts gegen Moslems, aber es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Frankreich ein muslimisches Land ist.» Der Satz kommt unerwartet. Bigger legt den Kopf nach hinten, streckt sein Kinn trotzig nach vorne. Ist das sein Ernst? Oder nur Provokation? «Und in der Schweiz?», frage ich. «Besteht diese Gefahr auch hier?» – «Ja, logisch. Dort, wo man die Moslems reinholt, ist das nur eine Frage der Zeit.»

Leo Bigger, gebräuntes Gesicht, blonde Kurzhaarfrisur, trägt ein weisses Poloshirt, das er vorne über der Gürtelschnalle in die Hose gesteckt hat, leicht zerrissene Jeans und eine schwarze Jacke. In der Linken hält er einen Kaffeebecher, in der Rechten eine Bibel mit orangem Umschlag, die er sich unter den Arm klemmt, um uns zu begrüssen... Wir folgen Bigger in die grosse Halle. Das alte Fabrikgebäude auf dem Maag-Areal dient der ICF-Gemeinde seit 2003 als Kirche. 3500 Quadratmeter, verteilt auf drei Stockwerke: Seminarräume, Arbeitsplätze, ein Café – und natürlich die sogenannte Celebration Hall, wo an diesem Tag vier Gottesdienste, eine Kindersegnung und eine Taufe stattfinden. 35 000 Franken Miete zahlt die Freikirche jeden Monat. Neunzig Prozent der Kosten deckt sie durch regelmässige freiwillige Spenden, den biblischen Zehnten, den ihr die Anhänger abliefern. Rund zehn Prozent erhält die ICF über Kollekten während des Gottesdienstes. Insgesamt macht das pro Jahr in der Schweiz 4,2 Millionen Franken Einnahmen...

Bis zu 3000 Gläubige kommen jeden Sonntag hierher, um Pastor Leo predigen zu hören, mit ihm zu beten und Gott zu lobpreisen. Aber eineinhalb Stunden vor der ersten Celebration, wie der Gottesdienst in der ICF heisst, ist die Halle kalt und leer. Knapp zwei Dutzend Freiwillige und Angestellte sitzen auf anthrazitfarbenen Plastikstühlen und lauschen aufmerksam einer jungen Frau, die fröhlich den Tagesablauf erklärt: Celebrations, Theaterstück, Klaviersolo des zwölfjährigen Cédric, Kindersegnung – und am Abend die Taufe als Höhepunkt, für die in der Hallenmitte ein kleines Bassin aufgestellt wird. Sie gilt als eigentliche Initiation, sie ist das Bekenntnis zu Jesus: Die erwachsenen Frauen und Männer, die sich taufen lassen, schliessen mit ihrem alten Leben ab und versprechen, ihr Leben fortan mit Gott zu gehen.

Mittendrin sitzt auch Leo Bigger... Die Stimmung ist gut, fast schon unwirklich: keine Morgenmuffel, keine Müdigkeit, kein Misstrauen. Im Gegenteil: Freundlichkeit überall, Offenheit, Herzlichkeit. Es scheint, als wären die Anwesenden auf unseren Besuch vorbereitet...

Bigger wuchs in Buchs im St. Galler Rheintal in einer katholischen Familie auf, besuchte wöchentlich die Kirche, war später Minis­trant, pilgerte einmal im Jahr mit der Familie nach Einsiedeln. Er fand das «megageil» und «krass». So redet Bigger, der 42-jährige Kopf der ICF. Ein Erwachsener mit Jugendsprache. Auf den ersten Blick scheint das aufgesetzt, künstlich. Aber Bigger hat die Rolle des coolen, jung gebliebenen Priesters in den letzten fünfzehn Jahren so verinnerlicht, dass er sich tatsächlich immer so ausdrückt. Seit 1996 leitet er die Freikirche... Leo Bigger verkörpert die ICF wie kein anderer. So, wie er auftritt, ist auch die Kirche: modern in der Erscheinung, erzkonservativ im Inhalt.

Er gab der Kirche ein modernes Kleid, nur zwei Sachen waren für ihn unantastbar: Gott und die Bibel. Angelehnt an angelsächsische Evangelikale, ist die ICF heute eine eigentliche MTV-Kirche: multimedial, poppig, massentauglich. Ihre Botschaft verbreitet sie auf allen Kanälen: in der Kirche, über Face­book und Twitter und neuerdings auch im Fernsehen auf den Privatsendern StarTV und Das Vierte...

Einen Monat lang besuchte ich sonntags die Celebrations der ICF, sah mir alte Predigten von Leo Bigger und seiner Frau Susanna als Podcasts an und hörte christliche Lieder, sogenannte Worshipmusik. Die Botschaft war im Wesentlichen immer dieselbe: Gott liebt dich, Gott nimmt dich auf, wenn du so lebst, wie er es verlangt. Was fasziniert Tausende, vorwiegend junge Erwachsene an dieser Kirche, ihrer Botschaft und ihrem Priester? Warum verstehen aufgeklärte Menschen Homosexualität oder ausser­ehelichen Sex als Sünde? Warum erklären sie psychische Krankheiten mit dämonischer Besessenheit? Oder warum lehnen sie es ab, Harry Potter zu lesen, weil es in diesen Büchern um Zauberei und dunkle Mächte geht?...

Raphael wirkt entspannt, wenn er spricht, offen und ehrlich. Schon nach wenigen Minuten wird er persönlich und erzählt von den Schwierigkeiten in einer «Mischpartnerschaft mit Nichtgläubigen» und warum es richtig sei, mit dem Sex bis zur Ehe zu warten («Das hat mich davor bewahrt, ungewollt Kinder zu kriegen»). Meine Skepsis, was die konservativen Botschaften der ICF angeht, überstrahlt er mit einem Lächeln. Er weiss Gott auf seiner Seite. Daran kann niemand rütteln...

Die wöchentlichen Gottesdienste machen nur einen kleinen Teil des christlichen Lebens aus. «Mit Gott zu gehen» bedeutet, immer im Sinne Gottes zu handeln, die zehn Gebote dienen als Anleitung dazu. In internen Unterlagen der ICF, wo die Anforderungen für Leiter der Kirche festgehalten sind, tönt das beispielsweise so: «Er hat einen guten Ruf. Er ist ehrlich, lügt nicht. Er hat kein Problem mit Alkohol. Er hat einen guten Umgang mit Geld. Er hat keinen ungläubigen Partner. Er soll nur mit einer Frau verheiratet sein. Wer den Sex ausserhalb der Ehe auslebt, kann diesen Punkt nicht erfüllen.» In einem anderen Papier heisst es: «Du kannst nicht Christ sein ohne Mission, ohne zu dienen.» Oder zum Thema Selbstverantwortung: «Ich verstehe mich als treuer Verwalter meines Geldes und gebe Gott, was ihm gehört, indem ich den Traum von ICF finanziell mittrage.»

