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2. Oktober 2007

Emel - Komm in mein Leben

Emel ist zurück! Seit 1996 beliefert die Aargauerin mit türkischen Wurzeln die Schweizer Musikszene in regelmässigen Abständen immer mal wieder mit guten Songs. Die Pause vom letzten bis zum neuen Album (welches ab dem 12. Oktober in den Läden steht) war lang, das Warten hat sich aber gelohnt. Emel machts jetzt auf Deutsch! Vorbei die Zeiten von "Sunshine" oder "On and On". Und wer nach dem Mundarterfolg "Alles scho mol ghört" gedacht hat, es ginge nun im Schweizerdeutschen Stil weiter, der wird mit der neuen Platte ebenfalls eines besseren belehrt.

Stilmässig vereinigt das neue Album verschiedene Richtungen, es lässt sich entsprechend also auch nicht in eine bestimmte Stil-Schublade stecken. Am ehesten würde vielleicht noch der R'n'B-Stempel passen, wobei ein Song wie "Verloren in Musik" dann genau wieder einen Strich durch diese Rechnung macht. Emels Stimme auf Deutsch macht irgendwie total Spass, auch wenn man sich im ersten Moment daran gewöhnen muss. Egal ob Deutsch oder Englisch - oder auf diesem Album auch einmal Türkisch - vesprüht sie mal Charme, mal Coolness, mal Spass. So schafft jeder Song ein ganz eigenes Ambiente.

Mutig ist so ein Wechsel von Englisch auf Deutsch ganz bestimmt. Vorallem wenn man weiss, dass Emel Aykanat mit ihren englischen Produktionen früher auch schon mal internationale Achtungserfolge feiern durfte. Das Konzept mit den verständlichen Texten zu äusserst internationalen Beats dürfte aber aufgehen und vorallem jüngere Fans zu Emel bringen. Wie die Sache mit dem Sprachwechsel zu Stande kam, hat mir Emel - zusammen mit eine paar anderen Fragen - in einem Interview beantwortet.

Auf „Komm in mein Leben“ singst Du bis auf einen Song ausschliesslich Deutsch. Das kommt eher überraschend?

Natürlich haben viele nach dem Erfolg von „Alles scho mal ghört“ damit gerechnet, dass mein neues Album schweizerdeutsch sein würde. Oder englisch, wie man es von meinen bisherigen Solo-Alben kannte. Meine deutschen Arbeiten für Sabrina Setlur, Xavier Naidoo und Fettes Brot sind in der Schweiz wohl etwas weniger bekannt. Dadurch habe ich aber eine starke Beziehung zu deutschen Texten bekommen und so ist das Material für „Komm in mein Leben“ entstanden. Ich kann’s nicht genau erklären, aber das ich jetzt deutsch singe, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. „Come into my life“ oder „Chumm i mis Läbe“ war irgendwie nie ein Thema.

„Komm in mein Leben“ klingt nach einem sehr intimen Album. Ist Dein neues Werk ein musikalischer Seelen-Striptease?

Natürlich gebe ich viel von mir preis. Durch die deutschen Texte kann ich mich zudem nicht hinter irgendwelchen englischen Floskeln verstecken oder darauf hoffen, dass die Menschen nicht ganz so genau verstehen, was ich eigentlich singe. Wer mich kennt, weiss aber, dass ich ein sehr offener Mensch bin. Wer sich für mich interessiert, hat auch das Recht, einiges über mich zu erfahren. Und dann bleibt ja noch die künstlerische Freiheit, die es einem erlaubt, die Wirklichkeit da und dort etwas spannender zu machen, als sie wirklich ist.

Mit dem Titel „Salla“ auf Deinem neuen Album singst du auch türkisch. Was hat es mit diesem Song auf sich?

Auf die Gefahr hin, falsch verstanden zu werden: „Salla“ ist ein Frauensong – aber kein feministischer, sondern ein humanistischer. Sorry, aber machmal scheinen gewisse Leute einfach zu vergessen, dass Frauen auch Menschen sind. Die westliche „Kopftuch-ja-nein-Diskussion“ beispielwiese reduziert muslimische Frauen auf die Trägerinnen eines religiösen Symbols. Die orientalische Weiblichkeit bleibt völlig aussen vor. Und die lebt und brodelt – Kopftuch hin oder her. Diesem Temperament und dieser Lebensfreude wollte ich über die Kulturen und Generationen hinweg eine Stimme geben. Wer genau hinhört, wird auch meine Mutter auf „Salla“ hören. „Salla“ lässt sich übrigens am besten mit dem englischen „shake it“ übersetzen.

Du hast beachtliche Erfolge im Ausland erzielt. Sind diese Erfolge in der Schweiz genügend gewürdigt worden?

Darüber habe ich nie so genau nachgedacht. Die „Milchbüechlirächnig“ liegt mir nicht – und zum „chlööne“ wäre ich bei einem negativen Ergebnis auch nicht der Typ. Ich kann mich heute wie damals über jeden freuen, der sich für meine Musik interessiert – egal in welchem Land. In den letzten zehn Jahren sind mir sicher auch in der Schweiz viel mehr Türen geöffnet als zugeschlagen worden. Soweit also keine bad feelings. Doch zugegeben: Die Schweiz am Eurovision Song Contest in Istanbul zu vertreten, wäre schon spannend gewesen…

21. September 2007

Pop Nachwuchs kommt aus dem Internet

Ich habe gestern auf der Homepage einer Plattenfirma den folgenden Satz entdeckt und hab ihn mir anschliessend Kopf nickend aufgeschrieben:

"Just the most talented singer, songwriter and musician performing on the Internet today!"

Das Internet hat sich tatsächlich in den vergangenen Jahren und Monaten zu einer Bühne für den musikalischen Nachwuchs entwickelt. Immer häufiger hört man Geschichten von Künstlern, die ihre Musik über MySpace oder YouTube (oder auch YouPorn) einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und anschliessend einen Plattenvertrag erhalten haben.

Da wäre zum Beispiel die junge Rapperin Farah Kenza aus dem französischen Marseille. Sie betreibt seit einiger Zeit einen Blog, darauf hat sie immer mal wieder einen eigenen Song veröffentlicht. Lange interessierte sich niemand dafür, bis sie den Titel "Cri de Bosnie" der Gruppe Silence des Mosqueés coverte und ebenfalls ins Netz stellte. In dem Song geht es um ein Massaker an Moslems in Bosnien und damit traf sie den Nerv zahlreicher Muslime in Frankreich. Dem Song im Blog folgte ein selbstgemachtes Video bei YouTube, ein Auftritt beim französischen Fernsehen und inzwischen hat Farah Kenza ihr erstes Album bei einem grossen Label veröffentlicht und mit "Je me bats" nicht nur auf meinem iPod sondern auch in den Topplätzen der Charts gelandet.

Den Blog betreibt sie übrigens immer noch. Bis heute besuchen ihn täglich mehrere hunderttausend Fans und hinterlassen pro Beitrag jeweils weit über 1000 Kommentare. Ihr Blog zählt somit bis heute zu den erfolgreichsten in ganzen französischen Sprachraum.

Ein weiteres Beispiel kommt ursprünglich aus Asien und heisst Tila Tequila (Foto oben rechts). Selber nennt sie sich "the baddest Bitch on the Block", die Medien haben ihr den Titel "Madonna of MySpace" (Time Magazine) gegeben. Tila hat im Netz nämlich erst einmal mit sexy Tanzeinlagen für Aufsehen gesorgt. Sehenswert ihre Performance zu "Like a Virgin". Und auch hier hat es dann nicht mehr lange gedauert bis erste TV-Aufritte und schliesslich ein Plattenvertrag kamen. Tila Tequila wird derzeit tatsächlich als Bitch vermarktet, in ihrem ersten Video hüpft sie in Unterwäsche, bewaffnet mit einer Peitsche durch die Gegend. Das Konzept scheint aber - vorallem in Asien - aufzugehen.

Wesentlich anständiger sind da zwei weitere Sängerinnen, deren Ursprünge im Internet liegen. Beide kommen aus den USA und beide sind derzeit auf dem Sprung in die europäischen Hitparaden. Im Falle von Colbie Caillat (Foto links) hat das sogar geklappt. Wer Radio hört kommt um ihre Single "Bubbly" derzeit nicht herum. Zuvor wurde ihr MySpace-Seite aber rund 10 Millionen mal besucht und ihr Song unzählige Male angehört. Das Label Universal hat am schnellsten reagiert und die Frau aus Malibu unter Vertrag genommen. Inzwischen hat sie das legendäre Rolling Stone-Magazin bereits zur Nachfolgerin von Norah Jones erklärt.

Ebenfalls aus den USA kommt Marié Digby. Die Kalifornierin (Foto rechts) spielt Gitarre und Piano und singt dazu. Angefangen mit diversen Covers hat sie inzwischen auch selber geschriebene Songs ins Netz gestellt, die Zeiten in denen ihre Lieder jedoch gratis waren sind vorbei. Inzwischen hat sich iTunes die Rechte gesichert und vertreibt ihre ersten 4 Lieder exklusiv. Besonders angetan bin ich von Digby's Version von "Umberella", die Version schlägt die uns bekannte von Rihanna um längen. Reinhören lohnt sich, denn in ein paar Wochen dürften auch die Musikredakteure in unseren Breitengraden den Titel kennen.

Dass wir auch üble Sachen wie Schnappi, Crazy Frog, die Grup Tekkan oder der Britney Spears Fan und überdrehte Selbstdarsteller Chris Crocker (wurde über 8 Millionen mal angeschaut!) dem WWW zu verdanken haben, verschweige ich an dieser Stelle einfach mal. Ansonsten kann ich allen Musikfans die Plattform MySpace empfehlen. Ich habe dort ebenfalls mein Account eingerichtet und dadurch schon zahlreiche gute Bands und KünstlerInnen kennengelernt.

Abschliessend noch die direkten Links zu den YouTube-Videos der oben erwähnten Acts:

Farah Kenza "Je Me Bats"
Silence de Mosqueés "Cri de Bosnie"
Tila Tequila "I Love U"
Colbie Caillat "Bubble"
Marié Digby "Umbrella"
Chris Crocker "Leave Britney alone"
Grup Tekkan "Wo bist du mein Sonnenlicht?"

Ach ja, soeben lese ich dass Bill Kaulitz von Tokio Hotel angeblich schwul sein soll. Dies behauptet zumindest die französische Zeitschrift "Voici" (ja, sowas lese ich). Warum bloss überrascht mich diese Meldung jetzt nicht?

24. August 2007

Annakin - Falling into Place

Es gibt Stimmen, die hat man einmal gehört, verliebt sich in sie und dann vergisst man sie nie mehr. Eine solche Stimme hat für mich zum Beispiel Björk. Oder auch Tori Amos, Amanda Palmer und eine Karin Dreijer Andersson gehören da bestimmt dazu. Solche Stimmen sind aber leider selten. In Zeiten von "Popstars", "DSDS", "Star Academy" oder "Musicstar" bin ich darum immer wieder froh, wenn ich eine Stimme höre, die mir schon von früher her in guter Erinnerung geblieben ist. Eine dieser ganz speziellen Voices ist jetzt zum Glück wieder zurück im Geschäft: Ann-Kathrin Lüthi hat bis vor 5 Jahren bei der Formation "Swandive" gesungen. Danach war Schluss, die Band hat sich aufgelöst und Ann-Kathrin verschwand von der Bildfläche.

1995 gegründet stand Swandive für melodiösen Trip-Hop, gespickt mit sphärischen Klängen und überragt von einer einnehmenden Frauenstimme. Die Band brachte es gerade mal auf zwei CDs, wobei ihnen mit dem Cover des R.E.M.-Hits "Loosing my Religion" ein viel beachteter Hit gelang. 2002 war Schluss, wegen "grundlegenden musikalischen Differenzen".

Nun ist Ann Kathrin Lüthi zurück. Solo. 5 Jahre hat sie sich für "Falling into Place" Zeit gelassen. Aber das Warten hat sich mehr als gelohnt. Ihre Stimme ist reifer geworden. Vermehrt kommen auch tiefere Stimmlagen zum Tragen. Das Album ist ein Album zum Zuhören. Ich hab es mir das erste Mal über die Headphones angehört, Booklet in den Händen, zurückgelehnt und vollkommen entspannt.

Die Sängerin, die sich jetzt Annakin nennt - mir kommt da immer Star Wars in den Sinn - vertraut auf ihrem Solo-Debüt auf das was sie kann. Und das ist gut so. Der Begriff vom Trip-Hop fällt mir diesbezüglich aber irgendwie schwer. Ok, vermutlich läufts - wenn es denn unbedingt eine Schublade braucht - darauf hinaus. Aber für mich ist auch Lunik keine typische Trip-Hop-Band (mehr). Wenn ich Trip-Hop höre kommen mir eher Sachen wie Tricky, Goldie, DJ Shadow oder Nightmares on Wax in den Sinn. "Falling into Place" ist in meinen Augen sauber produzierter und äusserst melodiöser Elektropop.

Vergleiche mit anderen Künstlern fallen schwer, mal gehts in Richtung Röyksopp. Dann klingts ein wenig nach The Knife oder Air. Und manchmal fühlt man sich an Björk oder vielleicht an die ruhigen Songs von Madonna erinnert. Aber Annakin braucht auch gar keine Vergleiche. Ihre Stimme steht für sich, den grössten Teil der Songs hat sie selber komponiert, so auch meine persönlichen Lieblingstitel "Return to me" und "Destination Beyond". Dazu kommen Kollaborationen u.a. mit Gere Stäuble (Züri West), Andi Jud (Sonic Lab) oder ihrem ehemaligen Bandkollegen Ivan E.

Eines ist sicher, obwohl ein ruhiges Album wird "Falling into Place" nie langweilig. Im Gegenteil, in den Songs "Storm" und "Danger Ahead" gibt es beispielsweise schrammende, teils verzerrte Gitarren zu hören. "Freeze" ist ein Ausflug in die 80er Jahre. In der Vorab-Single "Line of Fire" plätschern irgendwie Wassertropfen durchs Klangbild, begleitet von Streichern. Der Opener schliesslich "Heart in Plastic" nimmt den Hörer mit seinen Klängen und Geräuschen mit auf eine sphärische Reise.

Es hat aber keinen Wert, dass ich hier jeden Song einzeln beschreibe. Eigentlich gibt es auch gar nichts viel zu erklären. Das Album trifft meinen Geschmack zu hundert Prozent und gehört zum vielleicht besten, was ich in diesem Musikjahr schon gehört habe. Und das war nicht wenig. Das mag zum einen daran liegen, dass ich mich Mitte der 90er Jahre in die Stimme von Ann Kathrin Lüthi verliebt habe - da treffen einem dann Credits wie "This Record is dedicated to my Husband" natürlich umso härter *grins* - und ich mich nun schlicht daran freue, dass ich endlich neuen akustischen Stoff gekriegt habe. Es ist aber auch einfach nur so, dass "Falling into Places" schlicht top produziert und prall gefüllt mit sehr schönen und melodiösen Songs ist.

Das Album steht ab heute in den Läden. Mehr zu Annakin, inkl. Ausschnitten aus dem Album gibt es hier. Wer sie live sehen möchte hat morgen in Baden (Bar Strudel) die Möglichkeit. Tourstart ist dann am 29. September in Aarau im KIFF. Lasst mir aber für dieses Konzert auch noch ne Karte übrig....

23. August 2007

Der berühmteste Penis der Welt?

Er gehört Elden Spencer. Zwar konnte es sich der Junge nicht aussuchen, dass sein Geschlechtsteil dereinst so berühmt wird, aber dank dem Album "Nevermind" von Nirvana (unten) kennt ihn vermutlich tatsächlich die ganze Welt. Elder ist das tauchende Baby auf einem der berühmtesten Plattencover der Musikgeschichte. Und damit muss der junge Mann nun leben.

In den MTV News gab er jetzt erstmal zu Protokoll, wie es sich mit dieser Vergangenheit so lebt und dass seine Eltern für dieses Foto gerade mal 200 Dollar kassiert hätten. Inzwischen ist Elden 17 Jahre alt und schaut selber ein bisschen aus wie ein Grunge Rocker.

Mir ist es jeweils schon peinlich wenn an Familienfesten alte Kinderfotos von mir rumgezeigt werden, wo ich in nackig in einer Badewanne sitze. Und ehrlich gesagt wüsste ich darum nicht, ob ich es wirklich gewollt hätte, dass meine Eltern ein solches Foto von mir frei gegeben hätten. Kultstatus hin oder her.

Fotos: Flickr.com

9. August 2007

Lockstoff - Yauu (inkl. Verlosung!)

Schweizer Mundart Rock- und Popmusik kommt in der Regel auf Berndeutsch daher. Doch bekanntlich gibt es keine Regel ohne Ausnahme und so tauchen in regelmässigen Abständen immer mal wieder Bands am nationalen Pophimmel auf, die sich die "Frechheit" erlauben abseits von Polo, Flöru, Plüsch und Co. gute Musik zu machen.

Die Baselbieter haben ihren Baschi, der Ostaargau den Adi Stern, das Wallis die Sina und in den Agglos von Luzern und Zürich gibts auch viel Gutes zu hören. Bloss, wen haben wir?
Blöde Frage, Lockstoff natürlich!