Trotzdem stellt sich die ICF gerne als weltoffene Gemeinde dar, verwahrt sich gegen den Vorwurf, dass sie sich und ihre AnhängerInnen abgrenze und eine eigentliche Parallelgesellschaft bilde. Auch die Vorwürfe, dass sie ihren AnhängerInnen das Geld aus der Tasche ziehe, weist die Freikirche vehement von sich. Das sei ein Versuch, die ICF als Sekte zu verunglimpfen. Aber auch für die konservativen Inhalte wird die ICF immer wieder kritisiert. Das Schwarz-Weiss-Denken, die Spannungen mit Nichtchristen, die engen gesellschaftspolitischen Ansichten – das alles verträgt sich kaum mit einer offenen, komplexen und uneindeutigen Welt...

Leo Bigger trinkt einen Schluck Wasser und schimpft über die Journalisten. Nach zwei Celebrations, einer Führung durch die ICF-Räumlichkeiten und einem längeren Gespräch mit dem Pressesprecher sitze ich Bigger in einem kahlen Büroraum gegenüber. Er lese keine Zeitungen, sagt er. Was da alles verdreht und gelogen werde. Einzig Radio Energy hört er manchmal, er mag den Sender. Mainstream, poppig, einfach gestrickt. «So wie ich auch bin. Das finde ich cool.» Aber was sogenannt seriöse Zeitungen schrieben, sei ärgerlich. Fast zwanzig Minuten lang wettert er drauflos. Einige Tage vor unserem Treffen war ein Zeitungsartikel über Bigger erschienen, der ihm unterstellte, den jungen AnhängerInnen jährlich Millionen abzuknöpfen. Bigger wirkt getroffen, verletzt, ein wenig unberechenbar wie ein angeschossener Löwe. Er ist in Verteidigungshaltung, spricht über die jahrhundertelange Verfolgung der Kirchen, über Hetzkampagnen, mit denen versucht werde, die ICF in die Sekten­ecke zu drängen. Er hätte jetzt mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen zu Mittag essen können, statt sich interviewen zu lassen. Es klingt wie eine Drohung: «Don’t fuck around with my time», sagt er, bevor ich endlich eine Frage stellen kann.

In der Folge sprechen wir über seinen katholischen Hintergrund, über seine Prinzipien, über die Botschaften, die er verbreitet. Dabei gibt sich Bigger äusserst tolerant und vorsichtig. Auch beim Thema Sexualität hält er sich zurück, relativiert. Er behauptet, dass es «tonnenweise» Schwule in der ICF gebe. «Die Kirche ist offen für jede Person.» Erst als ich frage, wie er es fände, wenn seine Söhne schwul wären, stockt er. «Dann hätte ich natürlich schon ein paar Fragen.»

Bigger ist ein Mann der Widersprüche, das wird in unserem fast dreistündigen Gespräch klar. Er predigt gegen den Schönheitswahn, gegen MTV, gegen den schnöden Mammon. Gleichzeitig könnte der trainierte Pastor, der sich einmal im Monat eine neue Frisur verpassen lässt, ebenso gut als hipper Moderator des Musiksenders durchgehen.

Bigger ist ein Versteckspieler. Im Gespräch weicht er aus und verliert sich in Anekdoten. Erst wenn er in die Ecke gedrängt und provoziert wird, sagt er beispielsweise: «Egal, ob jemand schwul ist, ausserehelichen Sex hat oder süchtig ist: Irgendwo ist in seiner Identität etwas verkrümmt. Das muss man geradebiegen.»

Bigger ist ein Fundamentalist – was sachliche Diskussio­nen fast verunmöglicht. Alles läuft auf die gleiche Antwort hin­aus. Jede Kritik, jedes Zweifeln wehrt er ab. Denn am Ende einer Fragereihe steht immer das endgültige, unüberprüfbare und dar­um unangreifbare Argument: Gott.

Bigger ist ein Provokateur. Er behauptet, mit Macht nichts anfangen zu können, betont aber während des Gesprächs immer wieder, wie viel Einfluss er und seine Kirche hätten. Obwohl sich Bigger als unpolitisch bezeichnet, steht er der SVP nahe, mag Blocher, weil der «es mal sagt». Und vielleicht funktioniert Bigger sogar nach einem ähnlichen Prinzip: Er gibt einfache Antworten, wo es keine einfachen Antworten gibt. Das lockt die Leute an. In ungewissen Zeiten sowieso. So fängt er die verlorenen Seelen ein.

Aber irgendwann verliert Bigger während des Gesprächs die Beherrschung. Er holt aus zu einer Tirade gegen den Islam, versteigt sich zu Verschwörungstheorien, wonach es einen muslimischen Plan gebe, Europa zu erobern, indem «die Araber» mehr Kinder zeugten als die Europäer. Er glaubt, dass die Schweizer ihr Land aus den Händen gäben, dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis wir in einem «Moslemstaat» lebten. Er empört sich, dass die Journalisten versuchten, die ICF mit missionarischem Eifer zu bekämpfen, dass seinem Sohn in der Schule beigebracht werde, dass der Mensch vom Affen abstamme, dass den Landeskirchen vom Staat «das Geld in den Arsch» geschoben werde. Der Rundumschlag dauert eine halbe Stunde."

Der obige Beitrag besteht aus Auszügen aus dem Originalbericht, welcher hier bei der WOZ nachzulesen ist. Fotos: Facebook

1. Juni 2011

EHEC, der Kachelmann ist schuld!

So, nach 30 Tagen mit Musik geht es ab heute wieder los hier im Blog mit Buchstaben. Vieles hat sich angestaut im letzten Monat, aber für 2 Beiträge pro Tag war dann nur selten Zeit. Egal, ab heute darf ich wieder in die Tasten hauen, Schluss mit der Musik. Und ich möchte zur Feier des Tages gleich mitteilen, dass ich das Rätsel um das EHEC-Bakterium gelöst habe. Also ich kann zwar auch keinen Impfstoff bieten, aber ich weiss, wer an dieser Kacke schuld ist: der Kachelmann wars!

Gestern wurde Jörg Kachelmann bekanntlich vom Gericht in Mannheim frei gesprochen. In meinen Augen ein korrektes Urteil. Klar, auch ich war in der vermeindlichen Tatnacht nicht dabei, aber der Kachelfrosch wurde in meinen Augen zu sehr an den Pranger gestellt, als dass es ein anderes Urteil als den Freispruch hätte geben können. Erst recht bei dieser Sachlage: Aussage gegen Aussage. Im Zweifel für den Angeklagten, hiess es da richtigerweise. Die ganzen Umstände rund um diesen Prozess waren schon irgendwie komisch, ich hab vor knapp 1 Jahr mal darüber geschrieben, wers noch genauer haben möchte, was ich mit komisch meine, der kann auf diesem Blog unzählige Ungereimtheiten nachlesen. Wenn der Richter den Vater des "Opfers" persönlich aus dem Turnverein kennt und Kachelmann in den Medien andauernd mit Namen und Foto, die Klägerin (bürgerlich Claudia Simone Dinkel aus Schwetzingen) hingegen mit falschem Namen und sauber verpixelt dargestellt wird, dann stinkt das in meinen Augen bis zum Himmel. Nun gut, Kachelmann wurde zwar freigesprochen, aber der Richter konnte sich scheinbar auch im finalen Moment die faule Sprüche nicht verkneifen und liess es so aussehen, als hätte er den Angeklagten eigentlich lieber ins Gefängnis gesteckt.


Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck, nachdem ich mir ein paar deutsche Zeitungen durchgelesen und "Markus Lanz" im ZDF angesehen habe. So unter dem Motto "wir mussten ihn halt frei sprechen, es blieb uns Nichts anderes übrig. Aber wenn es nach mir gegangen wäre, dann...". So gesehen ist Kachelmann seit gestern eben doch kein wirklich freier Mann. Das Urteil wird ihn noch lange verfolgen, gewisse Medien werden alles dafür tun, ihn weiterhin als DEN Schuldigen darstellen zu können. So gesehen ist der Wetterfrosch gestraft, obwohl er ja laut Gerichtsrteil unschuldig ist. Entsprechend ist er nun einfach für alles schuld, was gerade anfällt: das aktuelle Regenwetter, die EHEC Bakterien und das elende Chaos bei der FIFA - oder will etwa jemand behaupten, das sei die Schuld von Sepp Blatter? Spass beseite. Was ich damit sagen will, Kachelmann wird sich hüten müssen, in Zukunft zB einen schlüpfrigen Witz in Richtung einer Frau zu machen. Auch flirten in einer Bar dürfte schwierig sein, ja sogar eine Tanzaufforderung am Turnerabend könnte zum Eigentor werden. Von Sessions mit der Blick/Ringier Fotografin Toini Lindroos rate ich ihm - aus bekannten Gründen - ebenso ab, wie vom Besuch der Luftgitarren-WM. Überall lauern die ehemaligen Lausemädchen. Die Medien haben den Mann sowas von durch den Dreck gezogen, dass eine Rehabilitation schwer fällt. Klar, es gibt bei der Geschichte auch die Seite der Frau, aber die wurde ja von Alice Schwarzer in diversen Talkshows immer wieder tränenreich erzählt. Zudem, und das ist meine ganz persönliche Meinung, für mich gabs diesbezüglich irgendwie zu viele Ungereimtheiten was ihre Aussagen angeht. Dieses Gefühl wird nun durch den Richterspruch bekräftigt, immerhin hiess es während dem Prozess, dass ihre nicht öffentliche Aussage auf das Urteil einen grossen Einfluss haben werde. Nun, scheinbar waren auch diese Ausführungen auch nicht ganz koscher...

Aber eben, ich war in dieser ominösen Nacht zum Glück nicht dabei. Es geht mich auch beim besten Willen nichts an, was Jörg Kachelmann in seiner Freizeit treibt und seine Ex Freundin kenn ich auch nicht persönlich. So gesehen fällt es mir natürlich leicht, aus der Ferne zu urteilen. Ohne wirklich die Details zu kennen. Aber immerhin drucke ich meine Spekulationen nicht auf Zeitungspapier und verkaufe sie für teures Geld - als angebliche Fakten getarnt.

A propos Fakten. Diese fehlen derzeit in Sachen Darmbakterien - EHEC ist das Stichwort. Scheinbar sind die Neuinfektionen derzeit rückläufig, gleichzeitig erfahren wir aber, dass die Gurken aus Spanien eventuell doch nicht die Bösen sind. Also dann doch die Killertomaten? Oder die Zucchini? Oder die Haustiere? Wer weiss es... Fakt ist doch, dass auch bei dieser Geschichte irgendetwas faul ist. Die Fälle treten eher regional auf, zudem gibt es eine Aussage, wonach eine ganze Ladung spanischer Gurken in Hamburg vom Laster gefallen ist. Und wer schon einmal so einen grossen Warenumschlagplatz live gesehen hat, der weiss, dass Hygiene anders aussieht. Zumindest am Hafen in Marseille möchte ich nichts essen, dass da schon einmal auf dem Boden gelegen hat. Und der Hamburger Hafen dürfte nicht viel sauberer sein. Nun, seis drum. Wir wissen derzeit nicht, was wir nicht essen dürfen. Im Internet wird darum schon einmal spekuliert, dass ja vielleicht die Islamisten schuld sein könnten am Übel. So eine Art Kachelmann-Effekt quasi, die armen Araber sind auch immer schuld, wenn man sonst niemanden mehr findet. Auch hier gilt, die ganze Sache ist unschön und für die Betroffenen traurig. Aber ist es nicht so, dass aktuell eventuell auch einfach mehr Leute zum Arzt gehen, wenn sie Durchfall, haben als sonst und die Statistik ankurbeln? Mal ehrlich, wie oft hat man mal Dünnpfiff, aber deswegen geht man doch in normalen Zeiten niemals zum Doktor. So gesehen kann es ja gut sein, dass wir alle schon einmal eine EHEC Infektion hatten in all den Jahren, aber es halt gar nicht gemerkt haben. Analog der Schweinegrippe. Nein? Ich liege falsch? Okay, Kachelmann ist schuld. Oder der Araber. Einzig Sepp Blatter kann nichts dafür, wie immer.


23. Mai 2011

Nach ESC und DSK nun EHEC

Da haben wir uns wohl zu früh gefreut, von wegen "war wohl nix mit dem Weltuntergang". Nein, nun geht es los und wir werden alle sterben. Am Angriff der Killertomaten, quasi. Schuld daran sind die beschissenen EHEC-Baktierien - wobei EHEC übrigens für das einfache Wort "Enterohämorrhagische Escherichia-coli" steht. Die Ärzte warnen bereits vorm Verzehr von Rohkost, dass das Bakterium mehr Frauen als Männer betrifft ist somit kein Zufall, denn Fleisch ist unser Gemüse! 

Man sollte ja keine Witze über die aktuellen Fälle machen. Wens betrifft, der ist scheinbar wirklich übel dran. Aber ich will ja auch keine Sprüche über die Opfer machen, vielmehr geht es mir darum, dass die Medien scheinbar aus Waldsterben, Borkenkäfer, BSE, Schweine- und Vogelgrippe nichts gelernt haben. Noch immer wird in den Boulevardblättern mit der ganz grossen Kelle angerichtet und Panik verbreitet. Und entsprechend müssen auch die seriösen Medien (ARD-Tagesschau, WDR5 und Co.) mitziehen um nicht an Publikum zu verlieren. Noch haben die Experten keine Ahnung, woher die Häufung der EHEC-Fälle kommt und wer daran schuld ist. Allerdings reicht mir die Vermutung, dass versuechte Gülle auf verteilte Gemüsefelder verteilt wurden aus, um mich zu ärgern. Eben, wir haben nichts gelernt und wir wollen glaub einfach auch gar nichts lernen aus vergangenen Fehlern. Aber hauptsache alle Lebensmittel werden im Laden immer billiger und im Januar gibts schon Erdberen oder Spargeln... und dann motzen, wenn wieder eine Pandemie ausbricht. Verrückte Welt. Nun gut, ich hab heut im eigenen Garten Krautstiel, Broccoli, Peperoni und Salate angepflanzt. Ebenfalls gibts Gurken und Tomaten. Und dass man Gemüse vor dem Essen und Hände nach der Toilette waschen muss, das hab ich schon als Kind gelernt. Schade, dass sich - vorallem Männer - nicht genau an diese simplen Regeln erinnern. 