Morgen Freitag erscheint bereits ihr drittes Album. Und auch dieses Mal gibt es locker-flockig arrangierte Popsongs im äusserst sympathischen Westaargauer Dialekt. Die neue Scheibe hört auf den Titel "Yauu!" und dieser Lustschrei ist denn auch gleich als allererstes auf der CD zu hören. Mit "Yauu!" startet nämlich die Single "Schneller, höcher, wiiter". Schwungvolles Klavier, begleitet vom Schlagzeug und ab geht die CD.

Etwas ruhiger wird es beim Track Nummer 3 "I glaub a dee". Wobei die Ruhe etwas trügerisch ist und der Song dann mit seinen Gitarreneinsätzen irgendwie an "Creep" von Radiohead erinnert. "Ständig unterwägs" rockt dann wieder ab und verspricht schon mal viel Action bei den Live-Auftritten die in den nächsten Wochen anstehen. Wenn die Band auf der Bühne so abgeht, wie es gewisse Titel auf dem neuen Album vermuten lassen, dann kommt Freude auf.

"I hebe ab" ist, neben "Haue ab vo do" und "Tüfethal", einer meiner Favourits auf der neuen Platte. Wiederum dominieren Piano (Keyboard) und Schlagzeug das Geschehen, begleitet von der Gitarre. Der Refrain ist aber gut gelungen und hat viel Mitsing-Potential. Lockstoff das sind übrigens 6 Jungs aus der Region Aarau. Dreh- und Angelpunkt der Band sind die Brüder Martin und Thomas Garcia, welche alle Texte und Melodien geschrieben und das Cover gestaltet haben. Zudem sind die beiden auch ausserhalb des Bandlebens in und um Aarau immer wieder für eine Party oder einen Kunstevent gut. Stichwort Boiler!

Seit 1993 sind die 6 Herren inzwischen gemeinsam unterwegs. Wo ihre Wurzeln sind lässt sich beim Titel "Tornado" ansatzweise erahnen. Die Samples erinnern - ok, nur ganz wenig - an die früheren Depeche Mode-Zeiten. Da waren Lockstoff für ihre grossartige Interpretation von Dave, Martin und Co. bekannt. Ich selber mag mich noch gut an zwei, drei tolle DM-Events Mitte der 90er erinnern. Aber eben, diese Zeiten sind Vergangenheit. Auf dem ersten Album (2001) gab es noch elektronische Sachen zu hören. Seit "Nachtschwimmer" aus dem Jahr 2004 haben allerdings die Gitarren Einzug gehalten.

Zurück zum aktuellen Album "Yauu!" angelangt beim Song "TV-Star" lohnt es sich auch mal auf die Texte zu hören. Das Lied erzählt von nem Mädchen, das so gerne bei einer Fernseh-Casting-Show mitmachen würde. Eine liebenswerte Geschichte, Happyend inbegriffen. Wenn auch mit einem zünftigen Augenzwinkern. Beim nächsten Titel ist es dann kein Mädchen mehr, sondern ein Mann, genauer ein "Superman" dessen Geschichte es zu hören gibt. Ein paar Slide-Gitarren machen den Song zum Easy-Listening-Ereignis.

Total bietet das Album, das morgen Freitag in die Läden kommt 12 Songs. Solides Schweizer Pophandwerk mit einem zünftigen Schlag elektrisch verstärkter Gitarren. Die Stimme von Sänger Thomas Garcia sorgt bei jedem Song für das spezielle Gefühl, das Lockstoff ausmachen. Hat er früher noch Dave Gahan nachgemacht, ist Garcias Stimme inzwischen zu einer eigenen Persönlichkeit angewachsen. Wer also nicht immer nur Berndeutsch hören möchte, dem bietet die neue Lockstoff-Scheibe mehr als nur eine Alternative. Die meisten Songs sind ideal für den iPod, unterwegs im Auto oder zu Fuss bei nem Spaziergang der Aare entlang.

Besonders darf gespannt darf man aber darauf sein, wie die Band das neue Album live umsetzt. Wer sich davon selber ein Bild machen möchte, der kann heute Abend in Aarau die Plattentaufe besuchen. Der Eintritt ist frei. Mehr Infos zum Auftritt heute und zu den nächsten Konzerten gibt es hier: http://www.lockstoff.net/index.php

Eine CD gibts jetzt hier zu gewinnen. Die Preisfrage: Aus welcher Aargauer Gemeinde kommt die Band Lockstoff ursprünglich?? Wer mir die richtige Antwort bis Sonntag per Email zustellt, kommt in die Verlosung. Mailkontakt gibt es hier.

7. Juli 2007

Der Song zum Wochenende

Heute gibt es eine Zeitreise zurück in die Vergangenheit. In die tiefen 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Naja, was jetzt ein bisschen so klingt wie Geschichtsunterricht ist ja eigentlich erst gerade 20 Jahre her. Aber trotzdem kommt es mir manchmal so vor, als wäre seit meiner Zeit als Waver (Fotos gibts ein anderes mal) schon eine Ewigkeit vergangen. Der Song zum Weekend kommt dieses Mal von der RAH-Band. Die RAH Band war ein fiktives Studioprojekt. RAH steht dabei für die Initialen des Musikers Richard Anthony Hewson, der zuvor unter anderem mit Diana Ross, Supertramp, Chris de Burgh oder später auch mit Shakin Stevens zusammengearbeitet hat.

Die vermutlich bekannteste Single eben dieser RAH-Band war "Clouds across the Moon". Kennt vermutlich vom Titel her kein Mensch, nach den erste Akkorden dürften aber die meisten ein Aha-Erlebnis haben. Der Song erzählt die Geschichte von einer Frau, die mit ihrem Mann - einem Astronauten - telefoniert. Der Mann ist zum Zeitpunkt des Anrufs aber gerade auf dem Mars unterwegs. So lässt sich die Ehefrau von der Nase zu ihm verbinden. Tja und der Rest ist Kitsch. Genau so wie das Video:




Wobei es heute ja eh genug Musik gibt den ganzen Tag über: Live Earth heisst der Anlass. Zu sehen und zu hören gibt es auf den Bühnen in London, Hamburg, Tokio, New York, Shanghai, Sydney und Johannesburg Künstler wie Madonna, Genesis, RHCP, Metallica, Bon Jovi, Police, Smashing Pumpkins und viele, viele mehr!

6. Juni 2007

Basel wie es singt und rappt!

Ich hab mal wieder Musik geladen. Bei iTunes, ganz legal. Auf der Einkaufsliste standen dieses Mal Black Tiger mit "Beton Melancholie" und der Baschi mit "Fürs Volk". Beide Herren kommen aus Basel, beide singen bzw. rappen in ihrer Muttersprache, beide gelten in den Medien als Rebellen und trotzdem könnten die beiden Alben und ihre Macher verschiedener nicht sein.

Black Tiger gehört zu Pionieren der Schweizer Rapszene. Anfang der 90er Jahre feierte er zusammen mit P-27 und der Single "Murder By Dialect" einen Hit und verhalf damit dem Mundart-Rap zum Durchbruch. Legendär die Textzeile "Basel dä Räp esch für dech!" Das aktuelle Album mit dem Titel "Beton Melancholie" ist zwar bereits seit letztem Herbst auf dem Markt - im Vergleich zu Baschi - aber nur Insidern ein Begriff. Das muss sich ändern!

Eigentlich schade, dass Urs Baur - wie er bürgerlich heisst - in seiner fast 20jährigen Karriere erst das zweite Album released hat. Der Mann hat was zu sagen, er erzählt das in intelligenten Rap-Songs und unterscheidet sich damit von den unzähligen Posern, Pseudogangstern und Rap-Clowns der restlichen Schweizer Hip-Hop-Szene. Die Platte lebt von zahlreichen französischen Einflüssen und erinnert machmal an MC Solaar, Sinik oder IAM. Insgesamt wird auf 6 Sprachen gerappt, zahlreiche Gäste kommen dabei zum Zug.

Es gibt viele Moll-Töne, dabei geht es oft um Streit, seelische Verletzungen, Gewalt, Integration, Drogen, Tod und Selbstmord. All diese Themen werden von Black Tiger - Psychologiestudent und Afroschweizer - aber nicht verherrlicht, im Gegenteil. Er versucht der Jugend in ihrer Sprache zu erklären, dass es nichts bringt sich Woche für Woche voll laufen zu lassen und dann aus Langeweile ne Schlägerei zu provozieren:

" Es wird disst und ghasst und us Hass gets Gwalt und es chonnt mer fascht eso vor, als obs euch fascht e bezz gfallt. Dissen esch Mode wie ne verschisseni Droge, s isch Methode so macht me hütte Karriere."

Der Mann wovon er erzählt und darum wirkt er auf mich authentisch. Kein Wunder ist er doch selber seit einigen Jahren immer mal wieder im Auftrag von Integrations- und Jugendprojekten unterwegs. Eine Erfahrung die sich auf diesem Album auszahlt. "Falschi Kollege", "Verletzte Stolz" oder "R.I.P." sprechen eine deutliche Sprache. Fazit: Ein Must für jede gut sortierte CD-Sammlung - sofern man Baseldytsch und Mundart Rap mit sozialkritischem Inhalt mag.

Und num zum Baschi. Vor wenigen Wochen war ehemalige Musicstar-Kandidat mit Jahrgang 1986 im Schweizer Fernsehen in einer Doku-Soap mit dem Titel "Baschi National" zu sehen. Anschliessend kam sein Album "Fürs Volk" auf den Markt, seit Sonntag ist es auf Platz 1 der Schweizer Charts. Die Gemeinsamkeit zum Black Tiger-Album liegt im Dialekt und je einem Song über den Tod eines Familiemitglieds. Wobei es da beiden gelingt Gänsehaut zu erzeugen.

Das Album von Katy-Freund Baschi geht irgendwie in Richtung Robbie Williams, einmal gibts sogar das "Feel"-Klavier. Viele eingängige Melodien, Refrains zum Mitsingen, Streichereinsätze und akkustische Gitarren. Da gibt es nichts zu meckern, solide produziert vom ehemaligen Subzonic-Mann Roman Camenzind. Mir persönlich fehlt es etwas an den Überraschungseffekten. Die CD "Fürs Volk" kann man locker durchhören, bei den zwei Singles hab ich auch gleich laut mitgejohlt. Und Titel wie "Heimat", "Wieder Träume" oder "Wiit wäg" können mich absolut überzeugen. Aber eben, die Frage bleibt: wie nachhaltig sind diese Songs? Wenn der Baschi von Schwänzen, vom Bumsen und Vögeln, Huren, Wichsen oder vom Tripper singt dann ist das zwar durchaus mal was anderes, nach mehrmaligem Hinhören ist der Effekt aber weg.

Aber vielleicht sollte man dieses Album auch einfach nur geniessen, mit nem lockeren Pfiff auf den Lippen. Und im Hinblick auf die kommenden Sommertage liefert Baschi so gesehen den passenden Soundtrack. Auf dem Fahrrad der Aare entlang oder mit nem Bierchen an einer lockeren Grillparty, da kommt diese CD genau richtig. Und überhaupt, man sollte Baschi, den jungen Rebellen und Black Tiger, den gestandenen Rapper auch gar nicht vergleichen. Sich einfach daran ermuntern, dass für einmal der mit Jahrgang 72 rappt und der mit 86 rockt... verkehrte, aber herrliche Musikwelt!

29. Mai 2007

Katy Winter gibt Gas!

Katy Winter, 24 Jahre alt, wohnhaft im Grossraum Aarau und spätestens seit der vorletzten Staffel von "Musicstar" einer breiten Masse ein Begriff. Ihre aktuelle Single "Simply irresistible" erfreut sich über ein tolles Radio Airplay und ist inzwischen auch in den Schweizer Charts gelandet. Die letzten Wochen stand Katy, zusammen mit ihrem Freund Baschi, mehr in der Öffentlichkeit als zuvor. Ihr gemeinsames Leben wurde vom Schweizer Fernsehen in einer Art Doku-Soap aufgezeichnet und Woche für Woche in die nationalen Haushalte überspielt.

Trotz Promo-Stress und Albumplanung hat sich Katy Winter letzten Freitag Zeit genommen und ist mir für ein kurzes Gespräch zur Verfügung gestanden. Hier das Ergebnis.

Katy, die letzten Wochen waren geprägt von einer grossen Medienpräsenz. Wie lebt es sich so, nach diesem aktuellen Karriere-Ruck?
  • Ich freue mich wieder im Gespräch zu sein. Sicher ist das etwas, das zum Geschäft gehört. Ich bin im Moment sehr zufrieden.
Was hat sich für Dich persönlich durch die TV-Soap "Baschi National" - wo du ja auch ne Hauptrolle gespielt hast - verändert?
  • Ich konnte den Leuten zeigen, dass ich seit 3 Jahren an meiner Karriere arbeite und nicht aufgegeben habe. Bei mir ging es einfach ein bisschen langsamer.... dies hat sich aber bereits wieder geändert, jetzt geht es so schnell wie noch nie.
Hat sich durch diese Sendung auch was in deiner Beziehung zu Deinem Freund verändert?
  • Eigentlich nicht. Wir haben beide wieder gesehen wie wichtig es ist zusammen zu halten in dieser Medienwelt.
Du bist gerade mit Deiner Single "Simply Irrisistible" am Start. Du hast dieses Projekt selber finanziert. Bist du zufrieden?
  • Ich bin überwältigt. Die Single ist zwar noch nicht gecharted (Anmerkung der Red: am Weekend ist die Single auf Platz 24 der Schweizer Charts eingestiegen), ist aber bei Itunes momentan in den top 10 und bei Exlibris auf der Homepage auf der 9. Super - für den Anfang.
Wie schaut es aus in Sachen Album, hast Du da eine Möglichkeit gefunden, damit Du es finanzieren kannst? Wenn ja, wann dürfen Deine Fans damit rechnen?
  • Ich habe noch keinen Plan wie das Album finanziert wird... ich möchte es jedoch nach den Ferien raus bringen. Irgendwie wird das schon gehen.
Du kommst ja auch aus dem Aargau. Wohnst jetzt in der Gegend von Aarau. Hast du auch ne Beziehung zu dieser Stadt, also trifft man dich hier mal im Ausgang oder beim Einkaufen?
  • Ich habe hier in Aarau die Kanti absolviert. Habe also schon eine gewisse Bindung zu dieser Stadt.... diese verrückten Zeiten vergisst man halt nicht so schnell!! Man trifft mich sicher ab und zu beim Einkaufen oder im Kino. Im Ausgang bin ich eher in Zürich, weil dort die meisten meiner Freunde leben.
Noch einmal kurz zurück zu den Medien. Im Sonntagsblick war ein sexy Foto von Dir zu sehen. Wie wichtig sind solche Auftritte bzw. macht es Dir Spass Dich so zu präsentieren oder gehört das einfach zum Job?
  • Das Shooting für dieses Foto war extrem lustig, obwohl ich ernst schauen musste... es sollte nach 2 Stunden fertig sein. Weil wir aber nicht genug kriegen konnten, ging es 6 Stunden... die anderen Fotos bleiben aber in meinem Besitz.
Du machst den Eindruck, als wärst du eine grosse Kämpferin. Trotz "MusicStar"-Stempel verfolgst du Deinen Weg. Was dürfen wir in nächster Zeit von Katy Winter erwarten?
  • Ich möchte mich in nächster Zeit sicher auf mein Album konzentrieren, es gibt noch viel zu tun... das ist das wichtigste im Moment.
Katy Winter, herzlichen Dank für das Gespräch und Alles Gute auf Deinem weiteren Weg nach oben! Hier gibts das aktuelle Video zu sehen.

16. Mai 2007

Björk - Volta

Alles wird gut, Björk ist wieder da! Satte 3 Jahre musste sich der Fan seit ihrem letzten Album "Medulla" (die Experimental-CD "Drawing Restraint 9" zähl ich jetzt mal nicht mit) gedulden, bis er wieder in den Genuss der markanten Stimme aus Island kommen durfte. Aber das warten hat sich, zumindest was die meisten der Songs auf dem neuen Album "Volta" angeht , gelohnt. Die Frau, die von sich selber sagt, Religion sei sehr ermüdend und sie möchte nicht Atheistin genannt werden, weil das ja auch eine Art von Religiosität sei und die Frau, die von Wikipedia als Exzentrikerin betitelt wird, vermag ihre Anhänger auch mit ihrem sechsten Studio-Album wieder überraschen.

Aber für Björk gilt wohl, entweder man mag sie oder man hasst sie. Was bestimmt nicht passieren kann ist, dass man die zierliche Frau aus dem hohen Norden nicht wahr nimmt. Ihre Alben und die entsprechenden Single-Auskopplungen sorgen meist für mediales Aufsehen. Die Musik kommt dann auch auf dem aktuellen Album zum Teil sehr schräg daher und das Spektrum ihrer Stimme wird nicht selten bis an die Grenze ausgelotet. Aber eben, auch Frau Gudmundsdóttir hat ihre Hörner wie es scheint etwas abgestossen und entsprechend kommt das ganze Album runder daher als viele seiner Vorgänger.

Als Opener präsentiert uns die 42jährige gleich mal kurz einen 6 Minuten Song. "Earth Intruders", das übrigens auch als Vorabsingle released wurde. Das Lied nimmt schnell einmal Tempo auf und überrascht dann durch verschiedene akkustische Wendungen. Nicht zuletzt, weil am Schluss für längere Zeit irgendwelche Schiffs- und Nebelhörner zu hören sind. Ideal zum Entspannen, man fühlt sich gleich in einen skandinavischen Fischerhafen versetzt.