Schauen wir halt mal, ob es sich bei EHEC um den ersten Vorboten des alljährlichen Sommerlochs (ja, die Aschewolke ist auch schon wieder da!) handelt oder ob wir diesen Sommer wirklich nur gekochtes Gemüse aus der Konserve geniessen werden... Aber seien wir ehrlich, die Simpons haben es - mal wieder- schon lange gewusst:

20. Mai 2011

Am Samstag geht die Welt unter!

War wohl nichts mit dem Maya-Kalender und 2012. Schon morgen heisst es: "Goodbye World!" Wer das behauptet? Er hier, der Radioprediger Harold Camping aus den USA. Und seien wir ehrlich, wenn dieser Mann das sagt...

... dem verzeiht man dann auch, dass er sich schon einmal geirrt hat bei diesem Thema. Aber um korrekt zu bleiben, am Samstag geht die Welt nicht direkt unter. Sondern der Untergang wird eingeläutet und zwar damit, dass Jesus Christus auf die Erde zurückkehrt. Ab dann geschehen dann Ereignisse, welche in der Bibel bereits in der Apokalypse des Johannes geschildert werden. Mich beschäftigt in diesem Zusammehang vorallem zwei Fragen, wenn Jesus auf die Erde zurückkommt: 1: Wo war er die ganzen Jahre über? 2. Wo wird er ankommen? 

Aber jetzt mal Spass beiseite, die Lage ist ernst. Das sagen zumindest fundamentalistische Christen aus den USA. Der äusserst bibelfeste Harold Camping aus Oakland in Kalifornien, ist ein Ingenieur im Ruhestand und arbeitet als Radioprediger arbeitet - also so eine Art Mike Shiva der USA. Er hat den wegweisenden Termin errechnet. Zahlen aus der Bibel haben ihn zu dem Ergebnis gebracht: am Samstag, 21. Mai 2011 ist es soweit.

Seine Jünger des sogenannten Family Radio verbreiten die Nachricht des Doomsday derzeit übers Netz und auch auf den amerikanischen Strassen. Denn immerhin hat eine Überlebenschance, wer sich noch kurzfristig zu einem anständigen und Gott gefälligen Leben entschliesst. Es ist also noch nicht zu spät, Freunde. Im ganzen Land haben Campings Anhänger Geld gesammelt, um in Leuchtreklamen ihre Nachbarn vor dem Jüngsten Gericht zu warnen. "Return of Christ. May 21, 2011". Immerhin 200 Millionen Menschen sollen ihrer Ansicht nach noch gerettet werden. Aber auch in den USA gibt es eine Handvoll vernünftiger Menschen, so tauschen sich Zyniker darüber aus, dass sie ihre Steuerklärung nicht fertig machen müssen. Für Samstag werden bereits Weltuntergangsfeten vorbereitet und eine Facebook-Seite, die zu apokalyptischen Plünderungen aufruft, hat schon 170.000 Mitglieder.

Doch nicht alle Menschen reagieren so gelassen auf derart düstere Prophezeiungen. Es war zwar nicht der Weltuntergang, den der italienische Naturkundler Raffaele Bendani Mitte des 20. Jahrhunderts für den 11. Mai 2011 prophezeit hat, aber immerhin ein schweres Erdbeben in Rom. Tatsächlich blieben mehr als ein Fünftel der Römer am 11. Mai zu Hause. Büros und Fabrikhallen waren ebenso unterbesetzt wie die Klassenzimmer. In Rom hat dann schlussendlich die Erde an diesem Tag nicht gebebt, dafürt erlebte Südspanien eines der schwersten Erdbeben seiner Geschichte. Zufall? Man weiss es nicht.

Aber eben, der Mensch braucht irgendwie immer was, vor dem er sich fürchten kann, die Schweinegrippe ist nur ein aktuelles Beispiel. Was passiert wenn wir mal keine Angst haben, das sehen wir in diesen Tagen gerade anhand des Volkssports Planking. Uns wird langweilig und wir machen uns lächerlich. Blenden wir zurück - in eine Zeit als es noch kein Planking gab: Als sich im Mai 1910 der Halleysche Komet der Erde näherte, brach in Europa eine Massenpanik aus. Die Gase in seinem Schweif, so glaubte man, würden der Menschheit den Tod bringen. Tausende rüsteten ihre Familien mit Gasmasken aus. Viele verschenkten ihren Besitz. Etliche nahmen sich aus Angst sogar das Leben. Beichtväter hatten Hochkonjunktur. Aber auch in den Etablissements des Rotlichtmilieus war so viel los wie nie.


Bloss, was genau passiert nun Samstag mit der Erde? So ganze genau will sich der Preidger dann doch nicht äussern. Er verweist auf die Apokalypse und den Umstand, dass es in Haiti und Japan schwere Erdbeben gegeben hat und auch der Tsuniami und die Atomkatastrophe waren - nach seiner Meinung - kein Zufall. Schuld daran ist der Zerfall der moralischen Werte, er Camping rät darum man soll viel Beten und die Zeit bis zum Oktober mit Freunden und Verwandten verbringen. Denn schliesslich wisse man nicht, wann man diese Menschen zum letzten Mal sehen werde. Den Anfang vom Ende soll übrigens ein schweres Erdbeben in Kalifornien machen, aber seien wir ehrlich, auf den Big One warten die Menschen im südwesten der USA eigentlich schon seit Jahren.

Einen Denkfehler hat der arme alte Mann aber irgendwie gemacht, ich bin zwar überhaupt nicht bibelfest, aber ein bisschen Google hilt um auf das Matthäus-Evangelium verweisen. Dort sagt Jesus in Kapitel 24 auf die Frage der Jünger, wann er denn ein weites Mal auf die Erde kommen würde. "Jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater." Amen!

10. Mai 2011

Stierkampf, Kultur? Die spinnen, die Gallier!

Stierkämpfe sind französisches Kulturgut. Ja, richtig gelesen. Nicht etwa spanisches, nein, französisches Kulturgut. Und weil das so ist, dürfen sie in Frankreich weiterhin durchgeführt werden. Diesen Entscheid hat das französische Kulturministerium letzte Woche gefällt. Ich bin ja wahrlich ein Mensch, der Frankreich mag, ja sogar von ganzem Herzen liebt. Aber wenn ich solche News höre, da bleibt auch mir nur ein heftiges Kopfschütteln. 