Der Song "Wanderlust" ist im Gegensatz zum ersten Track der CD bereits richtig melodiös und erfreut mit der grossartigen Textzeile "I feel at home whenever/the unknown surrounds me", bei welcher ich mir - im Bezug aufs Wandern durch einen dunklen Wald - ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. In Hintergrund sind übrigens immer ein paar Waldhörner zu hören. Ein herrlicher Song! Die volle Ladung Blasinstrumente gibts dann im dritten Lied auf die Ohren "The Dull Flame of Desire", welches Björk im Duett Anthony (von Anthony and the Johnsons) zum Besten gibt. Da ein Duett zu zweit aber langweilig ist, sampelt Björk zu den zwei Stimmen gleich noch mal ein paar Björkstimmen rein. Was dann zwischendurch den Effekt eines kleinen Chors erzeugt. Hübsch gemacht. "Innocence" überspring ich gleich, da werkelt der Timbland. Zu ihm, dem derzeitigen Weltherrscher der Musikproduktion, später mehr...

"I See Who You Are" ist ein bemerkenswerter Song. Erstens weil ich in einer CD-Kritik den folgenden Satz gelesen habe, (Zitat) "ganz verschwunden sind die merkwürdig surrealen, asiatischen Klänge" und dieser Song einem in den ersten Sekunden bereits das Gefühl vermittelt, man bekäme gleich ne Platte Sushi serviert. Aber eben, Musikjournalisten sind auch nur Menschen. Und zweitens vereint Björk auf diesem Titel ihre halbe Familie, so eine Art Hausmusik. Immerhin hat sie ein 10köpfiges Blasorchester organisiert und rein von den Namen der Orchestermitglieder her, sind da alle irgendwie miteinander verwandt. Ok, Island ist aber auch sehr klein.

Die Bläser durften dann auch gleich bleiben und bei "Vertebrae By Vertebrae" mittun. Einem - in meinen Augen - typischen Björk Song. Ihre Stimme variert, sie schnauft, zischt, stöhnt, schreit... Körper- und Stimmeinsatz bis zur Ekstase. Björk wie ich sie liebe! Gleiches lässt sich über "Pneumonia" (Lungenentzündung?) sagen, welches noch etwas ruhiger daher kommt. Würde die Radiolandschaft nicht nur von billig produziertem Mainstream regiert, könnten mich gerade diese beiden Song durchaus erfreuen, wenn sie mitten im Tag mal durch den Äther kämen. Aber eben... das ist ein anderes Thema.

Auf "Hope" trommelt der malische Perkussionist Toumani Diabaté mit, der Text liegt durchaus schwer im Magen. Björk stellt im Zusammenhang mit einem Selbstmordattentäter die Frage nach dem Bösen. Gegen Ende des Songs gibts dann noch einmal die Schiffshörner vom Anfang der CD.

Für Kopfschütteln hat bei mir "Declare Independence" gesorgt. Der klingt wie eine Mischung aus Raketenstart und fehlgeleitetem Stromschlag. Gefällt mir nicht wirklich. Das liegt aber vermutlich daran, dass der marktführende Mister Timbaland als Produzent (Justin Timberlake, Pussycat Dolls, Jennifer Lopez) seine Finger im Spiel hatte und ich mit dem Typen schlicht und einfach nichts anfangen kann. Da waren mir dann Herren wie Goldie oder Tricky, die früher hinter den Mischknöpfen sassen, wesentlich lieber.

Zum Schluss gibts mit "My Juvenile" noch einen eher spartanischer Titel. Wieder dieses asiatische Harfeninstrument und wieder die Stimme von Anthony Hegarty im Duell mit Björk. Überhaupt verstecken sich gleich mehrere Gäste auf "Volta", meist aber nur bemerkt durch einen Eintrag im Booklet: der Elektronik Pionier Mark Bell von LFO, Chris Corsano (der u.a. mit Sonic Youth zusammen gearbeitet hat) und Brian Chippendale von Lightning Bolt.

Alles in allem präsentiert sich Björk mit ihrem aktuellen Album erwachsner als auch schon. Mit wenigen Ausnahmen sind die Songs nicht mehr so wahnsinnig experimentell wie frühere Werke. Ein Umstand der ihr durchaus neue Fans bescheren dürfte. Allerdings wirkt das Album trotzdem - oder gerade deswegen - nie langweilig. Eines ist zudem gleich geblieben, wer die manchmal theatralisch wirkenden Gesangseinlagen von Frau Gudmundsdóttir schon früher nicht gemocht hat, der dürfte auch mit "Volta" nicht warm werden. Von mir gibts jedenfalls 9 von 10 Punkten. Obwohl ich eigentlich auch 10 geben könnte, wenn ich das Optische (ja, ich steh auf sie!) noch dazu nehme. Aber das wäre dann doch ziemlich unprofessionell von mir...

K0nzert: 25. Juli 2007, Paléo Festival Nyon

17. April 2007

Stephan Eicher - "Eldorado"

Steph, il est de retour! Und das ist gut so. Stephan Eicher ist seit Mitte der achtziger Jahr einer meiner absoluten Lieblingsmusiker. Und daran hat sich in all dieser Zeit nichts geändert. Im Gegenteil. Der Mann aus Münchenbuchsee bei Bern hat sich in dieser Zeit verändert, genau so wie ich das auch getan habe. Eicher hat mir quasi über all die Jahre den Soundtrack zum älter werden geliefert. Danke dafür! Inzwischen hat Stephan Eicher der Schweiz definitiv den Rücken gekehrt und wohnt in der Camargue, unfern der Hafenstadt Marseille.

Letzte Woche kam sein neuestes Album auf den Markt, "Eldorado". Und es ist wieder - auf seine Art - ein Meisterwerk. Vorbei sind natürlich die NDW-Zeiten, in denen er noch zusammen mit seinem Bruder Martin mit Hits wie "Eisbär" die Hitparaden gestürmt hat. Vorbei sind auch die Zeiten, als er alleine mit einem Kassettengerät und einer Gitarre auf der Bühne stand und von Einsamkeit sang. Aber die Melancholie hat er auch auf seiner aktuellen Platte nicht abgelegt. Und auch das ist gut so.

Zum Album. Gerade mal 11 Songs gibt es zu hören. Komponiert und arrangiert von Stephans Kollegen, die man zum Teil schon aus der Vergangenheit kennt. So hat sein Freund, der Schriftsteller Philippe Djian, natürlich wieder französische Texte beigesteuert. Den schweizerdeutschen Part übernimmt auf "Eldorado" ebenfalls ein Schriftsteller: Martin Suter! Und das tut er verdammt gut. Von ihm stammt unter anderem der Text von "Zrügg zu mir". Mein derzeitiger Favorit auf der aktuellen CD. Ein sehr sanftes Lied, mit Violine, Vibraphone oder auch Glockenspiel und - wie erwähnt - einem tollen Text:

"U lue mer ja kei Mätsch, si findet Fuessbau schtier u faus es trotzdem tätsch, de trink derzue keis Bier. Sie findet Bier vor de Glotze u Sport totau zum Chotze. Lue lieber bim ene Rote e Bricht über d Lofote."

Quasi die Tipps an den neuen Lover seiner Liebsten, mit dem Hinweis im Refrain, dass wenn es dem Neuen zu viel werde, habe er durchaus ein Rückgaberecht. Aber ich will mich hier gar nicht erst darauf einlassen, die Texte von Martin Suter und Philippe Djian zu interpretieren, die versteht vermutlich jeder auf seine Weise.

Nachdem Eicher auf den letzten Alben oft mit afrikanischen Musikern, mit Herbert Grönemeyer, Moondog oder dem Italiener Max Gazzé zusammen gearbeitet hat, findet man auf der aktuellen Platte die Einflüsse der Bands "Calexico" und "Lambchop". So findet der Hörer zum Beispiel im Song "Rendez-Vous" eine geniale Mariachi-Trompeten-Einlage, sowie eine Pedal-Steel-Guitar, welche einem ins tiefste Mexio versetzt. In vielen Liedern wird zudem das Schlagzeug mit einem Besen "gewischt" (ja, das heisst so...), was eine tolle Ambiance erzeugt.

Mit "Voyage" ist Eicher einen äusserts traurigen Walzer geschaffen, "Dimanche en Décembre" kommt mir einer elektrischen Gitarre und einigen Samples ziemlich schräg daher. Kein Wunder, wurde der Song doch von Mickael Furnon, einem aufstrebenden Sound-Tüftler aus dem Norden Frankreichs geschrieben. Ebenfalls aus dem Hexagone kommt Raphael Haroche, aus seiner Feder stammt das zuvor erwähnte "Rendez-Vous". Selber wird Raphael bei unseren westlichen Nachbarn seit einigen Jahren mit James Blunt verglichen und räumt Preis um Preis ab.