Selber habe ich in Frankreich bis heute nur die sogenannten Courses Camarguaises, also die unblutige Form des Stierkampfes, live miterlebt. Da geht es in den südfranzösischen Dörfern darum, den mutigsten jungen Mann zu finden, der es zum Beispiel wagt, dem Stier ein farbiges Bändchen oder einen Bommel vom Kopf zu reissen. Meist finden diese Fêtes votives in unzähligen Orten des Rhônedeltas gegen Herbst, wenn die Tiere von der Weide zurück auf den Hof geholt werden, statt. Aber eben, auch da kann man darüber diskutieren, wieviel Spass diese Spielchen den Tieren machen. Der Schutz für die Männer ist eine farbige Holzwand, hinter der sie sich verbergen können. Bloss, springen auch die provozierten Stiere normalerweise dagegen. So kommt es nicht selten zu Kopfverletzungen oder dem Verlust des Augenlichts.

Aber eben, in Frankreich gibts eben auch die anderen Anlässe, die Courses des Taureaux. Denn nicht nur in Spanien, sondern eben auch in Frankreich gehört diese perverse Form der Tierquälerei seit Jahrhunderten zur kulturellen Tradition. In rund 60 Städten in Frankreich werden jährlich blutige Stierkämpfe veranstaltet. In südfranzösischen Regionen geniesst der Stierkampf darum schon seit Jahren einen gesetzlichen Schutz. Dieser wird durch das Urteil des Kulturministeriums gestärkt, es ist nun fast nicht mehr möglich, rechtlich gegen diesen Tiermord vorzugehen. Aber seien wir mal ehrlich, Stierkampf eins französisches Kulturgut? Da geht es schlicht darum, die sensationsgeilen Touristen ins Land zu locken, nachdem Spanien die blutigen Kämpfe nach und nach verbietet.

Denn die gegenwärtigen Formen der französischen Tradition entwickelten sich erst ab dem 19. Jahrhundert. Wann und wo der erste Stierkampf in diesen Gegenden stattfand, ist nicht bekannt. Sicher ist jedoch, dass diese "Tradition" aus Spanien eineführt wurde. Wie schon erwähnt, war das Einzigartige an der französische Variante der Stierkämpfe, dass die Stiere nicht immer zum Kampf gezwungen werden. Trotzdem werden leider in den letzten Jahren immer mehr Kämpfe nach brutalen spanischen Regeln veranstaltet und dabei Stiere getötet. Oder fast noch gemeiner, sie erleiden durch die Folgen des Kampfes erhebliche Verletzungen, die früher oder später zum Tod führen.


Warum gerade Frankreich? Verdammt. Atomtests, Vertreibung von Roma, militärische Angriffe auf souveräne Staaten, krasse CRS Einsätze in den Banlieus... die Liste ist lang und wir nun noch durch diesen sinnlosen Beschluss des Kulturministers ergänzt. Sinnlos vorallem ja darum, weil im Mutterland des Stierkampf,  in Spanien, das blutige Spektakel immer stärker umstritten ist. In der nordspanischen Region Katalonien soll er ab 2012 gesetzlich verboten werden. Tierschützer der Organisation „Prou“ hatten erreicht, dass das Parlament im letzten Jahr einen entsprechenden Beschluss fasste. Die spanischen Befürworter wittern nun aber dank dem Entscheid der gallischen Nachbarn aber Morgenluft und streben ebenfalls danach, diese barbarische Sitte mit Hilfe der UNESCO-Konvention vor ihrem Ende zu bewahren.

Und rein vom Gesetz her könnten sie damit sogar noch durchkommen. Denn im Vertrag von Lissabon werden beim Tierschutz explizit Ausnahmen vorgesehen, die auf "kulturelle Traditionen" Rücksicht nehmen. Dazu gehören "Praktiken, Darbietungen, Ausdrucksformen, Kenntnisse und Fähigkeiten" die als Teil ihres kulturellen Erbes angesehen werden. Tierquälerei wird in diesem Vertrag nicht explizit erwähnt... Faktisch sind also alle Formen der archaischen Tradition des Stierkampf in Zukunft möglich. Während eine grosse Mehrheit der Franzosen diese Quälerei der erwiesenermassen empfindungsfähigen und sensiblen Tiere ablehnt, machen sich konservative Kreise ein Hobby daraus, sie zu fördern. Gründe? Wie erwähnt bestimmt der Tourismus, aber in meinen Augen sind das bereits erste Auswüchse des rechten Präsidentschaftswahlkampfs 2012. Da rechnen genau diese konservativen Gruppierungen mit immensen Wahlerfolgen. Ihre Spitzenkandidatin Marine Le Pen hatte ja bereits Anfang dieses Jahres angekündigt, unpoluläre Themen anzusprechen, an denen sich bislang niemand die Finger verbrennen wollte... Bonne Nuit la Grande Nation!

28. April 2011

Hochzeit abgesagt - wegen Sony Datenpanne!

Ja, da staunt ihr jetzt. Die Hochzeit zwischen Prinz William und Kate Middleton wird abgesagt. Grund? Der Datenklau bei Sony. Die gute Queen Elisabeth hat natürlich auch ein Konto auf dem Playstation3-Netzwerk, denn was soll so eine Königin auch sonst machen den ganzen langen Tag über - ausser Zocken und Gin trinken. Beides gibt die Königin übrigens selber als ihre persönlichen Vorlieben an. Tja und die königliche Kreditkarte wurde vom bislang grössten Datenklau in der Geschichte des Internets eben auch in Mitleidenschaft gezogen. Die dreisten Diebe haben ihre Platinkarte schamlos missbraucht und kurzerhand die royalen Konten geleert. Nun ist morgen nix mehr mit Hochzeit feiern, denn nicht einmal eine Queen kann so einfach schnell 12 Millionen Euro aus der Portokasse nehmen. Aus Frust hat die Kate den William übrigens bereits verlassen und ist ab sofort wieder auf dem Markt...


Wer sich jetzt fragt, wieviel Pastis ich am frühen Morgen schon intus habe oder woran ich sonst leide - nix da, alles im grünen Bereich bei mir. Vielleicht so kurz vor dem Geburi ein leichter Anflug einer Midlife-Krise, aber das geht vorbei. Nein, ich hab ja selber ein Accout beim PS3-Network und habe da natürlich auch brav meine Kreditkartennummer eingegeben. Nun bin ich echt mal gespannt auf meine nächste Abrechnung. Inzwischen haben mir Viseca und Sony mitgeteilt, dass man sich um das Problem kümmern werde und die Kunden mit keinerlei Verlust rechnen müssen. Was aber, wenn die Datendiebe schlau sind und die Beträge erst in ein paar Monaten abbuchen, wenn niemand mehr was vom Problem wissen will? Mal schauen. Ich finds jedenfalls irgendwie noch amüsant, wie sich so ein Weltkonzern wie Sony innerhalb kurzer Zeit gleich mehrfach von Hackern auf den Schlips treten lässt. Fortsetzung folgt und wir können gespannt sein, wie lange es noch geht, bis sich Hanspeter Thür meldet...