Seit dem letzten Album "Taxi Europa" hat sich Stephan Eicher von seinem langjährigen Manager und Freund Martin Hess getrennt. Entsprechend neu dürften die Erfahrungen gewesen sein, die Eicher während den Arbeiten zu "Eldorado" gemacht hat. Alleine auf sich gestellt hat der Mann, der den Franzosen den Mani Matter Song "Hemmige" beigebracht hat, auf grosse Experimente verzichtet und sich auf das verlassen, was er kann. Und damit liegt er meiner Meinung nach auch dieses Mal nicht falsch. Ob "Eldorado" ein kommerziell grosser Erfolg wird wie zum Beispiel "Engelberg" oder ob sich eine Hitsingle heraus kristallisiert wie "Combien de Temps" oder "Dejeuner en Paix" ist fraglich. Aber das spielt auch keine Rolle.

Stephan Eicher ist ein grossartiger Musiker und Sänger. Wer einmal ein Konzert von ihm besucht hat, der weiss, wovon ich rede. Auch wenn er ganz alleine auf der Bühne steht, versprüht er mit seiner ruhigen, ja fast scheuen Art ein Karma, von dem viele grosse Stars nur träumen dürfen. Ich habe den Eicher unzählige Male live gesehen, durfte ihn zwei, dreimal interviewen. Jedesmal war ich von neuem überrascht, wieviel Humor und Intelligenz in diesem Mann steckt. Eigenschaften, die sich zum Glück auch in seiner Musik niederschlagen. Auch im neuen Album "Eldorado".

Zahlreiche Hörproben gibts auf Stephan Eichers Homepage, dahin gelangt man mit nem Klick auf den Post-Titel, ganz oben an der Seite.

13. April 2007

Der Song zum Wochenende

Kommt von "Peter, Björn & John" und heisst "Young Folks". Mir ist er vorallem durch den Anfangsteil aufgefallen... Hört ihn euch an und ihr wisst warum. Happy Weekend zusammen!



Nächste Woche dann gibts den CD-Tipp zum neuen Album von Stephan Eicher "Eldorado", das lag heute in der Post und wird übers Wochenende bei mir rauf und runter laufen.

14. März 2007

Herbert Grönemeyer - "12"

Es gibt Sänger und Musiker, die mag ich seit je her. Es gibt Sänger und Musiker, an die musste ich mich erst einmal gewöhnen. Und es gibt Sänger und Musiker, die ich vor einigen Jahren ganz und gar nicht ausstehen konnte. Zu der dritten Kategorie gehört für mich Herbert Grönemeyer. Nicht nur, dass ich "Das Boot" komplett überschätzt fand, nein, auch mit den gesanglichen Leistungen des Bochumers hatte ich lange Mühe.

Als dann noch Oli P. auf die Idee kam, seinen Titel "Flugzeuge im Bauch" (Grönemeyer musste dazu sein Einverständnis geben) zu covern, war der Ofen erst recht aus. Hinzu kam, dass meine Mutter (und viele andere Frauen in ihrem Alter) den "Gröni" super fanden. Und die gleiche Musik toll finden wie die Mama, das geht ja schon mal aus Prinzip nicht.

Inzwischen sind einige Jahre ins Land gezogen. Der Herbert hat das eine oder andere Album herausgebracht, ohne dass ich es gekauft hätte. Und es ging mir eigentlich gut dabei. Vor ein paar Jahren dann aber die Wende. Ich wurde von der Plattenfirma nach Zürich eingeladen, auf dem Programm stand die "Mensch"-Tour und ein Konzert im Letzigrund. Vor rund 40'000 Fans. Beste Plätze. Sehr gute Akustik. Ich gebe es zu, vor dem Konzert hatte ich mich nicht wirklich mit der CD befasst, ausser aus rein beruflichen Gründen. Der eine oder andere Song ist mir positiv aufgefallen, die Single "Mensch" hat mich wegen ihrem massiven Radio-Airplay genervt.

Ok, ich gestehe: das Konzert war der Hammer! Ob Grönemeyer nun einfach ein toller Schauspieler ist oder ob er wirklich mit Leib und Seele dabei war, das kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls hat alles gestimmt. Gänsehaut-Feeling inklusive.

Nun also die neue CD "12". Ich habe sie mir - legal versteht sich - übers Netz runter geladen und auf den iPod kopiert. Herbert baut auf Bewährtes. Das umfasst nicht nur die Melodien, sondern bezieht auch die textliche Seite mit ein. Auch auf seinem zwölften Album beherrschen kritische Beleuchtungen des Alltagslebens das Programm. Selbstverständlich im ebenfalls bekannten Pathos, den Grönemeyer oft zur Schau trägt. "Lied 1 - Stück Vom Himmel" thematisiert das Verhältnis der Menschen zu Gott und das zur Erde. Massig Streicher-Arrangements unterstreichen die bedeutungsschwangeren Worte.

Mein Favorit auf der CD "Lied 11 - Zur Nacht" welches wohl jeder der es hört, anders interpretieren wird. Die Meldodie - wie die meistens Songs - in moll gehalten, der Text eine Art Gedicht und hoffentlich ehrlich gemeint. Wobei Grönemeyer selber erst am Samstag in einem Interview erklärt hat, dass er bei fast allen Songs zuerst die Melodie hätte und dann anschliessend einen Text dazu verfasse. Mir persönlich ist es anders rum eigentlich lieber, da gerade bei Musik wie sie Grönemeyer macht, der Text ja vielfach wichtiger ist als die Melodie. Könnte man zumindest meinen.

Ergo, das Album ist gut. Ein wirklich grosser Grönemeyer-Fan wird aus mir auch nach "12" nicht werden. Es gibt einige wirklich hübsche Songs ("Marlene", Spur", "Du bist Die"), die der Sänger aus dem Hut zieht. Genug, um wieder einmal die Stadien in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu füllen. Ich werde nicht unter den Zuschauern sein, wie eingangs erwähnt, bin ich mir bis heute nicht sicher, ob Herbert Grönemeyer nicht einfach nur ein guter Schauspieler ist.

1. März 2007

Adrian Weyermann - "Pool"

Die CD "Pool" von Adrian Weyermann lag bis heute morgen auf meinem Schreibtisch. Und das schon ziemlich lange. Ich habe sie mir immer mal wieder angehört und mir gesagt, "so, jetzt schreibst du dann mal ne CD-Kritik über das Album". Irgendwie hat mich aber über all die Wochen die Muse nicht geküsst. Ich gebe es offen zu, ich hatte Vorurteile was die Musik von Adrian Weyermann anging. Mir kam immer der kleine Adi in den Sinn, der mit 15 Jahren der Frontbube der Zürcher Punkband "Crank" war. In den letzten Tagen musste ich allerdings feststellen, dass mein iPod immer mal wieder die gleichen Songs abgespielt hat. Allesamt von Adrian Weyermann. Ein gutes Zeichen!

Die Zeit ist also reif die Vorurteile abzubauen. Ok, Weyermann mag ein Liebkind gewisser Schweizer Medien zu sein, aber solche gibts viele. Die Anzahl der Schweizer Prominenz ist auch nicht wirklich gross. Aber nun zur PlatteGefreut hat mich die Tatsache, dass der Künstler sein aktuelles Album "Pool" live eingespielt hat. Also nicht heute die Gitarre, morgen das Schlagzeug, am Weekend dann die Orgel und am Montag wird alles zusammen gemischt. Nein, man hört bereits vom ersten Ton weg, da macht einer Musik. Und dieser positive Eindruck zieht sich dann durch die ganzen 12 Songs.

Es tauchen Pianos, Hammond-Orgeln, Keyboards und Cellos auf. Dabei vergisst Weyermann aber nicht seine Wurzeln und die liegen beim Punk. Immer mal wieder schrammt eine harte und manchmal leicht verstimmte Gitarre in den Vordergrund. Das wirkt aber nie aufgesetzt. Ebenso wenig wie Weyermanns Stimme, die in gewissen Songs "rotzig" daher kommt, was aber durchaus zur Art der Musik passt. Alles in allem ein sehr melodiöses Album. Mit vielen, kleinen Überraschungen.

Im Song "Mirror Ball" gibts ein ausgedehntes Gitarrensolo, wie man es aus den frühen 70 Jahren kennt. Der Titelsong "Pool" erinnert irgendwie an den Beat der sechziger Jahre. Es gibt rotzfrechen - angepassten - Punk der Eighties. Die Platte erinnert irgendwie an eine Zeitreise in das Schaffen des Mannes mit Jahrgang 1974. Eine Reise die aber zu keinem Zeitpunkt langweilig wird. Im Gegenteil, man ist nach jedem Song gespannt, was als nächstes kommt.