Bis dahin dröhne ich mir den Schädel mit Wein zu. Vorzugsweise mit rotem Wein aus Frankreich oder Italien. Damit bin ich nämlich total im Schweizer Trend. Laut den aktuellen Zahlen von gestern, saufen Herr und Frau Schweizer 50 Flaschen Rotwein pro Jahr und Kopf. Wenn man nun bedenkt, dass viele Menschen gar keinen Alkohol trinken... eine beachtliche Zahl. Dazu kommen dann noch Bier und Schnaps. Aber wenn man so rumfragt, hat aber natürlich niemand ein Alkoholproblem und der Satz "Gärn emol es Glas Wy zum Esse..." hat weiterhin Hochkonjunktur. Leute, gebt es doch zu: Bei locker 50 Stunden Arbeit pro Woche, da reichen euch das Prozac am Morgen und das Temesta zum Einschlafen längst nicht mehr aus. Es muss noch ein Glas Wein her, zur Beruhigung. Ich meine, die Franzosen oder die Italiener trinken auch viel Wein. Mehr sogar als wir. Aber es kommt mir in dem Zusammenhang immer wieder der Satz meines ehemaligen Chefs in Marseille in den Sinn, der sich regelmässig in der Mittagspause ein Pichet Rosé bestellt hat. "Weisst du, petit Suisse, wir Franzosen trinken, weil wir geniessen. Ihr Schweizer trinkt, um zu vergessen." Wo er recht hatte... 


Darum tut so ein Blog gut. Ein ideales Ventil für den Alltag. Derzeit wimmelt es von guten Themen: Apple-Geräte erfassen Daten und es überrascht mich nicht einmal, die Schweizer Grossbanken machen auf einmal wieder richtig fette Kohle und niemand regt sich mehr darüber auf, der FC Aarau wurstelt weiter und hat keine Profi-Lizenz gekriegt, in Syrien tobt ein Bürgerkrieg und wir schauen weg... Themen über Themen. Aber so richtig Freude macht nur eines: Olympique de Marseille führt seit dem überragenden Sieg (inkl. Ayew Hattrick!) gestern Abend gegen Nice die Tabelle der französischen Ligue 1 an und ist auf dem besten Weg auch den Meistertitel zu verteidigen. Aux Armes nous sommes les Marseillais et nous allons gagner!

26. April 2011

Was war am 26. April 1986?

Genau. Seit diesem Tag wissen wir alle was das folgende Wort bedeutet: Чорнобиль! 


26. April 1986. Im Block vier des Atomkraftwerks Tschernobyl findet ein Experiment statt, mit dem Ziel zu überprüfen, ob die Turbinen bei einem kompletten Stromausfall noch genügend Strom liefern können, um die Notkühlung des Reaktors zu garantieren. Wie wichtig dieses Kühlsystem ist, wurde uns unlängst in Fukushima wieder in Erinnerung gerufen. Um das Experiment unter möglichst realistischen Bedingungen stattfinden zu lassen, wurde das eigentliche Notfallsystem abgeschaltet. Sehr intelligent! Durch einen Bedienungsfehler des Mitarbeiters Leonid Toptunow fiel kurz vor Beginn des Experiments die Reaktorleistung stark ab. Dennoch befahl der stellvertretende Chefingenieur des Kraftwerks, Anatolij Djatlow, den Beginn des Experiments. Die Katastrophe nahm ihren Lauf, der Rest ist Geschichte. Traurige Geschichte!

Denn nicht nur Verschwörungstheoretiker wissen es längst: Die Atomlobby hat ihre Finger mit im Spiel, wenn es um Studien über Gesundheitsschäden für die Menschen nach dem Tschernobyl-Unfall geht. Die "offizielle" Zahl der IAEA, die Internationalen Atomenergie-Behörde und der Weltgesundheitsorganisation WHO - geht davon aus, dass bisher weniger als 50 Menschen direkt wegen Tschernobyl sterben mussten. Wers glaubt... Dazu kämen noch Strahlenopfer, die an Krebs verstarben. Laut den Behörden sei dies allerdings indirekt passiert. Total 9000 Tote in Russland, Weissrussland und der Ukraine in 25 Jahren. So die offziellen Angaben. Natürlich gibts es zu diesen Zahlen auch kritische Stimmen, zu Recht wie ich finde. Denn wo man sich überhaupt nicht einig ist, sind die Nicht-Krebserkrankungen, Herzkreislauferkrankungen, Herzinfarkt oder Schlaganfall.  Das sind Erkrankungen, die bei Menschen, welche sich im Umfeld von Tschernobyl aufgehalten haben, in den letzten Jahren vermehrt festegestellt wurden. Die russische Akademie der Wisschenschaften in Moskau hat unlängst eine Studie veröffentlicht, in welcher erstmals die Zahl von 1,5 Millionen Toten erwähnt wird.

Wem soll man glauben? Nun, wenn man weiss dass seit 1959 die Weltgesundheitsbehörde WHO per Vertrag an die Internationale Atomenergiebehörde IAEA geknebelt ist, dann fällt zumindest mir die Entscheidung leicht. Denn keine WHO-Studie gelangt ohne Zustimmung der IAEA an die Öffentlichkeit und wie die WHO funktioniert wissen wir ja nicht erst seit der Schweinegrippe-Pandemie.

Wer versucht, sich nach 25 Jahren ein eigenes Bild zu machen, dem bietet das Internet zahlreiche seriöse Quellen. So schrieb zum Beispiel Hagen Scherb vom Helmholtz Zentrum München in einer Studie, dass die radioaktive Strahlung nach Tschernobyl sogar bei uns in West-Europa enorme Auswirkungen hat: Scherb untersucht seit Jahren die genetischen Effekte nach Tschernobyl. Und es zeigt sich, das Verhältnis bei der Geburtenrate bzw. dem Geschlecht der Kinder hat sich deutlich verschoben. Es kommen weniger gesunde Mädchen zur Welt. Insgesamt sind in ganz Europa 500.000 -600.000 Mädchen durch Tschernobyl  durch Totgeburten und Frühgeburten "verloren" gegangen. Oder, fast noch krasser eigentlich,  sind schon viel früher, dadurch, dass die radioaktive Verseuchung das X-Chromosom beschädigt hat, gar nie gezeugt worden. 

Eine weitere Studie kommt von Karl Sperling von der Humangenetik an der Humboldt-Universität in Berlin. Dieser Herr stellte fest, dass die Fälle von Trisomie 21 in Deutschland in den Jahren nach dem Super GAU zunahmen, es kamen mehr Kinder mit Down-Syndrom zur Welt. Auch das ist eine Sache der Genetik: Trisomie-21 Kinder haben ein zusätzliches Chromosom. Schuld war die Aufnahme von Jod 131 in den Tagen nach der Katastrophe.

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass in einem Land mit der Grösse der Schweiz rund 1000 Menschen mehr von Krebs betroffen sind als ohne die zusätzliche Belastung aus Tschernobyl-Zeiten. Die Hälfte davon ist schon verstorben. Laut einer Studie der Uni Wien, dürfte sich an diesen Zahlen bis ins Jahr 2065 auch nichts ändern.

Tja, 25 Jahre ist es nun her. Ich mag mich gut an die Zeit erinnern. Als es auf einmal keine frische Milch oder keinen Salat mehr gab am Fischerschen Esstisch. Die Regale in den Einkaufszentren waren gespenstisch leer und bei Regen durften wir nicht draussen Fussball spielen. Bloss, was hat sich geändert? Ich sage, nichts! Ich wohne inzwischen wieder selber in der Gefahrenzone 1 des AKWs Gösgen. Es dampft weiter fröhlich vor sich hin und es scheint mir - rein optisch - weiterhin komplett veraltet. Fukushima hat uns zudem deutlich aufgezeigt, AKWs sind nicht sicher und werden es nie sein. Fraglich ist auch, welche Strahlungsmenge dem Menschen wirklich schadet. Die offziellen Grenzwerte stammen bekanntlich nicht von einem unabhängigen Expertengremium, nein. Die entsprechende Kommission wurde von Wissenschaftlern gegründet, die im Dienst der Atomindustrie standen und nur eine Aufgabe hatten: sie sollten die Ausgaben für den Strahlenschutz möglichst gering halten.

So gesehen gibts in Sachen Atomkraft nur eins. Entweder ein baldiger Totalausstieg oder beten und hoffen. Klar, aktuell wird viel über neue, alternative Energien diskutiert. Das war nach Tschernobyl nicht anders. Aber hat sich was geändert? Nein. Und auch die aktuellen Gespräche werden bald versanden. Mal ehrlich, wer kümmert sich aktuell noch um Japan? Ist doch schon längst vergessen und neue Schlagzeilen sind gemacht. Die Grenzwerte kaum mehr entsprechend heruntergefahren. Strahlenschutz, das ist eben der Schutz der die Strahlen schützt und nicht die Menschen! Hauptsache der Dollar rollt.

15. April 2011

Sex bringt Quote. Also, her damit!

Nach einem anstrengenden und sehr ermüdeten Tag war ich gestern Abend so richtig KO. Erst wollt ich noch kurz in die Stadt und mit ein paar Kumpels das FCA-Drama besprechen, das hab ich dann aber gelassen und mich nach dem Feierabend aufs Sofa geschmissen. Ein Päckchen Kambly Bretzeli, ein kühles LemonSoda und dazu "Germany's Next Top Model". Die einzige Castingshow die ich eigentlich noch gerne mitverfolge, sinnfrei und hübsch anzuschauen. Als Mann wird man dann ja von der Frauenwelt schnell mal angeschnautzt wenn man sowas anschaut, erst recht da ich sonst als Gegner von TV-Volksverdummung gelte. Aber eben, Sex sells und wo Brüste zu sehen sind, bleibt der TV-Konsument gerne mal kleben. Oder besser gesagt Titten. Bitte entschuldigt den Ausdruck, den ich aber leider verwenden muss, um das zu niederzuschreiben, was ich gleich erzählen will. Es geht dabei um Talkshows. Und da redet nun mal niemand von Brüsten, nein, da sagt der Hartz4-Empfänger eben noch Titten. Themen wie „Ich habe zu kleine-" und „Ich habe zu grosse Brüste“ füllen ja seit Jahren endlos wertvolle Sendezeit. Ich erinnere mich gerne an eine Sendung, welche schon ein paar Jahre zurückliegt. Als wärs gestern gewesen…
Da kam auf einmal der Franz auf die Bühne, um sich darüber aufzuregen, dass die Titten seiner Frau viel zu klein seien. Er stehe nun mal auf richtige Möpse, in denen er versinken könne - sagte der Franz. In aller Öffentlichkeit droht Franz dann seiner Frau, dass er sie verlasse, wenn sie sich nicht bald einer Brustoperation unterziehe. Angelika, die Frau von Franz, kommt anschliessend selbst auf die Bühne. Weinend offenbart sie, dass sie einfach Angst vor dieser gefährlichen und sinnfreien OP habe. Neben ihr nimmt dann die Tanja Platz. Ein Raunen geht durchs Publikum, weil Tanja ihre Killer-Oberweite derart provokant zu Schau stellt, dass man selbst auf einem uralten Schwarzweiss-TV-Gerät die roten Ohren der Gäste hätte erkennen könnte. Und dann, der emotionale Höhepunkt der Sendung. Irgendeine Britt, Bärbel, Sonja, Arabella oder auch ein Andreas, Oliver oder Hans stellt die alles entscheidende Frage an Angelika, die Frau von Brüstefetischist Franz:

„Angelika. Du siehst hier die Brüste von Tanja. Möchtest Du nicht auch so aussehen?“

Angelika bricht in Tränen aus und es gipfelt in einem wahren Heulkrampf, als sie die geilen Blicke von ihrem Franz bemerkt, der unverhohlen das gut ausgefüllte Doppel D Körbchen von Tanja anstarrt. Tanja setzt noch einen drauf und sagt, dass sie Frauen wie Angelika nicht verstehen könne, denen die Wünsche ihrer Männer so egal seien. Angelika heult nun noch lauter. Franz fasst Tanjas Möpse an und eine Assistentin reicht Angelika ein Taschentuch:

„Wir haben doch auch das Geld für eine Operation nicht! Mein Franz hat das ganze Geld, das wir gespart hatten, versoffen und verhurt. Jetzt will er mich zwingen, einen Kredit aufzunehmen, damit er mich wieder hübsch findet.“

Das Publikum applaudiert betroffen.

Ich muss glaub kotzen. Die Themen der Talkshows variieren vermutlich immer ein bisschen – aber unterm Strich geht es ja eigentlich immer um Brüste. Gerne auch mal verpackt in Spitzendessous, wobei ich vergessen habe zu erwähnen, dass die Besitzerin dieser Brüste dann meist 200 Kilo Bruttogewicht auf die Waage bringen. Womit sich der Kreis zu weiteren Trash-TV-Sendungen wie „Bauer sucht Frau“, "The Biggest Loser" oder „Schwiegertochter gesucht“  schliesst. Auch da geht’s ja eigentlich nur um Sex und Quote. Früher hiess es noch „Nur die Toten bringen Quoten!“, heute ist es primär wichtig, dass man sich im TV zum Hampelmann machen lässst. Egal ob die Brüste klein oder gross sind. Auffallen ist das oberste Gesetz und wenn der IQ der zur Schau gestellten Person kleiner als 50 ist, dann fällt es den Produzenten natürlich umso leichter mit ihnen Quote zu machen. Ihr fragt, warum ich mir dann gestern Abend trotzdem "Germany's Next Topmodel" angeschaut habe? Nun, eben: es gab Brüste!