Adrian Weyermann hat sich auf die Produktion dieses Albums speziell vorbereitet. So hat er fast anderhalb Jahre lang im Zürcher El Lokal Montag für Montag auf der Bühne gestanden und live gespielt. Immer wieder in anderer Besetzung, mit Musikern verschiedenster Couleur. Das El Lokal sei zu seinem zweiten Wohnzimmer geworden, sagte er darum unlängst in einem Interview. Und diese Praxis zahlt sich nun aus. Weyermann ist definitiv reifer geworden und hat endlich seinen Stil gefunden.

In diesem Sinne, ein tolles Album. Völlig unschweizerisch, was bei all dem Schrott der in letzter Zeit in unserem Land so angeschwemmt wurde, richtig Spass macht. Daumen nach oben und Ausschau halten nach Konzert-Terminen in eurer Region.

Ach ja, mein Favoriten: "Street", "I'm a Fool to want you" & "One Song", Ausschnitte aus dem Album gibts auf Adrian Weyermanns Homepage (Link oben im Blog-Titel)

8. Februar 2007

The Good, The Bad & The Queen

So, heute gibts mal wieder einen CD-Tipp. Wie immer kommt diese Empfehlung von ganzem Herzen. Denn das Leben ist kurz genug um schlechte Musik zu hören. Und davon gibt es leider reichlich. Gehen wir zurück in die frühen 90er Jahre. So lange ist es nämlich her, seit die englische Presse den Streit zwischen Blur und Oasis heraufbeschworen hatte.

Während Oasis-Songwriter Noel Gallagher heute selbst zugibt, dass seine frühen Alben zu den Klassikern seiner Band gehören, entflieht Blur-Kopf Damon Albarn der künstlerischen Pause seit Jahren mit Projekten, die ein beängstigend hohes Level halten. Stets ist er bemüht, Musik zu machen, die nicht nur ihn selbst, sondern auch seine (zum Teil neuen) Fans fesselt.

Arbeitete er bei den Gorillaz vorwiegend mit jungen Kollegen, dominieren bei The Good, The Bad And The Queen die Alten. Paul Simonon, The Clash-Bassist und Plattencover-Star des Meilensteins "London Calling", Ex-The Verve-Gitarrist Simon Tong und Afrobeat-Legende Tony Allen ordnen sich dem Allroundkünstler Albarn auf dem eben erschienenen Debüt-Album überraschend deutlich unter.

Entsprechend beginnt die gemeinsame Arbeit mit dem "History Song", der in seiner sphärischen, zähfließenden Art den Weg für die kommenden Songs ebnet. Die Songs sind allesamt akustischen Ursprungs und lassen aber gelegentlich elektronische Soundschnipsel ("Northern Whale", "Nature Springs") oder schräge Beatmuster (Three Changes") zu. Spannend! Hie und da liegen auch wieder Einflüsse über den Songs, wie man sie von den Gorillaz her kennt.

Wie harmonisch das Quartett im Studio zueinander gefunden haben muss, lässt sich allein daran ablesen, dass selbst Fela Kuti-Drummer Allen, laut Brian Eno der "beste Musiker der vergangenen 50 Jahre", keine egoistischen und exzentrischen Solos spielt. Mit "Green Fields" nimmt Albarn gegen Ende noch eine Nummer mit rein, die er eigentlich für Marianne Faithfulls letztes Album geschrieben hatte. Seine noch ganz eigene Umsetzung, verbunden mit tollem Gesang und Keyboards, bringt das Konzept von The Good, The Bad And The Queen gut auf den Punkt: "We move on, endlessly", singt Damon Albarn in "Northern Whale". Man stimmt ihm ohne Murren zu. Zu meinen Highlights zählen die neben dem Einstiegssong die Titel "Herculean", "Kingdom Of Doom", die Velvet Underground-Hommage "Nature Springs" und der herrliche, 7minütige Schluss-Song.

Das erste (und vielleicht zugleich letzte) Album von The Good, The Bad & The Queen will eigentlich so gar nicht in den frühlingshaften Winter passen. Es klingt für mich persönlich eher nach Herbst. Vordergründig gesehen, gibt es viele eher traurige Lieder auf der CD. Wer sich die Lieder aber mehrmals anhört merkt, dass es viel mehr ist als einfach "nur traurige Songs". Erklären lässt sich das aber nur schlecht. Wie so oft in der Musik sollte man einfach mal reinhören und sich selber ein Urteil bilden. Für mich ist dieses Album - und das mag daran liegen dass ich den charismatischen Sänger Damon Albarn einfach mag - eines der besten Alben der letzten Monate. Und im Gegensatz zu hoch bezahlten CD-Kritiker mache ich diese Aussage ohne ein finanzielles Interesse!

9. November 2006

Juli - Ein neuer Tag

Ja, ich habe mir mal wieder eine gute CD gekauft. Naja, eigentlich sind es in der heutigen Zeit ja keine Silberscheiben mehr, sondern nur noch Daten. Aber trotzdem rede ich weiterhin von einer neuen CD. Am Start: die deutsche Band "Juli" mit ihrem Album "Ein neuer Tag"!

Juli führen ihren eigenen Weg konsequent fort – und haben dennoch genügend Überraschungen im Gepäck, sodass das neue Album nie langweilig wird. "Ein Neuer Tag" ist nicht nur die Wiederholung der bekannten Juli-Erfolgsformel, sondern steht für sich selbst. Der Opener "Dieses Leben" platzierte sich bereits als Vorabsingle in den Top Ten der Charts. Der Hit-Single folgen melodiöse, gut gemachte Songs mit vielfach schlauen und tiefgängigen Texten. Von wegen guten Melodien: Diese haben die Julis scheinbar irgendwo in ihrem Übungsraum vorrätig.

Unter den zwölf Titeln findet sich nämlich erfreulicherweise nur wenig durchschnittliches Material. Relativ vordergründig-belangloses Sing-A-Long wie vielleicht "Das Gute Gefühl" schmälert den positiven Gesamteindruck des kompletten Albums nicht.

Auch bei diesem Album stelle ich mir dann aber wieder die gleiche Frage wie beim letzten: Warum tun sich so viele Musikfreunde schwer damit, wenn es darum geht Juli zu mögen? Über 700.000 Tonträger des Debüts "Es Ist Juli" wurden alleine in Deutschland verkauft und trotzdem haftet Juli der Ruf einer Art Tennie-Band an. "Ein Neuer Tag" präsentiert sich nun meiner Meinung nach als überzeugender, erwachsener Nachfolger.

Die Sängerin Eva Briegel (gestern bei Harald Schmidt zu Gast) erläuterte die Einstellung der Band: "Es geht nicht ums 'Rocken', nicht darum, welche deutschsprachige Band lauter ist und mehr rockt. In solche Schubladen wollen wir gar nicht rein. Wir erzählen mit unseren Songs Geschichten, wollen Gefühle und Gedanken transportieren, in denen sich auch andere wieder erkennen und so auch ein Teil der Songs werden".

Die beinharten Rocker zählen von jeher sicher nicht zur Zielgruppe der Band. Andererseits: Auch im härtesten Heavy-Bruder mit langen Haaren steckt irgendwo ein weicher Kernl. Für diese Klientel sind wunderhübsche Eva und ihre Jungs in einem solchen Falle gewiss nicht die schlechteste Wahl. Juli hören tut bestimmt nicht weh; aber bestimmt verdammt gut.

Passend zur Jahreszeit erinnert mancher Song an buntes Herbstlaub, das durch windige Strassen tanzt. Und so machen die kommenden tristen Monate bestimmt Spass: Wenn hie und da mal eine freundliche, warme Juli-Sonne durch die Wolken blinzelt. Fazit: ein Kauf lohnt sich!

(Soundfiles gibts ganz offiziell auf der oben verlinkten Juli-Homepage)

26. September 2006

I Hate Myself and Want to Die

Nein, keine Angst diesen Gefallen tu ich der Welt bestimmt nicht! Der Blog-Titel ist erst noch geklaut und zwar aus gutem Grund. Er stammt von einem Buch, welches mir derzeit gerade meine freien Minuten "versüsst".

"I Hate Myself and Want to Die: Die 52 deprimierendsten Songs aller Zeiten"

ist der komplette Titel dieses Werks von Tom Reynolds. Der Autor stammt aus Los Angeles und arbeitet da als Schriftsteller und Fernsehproduzent... zudem ist er ein Musikjunkie, was mich mit ihm verbindet. Im Buch erzählt er von seinen ersten Erfahrungen mit der Musik. Er schildert wie er als Kind jeweils zur Adventszeit die schrecklichen Weihnachtsplatten seiner Eltern anhören musste. Und dies tut Reynolds in einer äusserst witzigen und tiefschwarz-humorigen Art und Weise:

"Bei einigen dieser Songs würden sogar Pazifisten, so schnell sie ihre Beine tragen, in den nächsten Waffenladen rennen."

Im Vorwort des Buches geht der Autor zurück bis in die griechische Antike und schildert dem Leser das traurige Leben des "Homer". Die schöne Helena holt sich so nebenbei den Tripper, es kommt zu Massenselbstmorden durch massive Einnahme von scharfen Gewürzen. Wobei das eigentliche Thema des Buchs dann auch erreicht wäre: Musik & Selbstmord! Natürlich kann man sich ob der wahnsinnigen Ernsthaftigkeit des Schreiberlings ein Lächeln nicht vermeiden, so tragisch das Thema auch sein mag. Aber wer die Kapitel studiert, weiss wovon ich rede. Da taucht zum Beispiel der Titel "Ich blase Trübsal, also bin ich" auf, ebenso wie "Ich versuche tiefsinnig und rührend zu sein, aber da bin ich echt schlecht darin" oder "Ich hatte gar keine Ahnung, dass dieser Song so morbide ist". In diesen Kapiteln tauchen dann die einzelnen Songs auf und werden von Reynolds setziert.

Es tauchen Bands auf die Metallica, Smashing Pumpkins, The Cure oder Joy Divison auf. Bands also, von denen man durchaus annehmen konnte, dass sie Songs gemacht haben, welche dafür gesorgt haben könnten, dass Mutti schon mal das Messer aus der Küche holt. Eher überraschend tauchen dann aber Bands/Künstler wie Phil Collins, The Carpenters oder Bruce Springsteen auf. Da lohnt sich das Lesen dann erst recht. Schliesslich schreibt er über Sängerinnen und Sänger wie zum Beispiel Mariah Carey, Celine Dion oder Barry Manilow, bei denen es mich persönlich überrascht, dass nicht zu jeder CD gleich noch eine Ziankali-Tablette mitgeliefert wird.

Heimlicher Höhepunkt des Buches - ohne zuviel verraten zu wollen - ist vielleicht die Geschichte über den Song "Gloomy Sunday". Gesungen von zahlreichen Interpreten, unter anderem Elvis Costello, Heather Nova, Ray Charles oder Serge Gainsbourg. Im (zum Teil indirekten) Zusammenhang mit diesem Lied gibt es weltweit hunderte von Selbstmorden, welchen übrigens meist eine enttäusche Liebe vorausgegangen ist. Nicht viel besser erging es übrigens dem Komponisten dieses Liedes, dem Ungaren Reszo Serres, er hat sich 1941 aus dem Fenster gestürzt.

Wer die Musik liebt, kommt an diesem Buch fast nicht vorbei. Spannend ist es, wenn man sich die Songs während dem Lesen gleich anhört. Besonders witzig jedoch, wenn man sie später - nachdem man das Buch zu Ende gelesen hat - wieder irgendwo hört und die Gedanken dann wieder abschweifen... zum Beispiel zu Ray Peterson, der 1959 in den USA per Lied den sterbenden Tommy bitten liess "Tell Laura I love her, tell Laura I need her, tell Laura not to cry, my Love for her will never die!" Und dabei wollte Tommy bei einem Autorennen doch nur ein paar Dollar verdienen um Laura einen Hochzeitsring kaufen zu können.

Songs können sooooooooooooooo tragisch sein!

18. September 2006

Charlotte Gainsbourg 5:55

Es ist mal wieder Zeit eine CD etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Lange genug musste ich warten, bis sich wieder etwas in meinen Ohrmuscheln verfangen hat, das mich dazu bewegt hätte, deswegen in die Tastatur zu hauen. Tja und nun ist es soweit: 20 Jahre nach ihrer letzten Single "Lemon Incest" (die damals natürlich auch gekauft habe) legt Charlotte Gainsbourg ihr zweites, eigenes Album vor. Es trägt den Namen "5:55". Hergleitet nach der Uhrzeit, um welcher Charlotte regelmässig wach liegt und träumt. Tja, Künstler haben halt einen etwas anderen Tagesablauf...

Charlotte Gainsbourg, allein der Name macht hellhörig. Ja, es ist natürlich die Tochter der französischen Skandal-Legende Serge, gezeugt mit seiner Muse Jane Birkin. Allen bestens bekannt ihre Stöhn-Single "Je t'aime, moi non plus.." Zugegeben, auch Tochter Charlotte ist jetzt nicht unbedingt mit einer gewaltigen Stimme ausgerüstet. Alle Songs sind irgendwie gehaucht und manchmal geht es tatsächlich auch in Richtung Stöhnen und Seufzen. Nur, die Stimme passt zur Musik. Und zwar perfekt! Charlottes besondere Stimme hat übrigens auch schon Madonna für sich genutzt, zu hören auf dem Intro von "What It Feels Like For a Girl".

Im Hintergrund hatte Charlotte viele fleissige Heinzelmännchen, die das Album zu dem gemacht haben, was es schliesslich ist: ein Meisterwerk. Die Texte kommen so zum Beispiel von Jarvis Cocker, Frontmann der Band "Pulp" und Neil Hannon "Divine Comedy". Arrangiert und produziert hat Nigel Godrich (Radiohead, Paul McCartney). Und schliesslich die Musik, die kommt von niemand geringerem als Nicolas Godin und Jean Benoit Dunckel, besser bekannt als "Air". Mit ihrem Album "Moon Safari" haben sie vor einigen Jahren die Electronic-Szene aufgemischt. Wenn man den Interviews der Beteiligten Glauben schenken darf, wurde rund um das Album aber nicht nur gearbeitet, sondern auch fleissig gefeiert. Um nicht zu sagen gesoffen. So erzählt Charlotte von einem feuchtfröhlichen Abend mit den Herren, Resultat der Song "Nighttime Intermission", eine fahrige Angelegenheit mit schnellen Drums und einem aggressiven Piano. Eine Art Trip halt!

Das Album ist zu einem grossen Teil in Moll gehalten. Traurige Klänge überwiegen also. Trotzdem versprüht es viel Lebenslust. Charlotte ist es Leid im Schatten ihres geliebten Vaters zu stehen. Inzwischen 35 Jahre alt (und sie sieht immer noch aus wie ein unschuldiger Teenie!), verheiratet und Mutter zweier Kinder hat die Französin ihren eigenen Weg eingeschlagen. Als Schauspielerin ist sie beinahe nur in sogegannten Arthaus-Filmen zu sehen, also künstlerische Werke. Und eine ähnliche Art Kunst legt sie mit ihrem Album nun an den Tag! Was aber nicht heissen soll, dass "5:55" kein Hitpotential hätte. Ganz im Gegenteil. Das beweist nicht zuletzt die Tatsache, dass die Platte gleich nach ihrem Erscheinen Platz 1 der französischen Verkaufscharts belegt hat. Und das obwohl 90 Prozent der CD in Englisch gesungen sind.

Songs wie "The Operation" oder "Songs that I Sing" hätten es durchaus verdient im Radio zu laufen. Aber eben... lieber 100 x den gleichen Song am Tag, als seinen Hörern mal was Inovatives zu bieten. Aber das ist ein anderes Thema. Viele Songs sind unterlegt mit Geräuschen, so fliegen schon mal ein paar Möwen vorbei oder Raumschiff Enterprise legt einen kurzen Audio-Zwischenhalt ein. Besonders witzig, der Refrain bei "Af607105". Abgerundet werden die Lieder mit viel Piano, scharf gespielten Bass und zahlreichen Keyboard-Loops. Wer sich zudem "die Mühe" macht, die Texte genauer unter die Lupe zu nehmen, wird dafür mit witzigen bis tiefgründigen Zeilen belohnt. Pulp lässt grüssen!

Bevor ich jetzt aber jeden Song in seine Einzelteile zerlege um am Schluss auf das Ergebnis zu kommen, auf "5:55" hat es keinen einzigen schlechten Song, schlage ich einfach vor: Reinhören!
30 Sekunden-Samples gibts u.a. hier:

http://www.exlibris.ch/download_player.aspx?lm_id=3899189

Übrigens, in den meisten Biografien von Charlotte Gainsbourg wird - vermutlich bewusst - verschwiegen, dass es neben "Lemon Incest" mit Papa Serge noch eine zweite Single, ja sogar ein ganzes Album gab. Ganz unter dem Motto "ich war jung und brauchte das Geld" trägt die den Titel "Elastique" und ist, ehrlich gesagt, mies! Aber ich gebe es zu, trotzdem hat sie einen Ehrenplatz in meiner Jukebox gefunden. Jugenderinnerungen halt...und ein bisschen verliebt bin ich noch heute!

PS: Freue mich auf euer Feedback...