Aber warum mir jetzt plötzlich die zwei Kultfilme „Elephant Man“ und „Freaks“ in den Sinn kommen? Ich weiss es nicht…


14. April 2011

Ein Hoch auf die Schweizer Ticket-Mafia!

Wer kennt es nicht, man freut sich während Wochen auf ein gutes Konzert. Stellt sich dann entweder geduldig an einen Schalter am Bahnhof oder versucht artig übers Internet an Tickets zu kommen. In den allermeisten Fällen klappt das dann auch, ich für meinen Teil hatte in den letzten Jahren eigentlich immer das nötige Glück. Nun, es gibt aber Anlässe, da nützt auch Geduld und Glück nichts mehr, denn da sind andere Kräfte im Spiel. Gewisse Konzerte und Events werden bewusst gehypt, also hoch gejubelt und entsprechend ist der Run auf die Tickets dann umso grösser. Wir kennen das von Konzerten von Madonna, U2, Robbie Williams, AC/DC oder Grönemeyer. Nur so als Beispiele. In den letzten Jahren haben sich auch gewisse Openairs diesem selbstgemachten Hype angeschlossen. Ganz vorne mit dabei, das Paléo Festival in Nyon. Jahr für Jahr das gleiche Theater. Aus der Deutschschweiz ist man sowieso ans Internet gebunden, da es öffentliche VVK-Stellen nur in der Romandie gibt. 


Nun, nachdem wir ja total überraschend herausgefunden haben, dass die Schweizer Musikhitparade scheinbar manipuliert wird, müssen wir uns wohl vielleicht auch endlich daran gewöhnen, dass die Sache mit dem Run auf die Tickets nur inszeniert und von der - nennen wir sie - Schweizer Ticket-Mafia überwacht wird. Nehmen wir das Beispiel vom Paléo Festival. Dank Facebook und Twitter kann man sich ja kinderleicht mit Leuten unterhalten, die ebenfalls Tickets bestellen wollten. Zitat aus der Romandie:
"Vive le Paléo ;-) mais dommage tous ces cré.... qui achètent des billets seulement pour les revendre le double même pas 1h après!!!! Ça m'énerve!!!!!"
Gestern Mittag um 12 Uhr ging der Vorverkauf offiziell los. Schon am Tag zuvor konnte man sein Konto mit der Kreditkarten-Nummer ausstatten, damit es dann schneller gehe... Am Tag selber hab ich dann ein Mail erhalten, ich könne mich nun schon einloggen und in der virtuellen Warteschlange warten. Gesagt, getan. In dieser Warteschlange war ich dann bis um 12 Uhr, aber anstatt dass es Tickets gab, wurde ich rausgekickt und musste mich neu einloggen. Wie ich dann über die Social Media Kanäle erfahren habe, ist es vielen Kunden ganz genau so gegangen. Analog lief es beim Ticketcorner, da konnte man zwar eingeben, dass man 2 Karten für Freitag möchte, wurde dann zum Warten aufgefordert und schwupps: der Freitag war ausverkauft. Das gleiche gilt für Fnac, dort gabs die Möglichkeit Billete zu reservieren, um dann zu erfahren, dass es ausverkauft sei. Und wir reden da von einer Zeitspanne zwischen 5 und 10 Minuten. Für mehrere tausend Tickets. Rein organisatorisch gar nicht möglich. 

Es durften pro Person ja nur 6 Karten gekauft werden. Wenn wir mal von 10'000 Tickets ausgehen, geteilt durch 6... also, ihr könnt selber rechnen. Also sind ganz bestimmt nicht alle Tickets in den Verkauf gelangt. Nun, wo bleiben all die Karten? Klar, viele gehen an Sponsoren. So bin ich auch letztes Jahr an meine Paléo-Tickets gelangt. Dann kriegen Helfer und Angestellte ein gewisses Kontingent. Aber hallo? Ein Blick auf ricardo.ch und Ebay zeigt, dass da Unmengen von Karten zum Verkauf stehen. Zu horrenden Preisen! Lustigerweise gab es da gestern schon Tickets zu kaufen, bevor der Vorverkauf angefangen hatte. Einer hatte sage und schreibe 20 (zwanzig!) Stück für den Freitag zu verkaufen, natürlich zum doppelten Preis. Wie kommt der an 20 Karten, wenn man pro Person ja nur maximal 6 kaufen darf - und dann erst noch vor dem offiziellen Verkaufsstart? Wenn man auf die Angebote gewisser Verkäufer schaut wird man den Verdacht nicht los, dass diese mit dem Ticketcorner zusammenarbeiten oder dort angestellt sind. Nehmen wir doch willkürlich mal den ricardo-User BUU_HUU aus Zürich. Bietet mal schnell 10 Karten für den Paléo-Freitag an. Zuvor gabs bei ihm schon Tix für Bon Jovi (Sitzplatz 2. Reihe), Rihanna (1. Kategorie), Basel Tattoo (bekanntlich regelmässig Sold out), Shakira, Roger Waters (schon längst ausverkauft), Herbert Gröneyemer (1. und 2. Reihe)... und so weiter. Mal ehrlich, wie sonst will jemand an all diese Plätze kommen, ohne die entsprechenden Connections? 


Aber eben, die Probleme sind bekannt. Sowohl der Ticketcorner weiss, dass er nicht allen Angestellten bedingungslos vertrauen kann und auch ricardo/Ebay ist es durchaus bewusst, dass über ihre Plattformen ein an sich verbotener Schwarzhandel betrieben wird. Handeln tut aber niemand wirklich. Man zeigt sich zwar alle Jahre mal wieder voller Reue und verspricht Besserung, aber unterm Strich passiert dann nichts. Doch, die Konzertkarten werden Jahr für Jahr teurer, immer mehr ausländische Veranstalter drängen in die Schweiz und mein Billet für das Element of Crime Konzert in Aarau kann ich am Eingang auf dem iPhone zeigen. All das ändert aber an der Tatsachen nichts, das wahre Musikfans regelmässig in die Röhre schauen, weil die fiesen Händler der Schweizer Ticketmafia den Markt kontrollieren.

Diese Händler sind übrigens auch dem Schweizer Konsumentenschutz (SKS) ein Dorn im Auge. Geschäftsführerin Sara Stalder kritisierte in einer Medienmitteilung das Geschäftsgebahren der gewisser Internetplattformen. Sie glaubt, dass "ein stattliches Kontigent an den offiziellen Kanälen vorbeigeschleust" werde, um damit auf dem Schwarzmarkt Geld zu machen. Für den SKS ist es nicht anders zu erklären, dass bereits Tage zuvor Tickets verkauft werden und Websites "in relativ grossem Stil Tickets verkaufen können".